Z Orthop Unfall 2009; 147(1): 11
DOI: 10.1055/s-0029-1213756
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gelenkinfektion - Diagnostik der infizierten Knieendoprothese: Erkenntnisse aus einer Multicenter-Datenbank

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Publication Date:
23 February 2009 (online)

 
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Die Diagnosestellung einer implantatassoziierten Gelenkinfektion gestaltet sich trotz Verfügbarkeit zahlreicher diagnostischer Methoden oft schwierig. Obwohl die Sensitivität und Spezifität der Testmethoden im Einzelnen untersucht sind, stellt keines der Diagnostika den sicheren Infektausschluss oder -beweis dar, es besteht eine große Abhängigkeit von der individuellen klinischen Einschätzung. Die Aussagekraft der gezielten Kombination unterschiedlicher Methoden ist nicht hinreichend untersucht. Dies wird in der vorliegenden Arbeit anhand einer Multicenter-Datenbank über Knieendoprothesen-Revisionen adressiert. Diagnosis of Infected Total Knee: Findings of a Multicenter Database, Clin Orthop Relat Res. 2008 Nov; 466 (11): 2628 - 33

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Studiendesign

889 Knieendoprothesen-Revisionsoperationen aller Indikationen wurden erfasst. Die Ergebnisse aus prä- und intraoperativer Routine-Infektdiagnostik wurden eigenständig und in Kombination auf ihre Sensitivität, Spezifität und prädiktive Aussagekraft ausgewertet. Level of Evidence: Level II.

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Ergebnisse

Insgesamt 197 Knieendoprothesen wurden als septisch klassifiziert durch Nachweis eines Abszess, einer Fistel oder eines positiven prä- oder intraoperativer Keimnachweises. Für das Vorliegen einer solchen Gelenkinfektion hatte die Analyse der Synovialflüssigkeit mit Bestimmung der Leukozytenzahl/µl (> 1100/µl) kombiniert mit dem Anteil neutrophiler Granulozyten (> 64 %) einen positiv prädiktiven Wert von 100 % bei hohem negativ prädiktiven Wert von 96,6 %. Der direkte Keimnachweis im Gewebe bzw. im Abstrich lieferte in 10 % falsch negative und in 5,9 % falsch positive Ergebnisse. Dabei konnte kein statistisch signifikanter Unterschied bei einer präoperativen Antibiotikagabe festgestellt werden. Die Blutserumanalysen haben in 4 % der als infiziert klassifizierten Patienten eine falsch negative Aussage geliefert, wobei sie in Kombination mit der Synovialanalyse eine sehr hohe negativ prädiktive Aussagekraft haben (100 %).

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Kommentar

In der vorliegenden Arbeit wird an einem verhältnismäßig großen Patientenkollektiv die Aussagekraft kombinierter Routinemethoden zum Nachweis eines Implantatassoziierten Gelenkinfektes überprüft.

Nach den Daten dieser Studie stellt der intraoperative Abstrich nicht den Gold-Standard in der Infektdiagnostik dar. Interessant ist aber insbesondere, dass die Sensitivität dieser Methode nicht signifikant durch eine präoperative Antibiotikagabe beeinflusst wird.

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die präoperative Synovialanalyse die höchste prädiktive Aussagekraft für eine vorliegende Protheseninfektion im Knie hat. Dies wird in der aktuellen Literatur durch andere Arbeiten gestützt.

Kritik ist zu üben in Hinblick auf die Kategorisierung in septische und aseptische Lockerung. Ein einfach positiver intraoperativer Keimnachweis wurde als "falsch positiv" gewertet. Damit ist eine zentrale Fragestellung, nämlich das Vorhandensein einer vermeidlichen biofilmassoziierten Low-Grade-Infektion, die sich nur schwierig im Abstrich nachweisen lässt, nicht adressiert. Zusätzliche histologische Tests oder eine PCR des periimplantären Gewebes sind nicht durchgeführt worden. Auch sind die angeführten Grenzwerte der Messmethoden nicht direkt in andere Laboreinrichtungen übertragbar.

Dr. Tilman Calließ

Dr. Tilman Calließ

Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover

Email: tilman.calliess@annastift.de