Klin Padiatr 2009; 221(2): 51
DOI: 10.1055/s-0029-1192039
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bilaterale Plexuslähmung bei einem Frühgeborenen: Was ist neu?

Bilateral Obstetric Brachial Plexus Paralysis: What's New?L. Gortner
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Ludwig Gortner

Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin

Universitätsklinikum des Saarlandes

66421 Homburg/Saar

eMail: ludwig.gortner@uks.eu

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. März 2009 (online)

Inhaltsübersicht

Während die Häufigkeit der Plexusparese bei reifen Neugeborenen rückläufig ist [4] – dies ist nach aktuellen Daten der größeren Häufigkeit der Sectio caesarea bei cephalo-pelvinem Missverhältnis mit drohender Schulterdystokie zuzuschreiben [5] [8] – ist die perinatal erworbene Läsion bei sehr kleinen Frühgeborenen selten, aber in den langfristigen Konsequenzen noch gravierender als bei Reifgeborenen [5].

Die bilaterale Plexuslähmung ist wesentlich seltener als die unilaterale Form, jedoch noch weitaus schwerwiegender hinsichtlich der Langzeitprognose [1].

Operative Therapieverfahren der Plexusläsionen wurden systematisch seit den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts eingeführt [6] und mit zunehmender Verbesserung der perioperativen Diagnostik und Therapie sowie der operativen Methoden in der laufenden Dekade zunehmend Standard [7] [12].

In der vorliegenden Ausgabe der klinischen Pädiatrie berichtet die Erlanger Gruppe über die Therapieresultate der operativen Versorgung einer bilateralen Plexuslähmung bei einem sehr kleinen Frühgeborenen [3]. Die Autoren belegen eindruckvoll, dass die motorischen Funktionen nach der operativen Behandlung eklatant verbessert wurden und die motorischen Fortschritte des betroffenen Kindes als außerordentlich gut einzuschätzen sind. Obschon die exakte Pathogenese der bilateralen Störung der Plexusfunktion des Frühgeborenen nicht in der wünschenswerten Exaktheit eingegrenzt werden konnte, sind in erster Linie mechanische Faktoren zu diskutieren.

Die vorliegende Kasuistik hat zwei wesentliche Implikationen, die eines Kommentars wert sind:

Vorausgesetzt die mechanische Alteration ist der wesentliche pathogenetische Faktor der vorliegenden bilateralen Plexusläsion, ist dies ein erneuter deutlicher Hinweis für die Fragilität sehr kleiner Frühgeborener. Neben den bedrohlichen Implikationen von Hirnblutungen und periventrikulären Leukomalazien hinsichtlich der akuten Morbidität und der Einschränkung langfristiger psychomotorischer Entwicklungspotenziale sehr kleiner Frühgeborener [10] [11], betont diese Kasuistik den Stellenwert sehr kleiner Frühgeborener als eine relevante Risikogruppe in der Perinatologie für die Strukturen des peripheren Nervensystems, zum Teil bedingt durch mechanische perinatale Alterationen. Daher ist dem Risikofaktor der Fragilität sehr unreifer Frühgeborener sowohl in der Geburtsmedizin als auch in der Neonatologie unter dem Aspekt der Prävention neurologischer Läsionen Rechnung zu tragen.

Weiterhin ist die Adaptation neuer, teils experimenteller Therapieformen – im vorliegenden Fall operativer Verfahren – für sehr kleine Frühgeborene ein kritischer Faktor. Aufgrund der Seltenheit der bilateralen Plexusläsionen sind naturgemäß prospektive randomisierte Studien mit adäquaten Fallzahlen schwierig umsetzbar. Andererseits sind in den genannten Bereichen Wissensgewinn und damit Fortschritte nur realisierbar, wenn diese Verläufe systematisch beschrieben, gesammelt und dokumentiert werden. Als wesentliche Messgrößen des Therapieerfolgs sind hier neben der Verbesserung der motorischen Funktionen als primäres Ziel der Therapie die Verbesserung der langfristigen Lebensqualität zu werten [2] [9]. Hierzu soll die Kasuistik ein Anstoß sein.

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