Klin Padiatr 2009; 221(2): 100
DOI: 10.1055/s-0029-1202867
Kurzmitteilung

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diabetes mellitus beim Frühgeborenen: Erstmalige Behandlung mit Sulfonylharnstoff

Neonatal Diabetes Mellitus: Treatment with Sulfonylurea in a Preterm Born InfantG. Wendelin, M. Haim, F. Reiterer, M. Borkenstein, W. Müller
Further Information

Publication History

Publication Date:
04 March 2009 (online)

Diabetes mellitus des Neugeborenen (NDM) wird als im ersten Lebensmonat auftretende Hyperglykämie, die eine Behandlung mit Insulin erforderlich macht, definiert [Barbetti F. Endocr Rev 2007; 11: 83–93]. Es handelt sich um eine seltene Erkrankung deren Inzidenz auf 1 pro 100 000–500 000 Lebendgeburten geschätzt wird [Sperling MA. N Engl J Med 2006; 355: 507–510; Jeha GS et al. J Pediatr Endocrinol Metab 2005; 18: 1095–1102]. NDM kann klinisch in eine permanente und eine transiente Form mit möglichem Wiederauftreten im Erwachsenenalter eingeteilt werden.

Jüngste Erkenntnisse genetischer Untersuchungen haben zu völlig neuen Einsichten in die Entstehung des NDM geführt. Als häufigste Ursache für die Entstehung eines transienten NDM wurden Mutationen im Bereich der 6q24-Region identifiziert. Mutationen der Gene KCNJ11 oder ABCC8 können in 26–58% aller Patienten mit NDM nachgewiesen werden. Diese zwei Gene kodieren für die Untereinheiten KIR6.2 und SUR1 des ATP-sensiblen Kaliumkanals der Beta-Zellen des Pankreas. Mutationen des KCNJ11- und ABCC8-Gens führen zu einer Veränderung der Funktion des ATP-sensiblen Kaliumkanals mit verminderter Ausschleusung von Insulin aus den Beta-Zellen. Es wurde nachgewiesen, dass Sulfonylharnstoffe bei Patienten mit Mutationen im Bereich dieser zwei Gene auf die Ausschleusung von Insulin regulierend wirken können. Durch die unter dem Einfluss von Sulfonylharnstoffen vermehrte endogene Insulinfreisetzung wird in den meisten Fällen eine Beendigung der Insulinsubstitutionstherapie möglich [Flanagan SE et al. Diabetes 2007; 56: 1930–1937; Pearson ER et al. Neonatal Diabetes International Collaborative Group. N Engl J Med 2006; 355: 467–777].

Wir berichten erstmalig vom erfolgreichen Einsatz von Sulfonylharnstoff in der Therapie des NDM bei einem Frühgeborenen ohne nachweisbare Genmutation.

    >