Einleitung
Einleitung
Ob bei einem DCIS (Carcinoma ductale in situ / intraduktales Karzinom) eine invasive
Diagnostik in Form der Entfernung des oder der Sentinel-Lymphknoten erfolgen muss,
wird in der Literatur durchaus differenziert betrachtet. Zur Entfernung des Wächter-Lymphknotens
(sentinel lymph node biopsy / SLNB) beim DCIS fanden sich zum Zeitpunkt der Planung
dieser Auswertung bei der AGO folgende Aussagen: Diese Untersuchung oder therapeutische
Intervention ist für die Patientin von begrenztem Vorteil und kann durchgeführt werden
(AGO-Empfehlungsgrad „+“). Das Evidenzniveau nach der Oxford-Klassifikation ist „3 b“
(individuelle Fall-Kontroll-Studie) mit einem entsprechenden Empfehlungsgrad „B“.
Eine axilläre Lymphonodektomie (ALND), wobei ein metastatischer Befall der Lymphknoten
von 2 % angenommen wird, bewertet die AGO mit „Diese Untersuchung oder therapeutische
Intervention ist für die Patientin von klarem Nachteil und sollte unbedingt vermieden
werden“ (AGO-Empfehlungsgrad „–“). Die Entscheidung gegen die ALND wird nach der Oxford-Klassifikation
mit einem Evidenzniveau „2 b“ (individuelle Kohortenstudie einschließlich randomisierter
kontrollierter Studien minderer Qualität) und einem Empfehlungsgrad „A“ belegt [1]. Die im Jahr 2008 aktualisierte Auflage der interdisziplinären S3-Leitlinie für
die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms befindet, dass in der Regel
ein axilläres Staging beim DCIS nicht indiziert ist. Eine Ausnahme besteht dann,
wenn wegen der großen Ausdehnung des DCIS eine Mastektomie indiziert ist oder der
dringende Verdacht auf eine okkulte Invasion besteht [2]. Die letzte Publikation [3] der 2003 konstituierten Konsensus-Gruppe der Deutschen Gesellschaft für Senologie
fasste die Indikation zur SLNB beim DCIS sehr streng und beschränkte diese auf das
extensive DCIS, welches eine Mastektomie als operative Therapieoption erfordert. Die
Konsensus-Gruppe berief sich auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Veronesi [4], die eine Infiltration des SLN sehr selten und dann meist nur als Mikrometastasen
sahen. Die zitierten, aber erst später entwickelten und publizierten Leitlinien sehen
die Indikation nicht so streng.
Daraus ergibt sich, dass beim reinen DCIS praktisch keine ALND und nur in geringem
Maße eine SLNB durchgeführt werden dürfte. Anlass dieser Untersuchungen waren die
Ergebnisse beim BQS-Qualitätsindikator mit der Bezeichnung „Primäre Axilladissektion
bei DCIS“ mit dem Qualitätsziel „Möglichst wenige Patientinnen mit primärer Axilladissektion
bei DCIS“ und weitere Daten der BQS-Bundesauswertung 2008, welche auf eine hohe Rate
an SLNB schließen ließen [5].
Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Auswertung noch nicht die aktuelle
Version der AGO von 2010 berücksichtigt, in der die SLNB bei einer Größe ≥ 50 mm oder
einer geplanten Mastektomie mit den gleichen Empfehlungsgraden, wie oben zitiert,
empfohlen wird. Daher wurde die obere Grenze des DCIS-Durchmessers noch bei 40 mm
gewählt, weil die Empfehlung zur Mastektomie zum Zeitpunkt der geplanten Auswertung
zwischen 40 und 50 mm angegeben wurde.
Fragestellungen dieser Arbeit sind:
-
Wie sieht die Versorgungssituation bei der operativen axillären Diagnostik beim präoperativ
histologisch gesicherten DCIS aus?
-
Wie hoch ist die Rate an metastatischem Lymphknotenbefall unter den derzeitigen diagnostischen
und operativen Bedingungen beim reinen DCIS nach histologischem Befund?
-
Als Nebeneffekt wird die Datenqualität diskutiert.
Methodik
Methodik
Es wird auf die Daten der BQS (Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH) des
Jahres 2008 zurückgegriffen. Die BQS koordinierte durch eine Pflichterfassung die
externe vergleichende Qualitätssicherung in allen deutschen Krankenhäusern. Die Krankenhäuser
dokumentierten qualitätsrelevante Daten für bestimmte Leistungsbereiche – wie in diesem
speziellen Fall alle Mammaoperationen, die dann bei der BQS zentral ausgewertet wurden.
Da die Datenerhebung nicht für die genannten Fragestellungen konzipiert wurde, musste
zunächst ein Auswertungskonzept erstellt werden. Dieses für einen nicht mit dieser
Materie Vertrauten komplizierte Vorgehen wird im Ergebnisteil schrittweise dargestellt
und dient somit zugleich der geforderten exakten Datencharakteristik.
Seit 2007 wurde der Aufbau des Datensatzes verändert, auch mit dem Ziel, redundante
Eingaben bei mehrzeitigem Operieren zu vermeiden. Da bei den seltenen simultanen bilateralen
Operationen eine Dokumentation für jede Brust angelegt wird, bezieht sich die Auswertung
im Weiteren auf Brustbögen.
Bei der Erfassung unter DCIS wurden folgende Typing-Kodierungen entsprechend ICD-O-3
(WHO 2000) summiert: 8500 / 2 = nicht infiltrierendes intraduktales Karzinom, 8503 / 2 = nicht
invasives intraduktales papilläres Karzinom, 8504 / 2 = nicht invasives intrazystisches
Karzinom, 8507 / 2 = intraduktales mikropapilläres Karzinom, 8540 / 3 = M. Paget
der Brustwarzenhaut und 8543 / 3 = M. Paget mit nicht invasivem intraduktalen Karzinom.
Um eine Aussage treffen zu können, bei welchem Prozentsatz von histologisch gesicherten
DCIS eine SLNB oder gar eine ALND durchgeführt wurde, können nur die Fälle in die
Analyse eingehen, bei denen präoperativ eine Histologie durch eine Stanzbiopsie gewonnen
wurde. Die Datenerfassung war jedoch unabhängig von der hier durchzuführenden Analyse
so konzipiert, dass bei der Endhistologie DCIS ein DCIS-Grading und die Größe angegeben
wurden, nicht aber bei der Endhistologie invasives Karzinom, wo dann das dort zutreffende
Grading und die invasive Tumorgröße kodiert wurden. In ihren Daten auffällige Kliniken
(Abweichung zur Grundgesamtheit oder von den vorgegebenen Richtlinien) wurden zur
Stellungnahme oder zu strukturierten Gesprächen eingeladen. Sich dabei ergebende offensichtliche
Fehleingaben von Daten- oder Softwarefehlern wurden nachträglich nicht verändert und
verbleiben so in der hier zugrunde liegenden Grundgesamtheit.
Bei der Auswertung wurde eine Gruppierung hinsichtlich des Gradings und der Größe
des DCIS vorgenommen, da diese wichtige Prädiktoren für eine mögliche Invasivität
darstellen und somit die Indikation zur SLNB beeinflussen. Eine weitere Stratifizierung
berücksichtigte das operative Vorgehen (ALND, SLNB oder keine operative axilläre Diagnostik).
Ergebnisse
Ergebnisse
In die Auswertung eingegangen sind nur Fälle mit Primärerkrankungen und abgeschlossener
primär operativer Therapie, da nur dann alle notwendigen Informationen zu Histologie
und Staging vorliegen.
Bei der BQS wurden im Jahr 2008 insgesamt 7253 Fälle mit der abschließenden Histologie
DCIS ausgewertet. Von diesen zunächst 7253 Patientinnen wurden 125 mit einer vorausgegangenen
neoadjuvanten Therapie ausgeschlossen, sodass schließlich 7128 Patientinnen verblieben.
Für die hier anstehende Analyse muss man jedoch von den bei den Stanzbiopsien diagnostizierten
DCIS-Fällen ausgehen. Damit kann nur ein Teil der in Deutschland berichteten DCIS-Fälle
in die Auswertung aufgenommen werden. Für die exakte Nachvollziehbarkeit der Datenanalyse
und der Abschätzung des eingegangenen Anteils an DCIS-Fällen wird zunächst die in
die Analyse eingegangene Grundgesamtheit definiert. Dann sind die einzelnen Schritte
der Schichtung aufgezeigt, wodurch sich eigentlich sogar „Von–Bis-Werte“ ergeben würden.
Dies erscheint uns unabdingbar, obwohl es die Lesbarkeit für den nicht mit der Problematik
vertrauten Leser erschwert.
Von insgesamt 99 359 Brustbögen mit Primärerkrankungen und abgeschlossener primär
operativer Therapie hatten 33,10 % keine prätherapeutische Sicherung. 58 042 (58,42 %)
hatten die Diagnose Mammakarzinom oder In-situ-Karzinom bei der Stanzbiopsie ([Tab. 1]) und von denen wiederum hatten 4481 die Diagnose DCIS. Nach der abgeschlossenen
primären operativen Therapie ergibt sich folgendes Bild ([Tab. 2]): von den ursprünglich 4481 DCIS-Fällen waren nun nur noch 4383 als DCIS oder Karzinom
kodiert worden. Bei den übrigen 98 Fällen oder 2,19 % erschien kein DCIS oder Karzinom
in der Enddiagnose, was medizinisch nicht plausibel ist. Von den verbliebenen 4383 Fällen
(korrekt eigentlich Brustbögen) wurde schließlich bei 3469 Fällen (= 79,15 %) in der
postoperativen Histologie ein DCIS kodiert.
Tab. 1 Präoperative Histologie.
|
Häufigkeit |
Prozent |
maligne Neoplasie einschließlich In-situ-Karzinom |
58 042 |
58,4 |
Risikoläsion: atypische duktale Hyperplasie (DIN 1 b) |
737 |
0,7 |
Risikoläsion: Zylindermetaplasie mit Atypie (DIN 1 a)* |
80 |
0,1 |
Risikoläsion: flache epitheliale Atypie (DIN 1 a)* |
578 |
0,6 |
benigne / entzündliche Veränderung |
6 745 |
6,8 |
regelhaftes Drüsengewebe |
286 |
0,3 |
keine Histologie angegeben |
32 891 |
33,1 |
gesamt |
99 359 |
100,0 |
* eigentlich identisch, aber in der Software so enthalten |
Tab. 2 Histologie unter Berücksichtigung der Vorbefunde**.
|
Häufigkeit |
Prozent |
maligne Neoplasie einschließlich In-situ-Karzinom |
4 383 |
97,8 |
Risikoläsion: atypische duktale Hyperplasie (DIN 1 b) |
15 |
0,3 |
Risikoläsion: Zylindermetaplasie mit Atypie (DIN 1 a)* |
0 |
0,0 |
Risikoläsion: flache epitheliale Atypie (DIN 1 a)* |
9 |
0,2 |
benigne / entzündliche Veränderung |
60 |
0,3 |
regelhaftes Drüsengewebe |
14 |
0,3 |
keine Histologie angegeben |
0 |
0,0 |
gesamt |
4 481 |
100,0 |
* eigentlich identisch, aber in der Software so enthalten ** nachträglich gefundene Eingabe- oder Softwarefehler wurden nicht korrigiert |
Es ergab sich in 20,40 % der durch Stanzbiopsie als DCIS gesicherten 4481 Fälle postoperativ
ein invasives Karzinom, wodurch in der Regel eine SLNB indiziert ist. Bei 160 entsprechend
17,51 % dieser invasiven Karzinome fanden sich metastatisch befallene Lymphknoten.
Da an anderer Stelle im Datensatz eine Abfrage nach „pT“ erfolgte, haben wir als Plausibilitätstest
alle 3469 DCIS-Fälle nach ihrer „pT“-Kodierung aufgelistet ([Tab. 3]).
Tab. 3 pT-Verteilung für 469 DCIS-Brustbögen.
|
n |
% |
pT0 |
29 |
0,8 |
pTis |
3222 |
92,9 |
pT1mic |
43 |
1,2 |
pT1a |
38 |
1,1 |
pT1b |
22 |
0,6 |
pT1c |
35 |
1,0 |
pT2 |
31 |
0,9 |
pT3 |
4 |
0,1 |
pT4b |
2 |
0,1 |
pT4d |
1 |
0,0 |
pTX |
23 |
0,7 |
ypTis |
12 |
0,3 |
ypT1c |
2 |
0,1 |
ypT2 |
5 |
0,1 |
gesamt |
3 469 |
100,0 |
Wenn man alle Fälle eliminiert, die nicht als pTis kodiert wurden, verbleiben 3222 Fälle
(= Brustbögen). Von diesen Bögen erfolgte jetzt eine Stratifizierung zunächst nach
dem maximalen Durchmesser des DCIS und innerhalb der so gebildeten 3 Gruppen entsprechend
dem Grading ([Tab. 4]). Da teilweise Softwarefehler bekannt waren, wurden zunächst unabhängig von der
axillären Intervention folgende Gruppen zusammengefasst pN0, pN0(sn), pNX und pNX(sn).
Dies erschien notwendig, da es in allen 4 Gruppen Fälle ohne und mit axillärer Intervention
gab, obwohl es teilweise unlogisch ist. Diese Untergruppen sind somit in der Tabelle
nicht mehr sichtbar. Zur besseren Übersicht innerhalb der Tabelle wurden in der Gruppe
der lymphknotennegativen Patientinnen alle Gruppen zusammengefasst, bei denen nicht
pN1–3 dokumentiert wurde.
Tab. 4 Art der axillären c Abhängigkeit vom Grading bei DCIS und Durchmesser (∅).
∅ |
pN |
axillärer Eingriff |
Grading des intraduktalen Karzinoms |
|
|
|
G1 |
G2 |
G3 |
GX |
gesamt |
≤ 20 mm |
– |
nein |
323 |
624 |
366 |
225 |
1538 |
SLNB |
68 |
165 |
148 |
55 |
436 |
SLNB + ALND |
5 |
16 |
6 |
3 |
30 |
ALND |
9 |
14 |
13 |
0 |
36 |
+ |
nein |
0 |
1 |
1 |
0 |
2 |
SLNB + ALND |
0 |
1 |
0 |
0 |
1 |
Summe |
|
|
405 |
821 |
534 |
283 |
2043 |
21–39 mm |
– |
nein |
50 |
130 |
115 |
39 |
334 |
SLNB |
25 |
62 |
78 |
21 |
186 |
SLNB + ALND |
3 |
8 |
4 |
2 |
17 |
ALND |
2 |
1 |
4 |
1 |
8 |
+ |
nein |
1 |
0 |
0 |
0 |
1 |
SLNB |
0 |
2 |
0 |
0 |
2 |
SLNB + ALND |
0 |
0 |
0 |
1 |
1 |
ALND |
0 |
1 |
0 |
0 |
1 |
Summe |
|
|
81 |
204 |
201 |
64 |
550 |
≥ 40 mm |
– |
nein |
24 |
80 |
65 |
31 |
200 |
SLNB |
29 |
143 |
167 |
38 |
377 |
SLNB + ALND |
0 |
7 |
7 |
5 |
19 |
ALND |
5 |
10 |
9 |
3 |
27 |
+ |
SLNB |
0 |
1 |
1 |
0 |
2 |
SLNB + ALND |
0 |
1 |
2 |
0 |
3 |
ALND |
0 |
0 |
1 |
0 |
1 |
Summe |
58 |
242 |
252 |
77 |
629 |
Gesamtsumme |
544 |
1267 |
987 |
424 |
3222 |
Insgesamt wurde bei allen 3222 DCIS-Fällen in 35,57 % ein operatives axilläres Staging
(ALND, SLNB oder beides) vorgenommen. In 14 Fällen (0,43 %) wurde ein vom Pathologen
bestätigter Lymphknotenbefall dokumentiert. Von den übrigen 3208 nodalnegativen Fälle
(pN0 oder pNX) erhielten 137 (4,27 %) eine ALND, in 66 Fällen mit vorangegangener
SLNB.
Zur differenzierten Analyse in Bezug auf das Metastasierungsrisiko wurden die Fälle
nach maximalem Durchmesser des DCIS in 3 Gruppen aufgeteilt (stratifiziert): ≤ 20 mm,
21 bis 39 mm und ≥ 40 mm. Innerhalb der so gebildeten 3 Gruppen wurde zusätzlich nach
Grading und Nodalstatus stratifiziert ([Tab. 1]).
Von allen DCIS-Fällen wurde beim G1 in 73,16 %, beim G2 in 65,90 % und beim G3 in
55,42 % keine axilläre Intervention ausgeführt. Entsprechend liegen die Werte in
Abhängigkeit von der Größe in der Gruppe 1 (≤ 20 mm) bei 75,38 %, in der Gruppe 2
(21–39 mm) bei 60,91 % und in der Gruppe 3 (≥ 40 mm) bei nur 31,80 %. Kombinieren
wir die Prädiktivfaktoren, so wird in der Gruppe mit geringstem Metastasierungsrisiko
(G1, Größe ≤ 20 mm) in 79,75 % und in der Gruppe mit dem höchsten Risiko (G3, Größe ≥ 40 mm)
in 25,79 % auf die operative axilläre Diagnostik verzichtet.
Diskussion
Diskussion
Die Perspektive dieser Untersuchung ist das operative Vorgehen an der Axilla bei histologisch
gesichertem DCIS durch minimalinvasive Diagnostik. Unter diesem Blickwinkel sind
die Ergebnisse also auch zu interpretieren. Da es sich bei der vorliegenden Auswertung
um eine sekundäre Nutzung von Daten handelt, die für diese Fragestellung nicht primär
erhoben wurden, sollte die dargestellte Datenbereinigung statthaft und somit die Daten
diskussionswürdig sein.
Rund ein Drittel aller operierten Fälle hatte keine präoperative histologische Sicherung,
wobei durch die Art der Erfassung nicht gesagt werden kann, wie der Prozentsatz beim
DCIS wirklich ist.
Von allen präoperativ diagnostizierten DCIS-Fällen fanden sich in der Aufarbeitung
der Operationspräparate in 20,40 % invasive Karzinome.
Berücksichtigen wir die nodalpositiven DCIS-Fälle und die nicht plausiblen Datensätze
mit Angabe einer Tumorklassifikation entsprechend invasiven Karzinomen, dann liegt
der Anteil an invasiven Karzinomen noch höher. Korrekt hinzuzurechnen sind also die
0,43 % pN- positiven DCIS ohne Nachweis einer Invasion aus [Tab. 4] (bzw. nur 0,34 %, wenn man die Fälle ohne axilläre Intervention nicht mit einbezieht)
und vielleicht ein Teil der 247 Fälle, die von den DCIS Fällen abgezogen wurden, weil
diese nicht als pTis kodiert wurden. Man könnte daher auch alle DCIS in der Stanze
(4481) minus der in der Endhistologie invasiven Karzinome (914) und der Nicht-pTis-Fälle
exclusive der pT0-Fälle aus der [Tab. 3] (218) sowie der pN+-Fälle aus [Tab. 4] auflisten und käme so auf maximal 25,57 %.
Diese Fälle waren nicht im Fokus der Untersuchung, sind aber sicher erklärungsbedürftig.
Leider lässt die Datenerfassung bei diesen Fällen keine weiteren Rückschlüsse z. B.
auf das DCIS-Grading aus dem Stanzbiopsat zu. Im BQS-Datensatz wird aus dem Stanzbiopsat
nur die Histologie erfasst.
Von allen 3208 DCIS mit nicht nachgewiesener Lymphknoten-Positivität erhielten 4,27 %
unnötigerweise eine ALND teils bei vorangegangener SLNB. Eine ALND ist beim DCIS
nicht indiziert, es sei denn, die eigentlich geplante SLNB war aus verschiedensten
Gründen nicht durchführbar, sodass aus diesen Gründen maximal 2,06 % abziehbar sind
und man auf minimal 2,21 % ALND kommt.
Insgesamt wurden bei den ausgewerteten DCIS-Fällen nur in 64,40 % auf jegliche axilläre
Eingriffe verzichtet. Ob sich der großzügige Einsatz insbesondere der SLNB durch die
Erfahrung häufiger invasiver Karzinome in der abschließenden Histologie erklären lässt,
bleibt offen. Auch die Rate von 4,27 % an ALND, teils bei vorangegangener SLNB, bei
Patientinnen ohne Nachweis eines Lymphknotenbefalls entspricht nach Einschätzung der
Autoren eher nicht den Leitlinien. In der Bundesauswertung [5] ist eine SLNB-Rate von 33,7 % beim DCIS ausgewiesen. Allerdings bezieht sich diese
Rate auf alle im Jahr 2008 erfassten 7253 DCIS-Fälle, also auch jene ohne präoperative
histologische Diagnostik. Eine ALND ist beim DCIS nicht indiziert, es sei denn, die
eigentlich geplante SLNB war aus verschiedensten Gründen nicht durchführbar. Besonders
auffällig ist die axilläre Eingriffsrate von 20,25 % in der niedrig-Risiko-Gruppe
der kleinsten G1-Tumoren (n = 405). Hier steht der Nutzen für die Patientin sicher
in keinem Verhältnis zum Risiko der häufig gravierenden Folgen, und dies nicht nur
bei der ALND.
Metastatisch befallene Lymphknoten beim DCIS fand Broekhuizen et al. [6] in 1,4 % bei der konventionellen und in 11 % bei der Ergänzung durch eine Immunhistologie.
Auch die Gruppe um Veronesi [7] findet in 1,4 % Lymphknotenmetastasen und lehnt daher die SLNB beim DCIS ab. Zur
gleichen Schlussfolgerung kommt Kelly [8], der 2 % Lymphknotenmetastasen beschreibt. Da die Aufarbeitung der DCIS-Fälle hinsichtlich
des Ausschlusses einer Mikroinvasion ständig optimiert wird, entspricht der in den
BQS-Daten gefundene Prozentsatz der pN+ von 0,34 bis 0,43 % in etwa den Erwartungen.
Die Analyse der Daten hat gezeigt, dass nicht alle Fälle korrekt dokumentiert sind.
Dies ist einerseits auf die Komplexität des Datensatzes zurückzuführen, der der komplexen
Behandlungssituation bei Brustkrebs gerecht werden muss, aber damit auch spezielle
fachspezifische Kenntnisse der Dokumentare voraussetzt. Aus der praktischen Anwendung
sind aber auch vereinzelt Softwarefehler bekannt, die ihrerseits korrekte Dokumentationen
verhindern. Beispielsweise wurde teilweise in der internen Plausibilitätsprüfung eines
Software-Programms statt pNX nur pNX(sn) als richtig gewertet wurde. So wurde statt
keiner axillärer Intervention eine Sentinel Lymph Node Biopsy ohne histologischen
Nachweis eines Lymphknotens dokumentiert. In den Fachgruppensitzungen hatte der Erstautor
mehrfach darauf hingewiesen, dass die zugelassene Software der einzelnen Anbieter
bezüglich der Plausibilität geprüft werden müsste. Die angebotene Zertifizierung
durch den TÜV hatte lediglich, wie üblich, die formale Entwicklung des Produkts zertifiziert.
Die offene Ausschreibung und die Zulassung jedes Bewerbers verhindert eine allgemein
gültige Software, die schon aus Kostengründen bei der überschaubaren Zahl der Anwender
sinnvoll wäre.
Schlussfolgerungen
Schlussfolgerungen
Da einerseits die durchgeführten axillären Eingriffe entsprechend der in Deutschland
üblicherweise beachteten Leitlinien prozentual zu hoch erscheinen und andererseits
die SLNB nicht nur bei einer in gleicher Sitzung geplanten Mastektomie indiziert ist,
ist zu diskutieren, ob bei den routinemäßigen Überarbeitungen der zitierten deutschen
Leitlinien die Indikation zur SLNB beim präoperativ histologisch gesicherten DCIS
konkreter zu stellen ist.
Als Nebeneffekt ergibt sich, dass die Datenerfassung innerhalb des benutzten Softwareprogramms
zumindest auf Plausibilität geprüft werden muss. Die Programme zur Erfassung spezieller
komplexer Patientendaten sollten wegen des hohen Zeitaufwandes und der kaum möglichen
nachträglichen Korrektur bei später entdeckten Softwareproblemen zertifiziert werden.