Laryngorhinootologie 2009; 88(11): 699
DOI: 10.1055/s-0029-1242894
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Leserbrief

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Publication Date:
12 November 2009 (online)

Leserbrief zu "Hydroxyethylstärke-induzierter Pruritus: Eine unterschätzte und hartnäckige medikamentöse Nebenwirkung auch bei HNO-ärztlichen Erkrankungen von E. Weishaar, H. Iro, J. Zenk. aus Laryngo-Rhino-Otologie 2009; 88: 604–611

In Heft 09/09 erschien ein schöner, gut recherchierter Übersichtsartikel zu "Hydroxyethylstärke-induziertem Pruritus" von E. Weishaar, H. Iro und J. Zenk. Es wird zu Recht darauf hingewiesen, dass intensivmedizinische Patienten oft betroffen seien. In den Schlußfolgerungen jedoch schreiben die Autoren: "Der Einsatz von HES als kolloidale Infusionslösung in der Notfallmedizin ist unumstritten und oft lebensnotwendig."

Diese Aussage würden wir gerne kommentieren. Unsere große Multizenterstudie zur Volumentherapie mit HES, die im NEJM 2008 veröffentlicht wurde (Brunkhorst. NEJM 2008), hat gezeigt, dass HES bei Intensivpatienten zum Nierenversagen führt und in höheren Dosierungen, wie sie in der Intensivmedizin nicht ungewöhnlich sind, sogar die Langzeitüberlebensrate senkt.

In der Intensivmedizin ist der Einsatz von HES bzw. Kolloiden umstritten, wir haben dazu jüngst einen Contra-Beitrag veröffentlicht. HES-induzierter Pruritus ist nur eine der bekannten Nebenwirkungen, die auf die langfristige Speicherung synthetischer Kolloide in den Zellen des RES zurückgeht. Bei höheren Dosierungen kann eine lebensbedrohliche lysosomale Speicherkrankheit entstehen (Auwerda Transfusion 2006), außerdem sind Nierenversagen und Gerinnungsstörungen bekannt. Dagegen konnte bislang keine Studie in ausreichender Qualität einen klinischen Benefit durch HES in der Intensivmedizin nachweisen.

Es ist also keinesfalls so, dass HES in der Intensivmedizin unverzichtbar sei und deshalb der Pruritus in Kauf genommen werden müsste. Im Gegenteil, es gibt sichere Alternativen. Auch der Hinweis auf die Sicherheit neuer HES-Präparate ist irreführend, denn die geschilderten Nebenwirkungen sind auch für diese bekannt, jedoch sind die Verfechter dieser Hypothese den Nachweis der Sicherheit in adäquaten klinischen Studien bislang schuldig geblieben.

Christiane Hartog, Abteilung für Anästhesie, Universität Jena

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