Schlüsselwörter
Bronchoskopie - Lungenrundherd - Emphysem
Keywords
bronchoscopy - pulmonary nodule - emphysema
Auf den Kongressen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) im März 2024 und
der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) im September 2024 tauschten
sich insgesamt über 5500 Pneumologinnen und Pneumologen zu den neusten Entwicklungen
in der Pneumologie aus, präsentierten die neuesten Studienergebnisse und informierten
sich durch ein umfassendes und abwechslungsreiches Programm. Auch auf dem Gebiet der
interventionellen Pneumologie wurden zahlreiche innovative Entwicklungen dargestellt,
neue Techniken in der Endoskopie präsentiert und Ergebnisse zahlreicher Studien diskutiert.
Dabei umfassten die Themen u. a. neue bronchoskopische Techniken bei der Abklärung
einer mediastinalen Lymphadenopathie, innovative Navigationstechniken sowie den Einsatz
neuer bildgebender Verfahren zur Diagnostik peripherer Rundherde und Erkenntnisse
auf dem Gebiet der endoskopischen Lungenvolumenreduktion bei Emphysempatienten. In
diesem Artikel werden die Highlights im Bereich der interventionellen Pneumologie
der Kongresse der DGP und ÖGP 2024 zusammengefasst.
Bronchoskopie in Sedierung und unter Allgemeinanästhesie
Bronchoskopie in Sedierung und unter Allgemeinanästhesie
Hinsichtlich des Sedierungsverfahrens bei der Bronchoskopie (Sedoanalgesie vs. Allgemeinanästhesie)
gibt es weltweit verschiedene Zugänge, einheitliche Standards existieren nicht. Die
Wahl des Verfahrens ist dabei abhängig von der Indikation des Eingriffs, den Komplikationsrisiken,
der Dauer des Eingriffs, der Erfahrung des Untersuchers, den verfügbaren Ressourcen
und den Kosten. In einer internationalen prospektiven Studie untersuchen Papaporfyriou
et al. anhand von Fragebögen u. a. die Ängstlichkeit und Patientenzufriedenheit vor
und nach einer Bronchoskopie unter Sedierung (n = 53; bronchoalveoläre Lavage n = 26,
EBUS-TBNA n = 27) bzw. Vollnarkose (n = 31; bronchoalveoläre Lavage n = 4, EBUS-TBNA
n = 27) und stellten die bislang erhobenen Ergebnisse auf dem Kongress der ÖGP 2024
vor [1]. Patienten, bei denen eine Bronchoskopie unter Sedierung erfolgte, gaben signifikant
mehr Angst vor der Intervention an als in der Gruppe mit Allgemeinanästhesie (p = 0,008),
der Grad der Patientenzufriedenheit nach der Untersuchung unterschied sich jedoch
nicht. Die Studie ist noch nicht abgeschlossen, die endgültigen Ergebnisse werden
noch erwartet.
Einsatz der Kryosonde bei hilärer und mediastinaler Lymphadenopathie
Einsatz der Kryosonde bei hilärer und mediastinaler Lymphadenopathie
Bei hilärer und/oder mediastinaler Lymphadenopathie stellt die ultraschallgesteuerte
transbronchiale Nadelaspiration (EBUS-TBNA) den ersten diagnostischen Schritt dar.
V. a. bei Patienten mit einem Lungenkarzinom ist die EBUS-TBNA der Goldstandard für
das mediastinale Staging. Aber auch bei zentralen Tumoren oder anderen Erkrankungen,
wie bspw. der Sarkoidose, spielt die EBUS-TBNA eine wesentliche Rolle in der Diagnostik.
I. d .R. kann durch die EBUS-TBNA ausreichend adäquates Gewebe gewonnen werden, um
eine Diagnose zu stellen. Ausnahmen stellen jedoch das Lymphom, seltene Tumore oder
benigne Erkrankungen dar, da für die Diagnosestellung sehr viel Gewebe in guter Qualität
benötigt wird. Um dieser Limitation zu begegnen, werden zunehmend transbronchial mediastinale
Kyrobiopsien (TBCB) durchgeführt, bei denen die Ausbeute des Gewebes im Vergleich
zur konventionellen TBNA größer ist. Hierbei werden nach sonografischer Darstellung
der vergrößerten Lymphknoten die Bronchuswand mittels Elektrokoagulation oder einer
19-G-EBUS-Nadel eröffnet und das Lymphknotengewebe unter sonografischer Sicht mit
einer 1,1-mm-Kryosonde, welche über den Arbeitskanal des Ultraschallbronchoskops (EBUS-Bronchoskop)
eingeführt wird, entnommen. Die so gewonnenen Biopsien sind größer als bei der Nadelaspiration,
erlauben eine histologische Beurteilung und spielen insbesondere eine große Rolle
bei der Diagnostik lymphproliferativer Erkrankungen [2]
[3]. Bei dem Kongress der DGP 2024 wurden erste klinische Erfahrungen mit der sonografisch
gesteuerten transbronchialen Kryobiopsie (EBUS-TBCB) im klinischen Alltag vorgestellt.
Schulze et al. [4] präsentierten eine retrospektive Analyse von 37 EBUS-TBCB bei 32 Patienten mit einem
gesicherten oder vermuteten malignen Lymphom. Bei 16 Patienten bestätigte sich die
Diagnose, bei 16 weiteren Patienten konnte hingegen ein Lymphom ausgeschlossen und
eine alternative Differenzialdiagnose gestellt werden. Relevante Komplikationen wurden
nicht berichtet. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Böckeler et al. [5], welche bei 13 Patienten die histopathologischen Ergebnisse von EBUS-TBCB mit einer
simultan durchgeführten EBUS-TBNA verglichen. Mit der EBUS-TBCB konnte bei 12 der
13 Patienten eine Diagnose gestellt werden (Sarkoidose: n = 5, Lungenkarzinom: n = 2,
Hodgkin-Lymphom: n = 1, Endometriumkarzinom: n = 1, unauffälliges Lymphknotengewebe:
n = 3). Bei einem Patienten erfolgte die Diagnose nur mit der EBUS-TBNA (kleinzelliges
Lungenkarzinom), allerdings konnte bei insgesamt 3 Fällen nur mit der EBUS-TBCB, jedoch
nicht mit der EBUS-TBNA eine Diagnose gestellt werden (Sarkoidose: n = 1 und Hodgkin-Lymphom:
n = 1, nichtkleinzelliges Lungenkarzinom: n = 1). Auch in dieser Fallserie war keine
erhöhte Komplikationsrate zu verzeichnen. Die vorgestellten Arbeiten zeigten, dass
es sich bei der EBUS-TBCB um ein vielversprechendes, risikoarmes Verfahren für ausgewählte
Indikationen handelt. Dennoch bedarf es noch mehr strukturierter Daten, um die Patienten
zu identifizieren, welche im Vergleich zur bereits flächendeckend etablierten EBUS-TBNA
zusätzlich von der EBUS-TBCB profitieren. Zudem müssen der erhöhte Material-, Kosten-
und Zeitaufwand für die EBUS-TBCB berücksichtigt werden.
Diagnostik und Therapie peripherer pulmonaler Rundherde
Diagnostik und Therapie peripherer pulmonaler Rundherde
Obwohl bereits in den vergangenen Jahren wegweisende Fortschritte bei der endoskopischen
Diagnostik peripherer Lungenrundherde erreicht werden konnten, wie etwa durch die
weitreichende Verbreitung des Einsatzes des radialen endobronchialen Ultraschalls
(rEBUS), der elektromagnetischen Navigationsbronchoskopie (ENB) oder der virtuellen
Bronchoskopie (VNB), stellt die histologische Sicherung peripherer pulmonaler Rundherde
nach wie vor eine der großen Herausforderungen in der Bronchoskopie dar. Im Falle
der Etablierung eines nationalen Lungenkrebsscreenings wird der Bedarf nach sicheren
und erfolgreichen Methoden zur Diagnostik kleiner Lungenrundherde weiter steigen [6]
[7]. Ein Vorteil endoskopischer Ansätze gegenüber transthorakalen Punktionen besteht
in einer deutlich geringeren Pneumothoraxrate. Viele der diesjährigen Beiträge auf
den Jahreskongressen der DGP und der ÖGP widmeten sich der endoskopischen Rundherddiagnostik
mit besonderem Fokus auf den Einzug neuer Navigationsmethoden [8]
[9]. Mit den bereits etablierten Methoden kann in Metaanalysen eine diagnostische Aussagefähigkeit
von 70,9 % erreicht werden, alleine durch den Einsatz der radiären Ultraschallsonde
kann in 70,6–76,5 % eine Diagnose erzielt werden [8]
[9]. Ein multimodaler Ansatz, der verschiedene Navigationsmethoden vereint, scheint
überlegen [6]
[10].
Bei dem Einsatz der radiären Ultraschallsonden ist der Nachteil, dass nach der Detektion
des pulmonalen Rundherds oder Raumforderung die Ultraschallsonde entfernt werden muss,
um das Biopsieinstrument einführen zu können. Daher erfolgt die eigentliche Biopsie
nicht unmittelbar unter sonografischer Kontrolle, da das Biopsietool nicht gemeinsam
mit der Ultraschallsonde simultan durch den Arbeitskanal vorgeschoben werden kann.
Im Gegensatz dazu können jedoch konfokale Laser-Endomikroskopie (CLE)-Sonden (AQFlex)
und eine 1,1-mm-Kryosonde aufgrund ihres geringen Durchmessers gleichzeitig eingeführt
werden. Dabei ermöglichen die CLE-Sonden die Darstellung des Gewebes auf zellulärer
Ebene, d. h. es können Tumorzellen in Echtzeit dargestellt werden und somit die Lokalisation
der simultan eingeführten Kryosonde im Tumor verifiziert werden. Gompelmann et al.
untersuchten dieses Prinzip im Rahmen einer (noch laufenden) prospektiven Studie im
Hinblick auf Sicherheit und Durchführbarkeit und präsentieren die ersten vorläufigen
Ergebnisse auf dem Kongress der ÖGP 2024 [11]. Die Detektion des Rundherds erfolgt hier initial durch rEBUS und unter Röntgendurchleuchtung.
Anschließend wurden die CLE-Sonde und Kryosonde simultan in die Raumforderung eingeführt
und somit unter CLE-Kontrolle die Biopsien durchgeführt. Bei bisher 7 eingeschlossenen
Patienten gelang in 71 % (5 /7) eine definitive Diagnose durch die CLE-kontrollierte
Kryobiopsie. Das simultane Einführen gelang komplikationslos, in nur einem Fall wurde
die CLE-Videoqualität als unzureichend bewertet. Hinsichtlich Komplikationen kam es
in einem Fall zu einer selbstlimitierenden leichten Blutung.
Neben der radiären Ultraschallsonde steht zur Abklärung von peripheren pulmonalen
Rundherden die elektromagnetische Navigation zur Verfügung, mit der eine diagnostische
Aussagefähigkeit von bis zu 74 % erreicht werden kann [12]. Auf dem Kongress der ÖGP 2024 wurden Erfolgsprädiktoren der elektromagnetischen
Navigation vorgestellt. Lang et al. untersuchten in einer retrospektiven Kohortenstudie
die Komplikationsraten sowie die Prädiktoren für den Erfolg bei Navigationsbronchoskopien
mit dem Superdimension-System der Firma Medtronic [13]. Bei 238 durchgeführten Prozeduren gelang in 128 Fällen (52 %) eine Diagnosesicherung.
In 98 Fällen (41 %) konnte die Zielläsion zwar erreicht werden, allerdings war das
gewonnene Material nicht ausreichend für eine endgültige histologische Diagnose. In
16 Fällen (7 %) konnte die Zielläsion nicht erreicht werden. Hinsichtlich der Komplikationsrate
trat in 32 Fällen (13,5 %) ein Pneumothorax und in 5 Fällen eine Blutung (2,1 %) auf,
bei einer Gesamtkomplikationsrate von 14,7 %. Als Erfolgsprädiktoren konnten ein geringerer
Raucherstatus (< 30 pack years), Lokalisation im oberen oder mittleren Lungendrittel
in der Frontalebene sowie ein positives „bronchus sign“ identifiziert werden. Die
ungewöhnlich hohe Rate an Pneumothoraces muss aber weiter evaluiert werden.
Bitter et al. untersuchten retrospektiv den Einsatz eines neuen Verfahrens zur 4D-elektromagnetischen
Navigationsbronchoskopie (4D-ENB) in der Routinediagnostik peripherer Rundherde [14]. Diese Technologie bezieht bei der präinterventionellen Planung computertomografische
In- und Exspirationsaufnahmen mit ein, um die Divergenz der Computertomografie zur
tatsächlichen Patientenanatomie möglichst gering zu halten. In der vorgestellten retrospektiven
Fallserie wurden 9 Patienten betrachtet, bei welchen die 4D-ENB als unimodale Diagnosetechnik
angewendet wurde. Ein diagnostisch wegweisendes Biopsieergebnis konnte bei 6 von 9
(67 %) Patienten erreicht werden, alle diese Patienten wiesen histologisch ein Adenokarzinom
auf. Die Autoren schlossen daraus, dass die 4D-ENB eine vielversprechende diagnostische
Option darstellt, merkten aber an, dass das Verfahren aufgrund mangelnder Echtzeit-Visualisierung
mit anderen Verfahren, wie etwa dem rEBUS, kombiniert werden sollte. Ein solches Verfahren
stellt die Cone-Beam-Computertomografie dar, welche anhand einer um den Patienten
rotierenden Röntgeneinheit dreidimensionale Bilder rekonstruiert. Diese können dann
aus koronarer, sagittaler oder axialer Ansicht beurteilt werden. Die diesjährigen
Beiträge zeigten, dass das Cone-Beam-CT zunehmend Einzug in die Bronchoskopie zur
Diagnostik kleiner Lungenrundherde findet, u. a. in Kombination mit der elektromagnetischen
Navigation [15]
[16].
Ein innovatives Thema bei den Kongressen 2024 war die zunehmende Verwendung von robotisch-assistierter
Bronchoskopie [6]
[8]
[17]
[18]: Hierbei werden die robotischen Katheter mithilfe einer Steuereinheit vom Untersucher
bedient und ermöglichen eine präzise und sichere Navigation zu peripheren Läsionen.
Bislang wurden in den USA drei Robotik-Systeme von der FDA zugelassen: Ion Endoluminal
System von Intuitive Surgical, Monarch von Auris Health und Galaxy von Noah Medical.
In Europa ist nur das Ion Endoluminal System von Intuitive verfügbar. Um die präzise
Lage der Biopsienadel in der Zielläsion (sog. Tool-in-lesion) zu bestätigen, wird
zunehmend das Cone-Beam-CT additiv zur robotischen Bronchoskopie verwendet. Dies ist
insbesondere im Hinblick auf zukünftige bronchoskopische Ablationsverfahren von peripheren
malignen Rundherden notwendig, da hier die Lage eines Ablationskatheters zuverlässig
bestimmt werden muss. Die Robotik-Systeme sind bislang in Europa noch kaum vertreten,
erfordert ihr Einsatz doch einen relativ hohen finanziellen, personellen sowie logistischen
Aufwand. In Deutschland wurde der ION bislang im Rahmen einer Studie zur Diagnostik
peripherer pulmonaler Rundherde erfolgreich eingesetzt, Aufnahmen einer ION-Prozedur
konnten auch im Rahmen der Live-Cases auf dem Kongress der DGP 2024 präsentiert werden.
Weiterhin wurde das Thema der künstlichen Intelligenz (KI) diskutiert, welches in
Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird und aktuell u. a. schon bei der Entwicklung
von Bronchoskopie-Robotern mit KI-Kopiloten erprobt wird [19].
Bronchoskopische Evaluation der Mikrozirkulation
Bronchoskopische Evaluation der Mikrozirkulation
Ein neues Thema stellte auf dem DGP-Kongress 2024 im Bereich der interventionellen
Pneumologie die bronchoskopische Evaluation der Mikrozirkulation der Schleimhaut dar.
Lo et al. stellten Daten eines neuen Verfahrens zur bronchoskopischen Analyse der
Mikrozirkulation und der postkapillären Sauerstoffsättigung vor, welches als möglicher
Biomarker für eine chronische Abstoßungsreaktion nach Lungentransplantation entwickelt
wird [20]. Hierfür wird eine Glasfasersonde in den Arbeitskanal des Bronchoskops eingeführt.
Die optischen Signale werden simultan mittels Remissions-Spektrophotometrie zur Messung
des Blutflusses (O2C, LEA Medizintechnik Giessen, Deutschland) sowie mittels Laser-Doppler-Spektroskopie
zur Evaluation der Sauerstoffsättigung und der Hämoglobinmenge analysiert. Zur Standardisierung
sind spezifische Messpunkte im Bronchialbaum definiert. In der vorgestellten Studie
wurden die Lungenperfusionsparameter von 28 lungentransplantierten Patienten mit 14
gesunden Kontrollpatienten verglichen. Bei Lungentransplantierten war der Fluss im
Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant erniedrigt (p < 0,05), es ergab sich jedoch kein Unterschied vor und nach der Anastomose. Zur genauen
Bestimmung des prädiktiven Wertes bei der Lungentransplantation sind noch longitudinale
Daten erforderlich. Als Ausblick wurde ein Fall mit einer deutlichen Reduktion der
pulmonalen Mikrozirkulation bei einer Lobärpneumonie vorgestellt, was den Einsatz
des Verfahrens bei weiteren Fragestellungen erahnen lässt.
Interventionelle Therapieoptionen bei der COPD
Interventionelle Therapieoptionen bei der COPD
Die derzeit bekannten Interventionsmöglichkeiten bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung
(COPD) adressieren verschiedene klinische Phänotypen: Patienten mit im Vordergrund
stehendem Emphysem und Hyperinflation, Patienten mit einer im Vordergrund stehenden
Atemflusslimitierung oder Patienten mit dominierenden Symptomen einer chronischen
Bronchitis und/oder häufigen Exazerbationen. Während bei Patienten mit Emphysem die
endoskopischen lungenvolumenreduzierenden interventionellen Maßnahmen in Betracht
kommen, werden bei Patienten mit chronischer Bronchitis oder Atemflusslimitierung
die bronchiale Rheoplastie bzw. gezielte Lungendenervation evaluiert, die sich jedoch
noch im Stadium der klinischen Erprobung befinden und in Europa nicht frei verfügbar
sind [21].
Zur Behandlung von COPD-Patienten mit einem schweren Lungenemphysem sowie einer starken
Lungenüberblähung hat sich seit Langem die endoskopische Volumenreduktion (ELVR) mit
Ein-Weg-Ventilen in der Routine etabliert [22]. Das Feld der Patientenselektion stellt hierbei nach wie vor eine der größten Herausforderungen
dar. Saccomano et al. [23] führten daher eine Auswertung des deutschen Lungenemphysem-Registers bezüglich der
Erfolgsprädiktoren und Komplikationen nach einer Ventiltherapie durch und präsentierten
die Ergebnisse auf dem DGP-Kongress 2024. Dabei fokussierten sie insbesondere auf
die Patienten mit einem hochgradig eingeschränkten 6-Minuten-Gehtest (6-MWT). Es konnte
gezeigt werden, dass die Patienten mit einer Gehstrecke ≤ 140 m (n = 244) im Vergleich
zur Kontrollgruppe mit einer Gehstrecke > 140 m (n = 35) kein erhöhtes postinterventionelles
Risiko bei vergleichbarem lungenfunktionellem Benefit aufwiesen. Darüber hinaus zeigten
Patienten mit initial geringer Gehstrecke postinterventionell im Vergleich zur Kontrollgruppe
sogar eine signifikante Steigerung im 6-MWT (Δ6-MWT 97,4 ± 202,3 vs. 23,0 ± 87,9 m;
p = 0,001). Die Autoren schlussfolgerten, dass eine endoskopische Ventiltherapie bei
Lungenemphysempatienten mit einem hochgradig eingeschränkten 6-Minuten-Gehtest bei
ausreichender muskulärer Reserve eine sinnvolle Therapieoption darstellte, ohne dass
ein erhöhtes Komplikationsrisiko zu erwarten ist.
Dem Stellenwert einer Rehabilitation vor einer endoskopischen Ventiltherapie widmete
sich eine von Brock et al. auf dem DGP-Kongress vorgestellte Post-hoc-Analyse des
VENT-Trials, der ersten großen Multizenterstudie zur endobronchialen Ventilimplantation
[24]
[25]. Die originäre Fragestellung dieser multizentrischen, randomisierten Studie war
die Bewertung der Sicherheit sowie der Wirksamkeit einer endoskopischen Ventilimplantation.
Bei den 171 europäischen und 321 US-amerikanischen Studienteilnehmern erfolgte vor
der Ventiltherapie eine Rehabilitationsmaßnahme, deren Effektivität mittels Lungenfunktion
und 6-Minuten-Gehtest erhoben wurde. Das standardisierte Rehabilitationsprogramm wirkte
sich signifikant positiv auf den 6-MWT aus (331,6 ± 98,8 vs. 345,6 ± 95,3 m; p < 0,001), wobei die Patienten mit einer niedrigen Gehstrecke (6-MWT < 250 m) am meisten
profitierten. Ein positiver Effekt auf lungenfunktionelle Parameter war jedoch nicht
zu verzeichnen. Somit hatte das Rehabilitationsprogramm keinen Einfluss auf die Indikation
zur endoskopischen Ventiltherapie, was eine Neubewertung der aktuellen Vorgabe einer
präinterventionellen pulmonalen Rehabilitation für alle Patienten anregt.
Brock et al. evaluierten zudem die Auswirkung der Ventiltherapie auf COPD-Exazerbationen
[26]
[27]. Die Autoren konnten in einer retrospektiven, monozentrischen Studie nachweisen,
dass bei Patienten mit schwerem Lungenemphysem (n = 129, Beobachtungszeitraum 2016–2019)
die Exazerbationshäufigkeit im Jahr nach einer Ventilimplantation im Vergleich zum
Vorjahr signifikant abnimmt (Pre-ELVR: 2,5 ± 2,2 vs. Post-ELVR: 1,8 ± 2,2; p = 0,009). Dies war umso mehr der Fall, wenn die Patienten als vollen Therapieerfolg
eine komplette lobäre Atelektase entwickelten.
Aktuell sind zwei endobronchiale, unidirektionale Ventilsysteme am Markt verfügbar:
die schirmförmigen Spiration-Ventile (Spiration Inc./Olympus, Tokyo, Japan) und die
Zephyr-Ventile (Pulmonx International Sarl, Neuchâtel, Switzerland). Während sich
Spiration-Ventile nach peripher verjüngen und mit 5 kleinen Widerhaken an der Bronchialwand
verankert werden, werden die Zephyrventile durch ihre Radialkraft in Position gehalten
[20]. Sgarbossa et al. verglichen in einer Registerstudie das Therapieansprechen sowie
die postinterventionelle Sicherheit dieser beiden Ventiltypen [28]. 52 Patienten wurden mit Spiration-Ventilen und 99 mit Zephyr-Ventilen behandelt.
Weder das Sicherheitsprofil noch das lungenfunktionelle Ansprechen unterschieden sich
3 Monate nach der Ventilimplantation. Weiterhin wurden von Dittrich et al. Daten auf
dem DGP-Kongress präsentiert, welche die Kombination beider Systeme in einer Prozedur
unterstützten [29]. Insbesondere zur Behandlung der apikalen Unterlappensegmente kann der Einsatz von
Spiration-Ventilen vorteilhaft sein, da diese Segmentbronchien oft kurz sind und eine
Trifurkation bilden. Beide Ventiltypen können also erfolgreich in Kombination angewandt
werden. Die Auswahl der Ventiltypen und Größen erfolgt demnach nach der Anatomie des
Bronchialsystems.
Eine endoskopische Lungenvolumenreduktion kann auch durch irreversible Verfahren erreicht
werden. Bei der bronchoskopischen Thermoablation (BTVA) wird in vordefinierte, emphysematös
destruierte Lungensegmente eine genau berechnete Dosis Wasserdampf appliziert, wodurch
eine Inflammation und in der Folge eine narbige Schrumpfung einsetzt [22]. Dies kann zu verschiedenen radiologisch detektierbaren Gewebereaktionen führen
[30].
Die BTVA wird v. a. bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Emphysem zur Lungenvolumenreduktion
eingesetzt, bei denen aufgrund einer signifikanten Kollateralventilation keine Ventiltherapie
in Betracht kommt, und/oder wenn eine ausgeprägte intersegmentale Emphysemheterogenität
vorliegt. Bislang gibt es limitierte Daten zur BTVA als erste interventionelle Therapiemaßnahme,
aber noch keine Daten zur Effektivität der BTVA bei bereits interventionell vortherapierten
Patienten. Rettinger et al. untersuchten anhand von retrospektiven Registerdaten bei
7 Patienten die Machbarkeit, Sicherheit und Effektivität einer BTVA nach vorangegangener
endobronchialer Lungenvolumenreduktion oder gezielter Lungendenervierung und präsentierten
diese auf dem Kongress der ÖGP [31]. In 11 von 12 Behandlungen konnte die BTVA erfolgreich durchgeführt werden, allerdings
zeigte sich kein eindeutiger positiver Effekt auf die Lungenfunktionswerte. Zudem
traten insgesamt 15 Komplikationen auf, von denen 7 als schwerwiegend und 8 als unmittelbar
behandlungsassoziiert gewertet wurden. Das Sicherheitsprofil der BTVA nach vorangegangener
endoskopischer Therapie ist daher anhand der Studienergebnisse als bedenkenswert einzustufen,
sodass die Indikation zur BTVA nach vorausgegangener interventioneller Behandlung
nur streng und innerhalb von Studien gestellt werden sollte.