Dialyse aktuell 2009; 13(10): 569
DOI: 10.1055/s-0029-1245020
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Therapie der Anämie bei Hämodialysepatienten - Viele Faktoren beeinflussen den Eisenstatus

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Publikationsdatum:
05. Januar 2010 (online)

 
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Bei einer Anämie sollte geklärt werden, welcher Patient von einer Therapie mit Eisen oder Erythropoetin (EPO) oder beiden profitiert. Die Routinemarker Ferritin und Transferrinsättigung (TSAT) liefern jedoch bei systemischer Entzündung unzuverlässige Werte. Neue diagnostische Werkzeuge können Abhilfe schaffen.

Ferritin und Transferrinsättigung bei Inflammation nicht immer aussagekräftig

Ferritin als Marker der Speichereisenreserve steigt etwa bei einer Inflammation oder Leberschädigung an und bildet dann die Speichereisenreserve nicht mehr korrekt ab, sagte Prof. Lothar Thomas, Frankfurt am Main. Auch die TSAT kann ungenau sein, weil Transferrin ein negatives Akutphaseprotein ist, dessen Synthese bei inflammatorischen Erkrankungen herunterreguliert wird. Zudem ändert sich der Transferrin-Eisenpool mehrmals täglich. Bereits geringe Zu- und Abflüsse von Eisen bewirken deutliche Veränderungen der TSAT. Die TSAT ist bei einer Transferrinkonzentration unter 2 g/l nicht mehr aussagekräftig.

Deshalb wurde der sogenannte Thomas-Plot entwickelt, der die Diagnostik verbessern soll. Darin wird der Eisenstatus bei Anämie in 4 Stadien eingeteilt, von denen jedes eine spezielle Behandlung benötigt. Mithilfe des Plots kann die Erfolgsaussicht einer EPO-Therapie beurteilt und die Eisenzufuhr gesteuert werden, so Thomas. Dies zeigen Untersuchungen an mehreren Patientenkollektiven, bei denen der Plot zum Therapiemanagement eingesetzt wurde. Patienten, bei denen primär eine Kombination aus EPO und Eisen geplant war, reagierten unter einer Eisentherapie allein mit einem signifikanten Anstieg der Hämoglobinwerte.

Sind die Leitlinien noch aktuell?

Nach den Leitlinien, etwa denen der "National Kidney Foundation" in den USA, sollte die Eisengabe bei Ferritinwerten über 800 ng/ml eingestellt werden, erklärte Prof. Kamyar Kalantar-Zadeh, Torrance (USA). Diese Beschränkung scheint jedoch nicht evidenzbasiert zu sein und sollte angezweifelt werden: Nach neueren Untersuchungen lässt sich dieser Grenzwert nicht mehr aufrechterhalten, weil eine deutliche Beziehung zwischen Markern des Eisenstatus und anderen Faktoren besteht.

Diese können das Serumferritin und den Transferrinsättigungsquotient (Serumeisen geteilt durch totale Eisenbindungskapazität) beeinflussen. Sie spiegeln dann den Eisenstatus des Dialysepatienten nicht mehr korrekt wider. So kommt es laut Kalantar-Zadeh bei einem Malnutritions-Inflammations-Syndrom zu erniedrigten Serumtransferrinwerten, was die Aussagekraft des Transferrinsättigungsquotienten bei Dialysepatienten infrage stellt.

Serumferritin als weiterer wichtiger Marker des Eisenstatus ist gleichzeitig ein Indikator für bestimmte Erkrankungen. Deshalb sollten bei Patienten mit Werten zwischen 800 und 2 000 ng/ml Ursachen wie Inflammation, Lebererkrankungen und bösartige Tumoren ausgeschlossen werden, so Kalantar-Zadeh.

Beziehung zwischen Ferritin und Mortalität

Dass die Beziehung zwischen Ferritinwerten über 800 ng/ml und der Mortalität von Hämodialysepatienten vor allem auf das Malnutritions-Inflammations-Syndrom zurückzuführen ist, konnte eine prospektive Kohortenstudie [2] klären. Nach der Adjustierung auf die intravenöse Eisentherapie, EPO-Dosierungen und Marker für das Malnutrition-Inflammations-Syndrom waren Serumferritinwerte zwischen 200 und 1 200 ng/ml (Referenzwerte 100-199 ng/ml), Serumeisenwerte zwischen 60 und 120 µg/ml (50-59 µg/ml) und der Eisensättigungsquotient zwischen 30 und 50 % (45-50 %) mit dem niedrigsten Risiko für Tod jeglicher und kardiovaskulärer Ursache verbunden. Im Vergleich zu Patienten ohne Eisentherapie war die Gabe von i. v. Eisen bis zu 400 mg pro Monat mit verbesserten Überlebenschancen verbunden.

Auch die Studie DRIVE [3] belegt den Nutzen einer i. v. Eisentherapie bei anämischen, mit EPO behandelten Hämodialysepatienten mit hohen Serumferritinwerten zwischen 500 und 1200 ng/ml und einer TSAT ≤ 25 %. Die Gabe von Eisenglukonat (8-mal 125 mg) verbesserte die Anämie gegenüber den Patienten, die kein Eisen erhielten. Mäßig erhöhte Serumferritinwerte sind nicht per se ein Indikator für eine Eisenüberladung und man sollte dann nicht die Eisenzufuhr im Sinne eines optimalen Anämiemanagements beschränken, betonte Kalantar-Zadeh. Ein niedriger Eisenstatus scheint mehr gesundheitlichen Schaden anzurichten als eine vermeintliche Eisenüberladung.

Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der cell pharm GmbH, Bad Vilbel.

Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium "Eisen - Wer rastet, der rostet? Neues zur Eisen-Diagnostik", veranstaltet von der cell pharm GmbH, Bad Vilbel, im Rahmen des Kongresses für Nephrologie der DGfN 2009.

Der Autor ist freier Journalist.

Der Thomas-Plot

  1. Eisenzufuhr an Bedarf angepasst (normozytäre Erythropoese); Therapie mit EPO

  2. Eisenzufuhr seit wenigen Wochen nicht mehr dem Bedarf angepasst (noch normozytäre Erythropoese); Therapie mit Eisen

  3. schwere Eisenmangelanämie (mikrozytäre Erythropoese); Therapie mit Eisen

  4. Eisenbedarf höher als verminderte Zufuhr; Therapie mit Eisen und EPO

Als Kriterium der Eisenzufuhr wurde der Ferritinindex (sTfR/log Ferritin) und als Marker des Eisenbedarfs der Erythropoese der Hämoglobingehalt der Retikulozyten (CHr) gewählt. Ein CHr von höchstens 28 pg weist auf den Eisenbedarf der Erythropoese hin, ein Wert darüber schließt diesen aus.

Der Ferritinindex hängt vom inflammatorischen Status des Patienten ab. Ein Wert von über 2,0 bei Inflammation, definiert als C-reaktives Protein (CRP) über 5 mg/l, spricht für eine verminderte Eisenzufuhr. Bei einem Patienten ohne Inflammation besteht eine verminderte Eisenzufuhr erst bei einem Ferritinindex von über 3,2. nach [1])

Literatur

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