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DOI: 10.1055/s-0029-1220466
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Psychotherapieforschung: Kontinuierliche Förderprogramme sind notwendig
Psychotherapy Research – Continuous Federal Funding is NecessaryPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
30. Oktober 2009 (online)

Prof. Dr. Wolfgang Herzog
Die erste gute Nachricht für Psychotherapieforscher vorweg: Etwa alle 20 Jahre gibt es eine Ausschreibung für Psychotherapieforschung eines namhaften deutschen Forschungsförderers. Damit können wir alle engagierten und gut vorbereiteten Kolleginnen und Kollegen unseres Nachwuchses motivieren [1] [2]: ein bis zwei Mal sollten sie in ihrer Karriere schon eine 15 %-Chance haben, ein international konkurrenzfähiges Psychotherapieprojekt einwerben zu können.
Ein bisschen schade ist eigentlich nur, dass die letzte Ausschreibung des BMBF „Forschungsverbünde zur Psychotherapie” gerade 2004 erfolgte [3] und derzeit leider alle Fördermöglichkeiten vergeben sind. Wenn alles mit rechten Dingen zu geht – die vorletzte Ausschreibung des BMFT war Mitte der 80er-Jahre unter dem Titel „Therapie und Rückfallprophylaxe psychischer Erkrankungen im Erwachsenenalter” erfolgt – können wir also in 15 Jahren mit der nächsten Ausschreibung unserer mit den Hufen scharrenden Nachwuchsforscher rechnen. Bleiben noch ein paar Tage zur sorgfältigen Vorbereitung …
Richtig – wenn auch wenig tröstlich – ist die Feststellung, dass die Forschungsförderung auch in anderen medizinischen Disziplinen die klinische Forschung im Vergleich zur experimentellen (Grundlagen-)Forschung benachteiligt. Obwohl sich an den therapeutischen Konzepten und deren Wirksamkeit die Reichweite, letztlich der Nutzen von Konzepten für Patienten zeigt, und obwohl es Übereinstimmung in der Einschätzung gibt, dass der Nachweis dieses Nutzens nur mit hohem methodischen und personellen Aufwand erbracht werden kann, bleiben die Fördermöglichkeiten in der Klinischen Forschung in Deutschland im Vergleich zu den USA sehr eingeschränkt.
Spezifische Probleme der Psychotherapieforschung und ihrer Methodik, die der Komplexität des Forschungsgegenstandes geschuldet sind – sei es die Frage der Adaptation von Standards der good clinical practice oder der Validität von Studien [4] – bedürfen einer kontinuierlichen Diskussion und Konsensbildung der Psychotherapieforscherinnen und -forscher. Bestimmte inhaltliche Bereiche – wie die Psychotherapieforschung im Kinder- und Jugendlichenbereich oder bei Patienten mit somatischen Erkrankungen und komorbiden psychosomatischen und psychischen Störungen – sind in der Psychotherapieforschung besonders vernachlässigt.
Somit ist die Frage nicht ob, sondern wie kontinuierliche Förderprogramme für Psychotherapieforschung etabliert werden sollten und welche öffentlichen Forschungsfördereinrichtungen für solche Programme die geeigneten Träger sind. Die bisherigen BMBF (bzw. BMFT) Programme haben jedenfalls ein großes Verdienst – und das ist die zweite gute Nachricht für Psychotherapieforscher am Schluss: Sie zeigen, dass klinisch wertvolle, international sichtbare und erfolgreiche Psychotherapieforschung in Deutschland organisiert werden kan … auch wenn es für einen klinischen Bereich, in dem ein Drittel aller Frühberentungen entstehen, bislang nicht ganz so oft vorkam …
Literatur
- 1 Löwe B, Hartmann M, Wild B. et al . Effectiveness of a 1-year resident training program in clinical research: a controlled before-and-after study. J Gen Intern Med. 2008; 23 122-128
- 2 Hartmann M, Wild B, Herzog W. et al . Der klinische Forscher in der psychosomatischen Medizin: Status, Kompetenzen und Leistungen. Psychother Psych Med. 2008; 58 230-237
- 3 de Zwaan M. Psychotherapieforschung: Stiefkind der wissenschaftlichen Förderung?. Psychother Psych Med. 2009; 59 109
- 4 Caspar F, Berger T. Die Validitäten und der Wert von Forschung. Psychother Psych Med. 2008; 58 1-2
Prof. Dr. med. Wolfgang Herzog
Klinik für Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin, Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
eMail: Wolfgang.Herzog@med.uni-heidelberg.de