Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0029-1215005
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Tricho-Rhino-Phalangeales Syndrom
Tricho-Rhino-Phalangeal Syndrome
Prof. Dr. med. Wolf-Ingo Worret
Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Biederstein des Klinikums rechts der Isar der TU München
Biedersteiner Str. 29
80802 München
Email: wolf-ingo.worret@lrz.tum.de
Publication History
Publication Date:
25 August 2009 (online)
Zusammenfassung
Das Tricho-Rhino-Phalangeale Syndrom ist ein sehr seltenes Krankheitsbild, welches aber klinisch meist recht einfach zu diagnostizieren ist. In dieser Kasuistik wird eine neue Patientin beschrieben und die typischen Symptome herausgearbeitet.
#Abstract
The Tricho-rhino-phalangeal syndrome is a very rare disease pattern, but is clinically frequently diagnosed in a quite simple manner. In this report a new female patient is described and the typical symptoms are elaborated.
#Einleitung
Mehr als 150 distinkte Syndrome wurden beschrieben, bei welchen es zu Entwicklungsstörungen der Haare kommt, und es ist demnach sehr schwierig, alle diese Fehlbildungen zu überblicken. Insbesondere besteht keine allgemein anerkannte Klassifikation. Man kann die Syndrome klassifizieren in unterschiedliche Erbgänge [2], genetische Aberrationen [3] oder aufgrund der klinischen Bilder. Letztere Klassifizierung ist gerade bei den angeborenen Hypotrichosen (HT) einigermaßen praktikabel [5]. So kann man unterteilen in HT ohne assoziierte Defekte (z. B. Marie-Unna HT), HT mit assoziierten Defekten (z. B. mit mentalen Retardierungen, Skelettanomalien oder Ichthyosen) und die große Gruppe der HT verbunden mit einem ektodermalen Dysplasie-Syndrom (z. B. Abnormalitäten der Zähne, Nägel oder Schweißdrüsen).
#Anamnese
17-jährige Patientin, die seit dem 3. Lebensjahr an einer Haarwachstumsstörung leidet. Die Patientin ist Einzelkind und in der Familie sowie in der Verwandtschaft sind keine speziellen Hautveränderungen oder Krankheiten bekannt.
#Befunde
#Klinischer Befund
Betroffen ist das Capillitium. Man sieht spärliche, feine, pigmentierte Haare und unregelmäßige kahle Stellen ([Abb. 1]). Ein Effluvium besteht jedoch nicht. Die Augenbrauen sind schwach ausgebildet. Weiter fallen eine birnenförmige Nase, ein verlängertes Philtrum, etwas abstehende Ohren und verkürzte Finger sowie zarte und brüchige Fingernägel auf; Fehlstellungen der Frontalzähne. Die Weisheitszähne fehlen. Die Patientin ist etwas klein, aber psychisch altersentsprechend entwickelt ([Abb. 2]).


Abb. 1 Hypotrichose am Hinterkopf.


Abb. 2 Birnenförmige Nase und verlängertes Philtrum.
Laborbefunde
Die Routinelaborparameter und der Hormonstatus sind altersentsprechend im Normbereich.
#Radiologische Befunde
Die ap-Aufnahmen zeigten eine deutliche Verkürzung der Mittelphalanx und Endphalanx D I bds. sowie eine deutliche Verkürzung der Mittelphalanx D II und D V bds. Keine Epiphysenbereiche mehr abgrenzbar. Regelrechte Darstellung des Handwurzelskeletts sowie des Radius und der Ulna. Keine Arthroseanzeichen.
Die Randkanten der Mittelphalanx D II und D IV zeigten sich basalseitig leicht ausgezogen, gleichermaßen wie das Daumengrundgelenk und das Endglied beidseits. Zusammenfassend sind die Veränderungen des Endgliedes D I mit der deutlichen Verkürzung sowie der Mittelphalanx D II und D V typisch für das Vorliegen eines Tricho-Rhino-Phalangealen Syndroms ([Abb. 3] und [4]).


Abb. 3 Verkürzung der Mittelphalangen D 2 und D 5.


Abb. 4 Verkürzung der Endphalangen D1.
Trichogramm
Bei der Untersuchung zeigten sich 23 % Anagenhaare ohne Wurzelscheiden, 38 % abgebrochene Haare, 37 % Telogenhaare und 2 % dystrophische Haare.
#Diskussion
Das Tricho-Rhino-Phalangeale Syndrom (TRPS) ist ein sehr seltenes Krankheitsbild, welches aber klinisch meist recht einfach zu diagnostizieren ist. Es wurde 1966 von dem Schweizer Kinderradiologen Giedion als Syndrom abgegrenzt [1], die Patienten fallen oft durch ihre spezielle Fazies auf, in der eine birnenförmige Nase und ein flaches, verlängertes Philtrum dominieren. Dünnes, ausgelichtetes Kopfhaar und kleine Hände komplettieren den klinischen Eindruck. Seit 2000 ist bekannt, dass sich das defekte TRPS-Gen auf dem Locus 8q24.12 befindet [4]. Die Vererbung ist in den meisten Fällen autosomal dominant, jedoch ist der gonadale Mosaizismus sehr häufig und „verdeckt” deshalb möglicherweise rezessive Formen. Bis heute wurden 3 Typen herausgearbeitet [3]. Bei Typ I und III besteht eine Haploinsuffizienz eines spezifischen Zinkfinger-Proteins, welches einen möglichen Transkriptionsfaktor darstellt. Klinisch kann man diese Typen unterscheiden, indem beim TRPS I kegelförmige Epiphysen der Phalangen gefunden werden, evtl. auch Hüftmalformationen, während beim TRSP III- oder auch Sugio-Kajii-Syndrom eine starke Verkürzung der Metacarpalphalangen und/oder der Metatarsalphalangen vorliegt [6]. Im Gegensatz dazu findet man bei TRPS II, auch Langer-Giedion-Syndrom, mentale Defizite und Exostosen.
Bei der hier vorgestellten Patientin handelt es sich am wahrscheinlichsten um ein TRPS I, da die Metacarpale vornehmlich betroffen sind, die Mittelhandknochen nicht verändert sind und eine altersentsprechende Intelligenz vorliegt. Die typische birnenförmige Nase, verbunden mit dem schütteren Kopfhaar, was ja bei allen Patienten der TRPS-Gruppe gefunden wird, wies den Weg zur Gruppe der Tricho-Rhino-Palangealen Syndrome, die Röntgenaufnahme der Hände führte dann zur Diagnose. Eine Therapie der Hypotrichose ist nicht möglich.
#Literatur
- 1 Giedion A. Das Tricho-rhino-phalangeal Syndrom. Helv Paediat Acta. 1966; 21 475-482
-
2 Happle R.
Genetic defects involving the hair. In: Orfanos CD, Happle R (eds). Hair and Hair Diseases. Heidelberg; Springer 1990: 325-362 - 3 McKusick V A. Mendelian Inheritance in Man; A Catalog of Human Genes and Genetic Disorders. Baltimore, Maryland; The Johns Hopkins University Press 1998
- 4 Momeni P, Glockner G, Schmidt O. et al . Mutations in a new gene, encoding a zinc-finger protein, cause tricho-rhino-phalangeal syndrome type I. Nature Genet. 2000; 24 71-74
-
5 Sinclair R, De Berker D.
Hereditary and congenital alopecia and hypotrichosis. In: R Dawber (ed). Diseases of Hair and Scalp. Oxford; Blackwell Science 1997: 151-238 - 6 Sugio Y, Kajii T. Ruvalcaba syndrome: autosomal dominant inheritance. Am J Med Genet. 1984; 19 741-753
Prof. Dr. med. Wolf-Ingo Worret
Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Biederstein des Klinikums rechts der Isar der TU München
Biedersteiner Str. 29
80802 München
Email: wolf-ingo.worret@lrz.tum.de
Literatur
- 1 Giedion A. Das Tricho-rhino-phalangeal Syndrom. Helv Paediat Acta. 1966; 21 475-482
-
2 Happle R.
Genetic defects involving the hair. In: Orfanos CD, Happle R (eds). Hair and Hair Diseases. Heidelberg; Springer 1990: 325-362 - 3 McKusick V A. Mendelian Inheritance in Man; A Catalog of Human Genes and Genetic Disorders. Baltimore, Maryland; The Johns Hopkins University Press 1998
- 4 Momeni P, Glockner G, Schmidt O. et al . Mutations in a new gene, encoding a zinc-finger protein, cause tricho-rhino-phalangeal syndrome type I. Nature Genet. 2000; 24 71-74
-
5 Sinclair R, De Berker D.
Hereditary and congenital alopecia and hypotrichosis. In: R Dawber (ed). Diseases of Hair and Scalp. Oxford; Blackwell Science 1997: 151-238 - 6 Sugio Y, Kajii T. Ruvalcaba syndrome: autosomal dominant inheritance. Am J Med Genet. 1984; 19 741-753
Prof. Dr. med. Wolf-Ingo Worret
Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Biederstein des Klinikums rechts der Isar der TU München
Biedersteiner Str. 29
80802 München
Email: wolf-ingo.worret@lrz.tum.de


Abb. 1 Hypotrichose am Hinterkopf.


Abb. 2 Birnenförmige Nase und verlängertes Philtrum.


Abb. 3 Verkürzung der Mittelphalangen D 2 und D 5.


Abb. 4 Verkürzung der Endphalangen D1.