B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2009; 25(5): 189
DOI: 10.1055/s-0029-1224635
EDITORIAL

© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

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Publication Date:
12 October 2009 (online)

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    Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    der Sport für Menschen mit Behinderung unterliegt seit einigen Jahren großen Veränderungen und steht vor wichtigen Weichenstellungen. Dabei sind alle Ebenen des Behindertensports – Rehabilitationssport, Freizeit- und Breitensport und Leistungssport – betroffen.

    Neuerlichen Rückenwind erfahren diese Veränderungen durch die seit März auch in Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention. Die Themen „Inklusion“ und „Teilhabe“ erhalten große Aufmerksamkeit und bieten die Chance, Sport als Mittel zur Prävention, Rehabilitation und Teilhabe sozial- und bildungspolitisch in der Öffentlichkeit zu thematisieren und notwendige Forschungslücken wissenschaftlich zu bearbeiten. Denn nach wie vor fehlen kontrollierte und im Längsschnitt durchgeführte Studien über die physischen, psychischen und teilhaberelevanten Auswirkungen von Sportangeboten für bestimmte Behinderungsformen.

    Welche positiven Auswirkungen Bewegung und Sport auf die Partizipation im Sinne der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) erzielen und wie mögliche Umweltfaktoren dies positiv und negativ beeinflussen können, wird im ersten Beitrag des Hefts dargelegt. Er stellt einen Ansatz eines systematischen Zugangs zur strukturell-oganisatorischen Weiterentwicklung des Behindertensports vor mit dem Ziel, weitere Diskussionen auf dieser Ebene zu initiieren.

    Traditionell erfährt die Querschnittlähmung als eine der „klassischen“ erworbenen Behinderungen in der Forschungslandschaft und in der Öffentlichkeit im Gegensatz zu anderen angeborenen oder erworbenen Behinderungen große Aufmerksamkeit. Die Beiträge von Tanja Scheuer und Kollegen sowie von Dr. Thomas Abel setzen sich mit dem Thema Querschnittlähmung vor dem Hintergrund der verschiedenen Aspekte zur sportlichen Aktivität und der präventiven Wirkung des Sports bei Menschen mit einer Behinderung auseinander.

    Die Rolle der Bewegungstherapeuten als Experten im Kontext von „Behinderung und Sport“ spielt meist nur nebenbei eine Rolle und ist stark abhängig vom persönlichen Interesse und Engagement des Einzelnen. Über die Kernaufgaben der Therapie im klinischen Setting hinaus stellen die Autoren Peter Richarz und Carsten Gugel in ihrem Beitrag vor, wie am Beispiel der Querschnittlähmung nach der Klinikentlassung Möglichkeiten existieren, Menschen mit erworbener Querschnittlähmung Informationen und Hilfestellungen zu liefern, wie sie am Sport teilnehmen können.

    Alle Anstrengungen in Forschung und Praxis verfolgen letztlich das Ziel, mehr Menschen mit Behinderung in den eigenverantwortlichen Sport zu bringen. Der Sport- und Bewegungstherapeut kann dazu wichtige Impulse als Multiplikator und Katalysator zur Teilhabe an diesem wichtigen Lebensbereich liefern.

    Im aktuellen Heft steht die Indikation Querschnittlähmung als typische Zielgruppe im Rollstuhlsport im Mittelpunkt. Es soll jedoch explizit darauf hingewiesen werden, dass der Behindertensport über den Rollstuhlsport hinaus vielfältigste Facetten aufweist. Jeder Mensch mit Behinderung kann im großen Kanon der Bewegungs- und Sportangebote aktiv werden. Ausgangspunkte und Initiator zum eigenverantwortlichen Sport treiben bei Behinderung sind dabei in der Regel der Schulsport, der Sport in den Kliniken und manchmal auch der Rehabilitationssport.

    Ihr Dr. Volker Anneken