Die Influenza-Epidemie, die sich im April 2009 von Mexiko aus ausbreitete, hat unter
dem Namen ‚Schweinegrippe' erhebliche mediale Aufmerksamkeit erhalten. Dabei wird
diese Bezeichnung nicht nur von Schweinezüchtern (die um ihren Absatz fürchten) vehement
abgelehnt, der Name ist auch irreführend: Bei der klassischen Schweinegrippe oder
Schweine-Influenza handelt es sich um eine Atemwegserkrankung bei Hausschweinen, die
durch bestimmte Influenzaviren des Typs A übertragen wird. Menschen erkranken nur
selten und zeigen höchstens einen milden Krankheitsverlauf.
Neue Erregervariante aus vier Viren
Neue Erregervariante aus vier Viren
Bei der derzeitigen Epidemie dagegen gab es weltweit bis Mitte Mai bereits mehr als
9 800 bestätigte humane Fälle, mindestens 79 Menschen verstarben an den Folgen der
Infektion (Stand 19.05.2009). Außerdem erfolgt die Infektion direkt von Mensch zu
Mensch und der Krankheitsverlauf entspricht dem einer normalen, saisonal auftretenden
humanen Grippewelle. Unter Schweinen wurde dagegen erst ein Ausbruch in einer Farm
in Kanada festgestellt - und die Infektionsquelle für diese Tiere war ein dort arbeitender
Zimmermann, der die Influenza von einem Mexikourlaub mitgebracht hatte. Bis Mitte
Mai wurden noch keine Fälle nachgewiesen, in denen eine Infektion vom Schwein zum
Menschen erfolgte.
Es handelt sich beim momentanen Ausbruch also nicht um das klassische Schweinegrippe-Virus,
sondern vielmehr um eine neue Erregervariante, die durch eine Durchmischung des Genpools
mehrerer bekannter Virusarten entstand. Erkenntnissen der US-amerikanischen "Centers
for Disease Control" (CDC) zufolge, besitzt diese neue Variante des Influenza-Subtyps
A/H1N1 Gensegmente aus 4 verschiedenen Viren, nämlich von einem nordamerikanischen
und einem eurasischen Schweine-Influenzavirus, einem humanen Influenza-Virus und einem
nordamerikanischen Vogel-Influenzavirus.
Korrekter Name wäre Nordamerikanische Grippe
Korrekter Name wäre Nordamerikanische Grippe
Als korrekte Bezeichnung für die derzeitige Epidemie wird nach der Region ihres ersten
Auftretens (analog zur Spanischen und zur Hongkong-Grippe) die Bezeichnung Nordamerikanische
Grippe vorgeschlagen. Über den genauen Ursprung des Ausbruchs herrscht indes noch
Uneinigkeit. So wird zum einen ein 5-jähriger Junge aus dem mexikanischen Bundesstaat
Veracruz als Indexfall genannt, andere Quellen gehen davon aus, dass 2 bereits Ende
März erkrankte Kinder in Kalifornien die 1. Fälle dieses Ausbruchs darstellen. Bis
Mitte Mai wurde die neue Variante des A/H1N1-Virus aus Mexiko und den USA in mindestens
38 weitere Länder exportiert. Die WHO hat die Gefahrenstufe ihrer 6-stufigen Influenzapandemie-Warnung
Ende April 2009 von Phase 3 auf Phase 5 angehoben.
Dr. Raymund Lösch und
Dipl.-Biol. Unn Klare, Bad Doberan
Quellen: promed, WHO, CDC