Das menschliche Hormon Erythropoetin ist ein komplexes Glykoprotein (siehe Molekülmodell:
blau = Aminosäurekette, rot = Zuckerseitenketten, gelb = Disulfidbrücken). Beim biotechnologischen
"Nachbau" geht es daher nicht nur um die korrekte Zusammensetzung des Moleküls, sondern
vor allem um die 3-dimensionale Struktur. Diese ist entscheidend für die Wirksamkeit:
"Wenn die Faltung des Moleküls nicht stimmt, kann es die gewünschte Wirkung nicht
ausüben, weil es nicht am entsprechenden Rezeptor bindet", erläuterte Schaefer.
"Von den ursprünglich 10 Firmen, die versuchten, ein entsprechendes Biosimilar zu
entwickeln und die EU-Zulassung zu erlangen, waren nur 2 erfolgreich", so Schaefer.
Der Firma Hexal gelang es als erstes: "Das Epoetin-alfa-Biosimilar wurde in Deutschland
entwickelt und wird auch hier hergestellt. Es ist das erste Epoetin-alfa-Präparat,
das nach den EU-Richtlinien für Biosimilars entwickelt und zugelassen wurde", sagte
Dr. Carsten Brockmeyer, Leiter Hexal Biotech.
Das Glykoprotein wird in kultivierten Ovarzellen des chinesischen Hamsters (CHO-Zellen)
hergestellt, auf die das menschliche Erythropoetin-Gen übertragen wurde. "Während
die Abfolge der 165 Aminosäuren in der Proteinkette genetisch vorgegeben ist, hängt
die Ausbildung der Zuckerseitenketten, die 40 % des Moleküls ausmachen, sehr stark
von den Kultivierungsbedingungen - Nährmedium, Temperatur, pH-Wert usw. - ab", erläuterte
Brockmeyer.
Es ist vor allen Dingen das Glykosylierungsmuster, das erheblich variieren kann und
zu unterschiedlichen Isoformen führt. Ob die Isoformen dem Referenzprodukt entsprechen,
lässt sich beispielsweise mittels Gelelektrophorese feststellen. Das Epoetin-alfa-Präparat
zeigt das gleiche Bandenmuster wie das Referenzprodukt - und nur solche Präparate
werden in Europa zugelassen.
"Die Erstellung einer geeigneten CHO-Zelllinie, sowie die Entwicklung des gesamten
Herstellungsverfahrens erfolgte nach Quality-by-Design-Grundsätzen", so Brockmeyer.
Das bedeutet, dass zunächst ein in Deutschland zugelassenes Referenzprodukt umfangreich
auf seine Zusammensetzung und Struktur hin analysiert wurde. Mit diesen Daten wurden
dann Spezifikationen für das Epoetin-alfa-Biosimilar festgelegt und mit der Entwicklung
begonnen. Das Ergebnis wurde immer wieder mit dem Referenzprodukt verglichen. Aus
dem Wechselspiel von Prozessentwicklung und Analytik resultierte dann das neue Epoetin-alfa-Präparat.