Dialyse aktuell 2009; 13(9): 516-517
DOI: 10.1055/s-0029-1243349
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Peritonealdialyse - Neue Perspektiven für den Einsatz von Icodextrin

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Publication Date:
24 November 2009 (online)

 
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Die erhöhte Glukoseexposition der Peritonealmembran und die systemische Resorption der Glukose bei Peritonealdialysepatienten werden zunehmend kritisch betrachtet. Neue therapeutische Strategien müssen daher nicht nur die Dialyseeffizienz möglichst erhöhen, sondern auch die Glukosebelastung durch die Kombination mit glukosefreien osmotischen Wirkstoffen wie Icodextrin und Aminosäuren verringern. Zwei kürzlich publizierte Studien beschreiben Erfolg versprechende Ansätze zur Erreichung beider Ziele: Zum einen durch den Einsatz von Icodextrin 2-mal täglich, zum anderen durch die Anwendung einer Mischlösung aus Icodextrin und Glukose als "bimodale" Peritonealdialyselösung [1], [2].

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Einfluss von Icodextrin auf Blutdruck und linksventrikuläre Masse

An der Studie von Sav et al. [1] nahmen 40 CAPD-Patienten (CAPD: "continuously ambulatory peritoneal dialysis") mit Hypervolämie teil, die hohe oder durchschnittlich hohe Transporteigenschaften der Peritonealmembran und ein Ultrafiltrationsversagen aufwiesen. Die Patienten wurden randomisiert in 2 Gruppen aufgeteilt: Gruppe 1 (n = 20) erhielt 2-mal täglich 7,5 % Icodextrin für jeweils 9 Stunden, Gruppe 2 (n = 20) 1-mal 7,5 % Icodextrin für 12 Stunden.

Nach 3 Monaten zeigten sowohl die Patienten mit 2-maliger als auch die Patienten mit 1-maliger Icodextringabe im Vergleich zum Ausgangswert einen signifikant geringeren linksventrikulären Massenindex (p < 0,05; Abb. [1]). In der Gruppe mit 2-maliger Icodextringabe war darüber hinaus sowohl der systolische als auch der diastolische Blutdruck signifikant gesenkt (p < 0,05). Die antihypertensive Medikation konnte entsprechend reduziert oder ganz abgesetzt werden. Auch bezüglich der prozentualen Veränderungen der Ultrafiltrationsvolumina und Blutdruckwerte gegenüber den Ausgangswerten war die 2-malige Anwendung von Icodextrin der 1-maligen Anwendung signifikant überlegen (p < 0,05).

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Abb. 1 Durchschnittlicher linksventrikulärer Massenindex in Gruppe 1 mit 2-mal täglich 7,5 % Icodextrin und Gruppe 2 mit 1-mal täglich 7,5 % Icodextrin zu Beginn und am Ende der Studie. nach [1]

Dies führte jedoch nicht zur Veränderung der Nierenrestfunktion, wie sich anhand der unveränderten Werte für GFR (glomeruläre Filtrationsrate), Kt/V und Kreatininclearance zeigte. Auch eine erhöhte Salzzufuhr mit der Nahrung durch einige Patienten der Gruppe mit 2-mal täglich Icodextrin beeinträchtigte die verbesserte Volumen- und Blutdruckkontrolle nicht. Die Konzentration der Icodextrin-Metabolite (z. B. Maltose und Maltotriose) zeigten während der Anwendung von Icodextrin 1-mal oder 2-mal täglich keine signifikanten Veränderungen.

Das mittlere Körpergewicht der Patienten sank mit Icodextrin 2-mal täglich signifikant um durchschnittlich 3 Kilogramm (p < 0,05), mit Icodextrin 1-mal täglich um durchschnittlich 1 Kilogramm (nicht signifikant). Durch die geringere systemische Glukoseresorption und die damit erzielte Gewichtsreduktion kann die 2-mal tägliche Anwendung von Icodextrin das Risiko für Stoffwechselstörungen wie Dyslipidämie, Hyperinsulinämie und Insulinresistenz verringern.

Wie bereits in der Vergangenheit zahlreiche Studien mit 1-mal täglicher Icodextringabe belegten, erzielt der verbesserte Flüssigkeitshaushalt langfristig gute klinische Ergebnisse. Darüber hinaus verbesserte die 2-mal tägliche Gabe von Icodextrin die Wasser- und Natriumentfernung und senkt den Blutdruck signifikant ab. Dies konnte mit Icodextrin 1-mal täglich nicht gezeigt werden. Die Nierenrestfunktion blieb trotz der besseren Entwässerung unverändert erhalten. Bei einer 2-mal täglichen Gabe von Icodextrin konnten Patienten mit Ultrafiltrationsversagen, ausgeprägter Hypervolämie und schwer einstellbarem Blutdruck besser und schneller rekompensiert werden.

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Mischlösung: Icodextrin und Glukose

Die Kombination niedermolekularer Substanzen wie Glukose oder Aminosäuren mit einem Glukosepolymer (Icodextrin) in einer "bimodalen" Peritonealdialyselösung ist ein weiterer Ansatz, um die Glukoseexposition und deren systemische Auswirkungen herabzusetzen, gleichzeitig aber die Ultrafiltration (UF) zu verbessern. In der Studie von Freida et al. [2] wurde eine bimodale Lösung mit 2,61 % Glukose, 6,8 % Icodextrin sowie 121 mEq/L Natrium erstmals über einen Zeitraum von 4 Monaten bei APD-Patienten (APD: apparative Peritonealdialyse) in der langen Verweilzeit anstelle einer 7,5-prozentigen Icodextrinlösung eingesetzt. Hierdurch sollten die in der langen Verweilzeit erzielte Ultrafiltration und Natriumentfernung gesteigert, die Glukosekonzentrationen der in den nächtlichen APD-Zyklen eingesetzten Lösungen hingegen herabgesetzt werden.

Insgesamt 21 APD-Patienten mit hohen oder durchschnittlich hohen Transporteigenschaften der Peritonealmembran wurden in die Studie aufgenommen. Die Patienten der Kontrollgruppe (n = 11) wurden in der langen Verweilzeit mit Icodextrin behandelt, die der Interventionsgruppe (n = 10) mit der bimodalen Lösung.

Die Ultrafiltration und die peritoneale Natriumentfernung während der langen Verweilzeit lagen für die bimodale Dialyselösung zirka 2-fach über den Ausgangswerten. Für die Kontrollgruppe zeigten sich im Studienverlauf nur geringe Veränderungen. Die ermittelte prozentuale Veränderung der Ultrafiltration gegenüber dem Ausgangswert betrug im Mittel für die bimodale Lösung 150 %, für die Icodextrinlösung lediglich 18 % (p < 0,001; Tab. [1]). Für die mittlere prozentuale Veränderung der peritonealen Natriumelimination durch die bimodale Lösung ergaben sich Werte von 147 % gegenüber 23 % für die Icodextrinlösung (p < 0,001).

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Tab. 1 Prozentuale Veränderungen der Zielparameter und 95 % Konfidenzintervall.

Wie die Ergebnisse dieser Studie erstmals zeigen, kann mithilfe der bimodalen Dialyselösung über einen längeren Zeitraum sowohl die Ultrafiltration als auch die peritoneale Natriumelimination gesteigert und damit die lange Verweilzeit optimal genutzt werden. Die positiven Effekte, die mit Icodextrin allein zu erzielen sind, werden durch die bimodale Lösung noch deutlich übertroffen. Da mit der bimodalen Ultrafiltration der größte Teil der erforderlichen Flüssigkeits- und Natriumelimination während der langen Verweilzeit erreicht wird, muss man während der nächtlichen Zyklen keine hypertone Glukoselösungen einsetzen.

Dieser glukosesparende Ansatz eignet sich daher hervorragend zur Volumenkontrolle bei APD-Patienten mit hohen Transporteigenschaften der Peritonealmembran. Diese Resultate sollten durch weitere randomisierte, kontrollierte Studien untersucht werden, die neben den lokalen Vorteilen an der Peritonealmembran auch deren systemische Wirkungen erfassen.

Die Anwendung von Icodextrin 2-mal täglich [1] einerseits und die kombinierte Lösung aus Glukose und Icodextrin im Sinne einer bimodalen Ultrafiltration [2] andererseits eröffnen vielversprechende Optionen zur Therapieoptimierung für Peritonealdialysepatienten. Gleichzeitig ermöglichen sie es, die Glukosebelastung und ihre systemischen Auswirkungen signifikant zu verringern.

Dr. Sigrid Schwarz, Köln

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Baxter Deutschland GmbH, Unterschleißheim.

Die Beitragsinhalte wurden nach Informationen der Baxter Deutschland GmbH, Unterschleißheim, zusammengestellt.

Die Autorin ist Mitarbeiterin der Agentur FAI GmbH, Köln.

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Literatur

  • 01 Sav T . Oynak O . Inanc MT . et al . Effects of twice-daily icodextrin administration on blood pressure and left ventricular mass in patients on continuous ambulatory peritoneal dialysis.  Perit Dial Int. 2009;  29 443-449
  • 02 Freida P . Issad B . Dratwa M . et al . A combined crystalloid and colloid PD solution as a glucose-sparing strategy for volume control in high transport APD patients: a prospective multicenter study.  Perit Dial Int. 2009;  29 433-442
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Literatur

  • 01 Sav T . Oynak O . Inanc MT . et al . Effects of twice-daily icodextrin administration on blood pressure and left ventricular mass in patients on continuous ambulatory peritoneal dialysis.  Perit Dial Int. 2009;  29 443-449
  • 02 Freida P . Issad B . Dratwa M . et al . A combined crystalloid and colloid PD solution as a glucose-sparing strategy for volume control in high transport APD patients: a prospective multicenter study.  Perit Dial Int. 2009;  29 433-442
 
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Abb. 1 Durchschnittlicher linksventrikulärer Massenindex in Gruppe 1 mit 2-mal täglich 7,5 % Icodextrin und Gruppe 2 mit 1-mal täglich 7,5 % Icodextrin zu Beginn und am Ende der Studie. nach [1]

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Tab. 1 Prozentuale Veränderungen der Zielparameter und 95 % Konfidenzintervall.