ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2009; 118(3): 70
DOI: 10.1055/s-0029-1213801
Rundschau

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Kongress für Präventive Zahnheilkunde - Zum ersten Mal in Innsbruck

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Publication Date:
20 March 2009 (online)

 
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    Ende November letzten Jahres fand der 16. Kongress für Präventive Zahnheilkunde zum ersten Mal in Innsbruck statt. Im Rahmen der Innsbrucker Prophylaxetage informierten Experten während des Kongresses über die neuesten Forschungsergebnisse zum Biofilm-Management.

    Prof. Nicole Arweiler, Universität Freiburg, gab einen Überblick über das Biofilm-Management. Sie beschäftigte sich als eine der ersten mit der Entstehung des Zahnbelags und erkannte die differenzierte Struktur dessen, was heute als Biofilm bezeichnet wird. Biofilme auf Zähnen sind nach heutigen Erkenntnissen für Erkrankungen, wie Parodontitis oder Periimplantitis, verantwortlich.

    "Erkrankungen verursacht durch Biofilme sind grundsätzlich vermeidbar", meinte Prof. Johannes Einwag[1], Vorsitzender der Gesellschaft für Präventive Zahnheilkunde. Er sprach von einer "City of Microbes", in der die Bakterien in einem komplexen System zusammenleben und untereinander gewissermaßen kommunizieren. Dies geschieht durch das sogenannte "Quorum Sensing".

    Prof. Einwag betonte, dass unter normalen Umständen harmlose Bakterien, die in der Mundhöhle natürlich existieren, pathogen werden können, indem sie ihre Umgebung verändern und Abfallprodukte produzieren, die für die Zahngesundheit gefährlich sein können. Der Zeitraum, bis sich diese Bakterien zum gefährlichen Biofilm entwickeln, ist vom individuellen Immunsystem abhängig. Ein Biofilm erreicht im Schnitt innerhalb von 3 Monaten eine Odontopathogenität. Prof. Einwag empfiehlt daher seinen Patienten alle 3 Monate zu einer professionellen Zahnreinigung (PZR), um den Biofilm von den Zähnen zu entfernen. Er stellte Ergebnisse vor, nach denen die Wahrscheinlichkeit, Parodontitis zu bekommen ohne PZR um 10 % höher ist.

    Auch der Attachment-Verlust ist deutlich höher ohne PZR.

    Es gibt inzwischen viele Möglichkeiten, den Biofilm mechanisch oder chemisch zu entfernen. Neue Entwicklungen gibt es bei den Pulverstrahlgeräten, die allerdings Geduld und längeres Training erfordern, um einen Nutzen für den Patienten zu erzielen.

    Prof. Christof Dörfer, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, stellte den State of the Art des häuslichen BiofilmManagements vor. Etwa 20–30 % des Biofilms persistieren bei einer häuslichen Behandlung und bieten daher Potenzial für parodontale Erkrankungen.

    Zum Abschluss der Veranstaltung informierte Prof. Matthias Hannig, Universitätsklinikum des Saarlandes über neueste Strategien beim BiofilmManagement. So berichtete er über Forschungen zur Immunisierung gegen Streptococcus mutans, um Karies vorzubeugen. Innerhalb der ersten Versuche wurden Antikörper aus transgenen Tabakpflanzen gewonnen und auf die vorher gereinigte Zahnoberfläche aufgetragen. Es zeigten sich jedoch niederschmetternde Ergebnisse, da eine Rekolonisation mit Streptococcus mutans nicht verhindert werden konnte. Ein weiterer Ansatz ist die sogenannte Replacement Therapy, in der die pathogenen Mutansstreptokokken durch physiologisch unbedenkliche Ersatzstoffe ausgetauscht werden, z. B. gentechnisch veränderte Stämme von Mutansstreptokokken. Aktuell forschen die Zahnmediziner an einem neuen Stamm, der essenziell von Alanin abhängig ist.

    Des Weiteren versuchen Prof. Hannig und Mitarbeiter, die unspezifische Abwehr zu stärken. Im initialen Biofilm könnten so natürliche protektive Komponenten (z. B. Lysozym) gezielt angereichert werden, um eine langfristige Anlagerung von Bakterien an Zahnoberflächen zu verhindern. Konsequenzen und daraus folgende therapeutische Ansätze werden in den nächsten Jahren erwartet.

    Silke Karl, ZWR

    01 Pressekonferenz und Kongress für Präventive Zahnheilkunde "Biofilm-Management – heute und morgen" im November 2008 in Innsbruck, unterstützt von Procter & Gamble

    01 Pressekonferenz und Kongress für Präventive Zahnheilkunde "Biofilm-Management – heute und morgen" im November 2008 in Innsbruck, unterstützt von Procter & Gamble

     
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