Eine 84-jährige Patientin wurde notfallmäßig eingeliefert mit Ruhedyspnoe und Stridor
sowie einer klinisch imponierenden oberen Einflussstauung. Schon seit Jahren klagte
die Patientin über langsam progrediente Dyspnoe bei Belastung. Diese hatte sich nun
akut verschlechtert. Aufgrund der schweren respiratorischen Insuffizienz der Patientin
wurde sie zunächst auf der Intermediate Care Station versorgt. Im Röntgen-Thoraxbild
([Abb. 1 ]) fand sich eine große Raumforderung im rechten Oberlappen mit Kompression der Trachea.
Zur weiteren Abklärung wurde ein CT-Thorax durchgeführt ([Abb. 2 ]). Hierbei stellte sich die Raumforderung als gedeckt rupturiertes Aneurysma der
A. lusoria heraus mit einem Durchmesser von 12 × 10 cm. Aufgrund des Alters und des
Gesamtzustandes der Patientin wurde eine endovaskuläre Ausschaltung der A. lusoria
geplant mittels Stent. Hierzu war eine Stentanlage innerhalb des linken Subclaviaabgangs
erforderlich mit der Notwendigkeit einer vorgeschalteten Carotis-Subclavia-Bypassanlage
beidseits mit Abnaht des Lusoria Aneurysmas bei Truncus bicaroticus als erstem Aortenabgang
und hypoplastischen Vertebralarterien beidseits.
Diese Operation konnte komplikationslos durchgeführt und eine 8 cm lange endovaskuläre
Gefäßprothese (Durchmesser 38 mm) über beide Subclavia-Abgänge in den Aortenbogen
von transfemoral implantiert werden. Postoperativ wurde die Patientin invasiv beatmet
auf die Intensivstation verlegt. Aufgrund der deutlichen Trachealstenose war nur die
Einlage eines 7.0 Endotracheal-Tubus möglich. Ein postoperativ durchgeführtes Verlaufs-Angio-CT
([Abb. 3 ]
[Abb. 4 ]) zeigte, dass das Aneurysma noch teilweise perfundiert war. Zudem fand sich weiterhin
eine deutliche Trachealkompression und eine Kompression des linken mehr als des rechten
Hauptbronchus. Dies konnte auch bronchoskopisch bestätigt werden. Bei im Verlauf persistierender
respiratorischer Insuffizienz wurde eine operative Tracheotomie durchgeführt. Eine
Entwöhnung gelang nicht, da es während der Aufwachphasen immer wieder zu Panikattacken
der Patientin mit Kollaps der zentralen Atemwege distal der Trachealkanüle kam, wie
sich bronchoskopisch bestätigen ließ.
Als ultima ratio wurde eine tracheobronchiale Y-Stent-Implantation erfolgreich durchgeführt.
Eine Extubation war jedoch nicht möglich. Nach einer initialen kurzzeitigen Besserung
kam es im weiteren Verlauf zu zunehmender Verschlechterung des Gasaustausches und
der Kreislaufsituation, sodass die Patientin schließlich verstarb.
Eine aberrierende rechte Arteria subclavia, auch als Arteria lusoria bekannt, ist
eine kongenitale Anomalie des Aortenbogens mit einer Prävalenz von ca. 1 % der Bevölkerung.
Die aberrierende rechte Arteria subclavia entspringt meist distal der linken A. subclavia
und zieht hinter dem Ösophagus zum rechten Arm. Arteriosklerotische Arteria lusoria
Aneurysmen sind sehr selten und besitzen ein hohes Risiko der Ruptur, so auch in unserem
Fall. Die endovaskuläre Stentversorgung ist eine Alternative zur offenen Chirurgie
des Aortenbogens, die sehr viel komplikationsträchtiger ist. Auch bei unserer Patientin
wurde das primär endovaskuläre Vorgehen gewählt aufgrund des hohen Alters und des
reduzierten Allgemeinzustandes. Das häufigste Symptom einer Arteria lusoria ist die
Dysphagie, Dyspnoe ist sehr selten. Die „Dysphagia lusoria” beschreibt in der Literatur
die symptomatische Kompression des Ösophagus durch eine vaskuläre Anomalie des Aortenbogens.
Ungewöhnlich in unserem Fall war die späte Manifestation der Dyspnoe bei dieser Patientin
in fortgeschrittendem Alter. Dies kann erklärt werden durch die aneurysmatische Aufweitung
der A. lusoria mit konsekutiver Ruptur, die zu einer ausgeprägten Kompression der
zentralen Atemwege geführt hat. Insofern könnte man diesem Krankheitsbild einen neuen
Terminus geben: „Dyspnea lusoria”.
Abb. 1 Röntgen-Thorax p. a. bei Aufnahme. Große rundlich konfigurierte Verdichtung in Projektion
auf das rechte Oberfeld.
Abb. 2 Computertomographie vor aortaler endovaskulärer Stentimplantation. In den koronaren
Schnitten Darstellung des großen A. lusoria Aneurysmas (ALA), (a ) des komprimierten (Pfeile) rechten Hauptbronchus (RHB) und (b ) der hochgradigen Trachea-Kompression (Pfeile).
Abb. 3 Computertomographie nach aortaler endovaskulärer Stentimplantation. Im (a ) sagittalen Schnitt Darstellung des A. lusoria Aneurysmas (ALA), des Aortenstents
(ASt) und der hochgradigen Trachea-Kompression (Pfeile) sowie des 7.0 Endotracheal-Tubus
(Tubus). Im (b ) koronaren Schnitt Darstellung des A. lusoria Aneurysmas (ALA), des Aortenstents
(ASt), des komprimierten (Pfeil) linken Hauptbronchus (LHB) und des komprimierten
(Pfeile) rechten Oberlappenbronchus (ROLB).
Abb. 4 Computertomographie nach aortaler endovaskulärer Stentimplantation. In den axialen
Schnitten Darstellung (a ) des A. lusoria Aneurysmas (ALA), des Aortenstents (ASt) und der hochgradigen Trachea-Kompression
(Pfeil) mit einliegendem 7.0 Endotracheal-Tubus (Tubus) sowie (b ) des A. lusoria Aneurysmas (ALA) und des komprimierten (Pfeile) linken Hauptbronchus
(LHB).