Kernaussagen
In vielen In-vitro-Untersuchungen konnte ein Synergieeffekt durch die Kombination
unterschiedlicher Antibiotikasubstanzklassen im Vergleich zur Aktivität einer einzelnen
Substanzklasse gezeigt werden. Dies gilt beispielsweise für die Kombination aus einem
Betalaktam-Antibiotikum, wie z. B. Penicillin oder Cephalosporine, mit einem Aminoglykosid
wie auch für die Kombination von Betalaktam-Antibiotika mit Gyrasehemmern, wie beispielsweise
Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Moxifloxacin. Für diese In-vitro-Modelle wurden meistens
gramnegative Bakterien aus der Familie der Enterobacteriaceae oder häufig P. aeruginosa
gewählt. Durch eine unterschiedliche eingesetzte Konzentration der gewählten Einzelsubstanzen
konnte ergänzend ein verstärkter Abtötungseffekt nachgewiesen werden. Auch für grampositive
Erreger wie Staphylococcus aureus oder auch Enterococcus spp. zeigte sich in vitro
eine verstärkte und beschleunigte Abtötung bei Kombinationen im Vergleich zu Einzelsubstanzen.
In einzelnen Studien der 80er- und 90er-Jahre konnten diese In-vitro-Ergebnisse auch
bei ausgewählten Patientenkollektiven bestätigt werden. So etablierte sich insbesondere
für die Therapie von durch P. aeruginosa ausgelösten Infektionen die Empfehlung einer
Kombinationstherapie bestehend aus einem Betalaktam-Antibiotikum und einem Aminoglykosid.
Erst in mehreren Meta-Analysen der letzten Jahre konnte gezeigt werden, dass eine
Kombinationstherapie bezüglich Letalität, klinischer Heilungsrate und bakterieller
Eradikation einer Monotherapie nicht überlegen war. Diese Aussagen konnten sowohl
für immunkompetente wie auch für immunsupprimierte/neutropenische Patienten mit unterschiedlichen
ambulant und nosokomial erworbenen Infektionen dokumentiert werden. Auch die erhoffte
Verzögerung einer bakteriellen Resistenzentwicklung durch eine Kombination wurde in
einer Meta-Analyse nicht bestätigt. Im Gegensatz hierzu konnte bei Patienten unter
der Kombinationstherapie signifikant häufiger eine durch Aminoglykoside indizierte
Nephrotoxizität gesehen werden. Die meisten der Studien, die Eingang in die Meta-Analysen
fanden, wurden in einer Zeit durchgeführt, in welcher Aminoglykoside 2- bis 3-mal
täglich gegeben wurden. Im Gegensatz zu der heutigen Einmalgabe ist der nephrotoxische
Effekt daher wahrscheinlich überschätzt.
Aus diesen Ergebnissen kann abgeleitet werden, dass insbesondere bei leichteren, nicht
lebensbedrohlichen Infektionen initial mit einer Monotherapie begonnen werden sollte,
welche unter Berücksichtigung der Infektionslokalisation und der lokalen aktuellen
Resistenzsituation mit hoher Wahrscheinlichkeit adäquat ist. Nach wie vor gilt jedoch,
dass eine Kombination indiziert ist, um eine erforderliche Erweiterung des antimikrobiellen
Spektrums zu erzielen wie beispielsweise für die Therapie der ambulant erworbenen
Pneumonie – Betalaktam-Antibiotikum in Kombination mit einem Makrolid oder Tetracyclin
für atypische Pneumonie. Da bekannt ist, dass insbesondere für schwere lebensbedrohliche
nosokomiale Infektionen – v. a. bei Patienten auf Intensivstationen – die initiale
empirische adäquate Therapie mit einer signifikant geringeren Letalität assoziiert
ist im Vergleich zu Therapieoptionen, gegen welche der Erreger in vitro resistent
ist, wird hier nach wie vor zumindest initial eine empirische Kombinationstherapie
empfohlen. Hier steht jedoch nicht der Synergieeffekt im Vordergrund, sondern die
Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer adäquaten Therapie bzw. die Minderung des Risikos,
einen resistenten Erreger inadäquat zu therapieren.
Aufgrund der hier dargestellten Daten und dem Nebenwirkungsprofil werden von den meisten
Fachgesellschaften heute weniger Aminoglykoside als vielmehr Gyrasehemmer als Partner
für eine Betalaktam-Kombination empfohlen, auch wenn z. Z. die entsprechende klinische
Studienlage für diese Empfehlung als Evidenz noch fehlt. Wird im weiteren Verlauf
der Infektionserreger isoliert, besteht kein Grund, mit der initial begonnenen Kombinationstherapie
fortzufahren, sondern es empfiehlt sich eine erregerspezifische Deeskalation als Monotherapie
[15]
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Prof. Dr. med. Sebastian Lemmen
Leiter des Zentralbereichs für Krankenhaushygiene und Infektiologie
Universitätsklinikum Aachen
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