In dieser biomechanischen Studie wurden vier verschiedene interspinöse Spreizer auf
ihren Einfluss auf Flexibilität und intradiskalen Druck bei humanen monosegmentalen
Lendenwirbelsäulenpräparaten getestet. Biomechanical effect of different lumbar interspinous implants on flexibility and
intradiscal pressure, Eur Spine J 2008, 17: 1049 - 1056
Einleitung
Einleitung
Es existieren mehrere chirurgische Behandlungsmethoden bei degenerativ bedingter lumbaler
Spinalkanalstenose (Abb. [1]), wobei heutzutage die Dekompression als die klassische operative Therapie gilt.
Eine zusätzliche Option stellt das Einsetzen eines interspinösen Spreizers dar, der
zwischen zwei angrenzende Dornfortsätze geklemmt wird und damit als Platzhalter fungiert.
Ziele dieser Implantate sind die Entlastung der Facettengelenke, der Erhalt der Höhe
der Neuroforamina sowie die Gewährleistung der Stabilität insbesondere in Extension,
ohne aber die Beweglichkeit komplett aufzugeben.
Abb. 1 Degenerativ bedingte lumbale Spinalkanalstenose (Quelle: Heisel J. Neurologische
Differenzialdiagnostik. Stuttgart: Thieme; 2007).
Die Intention dieser In vitro-Studie war der Vergleich von vier unterschiedlichen
interspinösen Spreizern bezüglich ihrer Flexibilität in den drei Bewegungsebenen sowie
des intradiskalen Druckes.
Studiendesign
Studiendesign
An jeweils sechs monosegmentalen humanen Lendenwirbelsäulenpräparaten (12 x L2/3,
12 x L4/5) wurden die vier am längsten auf dem Markt befindlichen interspinösen Spreizer
(Coflex-Fa. Paradigm Spine, Wallis-Fa. Abbott Spine, Diam-Fa. Medtronic Sofamor Danek
und X-Stop-Fa. St. Francis Medical Technologies) eingesetzt. Dabei wurden die jeweiligen
Monosegmente zunächst im intakten, anschließend im defekten, d. h. beidseitig dekomprimierten
Zustand und zuletzt mit eingesetztem interspinösen Spreizer untersucht. Die Präparate
wurden in den Bewegungsrichtungen Extension/Flexion, Seitneigung und axiale Rotation
mit reinen Momenten von + / - 7,5 Nm und ohne Vorlast in einer Wirbelsäulen-Prüfmaschine
belastet, wobei die dreidimensionalen Bewegungsausschläge aufgezeichnet wurden. Gleichzeitig
wurden die intradiskalen Drücke mit einer Sonde gemessen.
Ergebnisse
Ergebnisse
In allen vier Implantatgruppen wurde gleichermaßen nach Schaffen des Dekompressionsdefektes
eine Zunahme der Seitneigung um 8 % und der axialen Rotation um 18 % festgestellt.
In Extension kam es zu einer Zunahme um 10 % und in Flexion um 14 %. Nach Einsatz
der interspinösen Spreizer konnte die Extension auf durchschnittlich 50 % im Vergleich
zum intakten Zustand limitiert werden. In Seitneigung, axialer Rotation und Flexion
waren bis auf wenige Ausnahmen bei allen vier Spreizern leicht erhöhte Bewegungsausmaße
in Bezug zum intakten und dekomprimierten Zustand feststellbar. Der intradiskale Druck
zeigte sich mit dem Spreizer in Flexion, Seitneigung und axialer Rotation ähnlich
dem Druck im intakten Segment. In Extension wurde jedoch mit implantiertem Spreizer
ein deutlich geringerer Druck in der Bandscheibe gemessen.
Kommentar
Kommentar
Interspinöse Spreizersysteme sind viel diskutierte Implantate zum Einsatz in der LWS.
Sie werden mit dem Ziel der Erweiterung des Wirbelkanals und der Neuroforamina, Entlastung
der Bandscheiben und Facettengelenke und der Stabilitätserhöhung eingesetzt. Die biomechanischen
Eigenschaften der vier am längsten eingesetzten Spreizer werden in dieser Studie eindrucksvoll
an einem Monosegment der humanen LWS dargestellt. Wie erwartet, nimmt die Beweglichkeit
in allen drei Bewegungsebenen nach beidseitiger Dekompression zu. Nach Stabilisierung
mit interspinösem Spreizer wird die Extension zu über 50 % reduziert, die Flexion
kann nur mit dem Wallis-Implantat so stabilisiert werden, dass der Wert des intakten
Zustandes erreicht wird. Dieses mag an den um die angrenzenden Dornfortsätze geschlungenen
Bändern zur Fixierung im Sinne einer Zuggurtungsfunktion liegen.
Ob die biomechanisch durchaus vielversprechenden Ergebnisse auch einen klinischen
Nutzen haben, der einen Einsatz mit o. g. Intentionen rechtfertigt, müssen kontrollierte
Verlaufsstudien am Patienten über einen längeren Zeitraum zeigen.
Dr. med. Dorothea Daentzer
Dr. med. Dorothea Daentzer
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
Email: dorothea.daentzer@annastift.de