J. E. Young, J. S. Klosko, 415 Seiten, Junfermann Verlag, Paderborn, 2. Auflage 2006,
26,00 €, ISBN 978-3-87387-619-4
Es ist sehr zu begrüßen, dass auch in Deutschland Arbeiten zu lesen sind, die sich
mit der Praxis und vorwiegend mit der Praxis befassen. Diese neuen Gesichtspunkte
verdanken wir übrigens den Amerikanern, die sich immer schon auf Praktikabilität eingelassen
haben. Andererseits darf das natürlich nicht dazu führen, die negativen Aspekte solcher
Bücher zu übersehen. Der Fehler in diesem Fall ist, dass negative Krankheitsverläufe
und Entwicklungen zu Prototypen stilisiert werden. Glücklicherweise sind krankhafte
Entwicklungen nicht die Regel. Ein weiterer Fehler ist, dass der generelle, bedingungslose
Rückgriff auf Kindheitserinnerungen und -erlebnisse unzulässig ist. Hier sind nicht
immer "Lebensfallen" zu bewältigen, sondern es stecken auch psychiatrische Krankheiten
dahinter, die unter Umständen dann nicht erkannt werden. Häufig liest man - so nach
einer Art "Schema F": "… der Vater verlässt die Familie, die Mutter ergibt sich dem
Suff, die Tochter macht zwar alles, aber erklärlicherweise nicht alles richtig". Daraus
entsteht dann ein lebenslanges Gefühl der Unzulänglichkeit. Warum? Muss das so sein?
Eben nicht. Auch das Gegenteil kann der Fall sein: Die Tochter wird früher selbständig,
lernt Kochen, versorgt die Familie und wird im Leben ein Fels in der Brandung. Auf
jeden Fall sind die Verhältnisse so einfach schematisch nicht.
Trotzdem: Der vielbeschäftigte Psychotherapeut, besonders aber ein Anfänger auf dem
Gebiet, wird trotz kritischer Betrachtung hier und da Beispiele finden, die im Einzelfall
weiterhelfen.
Prof. F. Reimer, Weinsberg