Bild: www.roque-de-jesus.de
Prof. Jürgen Knobloch, Tübingen, ist tot. Der Direktor des Instituts für Tropenmedizin
an der Universität Tübingen starb am 13. November 2008 im Alter von 64 Jahren an den
Folgen einer aggressiven Krebserkrankung. Als einer seiner Freunde und Schüler darf
ich behaupten, dass Deutschland einen der wichtigsten Tropenmediziner verloren hat.
Ärztliche Tätigkeit und Feldforschung im Ausland
Ärztliche Tätigkeit und Feldforschung im Ausland
Nach seiner Approbation war Jürgen Knobloch von 1973 bis 1974 als Betriebsarzt in
Äthiopien tätig. Zu seinen Aufgaben gehörten dabei etwa die Versorgung der europäischen
Familien sowie der einheimischen Arbeiter und der sonstigen Bevölkerung. Anschließend
kehrte er nach Deutschland zurück, um als Assistenzarzt am Bernhard-Nocht-Institut
für Tropenmedizin in Hamburg, zu arbeiten. In dieser Zeit habe ich, damals als Medizinalassistent,
Knobloch zum ersten Mal getroffen. Ich glaube, was ihn auszeichnete, war seine große
Begeisterung für die Tropenmedizin - und ich kann bestätigen, dass diese Begeisterung
durchaus ansteckend war.
Neben der Krankenbetreuung und der klinischen Forschung betrieb er in dieser Zeit
auch Feldforschung im Bereich der Malaria und der viralen hämorrhagischen Fieber.
Für diese Fragestellungen hielt er sich zeitweilig in Kenia, dem Sudan, in Sierra
Leone, Liberia und dem "Center of Disease Control" in den USA auf. So beschrieb er
in der "Deutschen Medizinischen Wochenschrift" das damals sogenannte "Maridihämorrhagische
Fieber" (Ebolafieber). 1980 erschienen in der "Tropenmedizin und Parasitologie" seine
Arbeiten zum Lassafieber.
Leitung des tropenmedizinischen Instituts in Tübingen
Leitung des tropenmedizinischen Instituts in Tübingen
Knobloch wurde dann wissenschaftlicher Angestellter in der Abteilung für Tropenhygiene,
Bakteriologie und Serologie des Bernhard-Nocht-Instituts bei Prof. Erich Mannweiler.
Er spezialisierte sich insbesondere auf die Immundiagnostik der Parasitosen und hat
hier Bahnbrechendes geleistet. Sein Steckenpferd war allerdings die Bartonellose,
über die er in Peru arbeitete, sich später habilitierte und die Lehrberechtigung für
medizinische Mikrobiologie und Tropenmedizin erwarb.
Am 1. Oktober 1990 wurde er Ordinarius des Instituts für Tropenmedizin am Universitätsklinikum
Tübingen und zugleich ärztlicher Leiter und geschäftsführender Direktor des Instituts.
Das Institut wurde unter seiner Leitung zu einem der führenden Tropeninstitute, nicht
nur in Deutschland, sondern auch international. Knobloch hat in dieser Zeit eines
der Standardlehrbücher über die Tropenmedizin herausgebracht.
Große Verdienste in der DTG und Tropenmedizin
Große Verdienste in der DTG und Tropenmedizin
Von 1997 bis 2001 war Knobloch Vorsitzender unserer Gesellschaft. Aus meiner Sicht
liegt sein wesentliches Verdienst darin, herauszustellen, dass die Tropenmedizin in
Deutschland zum Großteil Reisemedizin ist. Tropen-medizin und Reisemedizin sind nicht
synonym - aber der Tropenmediziner in Deutschland muss sich um Reise- und Migrantenmedizin
kümmern, wenn das Fach hier weiter eigenständig bestehen bleiben soll. Knobloch hat
dementsprechend das "Curriculum Reisemedizin" maßgeblich mit entwickelt. In seiner
Tätigkeit als DTG-Vorsitzender verankerte er die Regeln der "evidence-based medicine"
in der Tropenmedizin. Er hat dafür gesorgt, dass Leitlinien erstellt wurden und dass
die DTG Mitglied in der "Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften" (AWMF) geworden ist. Vielen von uns unvergessen ist sicher auch
noch seine Rede zur Geschichte der DTG auf der 100-Jahrfeier im September 2007 in
Berlin.
Seine ihm eigene Zuversicht, Tapferkeit und die grenzenlose Liebe zu seinem Beruf
haben es ihm ermöglicht, bis wenige Tage vor seinem Tod die Arbeit unbeirrt fortzusetzen.
Seine charismatische, kritische Persönlichkeit und sein enormes Wissen werden eine
große Lücke hinterlassen. Wir werden seine Kreativität, sein Wissen und seinen Elan
vermissen - vielleicht auch seine Zynismen. Meiner Meinung nach waren seine Zynismen
nicht einfach böse-brillant, sondern hatten etwas mit Erkenntnis zu tun: Sie haben
eine harte Wirklichkeit oft auf den Punkt gebracht und waren der Ausdruck dessen,
dass sich hier einer kein "X" für ein "U" vormachen lassen wollte.
Prof. Gerd-Dieter Burchard, Hamburg