Arthritis und Rheuma 2025; 45(03): 210-213
DOI: 10.1055/a-2539-0037
Verbandsnachrichten

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e. V. und des Verbands Rheumatologischer Akutkliniken e. V. zu den qualitativen Mindestvoraussetzungen einer rheumatologischen Leistungsgruppe – zur Vorlage beim Bundesministerium für Gesundheit

 
INFORMATION ZUR STELLUNGNAHME

Im Dezember 2024 haben die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh) und der Verband der Rheumatologischen Akutkliniken (VRA) die nachstehend aufgeführte Stellungnahme verfasst und an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gerichtet.

Qualitative Mindestvoraussetzungen einer rheumatologischen Leistungsgruppe

Die Mindestvoraussetzungen sollen über den Medizinischen Dienst geprüft werden. Damit ist ein erheblicher bürokratischer Aufwand verbunden und Streitigkeiten über die Auslegung nicht präziser Qualitätskriterien wahrscheinlich. Aufgrund der Relevanz für komplexe Verteilungsmechanismen (Berechnung und Verteilung des Vorhaltebudgets auf Landesebene) müssen Rechtstreitigkeiten über die Ergebnisse der Prüfungen vermieden werden.

Die DGRh und der VRA empfehlen daher ausschließlich Qualitätskriterien zu nutzen, die

  • wirklich für die Versorgung in der Leistungsgruppe relevant sind,

  • helfen können, zwischen qualitativ hochwertiger und qualitativ unzureichender Versorgung zu unterscheiden und

  • klar operationalisiert wurden.

Auf Qualitätskriterien, die diese Kriterien nicht erfüllen, sollte konsequent verzichtet werden!


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Die qualitativen Mindestvoraussetzungen müssen zur Definition der Leistungsgruppe passen

Unglückerweise wurden der Texttitel und die hier aufgeführten qualitativen Mindestvoraussetzungen der Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“ weitgehend aus NRW übernommen, ohne dass die Definition der Leistungsgruppe übernommen wer-den soll. Es zeichnet sich ab, dass der erste Leistungsgruppen-Grouper des InEK eine Definition der Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“ vornimmt, die nicht zu den qualitativen Mindestvoraussetzungen aus NRW passt. Dieser Fehler muss aus der fachlichen Sicht der DGRh und des VRA durch die Rechtsverordnung nach § 135e Abs. 1 SGB V behoben werden. Dabei ist weiterhin unklar, ob sich die Leistungsgruppendefinitionen an die Qualitätskriterien oder die Qualitätskriterien an die Leistungsgruppendefinitionen anpassen sollen. Dies wäre auch davon abhängig zu machen, welcher weitere Weg mit den Leistungsgruppen beschritten werden soll. Das Zusammenwirken der Leistungsgruppen mit den komplexen Regelungen des KHVVG ist an vielen Stellen dysfunktional (z. B. Vorhaltevergütung, Mindestvorhaltezahlen, Levelzuordnung). Damit sind noch erhebliche Anpassungen notwendig. Aus fachlicher Sicht können somit zum derzeitigen Stand nur schwer konkrete Vorstellungen eingebracht werden. Trotzdem sollen im Folgenden unsere Gedanken und Anregungen zur Gestaltung fachlich passender qualitativer Mindestvoraussetzungen und möglicher Auswahlkriterien vorgestellt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Leistungsgruppe dazu dienen soll, die akutstationäre internistische Rheumatologie abzubilden und von dem Konzept aus NRW einer multidisziplinäre internistisch-orthopädische Leistungsgruppe für die rheumatologische Komplexbehandlung Abstand genommen wird.

Rheumaorthopädische Fälle, die keiner der existierenden endoprothetischen Leis-tungsgruppen oder der Leistungsgruppe „Wirbelsäulenchirurgie“ zugeordnet werden (z. B. Hand-, Ellbogen-, Schulter- und Fußchirurgie, rheumatologische Komplexbehandlung) und in Fachabteilungen mit dem Fachabteilungsschlüssel 2309 (Orthopädie/Schwerpunkt Rheumatologie) behandelt wurden, würden dann vermutlich – anders als in NRW – der Leistungsgruppe „Allgemeine Chirurgie“ zugeordnet. Standorte mit rheumaorthopädischen Leistungen könnten dann jedoch Probleme haben, die Anforderungen der Anlage 1 zum SGB V zu erfüllen (Vorhaltung allgemein- oder viszeral-chirurgischer fachärztlicher Qualifikation). Allerdings hätten auch andere chirurgische Spezialisierungen vergleichbare Probleme, sodass hier primär eine Anpassung der Mindestvoraussetzungen der Leistungsgruppe „Allgemeine Chirurgie“ zu erfolgen hat.[ 1 ]

So dürfte beispielsweise in der Viszeral-, Thorax- oder Gefäßchirurgie selten die für die Leistungsgruppe 14 geforderte fachärztliche Qualifikation der Orthopädie und Unfallchirurgie notwendig sein und vorgehalten werden. Es sei darauf hingewiesen, dass die unpassende Vorgabe zur personellen Ausstattung erst kurz vor der Verabschiedung des KHVVG durch die rechtsförmliche und rechtssystematische Prüfung des Bundesministeriums der Justiz Eingang in das Gesetz gefunden hat und eigentlich keine fachlich-inhaltliche Änderung darstellen sollte.

Sollte hingegen an dem Konzept einer multidisziplinären Leistungsgruppe festgehalten werden, müssten die qualitativen Mindestvoraussetzungen auch entsprechend alle al-ternativ vorzuhaltenden fachärztlichen Qualifikationen berücksichtigen.

In Bezug auf die Abbildung der akutstationären Rheumatologie im Leistungsgruppensystem selbst, sei auf die Stellungnahme zur Definition der Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“ (Anlage 2) verwiesen.


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Betextung der Leistungsgruppe 7

Das Adjektiv „Komplexe“ sollte nur dann in Zusammenhang mit der „Rheumatologie“ genutzt werden, wenn wirklich eine Leistungsgruppendefinition vorliegt, die komplexe rheumatologische Behandlungen oder Fälle beschreibt. Die rheumatologische Kom-plexbehandlung (OPS-Klasse 8–983) ist ein Behandlungskomplex und entspricht nicht der medizinischen Vorstellung einer komplexen Rheumatologie. Wenn die Leistungsgruppe als multidisziplinäre Leistungsgruppe die rheumatologische Komplexbehandlung abbilden soll, sollte sie auch so betextet werden. Wenn die Leistungsgruppe möglichst umfassend die akutstationäre Rheumatologie umfassen soll, wäre auf das Adjektiv zu verzichten. Da die Leistungsgruppen auch für das Transparenzverzeichnis nach § 135 d Abs. 3 SGB V (Bundes-Klinik-Atlas) genutzt werden sollen, sollte auch der Empfängerhorizont bei der Betextung beachtet werden.


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Erbringung verwandter LG

Anlage 1 zum SGB V fordert für die Leistungsgruppe 7 die „Erbringung“ der Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“ oder einer der endoprothetischen Leistungsgruppen. Damit wird mittelbar auch die Leistungsgruppe „Intensivmedizin“, die wiederum Voraussetzung für die unmittelbar geforderten Leistungsgruppen ist, vorausgesetzt.

Unterschiedliche Subspezialisierungen in der akutstationären Rheumatologie lassen eine unterschiedliche Zusammensetzung von Fachdisziplinen am Standort sinnvoll erscheinen. Ohne klare Leistungsgruppendefinition kann daher aus fachlicher Sicht keine konkrete Vorgabe für die „Erbringung“ verwandter Leistungsgruppen empfohlen werden. Wird eine rheumatologische Leistungsgruppe sehr umfassend („sensitiv“) definiert, dürfen allerdings keine hohen Anforderungen an die Interdisziplinarität gestellt werden.

Die Rheumatologie ist zwar ein internistisches Fachgebiet, viele akutstationäre rheu-matologische Kliniken sind jedoch hoch spezialisiert und erbringen parallel keine inter-nistische Grundversorgung. Die Forderung der „Erbringung“ der Leistungsgruppe „All-gemeine Innere Medizin“ am Standort, könnte daher problematisch werden. Dies betrifft insbesondere rheumatologische Fachkliniken, da diese mehrheitlich keine Grundversorgung anbieten. Sollten auch die Regelungen aus § 135e Abs. 4 SGB V zur Anrechnung von fachärztlichen Vollzeitäquivalenten in die Rechtsverordnung übernommen werden, so müssten Standorte mit auf die Rheumatologie spezialisierter Versorgung sowohl die für die Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“ und damit für die internistische Grundversorgung geforderten 3 zusätzlichen internistischen Vollzeitäquivalente beschäftigen und zudem an 365 Tagen im Jahr 10 Stunden lang eine für Rheumaerkrankte selten notwendige „Endoskopie“ vorhalten. Die Vorhaltung einer Intensivstation ist ebenfalls, beispielsweise bei einer Spezialisierung auf die Erbringung einer rheumatologischen Komplexbehandlung (OPS-Klasse 8–983), medizinisch nicht erforderlich.

Das komplexe System der „Erbringung“ verwandter Leistungsgruppen bedarf weitrei-chender Ausnahmemöglichkeiten, ansonsten kann auch eine qualitativ hochwertige Versorgung gefährdet werden. Sofern keine allgemeinen Ausnahmeregelungen gefunden werden, erscheint es nicht sinnvoll, für eine rheumatologische Leistungsgruppe die Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“ am selben Standort zu fordern.

Eine Kooperation mit einer internistischen Grundversorgung ist jedoch immer sinnvoll. Ob diese formal gefordert werden soll, sollte jedoch kritisch geprüft werden. Sicherlich praktizieren alle spezialisierten rheumatologischen Kliniken bereits eine solche Kooperation, sodass diese Mindestvoraussetzung nicht in der Lage wäre, zwischen qualitativ hochwertiger und unzureichender Versorgungsqualität zu unterscheiden. Zudem müssen Kooperationen nach dem KHVVG formalisiert und durch den MD geprüft werden. Hierdurch entstehen Kosten und Prüfaufwand, die ins Verhältnis zum erhofften Nutzen gestellt werden sollten. Auch sind die Konsequenzen bei plötzlichem Wegfall eines Kooperationspartners (Kündigung bei Konkurrenzsituation, Insolvenz, Krankenhausplanung, Mindestvorhaltezahlen, etc.) zu beachten. Hier können schnell schwer beherrschbare „Kettenreaktionen“ entstehen, ohne dass ein größerer Nutzen für Patientinnen und Patienten erkennbar wäre.

In Bezug auf die endoprothetischen Leistungsgruppen existiert keine medizinische Notwendigkeit der „Erbringung“ am Standort einer Rheumatologie. Endoprothetische Versorgung erfolgt überwiegend elektiv und Frakturen (führen im NRW-Leistungsgrup-pensystem nicht in die Leistungsgruppe der Endoprothetik) treten in Rheumakliniken nicht so häufig auf, dass die Vorhaltung einer endoprothetischen Versorgung am Standort gefordert werden dürfte. Eine Kooperation mit Standorten, die endoprothetische Eingriffe anbieten, ist in Bezug auf einige Subspezialsierungen der Rheumatologie sicher vorteilhaft, für viele andere hingegen überflüssig. In Bezug auf die Kooperation gilt auch hier das oben beschriebene.

  • Wenn die Rheumatologie über eine umfassende Leistungsgruppe abgebildet wird oder die bisherige Leistungsgruppe für die rheumatologische Komplexbehandlung genutzt werden sollte, bedarf es aus medizinischer Sicht keiner pauschalen „Erbringung“ verwandter Leistungsgruppen am selben Standort.

  • In Einzelfällen kann es jedoch bei Subspezialisierungen (z. B. „komplexe“ rheu-matologische Versorgung von Kollagenosen und Vaskulitiden) sinnvoll sein, ein höheres Ausmaß an Interdisziplinarität auch am Standort selbst zu fordern. Dies könnte bei einer umfassenden Leistungsgruppe beispielsweise über Auswahlkriterien abgebildet werden, die dann lokal gezielt zum Einsatz kommen können.

  • Sollte perspektivisch eine Leistungsgruppendefinition doch in der Lage sein, selektiv und spezifisch komplexe Fälle in der Rheumatologie abzubilden, die von einer Interdisziplinarität profitieren, so könnte die Forderung weiterer Leistungsgruppen am Standort sinnvoll sein. Eine konkrete medizinische Empfehlung kann allerdings erst dann erfolgen, wenn der Zuschnitt dieser Leistungsgruppe und auch die Fallzuordnung zu möglicherweise sinnvollen verwandten Leistungsgruppen bekannt sind.

Die Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“ war im NRW-Modell keine Voraussetzung für die Erbringung anderer Leistungsgruppen. Auch wenn viele Erkrankte von der Einbindung rheumatologischen Sachverstandes in unterschiedlichen Kontexten profitieren würden, wäre die Forderung nach der Vorhaltung der Leistungsgruppe „[Komplexe] Rheumatologie“, die in der Regel mit einer eigenständigen Fachabteilung einherginge, überzogen und aufgrund des Mangels an fachärztlichen Ressourcen auch nicht realisierbar. Grundsätzlich sollte bei der Festsetzung der qualitativen Mindestvoraussetzungen immer zwischen der Einbindung von Sachverstand, die auch konsiliarisch bzw. telemedizinisch möglich wäre und der Notwendigkeit der konkreten Leistungserbringung einer Leistungsgruppe vor Ort unterschieden werden. Die „Erbringung“ verwandter Leistungsgruppen am selben Standort sollte nur dann gefordert werden, wenn es qualitativ vorteilhaft ist, dass Patientinnen und Patienten auch direkt am selben Standort (z. B. zur Beherrschung von Komplikationen bei operativen Eingriffen) versorgt werden können.


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Sachliche Ausstattung

Die akutstationäre Rheumatologie weist einen geringen proprietären Technisierungsgrad auf. Die notwendige Labordiagnostik und Bildgebung dürften an jedem Kranken-hausstandort verfügbar sein. Die DGRh und der VRA empfehlen die Vorhaltung eines „Sonografiegeräts“ und einer „Osteodensitometrie“ der Anlage 1 nicht in die Rechts-verordnung zu übernehmen. Die sachliche Ausstattung mit Kleingeräten kann nicht dabei unterstützen, zwischen qualitativ hochwertiger und qualitativ unzureichender Versorgung zu unterscheiden. Wären tatsächlich entsprechende Geräte an einem Standort nicht vorhanden, könnten sie ohne große Investitionen beschafft werden. Handlungskompetenzen in Zusammenhang mit bildgebenden Verfahren (Ultraschall von Gelenken, Weichteilen und Blutgefäßen, Osteodensitometrie und Kapillarmikroskopie) sind Bestandteil der Weiterbildungsordnungen und der rheumatologischen Praxis. Entsprechende Expertise wird daher bereits über die fachärztlichen Mindestvorgaben gesichert.

Beide Voraussetzungen an die vorzuhaltenden Geräte sind auch nicht präzise. Es ist unklar, welches Sonografiegerät und welche Art der Osteodensitometrie gefordert wird.

Die Prüfung von ungeeigneten Qualitätsvorgaben blockiert Ressourcen beim MD und verursacht in Folge auch vermeidbaren Aufwand in den Krankenhäusern und bei den Planungsbehörden.


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Personelle Ausstattung

Sofern eine echte rheumatologische Leistungsgruppe geschaffen werden soll, darf die Qualifikation „FA Orthopädie und Unfallchirurgie mit ZW Orthopädische Rheumatologie“, die derzeit in Anlage 1 für die Leistungsgruppe „Komplexe Rheumatologie“ aufgeführt wird, nicht in die Rechtsverordnung übernommen werden. Leistungen, die von unterschiedlichen Fachdisziplinen erbracht werden dürfen, wie z. B. die rheumatologische Komplexbehandlung (OPS 8–983), dürfen dann allerdings nicht mehr zur Definition der Leistungsgruppe herangezogen werden (s. auch die Anlage zur Abbildung der Rheumatologie im Leistungsgruppensystem).

Die rheumatologische fachärztliche Qualifikation ist ein knappes Gut. Anforderungen an die Vorhaltung sollten so gesetzt werden, dass nur Aspekte einer hohen Versorgungsqualität und damit verbunden Patienteninteressen im Vordergrund stehen. Übertriebene Anforderungen zur Unterstützung einer Zentralisierung bei bereits bestehender Unterversorgung sollten vermieden werden.

Trotzdem erscheint die Forderung nach Vorhaltung von 3 fachärztlichen rheumatologischen Vollzeitäquivalenten sinnvoll, um eine qualitativ hochwertige rheumatologische Fachabteilung zu kennzeichnen, die auch zukünftig noch einen spezifischen Fachabteilungsschlüssel tragen dürfen soll. Werden rheumatologische Fälle über den Fachabteilungsschlüssel der Fachabteilung mit dem längsten Fachabteilungsaufenthalt für eine Leistungsgruppe identifiziert, so würden Definition und Mindestvoraussetzungen zur personellen Ausstattung zusammenpassen.

Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Behandlung von Rheumakranken auch aufgrund der Symptomvielfalt und der betroffenen Organsysteme nicht ausschließlich in rheumatologischen Fachabteilungen erfolgt. Wichtig ist dann die konsiliarische Einbindung von rheumatologischem Sachverstand. Sollte eine rheumatologische Leistungsgruppe jemals ausschließlich über ICD-Kodes definiert werden, so bedarf es nicht zwingend der Vorhaltung einer eigenen Fachabteilung mit 3 fachärztlichen rheumatologischen Vollzeitäquivalenten.


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Sonstige Struktur- und Prozessvoraussetzungen

Die Anlage 1 zu § 135e SGB V im KHVVG fordert auch für die Leistungsgruppe 7 die „Erfüllung der in § 6 PpUGV festgelegten Pflegepersonaluntergrenzen.“ Ungeachtet dessen, das unklar bleibt, was unter „Erfüllung“ zu verstehen sein soll (im Monatsmittel oder wie in § 6 Abs. 1 PPUGV gefordert: „stets einzuhalten“?), ist dieses Qualitätskriterium derzeit für die Leistungsgruppe 7 abzulehnen.

Die Pflegepersonaluntergrenzen sind nach § 137i Abs. 1 Satz 3 SGB V für jeden pfle-gesensitiven Bereich differenziert nach Schweregradgruppen nach dem jeweiligen Pflegeaufwand (nach dem vom InEK entwickelten Katalog zur Risikoadjustierung) festzulegen. Bislang hat das BMG jedoch in seinen Verordnungen den Gesetzesauftrag noch nicht umgesetzt. Dies führt zusammen mit einer sehr „sensitiven“ und wenig „spezifischen“ Identifikation von pflegesensitiven Bereichen durch das InEK dazu, dass in der Rheumatologie häufig die Pflegepersonaluntergrenzen der Inneren Medizin und teilweise sogar einer operativen Orthopädie zur Anwendung kommen. Die klassischen rheumatologischen DRGs (I97Z, I79Z, I69A und I66G) weisen aufgrund des therapeutischen Schwerpunkts vieler Rheumakliniken jedoch die mit Abstand niedrigsten Pflegepersonalkosten der mehr als 1200 DRGs auf (zwischen 38 % und 59 % der Durchschnittskosten). Die Ziele des § 137i SGB V können mit diesem – die Gesetzesregelung ignorierenden – Vorgehen in der akutstationären Rheumatologie nicht erreicht werden. Die mit Sanktionen versehene Pflicht zur Fehlallokation des Pflegepersonals verstärkt im Gegenteil nur den Mangel in anderen Bereichen der Medizin. Die inadäquate Anwendung der Pflegepersonaluntergrenzen wurden bereits erfolgreich beklagt und ist derzeit beim Bundessozialgericht anhängig (Az. B 1 KR 3/24 R). Die Übernahme der „Erfüllung der in § 6 PpUGV festgelegten Pflegepersonaluntergrenzen“ in die sonstigen Struktur- und Prozessvoraussetzungen von Leistungsgruppen der Rheumatologie ist daher fachlich so lange abzulehnen, bis die gesetzlichen Vorgaben zur Differenzierung nach dem Pflegeaufwand sachgerecht umgesetzt wurden.

Weitere Struktur- und Prozessvoraussetzungen für die Leistungsgruppe 7 sind derzeit nicht naheliegend. Insbesondere bedarf es aus fachlicher Sicht keiner „Interdisziplinären Fallkonferenzen“ oder gesonderten „schmerztherapeutische Kompetenz“, wie sie noch in NRW gefordert wurden (Begründung hierzu siehe: https://dgrh.de/Start/Publi-kationen/Positionen/2.-Stellungnahme-Krankenhausreform.html).

Prozesskriterien eignen sich grundsätzlich wenig für krankenhausplanerische Zwecke. Bestehen Prozessdefizite, so können und müssen diese selbstverständlich behoben werden. Dies ist jedoch nicht originäre Aufgabe einer dazu viel zu unflexiblen Krankenhausplanung. Prozessqualität muss dorthin, wo der Bedarf für Versorgungsstrukturen besteht und nicht umgekehrt. Die Sicherung und Verbesserung von Prozess- und Ergebnisqualität sollte zielführender über andere Instrumente erfolgen.

Berlin, 17.12.2024

VERANTWORTLICHE FÜR DIE STELLUNGNAHME

Herr Prof. Dr. med Christof Specker, Vizepräsident DGRh
Herr Prof. Dr. med Heinz-Jürgen Lakomek, Geschäftsführer VRA

KONTAKTADRESSE

Verband Rheumatologischer Akutkliniken e. V.
Geschäftsstelle
Prof. Dr. med. Heinz-Jürgen Lakomek
Direktor Universitätsklinik für Geriatrie
Johannes Wesling Klinikum Minden
Hans-Nolte-Str. 1, 32429 Minden
Tel.: 0571/790 3801
Fax: 0571/790 29 3800
E-Mail: lakomek@vraev.de
Internet: www.vraev.de


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IMPRESSUM

Verantwortlich für den Inhalt

Prof. Dr. med. Heinz-Jürgen Lakomek

Geschäftsführer, Verband rheumatologischer Akutkliniken e. V.

E-Mail: heinz-juergen.lakomek@muehlenkreiskliniken.de


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Fußnoten

1 So dürfte beispielsweise in der Viszeral-, Thorax- oder Gefäßchirurgie selten die für die Leistungsgruppe 14 geforderte fachärztliche Qualifikation der Orthopädie und Unfallchirurgie notwendig sein und vorgehalten werden. Es sei darauf hingewiesen, dass die unpassende Vorgabe zur personellen Ausstattung erst kurz vor der Verabschiedung des KHVVG durch die rechtsförmliche und rechtssystematische Prüfung des Bundesministeriums der Justiz Eingang in das Gesetz gefunden hat und eigentlich keine fachlich-inhaltliche Änderung darstellen sollte.



Publication History

Article published online:
02 June 2025

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