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DOI: 10.1055/a-2619-8358
Digitalkompetenzen im Gesundheitswesen: Mehr als nur Technik
- Digitalkompetenz: Zwischen Neugier, Struktur und Ethik
- Strukturen als Schlüssel: Digitalisierung braucht mehr als Software
- Was braucht eine gute Fortbildung?
- Digitalisierung im Gesundheitswesen: Mehr als ein Technologiethema
Am 12. Juni 2025 fand ein interdisziplinärer Workshop mit dem Titel „Digitalkompetenzen im Gesundheitswesen“ am Uniklinikum Köln statt. Ziel der Veranstaltung war es, ein gemeinsames Verständnis digitaler Kompetenzen zu entwickeln, die für die moderne medizinische Praxis notwendig sind – und gleichzeitig zu diskutieren, welche strukturellen Voraussetzungen es für ihre Vermittlung braucht.
Unter der Leitung von Magrit Abel von der Uni Göttingen kamen Fachkräfte aus verschiedenen medizinischen Bereichen zusammen, darunter Ärztinnen und Ärzte, eine Psychologin sowie Mitarbeitende mit digitaler oder administrativer Expertise. Die Teilnehmenden brachten dabei nicht nur unterschiedliche fachliche Hintergründe, sondern auch vielfältige Perspektiven und Erfahrungen mit, was der Diskussion eine bemerkenswerte Tiefe verlieh.
Digitalkompetenz: Zwischen Neugier, Struktur und Ethik
Bereits in der Vorstellungsrunde wurde deutlich, wie unterschiedlich die Herausforderungen im digitalen Wandel wahrgenommen werden. Während manche sich für mehr Schnittstellen zwischen Kliniken oder für klare Zertifizierungen neuer Produkte stark machten, beklagten andere die mangelnde Ausstattung oder den fragmentierten Zustand digitaler Systeme.
Ein zentrales Thema war die Frage, was genau unter „Digitalkompetenz“ zu verstehen ist. In Einzel- und Gruppenarbeiten wurden verschiedene Eigenschaften genannt: Neugier, Lernbereitschaft, technisches Verständnis, Flexibilität, Ausdauer – aber auch kritisches Denken im Umgang mit digitalen Informationen. Als besonders bedeutsam erwies sich die Fähigkeit, digitale Informationen nicht nur zu finden, sondern sie auch zu bewerten und sinnvoll in den beruflichen Alltag zu integrieren.
Diskutiert wurde ebenfalls, inwiefern psychologische Dimensionen wie Motivation, Selbstwirksamkeit oder auch Affekte eine Rolle spielen. Denn: Auch Frustrationserlebnisse, mangelnde Schulung oder Überforderung können digitale Initiativen ausbremsen. Die Teilnehmenden sprachen sich daher dafür aus, Digitalkompetenz nicht rein technisch zu fassen, sondern auch weiche Faktoren wie Kommunikation, Problemlösung oder ethische Grundhaltungen einzubeziehen.
Strukturen als Schlüssel: Digitalisierung braucht mehr als Software
Eine wiederkehrende Erkenntnis des Workshops war, dass erfolgreiche Digitalisierung nicht allein am Willen oder den Kompetenzen der Mitarbeitenden scheitert – sondern an strukturellen Hürden. Die Vielzahl an nicht kompatiblen Programmen, fehlende Schulungen für zentrale Systeme und die manchmal mangelhafte Unterstützung durch IT-Abteilungen sorgen hier und da für Frustration.
Die Diskussion zeigte, dass viele Mitarbeitende prinzipiell offen für digitale Werkzeuge sind – jedoch häufig keine Gelegenheit erhalten, diese strukturiert und praxisnah kennenzulernen. Auch das Thema Datenschutz wurde lebhaft debattiert: Während einige auf ein höheres Bewusstsein und mehr Schulungsangebote pochten, sahen andere die ethische Haltung und Empathie gegenüber den Bedürfnissen der Patient:innen als ebenso entscheidend an.
Was braucht eine gute Fortbildung?
In einer weiteren Arbeitsphase wurde gemeinsam erarbeitet, welche Inhalte Fortbildungsmaßnahmen zur Digitalkompetenz enthalten sollten. Dabei herrschte Einigkeit darüber, dass Schulungen praxisnah, abgestuft nach Kenntnisstand und verpflichtend sein sollten. Die Einführung in konkrete Programme des Arbeitsalltags wurde dabei ebenso betont wie die Vermittlung rechtlicher Rahmenbedingungen, Datenschutz und IT-Sicherheit.
Zudem wurden soziale Aspekte angesprochen: Eine gute Fortbildung sollte Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke und Offenheit fördern. Nicht zuletzt wurde angeregt, Schulungen mit Maßnahmen zur Teamentwicklung zu kombinieren, um die digitale Zusammenarbeit nachhaltig zu stärken.
Digitalisierung im Gesundheitswesen: Mehr als ein Technologiethema
Der Workshop endete mit einer offenen Diskussionsrunde. Viele Teilnehmende äußerten sich positiv über die Tiefe der Auseinandersetzung. Sie wünschten sich, dass die Erkenntnisse in zukünftige Digitalisierungsstrategien einfließen – insbesondere in die Gestaltung von Schulungen, aber auch in politische und organisatorische Entscheidungen.
Kritisch reflektiert wurde dabei auch der gesellschaftliche Rahmen: Die digitale Transformation sei unausweichlich, aber sie müsse begleitet werden – mit Infrastruktur, durchdachtem Change-Management und dem klaren Blick für die reale Arbeitssituation.
Ein Fazit des Tages lautete: Digitale Kompetenz im Gesundheitswesen ist mehr als technisches Wissen. Sie umfasst Haltung, Lernbereitschaft, kritisches Denken und den Willen zur Kooperation. Nur wenn diese Faktoren zusammenspielen, kann Digitalisierung im Sinne der Patient:innen und Mitarbeitenden gelingen.
Publication History
Article published online:
22 July 2025
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