B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2009; 25(4): 139
DOI: 10.1055/s-0029-1224546
EDITORIAL

© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Editorial

K. Schüle
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. August 2009 (online)

Inhaltsübersicht

    Liebes Mitglied, liebe Interessierte,

    mit der Osteoporose widmen wir uns einem vielschichtigen und weit verbreiteten Problem, das als eigenständiges Krankheitsbild lange um sein „Ansehen“ ringen musste. Nur zögerlich wurde der Osteoporose diagnostische und therapeutische Beachtung geschenkt, da sie assoziiert war als ein Alterssymptom von Frauen, das es hinzunehmen galt.

    Trotz erfolgreicher Etablierung von Maßnahmen zur Risikoerkennung und Behandlung tauchte im Zusammenhang mit Osteoporose der Vorwurf der erfundenen Krankheit auf – eine Bezeichnung, die von Frauen und Männern, die durch multiple Wirbelkörperbrüche eine Rumpfverkürzung von mehr als 15 cm und Funktionseinschränkungen ihrer inneren Organe erleiden müssen, Lügen gestraft wird.

    Die Prävalenzangabe der Erkrankung von über 7 Millionen Menschen bundesweit beinhaltet nur die Altersgruppen 50 plus, die jüngeren Generationen sind noch nicht enthalten. Unter­suchungen an Schulkindern zu Kraft, Ausdauer und Koordination – wichtigen Grundlagen für die Knochengesundheit – zeigen im Vergleich zu den Untersuchungen von vor 20 Jahren drastische Verschlechterungen. Sicherlich sind diese Ergebnisse Ausdruck derzeitiger körperlicher Bewegungsgewohnheiten, für die Zukunft verheißen sie nicht viel Gutes. Daher ist es wichtig, eine optimale Fitness und Knochenentwicklung im Blick zu behalten und gezielt zu fördern.

    Die Osteoporose ist ein Krankheitsbild im Trend des demografischen Wandels und des Gender Mainstream (auch aus Sicht der Männer: die Normwerte der DXA-Knochendichtemessung sind für Frauen entwickelt worden und werden auch auf Männer angewendet!).

    Inzwischen ist es gelungen, verschiedene Arten der Osteoporose, verschiedene Ausprägungen und Zielgruppen zu identifizieren und zu beschreiben. Wir haben daher versucht, im vorliegenden Heft einen Einblick in die Vielfalt zu bieten:

    • Von Frau Dr. Semler erfahren wir zunächst das klinische Basiswissen.

    • Die Leitlinien zur Bewegungs- und Physiotherapie, die in die Gesamttherapieleitlinien vom Dachverband Deutschsprachiger Osteologen integriert wurden, werden komprimiert vor­gestellt – inklusive Assessment-Instrumenten.

    • Das Thema Sturz wird als eine osteoporoseübergreifende und vorzugsweise das höhere Lebensalter betreffende Problematik beleuchtet.
      Anmerkung: Der Sturz ist derzeit ein Punkt intensiver Auseinandersetzung seitens des DVGS!

    • Als Gegensatz dazu wird mit dem Beitrag zur Osteoporose im Kindes- und Jugendalter eine juvenile Erkrankungsform dargestellt.

    • Die Praxis kommt nicht zu kurz: aus einer vergleichenden Therapiestudie werden Wirksamkeiten gezeigt.

    • Ein kleiner Exkurs in die Mechanik stellt den Zusammenhang zwischen Muskel und Knochen dar.

    • Neben strukturellen Merkmalen werden jedoch auch Aktivitäten und Teilhabe beachtet: Der Beitrag „Bewegungstherapie bei Osteoporose – den Menschen im Blick“ appelliert für ganzheitliche Bewegungstherapien unter Berücksichtigung von Haltung, Schmerz und Kontextfaktoren.

    All diese Facetten unterstreichen die Bedeutung einer differenzierten diagnostischen Abklärung, einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen Patientin bzw. Patient und Behandlungsteam sowie einer kontinuierlichen Abgleichung des Therapieziels.

    Wir danken allen Autoren für ihr großes Engagement!

    Herzlichst Ihre und Eure

    Klaus Schüle und Bettina Begerow