Bild: PhotoDisc. Nachgestellte Situation.
Heute sind die Anforderungen an ein modernes Krankenhausmanagement enorm. Im Gesundheitswesen
sind die finanziellen Mittel besonders knapp geworden. Dies hat dazu beigetragen,
dass die Rolle von kaufmännischen Führungskräften im Krankenhausbereich weitgehend
anerkannt ist. Dies spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass immer mehr Mediziner
den Weg in die Führungspositionen des Managements suchen, indem sie sich entsprechend
weiterbilden und ihr erworbenes betriebswirtschaftliches Wissen in ein Krankenhaus
oder einen Klinikverbund aktiv einbringen wollen. Mehr Eigenverantwortlichkeit für
die einzelnen Krankenhäuser und ein Wettbewerb zwischen den Kliniken sind essenzielle
Bausteine, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden und eine medizinische
Versorgungssicherheit in Deutschland zu garantieren. Anlässlich seines Ausscheidens
als Vorstandsvorsitzender der Sana Kliniken wirft Dr. Reinhard Schwarz einen kritischen
Blick auf die Herausforderungen der Krankenhausbranche.
In den vergangenen 30 Jahren hat sich das Krankenhausmanagement in Deutschland drastisch
verändert. Man fand, wenn überhaupt, nur sehr vereinzelt einen klassischen Manager,
so wie es heute üblich ist. Die Verwaltungsleiter waren häufig die Erfüllungsgehilfen
von Chefärzten, aber selbst kaum gestalterisch tätig. Unternehmerische Verantwortung
im Sinne einer Ergebnisverantwortlichkeit gab es nahezu kaum. Die Realität war nahe
an der Fernsehwirklichkeit der "Schwarzwaldklinik": Vieles war dem Zufall oder dem
Naturtalent der handelnden Ärzte überlassen. Dieses Bild kann heute nicht mehr erklären,
wie die Wirklichkeit im Krankenhaus aussieht. Inzwischen sind Top-Absolventen der
großen BWL-Fakultäten in den Führungspositionen der Krankenhäuser. Sie sehen ihre
Aufgabe darin, ein Unternehmen aktiv zu steuern, Herausforderungen anzunehmen, bestehende
Strukturen zu hinterfragen und eine hohe Wirtschaftlichkeit mit den Qualitätsansprüchen
der Patienten und Mediziner zu verbinden.
Klassische Strukturen brechen auf
Klassische Strukturen brechen auf
Die Veränderungen im gesamten Gesundheitswesen der vergangenen Jahre waren geradezu
ein Paradigmenwechsel. Man hat die medizinische Leistungserbringung als einen Bereich
erkannt, in dem es notwendig ist, wirtschaftlich zu arbeiten. Hierbei muss auch eine
Verbindung zwischen dem Handeln und dem Haften aller Beteiligten vorhanden sein und
die Eigenverantwortlichkeit gestärkt werden. Für die Patienten selbst macht sich dies
auch in den erhöhten Selbstbeteiligungen bemerkbar.
Diese Tendenz geht auch an den Leistungserbringern nicht vorbei: Ärzte müssen sich
für ihre Leistungen genauso rechtfertigen wie die Geschäftsführer für die wirtschaftliche
Entwicklung. Als Folge existieren die 3 bekannten Säulen Medizin, Pflege und Verwaltung
so nicht mehr, jedenfalls nicht mehr nebeneinander, und kaum noch gegensätzlich agierend.
Im modernen Klinikmanagement geht es um effiziente Prozesse und wirtschaftliche Strukturen,
und dies über die bekannten Grenzen der Berufsgruppen hinweg. Es ist eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit notwendig, um die gewachsenen Herausforderungen meistern zu können,
denn diese sind nach wie vor sehr groß.
Rationalisierungsdruck für die Krankenhäuser
Rationalisierungsdruck für die Krankenhäuser
Seit den ersten Kostendämpfungsgesetzen in den 1970er-Jahren waren die Gesundheitsreformen
stets die Folge der Erkenntnis, dass zu wenig Geld im System ist. Dies haben die Leistungserbringer
und damit auch die Krankenhäuser selbst deutlich gespürt. Sicher wird der Rationalisierungsdruck
auch in Zukunft die Arbeit im Krankenhaus maßgeblich beeinflussen.
Grund zum Jammern darf dies für eine selbstbewusste Krankenhausführung jedoch nicht
sein. Es ist von entscheidender Bedeutung, sich mit den schwierigen Rahmenbedingungen
aktiv und kreativ auseinanderzusetzen und die notwendigen Veränderungsprozesse konsequent
voranzutreiben. Allerdings müssen die Bedingungen auch so gestaltet sein, dass eine
qualitativ hochwertige Versorgung möglich ist. Hier ist die Gesundheitspolitik gefragt.
Eine mindestens genauso große Rolle liegt aber bei den Leistungserbringern selbst:
Die Suche nach Veränderungspotenzialen und Verbesserungsmöglichkeiten, die Beobachtung
der technischen Entwicklung und die Fähigkeit, das richtige Personal auszuwählen und
dann zu motivieren sind die wichtigsten Aufgaben für die Führung von Gesundheitseinrichtungen.
Krankenhausmanager können es sich in Zukunft noch weniger als in der Vergangenheit
leisten, Ressourcen zu verschwenden. Die Mittel, die dabei verlorengehen, fehlen bei
der Behandlung und der Pflege der Patienten. Aus diesem Grund sind Unwirtschaftlichkeit
oder Desorganisation letztlich unethisch.
Wettbewerb im Krankenhaus
Wettbewerb im Krankenhaus
Die zunehmende Wettbewerbssituation im Krankenhausbereich zeigt, dass die Notwendigkeit
einer wirtschaftlichen Klinikführung weiter an Bedeutung gewinnen wird. Wie mehrere
seriöse Studien zeigen, ist etwa jedes 3. Krankenhaus in Deutschland von der Insolvenz
bedroht. Außerdem werden viele Krankenhausbetten für die Sicherstellung einer flächendeckenden
Versorgung nicht mehr benötigt. Dies liegt daran, dass die Ambulantisierung rascher
voranschreitet als die Verlängerung der Lebenserwartung. Daher gibt es immer mehr
stationär zu behandelnde Patienten im hohen Alter. Der Wettbewerb um Patienten, aber
auch um öffentliche Fördermittel, wird dadurch intensiver werden als bisher.
Für die Entwicklung eines Hauses wird es unter diesen Rahmenbedingungen von entscheidender
Bedeutung sein, inwieweit der Wettbewerbsgedanke im Gesundheitswesen tatsächlich umgesetzt
und sich die Krankenhäuser von bürokratischen Führungsmethoden befreien können. Die
Orientierung an privatwirtschaftlichen Grundprinzipien muss mit mehr Nachdruck als
in der Vergangenheit umgesetzt werden. Die privaten Träger leisten hier eine gute
Arbeit. Sie sollten den öffentlichen Häusern jedoch nicht ständig vorhalten, dass
deren Arbeit schlechter wäre. Denn auch die privaten Träger haben teilweise noch die
große Aufgabe vor sich, ihre Krankenhäuser nachhaltig zukunftsfähig zu machen.
Auch die Politik ist gefordert
Auch die Politik ist gefordert
Der Druck auf viele Krankenhäuser ist jetzt schon enorm und ihre Existenz nicht bedingungslos
garantiert. Hält die Politik daran fest, dass das soziale Gut "Gesundheit" auch in
Zukunft eine gesellschaftliche und solidarisch zu erbringende Aufgabe ist, dann sind
Reformen unabdingbar. Aus Sicht der Krankenhäuser zählt zu den wichtigsten Anforderungen
an eine Reform die zukünftige Ausgestaltung der Fallpauschalen, die als Festpreise
definiert und in flexible, krankenhausindividuell verhandelbare Budgets eingebunden
werden müssen. Dies setzt aber eine Dezentralisierung und lokale Handlungsspielräume
voraus. Noch wichtiger sind aber die Forderungen nach Handlungssicherheit und gleichen
Wettbewerbsbedingungen für die Leistungserbringer. Es ist nicht vertretbar, dass Häuser,
die aufgrund mangelnder Managementkompetenz unwirtschaftlich arbeiten, mit öffentlichen
Steuermitteln subventioniert werden.
Dies bedeutet nicht, dass ein Haus, in das seit Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr
ausreichend investiert worden ist, bei der so entstandenen wirtschaftlichen Notlage
nicht eine Art "Anschubhilfe" erhält. Übernimmt Sana beispielsweise ein öffentliches
Haus, so ist wegen manchmal immenser Investitionszusagen zuweilen eine Quersubventionierung
innerhalb des Konzerns notwendig. Für die dauerhafte Gewährleistung medizinischer
Qualität geht es aber um das Grundprinzip, dass jedes Krankenhaus selbst in der Lage
sein muss, sich zu sanieren und die Refinanzierung der nicht geförderten Investitionen
aus eigener Kraft sicherzustellen.
Das Krankenhausmanagement des 21. Jahrhunderts fragt deshalb:
-
Sind die Grundstrukturen wettbewerbsfähig?
-
Gibt es Marktlücken oder Nischen in der Leistungserbringung, die man besetzen kann?
Ich denke, nahezu jedes Krankenhaus hat das Potenzial, sich entsprechend zu entwickeln.
Es bedarf aber einer Führung, welche die Möglichkeiten entdeckt und umsetzt. Krankenhausmanager
müssen als Unternehmer agieren und die Leistung einer Klinik nicht herunterfahren,
sondern ausbauen. Dann ist ein Krankenhausmanagement auch erfolgreich.
Politische Rahmenbedingungen müssen stimmen
Politische Rahmenbedingungen müssen stimmen
Das intensiver werdende Wettbewerbsumfeld mit all seinen Konsequenzen für Ärzte, Manager
und Patienten wird bei den Beteiligten nur dann positiv aufgenommen werden, wenn die
Qualität glaubhaft gewährleistet und die Versorgungssicherheit nicht gefährdet ist.
Dafür sind die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, für welche die Krankenhausbetreiber
kräftig investieren müssen. Die Bereitschaft dazu ist gegeben. Es bedarf dafür jedoch
einer Vertrauen schaffenden und Erfolg versprechenden Basis.
Die Aufgabe des Gesetzgebers ist es daher, für Rahmenbedingungen zu sorgen, welche
die notwendigen Spielräume für das Krankenhausmanagement mit dem Wunsch nach einer
flächendeckenden und leistungsstarken Medizin verbinden können. Die Krankenhäuser
werden dann ihre Kompetenz in betriebswirtschaftlicher und medizinischer Hinsicht
noch wesentlich stärker einbringen als bislang. Inwieweit das auch in der Zukunft
gelingt, hängt vom Mut der politischen Entscheidungsträger ab, dem Handeln der Akteure
Vorrang vor einer Staatsmedizin einzuräumen. Dafür ist auch eine Sicherung der Trägerpluralität
notwendig. Denn nur im Wettbewerb der unterschiedlichen Modelle wird sich herausstellen,
welche Methoden und Prinzipien Erfolg versprechen und so die Qualität der Leistungserbringung
sichern.
Erfolgreiches Klinikmanagement braucht Freiräume
Erfolgreiches Klinikmanagement braucht Freiräume
Der wirtschaftliche Erfolg im Krankenhaus wird dadurch gewährleistet, dass den erfolgreichen
Prinzipien und Strategien der Vergangenheit mehr Raum gegeben wird und man mutig mit
dem nicht bewährten Altbekannten bricht. Der Kern des Erfolgs liegt in einer Mischung
aus Leistung, Wirtschaftlichkeit, modernen Managementmethoden und einer zeitgemäßen
Mitarbeiterführung. Erfolg kann es aber nur geben, wenn selbst erwirtschaftet wurde,
was für die Zukunftsfähigkeit investiert werden muss. Privatwirtschaftliches Handeln,
wie es bei privaten Klinikenträgern praktiziert wird, ist dafür ein Garant.
"Vorbild sein für andere und zeigen, dass medizinische und pflegerische Höchstleistungen
mit wirtschaftlicher Betriebsführung vereinbar sind." Dieser Unternehmensgrundsatz
stammt bereits aus dem Gründungsjahr der Sana Kliniken, hat aber trotzdem an Aktualität
nichts verloren. Er sollte Leitmotiv für das gesamte Krankenhauswesen sein. Ohne die
Anerkennung der Notwendigkeit wirtschaftlichen Denkens und innovativer Krankenhausführung
wird die Lösung der Probleme noch schwieriger. Diejenigen, die sich diesem Weg verweigern,
werden die ersten sein, die einer Bereinigung des Marktes zum Opfer fallen.
Dr. Reinhard Schwarz