Krankenhaushygiene up2date 2010; 5(1): 49-64
DOI: 10.1055/s-0029-1244034
Technische und bauliche Aspekte
 
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Infektionsprävention bei Beschäftigten – das Schutzstufenkonzept

Ulrike  Swida
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Publication Date:
07 April 2010 (online)

Kernaussagen

  • Der Schutz vor arbeitsbedingten Infektionsgefahren in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes stellt ein zentrales Arbeitsschutzthema dar. Die BioStoffV konkretisiert die allgemeinen Anforderungen des Arbeitsschutzgesetzes in Bezug auf biologische Gefährdungen. Der konkrete Stand der Technik wird in der TRBA 250 beschrieben.

  • Die Erreger von Infektionskrankheiten zählen zu den biologischen Arbeitsstoffen. Diese umfassen im weitesten Sinne Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Protozoen und Pilze) sowie humanpathogene Endoparasiten, Zellkulturen und mit TSE (Transmissible spongiforme Enzephalopathie) assoziierte Agenzien. Biologische Arbeitsstoffe können Erkrankungen aufgrund ihrer infektiösen, sensibilisierenden und/oder toxischen Eigenschaften hervorrufen.

  • Biologische Arbeitsstoffe sind entsprechend ihrer infektiösen Eigenschaften in die Risikogruppen 1 – 4 eingestuft (verbindliche EU-Klassifizierung). Biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 stellen für den gesunden Menschen keine Gefährdung dar, vorausgesetzt, sie haben keine sensibilisierenden und toxischen Eigenschaften. In die Risikogruppe 4 sind die für den Menschen gefährlichsten Krankheitserreger eingestuft, wie z. B. Ebola-Viren, Lassa-Viren und Pockenviren).

  • Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Instrument für einen effektiven und systematischen Arbeitsschutz. Je nach Arbeitsbereich und Tätigkeit werden die möglichen Gefährdungen ermittelt, beurteilt und die notwendigen Schutzmaßnahmen festgelegt. Die Wirksamkeit der Maßnahmen muss regelmäßig geprüft werden. Das Vorgehen ist im Hinblick auf biologische Gefährdungen in der BioStoffV festgelegt.

  • Analog zu den 4 Risikogruppen wurde im Arbeitsschutz ein Schutzstufenkonzept (Schutzstufe 1 – 4) entwickelt. Die Schutzstufen umfassen jeweils eine Reihe von baulichen/technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen. In der Gefährdungsbeurteilung wird die erforderliche Schutzstufe ermittelt.
    Die Art der Tätigkeit spielt eine maßgebliche Rolle für die Schutzstufenzuordnung. Bei gezielten Tätigkeiten (z. B. direkte Vermehrung eines definierten Krankheitserregers zu Forschungszwecken im Labor) korrelieren Risikogruppe und Schutzstufe. Bei nicht gezielten Tätigkeiten (z. B. Untersuchung, Behandlung und Pflege von Personen) kann davon abgewichen werden, wenn der Schutz der Beschäftigten bei einer geringeren Schutzstufe ausreichend berücksichtigt wird.

  • Die TRBA 250 beschreibt Kriterien für die Zuordnung typischer Tätigkeiten im Gesundheitswesen zu Schutzstufen. Ausschlaggebend ist vor allem der Kontakt zu potenziell infektiösem Material oder, wenn der Infektionsstatus des Patienten bekannt ist, der vorhandene Krankheitserreger. Tätigkeiten mit Kontaktmöglichkeit zu potenziell infektiösem Material zählen grundsätzlich zu Tätigkeiten der Schutzstufe 2.

  • In den meisten Arbeitsbereichen des Gesundheitswesens finden Tätigkeiten der Schutzstufe 1 und 2 statt. Hierfür wurde ein Mindeststandard an Schutzmaßnahmen festgelegt. Für die Schutzstufe 2 kommen noch zusätzliche Maßnahmen hinzu. Dazu gehören insbesondere das Tragen von Handschuhen bei möglichem Kontakt zu potenziell infektiösem oder bekanntermaßen infektiösem Material und die Verwendung sicherer Instrumente, um Stich- und Schnittverletzungen zu vermeiden.
    Zusätzliche Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 3 sind vor allem eine räumliche Trennung des Arbeitsbereiches von den übrigen Bereichen und ggf. das Tragen von Atemschutz. Sonderisolierstationen (Patientenstationen der Schutzstufe 4) sind nur in einzelnen entsprechend spezialisierten Kliniken vorgesehen.

  • Auch bei Tätigkeiten in Bereichen, die der Ver- und Entsorgung bzw. Aufrechterhaltung des Betriebes dienen, kann es zu Kontakten mit biologischen Arbeitsstoffen kommen, wie z. B. bei Reinigungs-, Desinfektions-, Instandhaltungs- und Entsorgungsarbeiten. Diese Arbeiten sind i. d. R. ebenfalls Tätigkeiten der Schutzstufe 2.

Literatur

  • 1 Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung – BioStoffV). bundesrecht.juris.de/biostoffv/index.html
  • 2 TRBA 460: Einstufung von Pilzen in Risikogruppen. www.baua.de/Stichwort: Biologische Arbeitsstoffe, Stichwort: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe. 
  • 3 TRBA 462: Einstufung von Viren in Risikogruppen. www.baua.de/Stichwort: Biologische Arbeitsstoffe, Stichwort: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe. 
  • 4 TRBA 464: Einstufung von Parasiten in Risikogruppen. www.baua.de/Stichwort: Biologische Arbeitsstoffe, Stichwort: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe. 
  • 5 TRBA 466: Einstufung von Bakterien in Risikogruppen. www.baua.de/Stichwort: Biologische Arbeitsstoffe, Stichwort: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe. 
  • 6 TRBA 250: Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege. www.baua.de/Stichwort: Biologische Arbeitsstoffe, Stichwort: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe. 
  • 7 Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). bundesrecht.juris.de/arbmedvv/index.html
  • 8 TRBA 100: Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien. www.baua.de/Stichwort: Biologische Arbeitsstoffe, Stichwort: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe. 
  • 9 Berufsgenossenschaftliche Regel BGR 189: Benutzung von Schutzkleidung. www.dguv.de/psa/de/regelwerk/bgr_189.pdf
  • 10 Beschluss 609 des ABAS: Arbeitsschutz beim Auftreten nicht impfpräventabler Influenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes. www.baua.de/
  • 11 „Richtlinie über die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes” der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA). www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/
  • 12 Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten – Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).  Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 2001;  44 1115-1126
  • 13 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). bundesrecht.juris.de/arbschg/index.html

Dr. Ulrike Swida

Amt für Arbeitsschutz
Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz – BSG

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Email: ulrike.swida@bsg.hamburg.de

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