Pneumologie 2009; 63(11): 610
DOI: 10.1055/s-0029-1243444
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Asthma bronchiale - Medikamentöse Behandlung von rauchenden Asthmatikern

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Publikationsdatum:
20. November 2009 (online)

 
Inhaltsübersicht

Asthmatiker, die rauchen, vermindern ihre Chance, die Symptome mit inhalativen oder oralen Kortikosteroiden kontrollieren zu können. In ihrer Pilotstudie haben M. Spears et al. deutliche Verbesserungen der Lungen-funktion beobachtet, wenn diese Patienten zusätzlich zu inhalativem Beclomethason niedrig dosiertes Theophyllin erhalten. Eur Respir 2009; 33: 1010-1017

Im Vergleich zu nicht rauchenden Asthmatikern sprechen rauchende Asthmatiker schlechter auf orale oder inhalative Kortikosteroide an und müssen häufiger notfallmäßig behandelt werden. Die Zahl der hiervon Betroffenen ist erheblich, da Rauchen unter Asthma-Patienten ebenso verbreitet ist wie in der Allgemeinbevölkerung. Am besten wäre aus naheliegenden Gründen die Raucherentwöhnung, die aber vielen Patienten nicht gelingt. Deshalb sind alternative Therapiekonzepte erforderlich. Die antientzündliche Wirkung von Kortikosteroiden beruht u.a. auf einer Aktivierung der Histon-Deazetylase (HDAC). Das im Zellkern lokalisierte Enzym ist daran beteiligt, aktivierte inflammatorische Gene auszuschalten. Durch Rauchen wird die HDAC-Aktivität in vitro reduziert, was das verminderte Ansprechen auf Kortikosteroide erklären würde. Während Theophyllin in der Standarddosierung bronchodilatierend wirkt, steigert es in niedriger Dosierung die HDAC-Aktivität und hemmt so die Expression der inflammatorischen Gene.

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Lungenfunktion und Asthmakontrolle verbessert

Auf Basis dieser Befunde führten Ärzte und Immunologen um Mark Spears, Universität Glasgow, eine von GlaxoSmithKline gesponserte Pilotstudie mit 68 rauchenden Patienten (≥ 5 Zigaretten täglich, ≥ 5 Packungsjahre) mit stabilem Asthma bronchiale durch. Sie erhielten randomisiert und doppelblind 4 Wochen lang 200 µg/d inhalatives Beclomethason bzw. 400 µg/d Theophyllin p. o. oder eine Kombination beider Medikamente. Mit Ausnahme einer post-bronchodilatatorisch höheren forcierten Vitalkapazität (FVC; p = 0,046) zeigte Theophyllin allein nach 4 Wochen keine bessere Wirksamkeit als Beclomethason. Bei den kombiniert behandelten Patienten ergaben sich jedoch höhere Peak-Flow-(PEF)-Werte am Morgen (p = 0,008) sowie eine deutlich bessere FVC (prä-bronchodilatatorisch; p = 0,01). Die Ein-Sekunden-Kapazität (FEV1) war im Vergleich zu Beclomethason nicht erhöht (prä-bronchodilatatorisch; p = 0,069). Tendenzielle Unterschiede waren schon nach 2 Wochen erkennbar.

Im "Asthma Control Questionnaire" (ACQ) konnten nach 4 Wochen Therapieeffekte sowohl für die Kombination (p = 0,033) als auch für Theophyllin allein (p = 0,016) nachgewiesen werden. Die Zahl der Lymphozyten war im Sputum der kombiniert behandelten Patienten erniedrigt (p = 0,018). Die Messung der HDAC-Aktivität bei einem Teil der Patienten ergab keine Unterschiede zwischen den Gruppen, wobei die Aktivität in fast allen Proben sehr niedrig war. Die mittleren Theophyllin-Serumspiegel betrugen 4,9 ± 2,4 µg/ml (Monotherapie) bzw. 4,3 ± 2,0 µg/ml (Kombination). Lediglich 2 Patienten beendeten die Studie vorzeitig wegen Nebenwirkungen.

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Verbessert niedrig dosiertes Theophyllin die Aufnahme von Kortikosteroiden bei rauchenden Asthmatikern? (Bild: Thieme Verlagsgruppe).

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Wirkung nicht nur durch Bronchodilatation vermittelt?

Nach Einschätzung der Autoren dürften die durch die Kombination erzielten Verbesserungen klinisch relevant sein. Die Zunahme des PEF sei wesentlich größer, als dies bislang für Montelukast oder hoch dosierte inhalative Steroide bei rauchenden Asthmatikern gezeigt werden konnte. Der Therapieansatz sollte deshalb weiter in Studien verfolgt werden. Die Verbesserung der Lungenfunktion beruhe sehr wahrscheinlich nicht allein auf der bronchodilatierenden Wirkung von Theophyllin. Denn es gibt mehrere Mechanismen, durch die Kortikosteroide und niedrig dosiertes Theophyllin bei rauchenden Asthmatikern synergistisch wirken könnten (Theophyllin wirkt u.a. als unspezifischer Phosphodiesterasehemmer und als Adenosinrezeptor-Antagonist). Einen Zusammenhang mit der HDAC-Aktivität konnten die Autoren nicht herstellen; auszuschließen ist ein solcher aber nicht. Denn die Zahl der Sputum-Makrophagen zur Messung der HDAC-Aktivität war so gering, dass die Aktivität unterhalb der Nachweisgrenze des Assays lag.

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Fazit

Noch ist unklar, auf welche Weise niedrig dosiertes Theophyllin bei rauchenden Asthmatikern synergistisch die Wirkung von inhalativem Beclomethason erhöht und welches die niedrigste effektive Dosis ist. Angesichts deutlicher Verbesserungen der Lungenfunktion sprechen die Ergebnisse der Pilotstudie jedoch dafür, die Wirksamkeit dieser Kombination in größeren Studien zu untersuchen.

Dr. Matthias Herrmann, Berlin

 
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Verbessert niedrig dosiertes Theophyllin die Aufnahme von Kortikosteroiden bei rauchenden Asthmatikern? (Bild: Thieme Verlagsgruppe).