Gesundheitswesen 2009; 71(5): 265-274
DOI: 10.1055/s-0029-1202325
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Bleibelastung des niedersächsischen Trinkwassers verursacht durch Korrosion von Rohrleitungsmaterialien

Lead Pollution of Drinking Water in Lower Saxony from Corrosion of Pipe MaterialsB. P. Zietz 1 , 2 , J. Laß 1 , H. Dunkelberg 2 , R. Suchenwirth 1
  • 1Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover
  • 2Abteilung für Allgemeine Hygiene und Umweltmedizin, Universitätsklinikum Göttingen, Göttingen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
22. April 2009 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Die Korrosion von Rohrleitungsmaterialien in Trinkwasserleitungsnetzen kann toxische Metalle in das Wasser freisetzen. Speziell von Bedeutung ist hierbei das Schwermetall Blei, welches besonders von Hausinstallationen und stellenweise Hausanschlussleitungen aus Blei in das Trinkwasser übergehen kann. Insbesondere für Kinder ist Blei ein Element mit verschiedenen akut- und chronisch-toxischen Effekten.

Ziel und Methode: Ziel eines seit dem Jahre 2005 laufenden Präventionsprojektes im Land Niedersachsen war es, einerseits Daten über die Bleibelastung zusammenzutragen und auf der anderen Seite auch den Austausch von Bleileitungen zu fördern. Wichtiger Teil des Projektes war dabei das Angebot einer kostenfreien Screening-Untersuchung auf Blei im Trinkwasser für Haushalte mit jungen Frauen und Familien mit Kindern. Teilnehmen konnten Privathaushalte, die in bis 1973 erbauten Wohngebäuden leben (danach wurden keine neuen Bleileitungen mehr verbaut). Durchgeführt wurde das Untersuchungsprogramm durch das Niedersächsische Landesgesundheitsamt in Zusammenarbeit mit den örtlichen Gesundheitsämtern. Weiterhin wurden landesweit kommunale Daten über Messungen von Metallen in Proben aus Hausinstallationen sowie über bekannte Bestände an Bleitrinkwasserrohren zusammengetragen. Schließlich wurde auf Landesebene eine Arbeitsgemeinschaft Bleisanierung eingerichtet, an der sich Vertreter aller relevanten Akteure (wie z. B. Mieter- und Vermieterverbände, Handwerk, Bau- und Gesundheitsverwaltung) beteiligten.

Ergebnisse: Im Blei-Untersuchungsprogramm sind seit dem Start im März 2005 bis Ende Dezember 2007 insgesamt 2 901 Stagnationsproben eingegangen und gemessen worden. Hiervon lagen 7,5% der Proben über 10 μg/l (empfohlener Grenzwert der WHO) und 3,3% der Proben über 25 μg/l (aktueller Grenzwert der Trinkwasserverordnung). Von den Teilnehmern wurde dabei eine Stagnationsprobe über Nacht entnommen, nach Ablaufenlassen von einem Liter Wasser. Bei der regionalen Betrachtung der Ergebnisse ergaben sich teilweise deutliche Unterschiede beim Anteil der erhöhten Proben. Für das Gesamtprogramm zeigte sich, dass Ein- und Zweifamilienhäuser weniger häufig betroffen waren als Mehrfamilienhäuser. In der Tendenz wiesen bis zum Jahr 1940 gebaute Häuser häufiger erhöhte Messwerte auf als jüngere Gebäude bis Baujahr 1973. Weitere Daten zu Blei im Trinkwasser lieferte eine Studie in Südniedersachsen, bei der 3,1% der 1 434 untersuchten Stagnationsproben über 10 μg/l lagen.

Abstract

Background: The corrosion of drinking water pipe materials can release different elements into tap water. Especially important in this context is the heavy metal lead, which mainly leaches from the peripheral water distribution system. Lead is known to have numerous adverse effects especially to infants and children.

Aim and Method: The aim of this project was to assess the present state of drinking water contamination with lead in Lower Saxony and to promote the replacement of lead pipes. For this purpose a project was initiated comprising three parts. Firstly, a free examination of drinking water was offered in cooperation with local public health departments for private households with young women and families with children living in buildings constructed before 1974. Participants were asked to collect a cold tap water sample in their household after nocturnal stagnation and to complete a questionnaire. The collected samples were analysed by atomic absorption spectrometry for their lead concentration. Secondly, data from local public health departments on results of lead measurements, especially in buildings for the public, were collected and analysed. Finally, a working group ‘lead replacement’ consisting of representatives of all relevant parties (e.g., tenant and landlord associations, handicraft, building and health administration) was initiated.

Results: In the project in total 2 901 tap water samples from households were collected between the years 2005 and 2007. Of these, 7.5% had lead concentrations exceeding 10 μg/L (recommended limit of the World Health Organisation) and 3.3% had concentrations above the limit of the German drinking water ordinance (25 μg/L). There were remarkable regional differences in the frequency of tap water contamination. Multi-family houses were more frequently affected than single and double family houses. Additional data were collected in a preceding study in southern Lower Saxony. Of the 1 434 stagnation samples, 3.1% had lead concentrations greater than 10 μg/L and 0.6% had concentrations above the former limit of the German drinking water regulations of 40 μg/L.

Literatur

Korrespondenzadresse

Dr. med. B. P. ZietzMPH 

Niedersächsisches Landesgesundheitsamt

Abteilung Umweltmedizin

Umwelthygiene

Umweltepidemiologie

Roesebeckstraße 4–6

30449 Hannover

eMail: blei@telemedizinweb.de