Suchttherapie
DOI: 10.1055/a-2733-9474
Originalarbeit

Selbst- und Fremdstigmatisierung von Betroffenen mit Glücksspielstörung: Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie mit Suchtfachkräften

Self- and public stigmatization of individuals with gambling disorder: results of a qualitative interview study with addiction professionals

Authors

  • Friederike Barthels

    1   IFT-Nord gGmbH, Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung, Kiel, Germany
  • Manfred Patzer-Bönig

    2   Landeskoordination Glücksspiel- und Medienabhängigkeit, Landesstelle für Suchtfragen Schleswig-Holstein e.V., Kronshagen, Germany
  • Reiner Hanewinkel

    1   IFT-Nord gGmbH, Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung, Kiel, Germany
  • Matthis Morgenstern

    1   IFT-Nord gGmbH, Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung, Kiel, Germany

Fundref Information

Landesvereinigung für Gesundheitsförderung in Schleswig-Holstein e.V., Ministerium für Justiz und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein

Zusammenfassung

Ziel der Studie

Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen ist einer der Hauptgründe, warum sich Betroffene spät oder gar keine Hilfe suchen. Insbesondere Abhängigkeitserkrankungen sind stigmatisiert, so auch Personen, die von einer Glücksspielstörung betroffen sind. Internationale Studien deuten auf eine starke Beeinträchtigung durch Stigmatisierung hin. In Deutschland gibt es bislang wenig Forschung zu dem Thema.

Methodik

20 Suchtberatungsfachkräfte aus Schleswig-Holstein mit regelmäßigem Kontakt zu Betroffenen wurden hinsichtlich Art und Ausmaß der Stigmatisierung von Personen mit Glücksspielstörung befragt. Die Interviews wurden inhaltsanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse

Scham- und Schuldgefühle, negative Selbstzuschreibungen und ein geringer Selbstwert würden laut der Fachkräfte von vielen Betroffenen erlebt. Nicht selten sei Selbststigmatisierung ein Resultat der erlebten Fremdstigmatisierung, so die Fachkräfte. Die Stigmatisierung habe gravierenden Einfluss auf Behandlungsbeginn und -verlauf, sie erhöhe die Chronifizierungsgefahr und mache Rückfälle wahrscheinlicher.

Schlussfolgerung

Fremd- und Selbststigmatisierung von Personen mit Glücksspielstörung ist ein gravierendes Problem, welches mit zahlreichen negativen Konsequenzen für das Leben der Betroffenen sowie für die Behandlung einhergeht. Die vorliegende Studie unterstreicht die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Entstigmatisierung, neben Einschränkung der Werbung für Glücksspiel und mehr Verantwortungsübernahme seitens der Anbieter.

Abstract

Purpose

Stigmatization of mental disorders is one of the main reasons why those affected seek help late or not at all. In particular, addiction disorders are stigmatized, like e. g., individuals affected by gambling disorder. International studies indicate that stigmatization has a strong negative impact, but in Germany, there is little research on this topic.

Methods

20 addiction professionals with regular contact to those affected were interviewed regarding the type and extent of stigmatization of people with gambling disorder. Then, the content of the interviews was analyzed.

Results

The professionals report that feelings of shame and guilt, negative self-attributions and low self-esteem were experienced by many of those affected. According to the professionals, self-stigmatization was often a result of the public stigmatization experienced. Stigmatization is reported to have a serious influence on the start and course of treatment, increasing the risk of chronification and making relapses more likely.

Conclusion

Public and self-stigmatization of people with gambling disorder is a serious problem that has numerous negative consequences for those affected and for their treatment. In addition to restricted advertising and greater accountability on the part of gambling providers, the present study underlines the need for anti-stigma efforts.



Publication History

Received: 03 June 2025

Accepted after revision: 27 October 2025

Article published online:
04 December 2025

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