"Auch heute sind die Inzidenz und die Mortalität beim Pankreaskarzinom noch praktisch
identisch", konstatierte Prof. Volker Heinemann, München - nicht zuletzt deshalb,
weil der Tumor bei 60-70% der Betroffenen erst im metastasierten Stadium entdeckt
wird. In dieser Situation überleben die Patienten - trotz Chemotherapie - im Schnitt
nur noch 5-9 Monate. Besteht dagegen bei der Diagnose noch eine Chance zur primären
Resektion, lassen sich immerhin noch Überlebenszeiten von 20-22 Monaten erzielen,
berichtete Heinemann.
Frühe Warnsignale stets ernst nehmen!
Frühe Warnsignale stets ernst nehmen!
Daher sollten frühe Warnsignale stets gezielte diagnostische Maßnahmen nach sich ziehen,
beispielsweise eine Abdomensonografie oder die Bestimmung der entsprechenden Laborparameter,
empfiehlt die aktuelle S3-Leitlinie [1].
So können neu aufgetretene Oberbauch- oder ringförmige Rückenschmerzen ohne orthopädische
Ursache ein erster Hinweis auf ein Pankreaskarzinom sein. Andere Frühsymptome sind
ein schmerzloser Ikterus oder ein neu aufgetretener Typ-2-Diabetes, bei dem die typischen
Begleiterkrankungen fehlen. Weitere Hinweise ergeben sich aus der Anamnese: So sollten
die Patienten stets nach Tumorerkrankungen in der Familie und nach stattgehabten Pankreatitiden
gefragt werden.
Berichtet der Patient bereits über einen signifikanten Gewichtsverlust, ist die Tumorerkrankung
in der Regel schon weit fortgeschritten, betonte Heinemann.
Hautauschlag - Nebenwirkung mit zwei Gesichtern
Hautauschlag - Nebenwirkung mit zwei Gesichtern
Nicht nur in der PA.3-Studie [4] auch in anderen Analysen, wie beispielsweise der BR.21-Studie beim nichtkleinzelligen
Bronchialkarzinom [5] war die Verträglichkeit von Erlotinib als "gut" beurteilt worden. Lediglich Diarrhöen
und Hautreaktionen (Exanthem) vor allem der Schweregrade 1 und 2 werden bei der Hälfte
bzw. 75% aller behandelten Patienten beobachtet.
Hautreaktion als Marker für den Therapieerfolg
"Normalerweise führt eine solche Medikamentenunverträglichkeit zum Einsatz von 'Ausweichmedikamenten'",
so Prof. Axel Hauschild, Kiel. "Hier haben wir aber eine ganz neue Situation." Denn
in beiden Studien zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen den akneiformen
Veränderungen und dem Überleben der Patienten [7]. Noch mehr beeindrucken Hauschild jedoch die 1-Jahres-Überlebensraten der Patienten
der PA.3-Studie [4]: Waren nach einem Jahr noch 16 bzw. 11% der Patienten ohne oder mit nur leichtem
Hautauschlag noch am Leben, erhöhte sich diese Rate bei den Patienten mit schweren
Hautreaktionen auf 43% (Hazard Ratio 0,71; p < 0,0001).
Adäquat therapiert, tolerieren die Patienten den Rash
Damit bestehe möglicherweise ein Surrogatmerker für ein Therapieansprechen, so Hauschild.
Diesen könne man in der klinischen Praxis auch zur Motivation der Betroffenen nutzen.
Und wenn die kutanen Nebenwirkungen, die sich überwiegend als papulopustulöse Hautausschläge,
aber auch in Form von Rhagaden und Paronychien manifestieren, adäquat therapiert würden
(rückfettende Präparate, metronidazolhaltige Gele, glukokortikoidhaltige Externa und
eine systemische Behandlung mit Metronidazol bei schweren Fällen), können die meisten
Patienten gut damit leben. "Ein Rash kann jedoch nicht als prädiktiver Marker genutzt
werden", betonte Hauschild. Denn voraussagen, welche Patienten kutane Nebenwirkungen
entwickeln und damit mehr von der Erlotinibbehandlung profitieren, könne man derzeit
nicht.
Chemotherapie ohne überzeugenden Effekt
Chemotherapie ohne überzeugenden Effekt
Lange Zeit war in diesem Stadium die Chemotherapie mit Gemcitabin der Therapiestandard.
Zwar konnte damit im Vergleich zu 5-Fluorouracil die klinische Symptomatik gebessert
werden, einen deutlichen Überlebensvorteil brachte Gemcitabin jedoch nicht, berichtete
Heinemann. Lediglich Patienten in einem relativ guten Allgemeinzustand (Karnofsky-Index
90-100%) profitierten bis zu einem gewissen Grad von einer Gemcitabinmonotherapie
[6]. Dies gilt übrigens auch für die Kombinationstherapie [3].
Insgesamt betrachtet waren jedoch auch die Ergebnisse der Studien, in denen Gemcitabin
mit anderen Chemotherapeutika wie einem Platinanalogon, einem 5-Fluoropyrimidin oder
Capecitabin kombiniert wurde [3], enttäuschend. Nur eine, allerdings noch nicht umfassend publizierte Studie [2] dokumentierte für die Gemcitabin-Capecitabin-Kombinationstherapie eine signifikante
Reduktion des Mortalitätsrisikos (Hazard Ratio 0,80, 95% KI 0,65-0,98; p = 0,026).
"Die Chemotherapie hat in gewisser Weise versagt", konstatierte Heinemann. "Aber auch
der Effekt der getesteten Biologicals war enttäuschend - mit einer Ausnahme: dem Erlotinib."
Relevanter Überlebensvorteil
Relevanter Überlebensvorteil
Denn dieser Tyrosinkinaseinhibitor verbesserte in der sogenannten PA.3-Studie [4] die Prognose der Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskarzinom
auf der Basis einer Gemcitabintherapie signifikant. Die positiven Studienergebnisse
gaben übrigens den Ausschlag dafür, dass die aktuellen S3-Leitlinien die Behandlung
mit Erlotinib (Tarceva®) bereits empfahlen, noch bevor die Zulassung für diese Indikation
in Deutschland erteilt worden war.
Denn unter der zusätzlichen Gabe von Erlotinib lag das mediane Überleben bei 6,24
Monaten, während dieses unter der Gemcitabinmonotherapie nur 5,91 Monate betrug (Hazard
Ratio 0,82; 95% KI 0,89-0,99; p = 0,038). Das progressionsfreie Überleben verlängerte
sich durch die Kombinationstherapie von 3,55 auf 3,75 Monate (Hazard Ratio 0,77; 95%
KI 0,64-0,92; p = 0,004). Nach einem Jahr lebten dementsprechend noch 23% der Patienten,
die Gemcitabin plus Erlotinib erhalten hatten, aber nur 17% der Vergleichsgruppe.
Interessanterweise scheinen von dieser Kombinationstherapie besonders Patienten mit
schlechtem Performancestatus zu profitieren. "Das könnte eine interessante Option
sein", meinte Heinemann. "Der Grundsatz: Keine Chemotherapie bei schlechtem Allgemeinzustand
muss also bei den Biologicals nicht gelten."
sts
Quelle: Pressegespräch "S3-Leitlinie 'Exokrines Pankreaskarzinom': Empfehlung für
die Kombinationstherapie mit Tarceva®", veranstaltet von der Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen