Methoden
Studienpopulation
Es wurden zwei Studienpopulationen mittels Online-Fragebögen untersucht: Ein Fragebogen
richtete sich an Medizinstudierende zum Zeitpunkt des PJ; ein zweiter Fragebogen richtete
sich an Lehrende im Fach Pneumologie mit Personal- und Organisationsverantwortung
(leitende Ärztinnen und Ärzte). Der an PJ-Studierende gerichtete Fragebogen wurde
an die Fachschaften und Dekanate aller deutschen medizinischen Fakultäten verschickt
mit der Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Studierenden. Zudem wurde der
Fragebogen über die digitalen Medien der Bundesvertretung der Medizinstudierenden
in Deutschland (BVMD) beworben. Leitende Ärztinnen und Ärzte wurden über den Mailverteiler
der DGP kontaktiert und zur Teilnahme eingeladen. Beide Populationen wurden dazu angeregt,
die Umfrage jeweils an weitere betreffende Personen in ihrem Umkreis weiterzuleiten,
um eine möglichst große Reichweite zu erzielen. Der Mailversand/Einladung zur Teilnahme
erfolgte insgesamt 3-malig im Abstand von 6 Wochen, die Fragebögen waren über einen
Zeitraum von 5 Monaten, von Juli bis November 2022, online aufrufbar. Die Online-Befragung
wurde über die Umfrageplattform SurveyMonkey (San Mateo, CA, USA) realisiert. Da die
Datenerhebung anonym erfolgte, war eine Beratung durch eine Ethikkommission nicht
erforderlich.
Fragebögen
Die Umfrage wurde in Anlehnung an die Checklist for Reporting Results of Internet E-Surveys (CHERRIES) und auf Basis der Vorerfahrungen der Weiterbildungsumfrage der AG YoungDGP
entwickelt [12]. Die Selektion der jeweiligen Items (Fragen) orientierte sich an Vorpublikationen
sowie einer vorausgehenden Beratung mit sowohl Studierenden als auch leitenden Ärztinnen
und Ärzten sowie innerhalb der AG YoungDGP. Vor Beginn der Umfrage erfolgte die mehrfache
interne und externe Begutachtung der Fragebögen sowie ein Pretest mit Teilnehmern
an von der AG YoungDGP mitgestalteten Fortbildungen.
Der an PJ-Studierende gerichtete Fragebogen war in 4 Themenbereiche unterteilt: Demografie
(6 Items), praktische Erfahrung (6 Items), Berufswunsch (4 Items) sowie Studium und
dessen Einfluss auf den Berufswunsch (18 Items).
Die leitenden Ärztinnen und Ärzte wurden zu allgemeinen Eckdaten ihres Standorts (4
Items), Bedingungen in der Pneumologie an ihrem Standort (5 Items) sowie zur Lehre
in der Pneumologie (18 Items) befragt. Bei der Auswahl der Items wurde darauf geachtet,
eine Überschneidung zwischen den Fragebögen herzustellen, um die Sicht beider Studienpopulationen
korrelieren zu können.
Um die zur Beantwortung der Fragebögen notwendige Zeit in einem akzeptablen Rahmen
zu halten, wurde die Zahl der Items auf je 34 Fragen begrenzt, was nach vorherigen
Probeläufen einer Bearbeitungszeit von ca. 10 Minuten entsprach. Die kompletten Fragebögen
sind im Supplement zu finden. Zur Steigerung der Motivation zur Teilnahme unter den Studierenden konnten
diese am Ende der Befragung auf freiwilliger Basis an einer Verlosung teilnehmen,
bei der es einen Amazon-Gutschein im Wert von 50 € oder die kostenlose Teilnahme an
der DGP-Sommerakademie im Folgejahr zu gewinnen gab. Die Gewinne wurden von der DGP
finanziert und nach Ende der Befragung verlost.
Sekundäranalyse externer Daten
Ergänzend zur Auswertung der hier beschriebenen Umfrage erfolgte eine Sekundäranalyse
der vom Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) konzipierten
Inhalte der Zweiten Ärztlichen Prüfung (zweites Staatsexamen) im Zeitraum Herbst 2013
bis Frühjahr 2024. Die Analyse erfolgte anhand von Daten der AMBOSS GmbH, Berlin (Examensmatrix
der Lernplattform Amboss) [13], die Einteilung der Examensfragen nach medizinischen Fachgebieten richtet sich hierbei
nach der auf der Lernplattform gewählten Zuordnung.
Statistik
Wenn nicht anders angegeben, werden deskriptive Daten als Häufigkeiten (Prozent) oder
Median berichtet. Kontinuierlich verteilte Variablen wurden zwischen Gruppen mittels
des Mann-Whitney-U-Tests verglichen. Diskret (nominal) verteilte Variablen wurden
mithilfe des Chi-Quadrat-Tests analysiert. Alle Tests wurden zweiseitig durchgeführt.
Bei Vergleich von mehr als 2 Gruppen wurde ein Kruskal-Wallis-Test oder eine generalisierte
Form des Chi-Quadrat-Tests angewandt. Zur Regressionsanalyse bei dichotomer Outcomevariable
fand eine logistische Regression Anwendung. Das Signifikanzniveau (alpha) für Analysen
in dieser Arbeit wurde auf 0,05 festgelegt. Zur statistischen Analyse wurden die Programme
SPSS 25.0 (SPSS Inc., Chicago, USA) und R (https://www.r-project.org, v3.6.1) verwendet.
In der folgenden Darstellung und Diskussion der Ergebnisse wurde Wert auf die Wahl
von Formulierungen gelegt, die sich auf alle Geschlechter beziehen. An einzelnen Stellen
wurde zur Wahrung einer vereinfachten Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet,
welches sich jeweils auf alle Geschlechter bezieht, sofern nicht anders angegeben.
Ergebnisse
Studierende
Demografie und Charakteristika
Insgesamt wurde der Online-Fragebogen von 382 Studierenden aufgerufen. In 238 Fällen
wurde der Fragebogen komplett beantwortet, weitere 41 Antworten waren unvollständig,
aber
für die weiteren Analysen ausreichend. Hierdurch ergaben sich insgesamt 279 auswertbare
Teilnahmen. Unter den Befragten waren Studierende aus 37 Fakultäten (von 39 befragten
Fakultäten) vertreten, welche in 71% der Fälle einen Regelstudiengang und in 29% einen
Modellstudiengang absolvierten. Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer studierten
an
der Universität Rostock (10,0%), gefolgt von der Christian-Albrechts-Universität Kiel
und
der Universität zu Köln mit jeweils 8,6% der befragten Studierenden (zu den
Teilnehmerzahlen der weiteren Universitäten siehe Tab. S2). Knapp
zwei Drittel der Befragten waren weiblichen Geschlechts (65%). Das Medianalter in
beiden
Geschlechtergruppen lag zum Zeitpunkt der Umfrage bei 26 Jahren, wobei die männlichen
Befragten einen nur insignifikant höheren Anteil in der Altersgruppe von 28 und mehr
Jahren aufwiesen (Abb. S1). In 6% der Fälle gaben die Befragten
an, nicht deutscher Herkunft zu sein (Tab. S3).
Vorausbildung im Gesundheitswesen
Eine dem Studium vorausgegangene Ausbildung im Gesundheitswesen besaßen 28% der Befragten.
Bezogen auf das Geschlecht waren hierunter die männlichen Befragten stärker vertreten
als die weiblichen (36 vs. 24%; p=0,04). Am häufigsten bestand eine Ausbildung im
Rettungsdienst (47% der Vorausbildungen), gefolgt von der Gesundheits- und Krankenpflege
(31%; siehe hierzu auch Tab. S4).
Pneumologische Erfahrung in Famulatur und PJ
Eine Famulatur auf einer pneumologischen Station hatten im Laufe des Studiums 13%
der Befragten absolviert. Im PJ hatte etwa ein Drittel (30%) der Studierenden einen
Einsatz auf einer pneumologischen Station absolviert oder fest geplant, 17% waren
sich zum Zeitpunkt der Befragung noch unsicher, ob sie einen Einsatz in der Pneumologie
ableisten würden. Die Mehrheit (53%) gab jedoch an, im PJ sicher nicht mit der Pneumologie
in Berührung zu kommen. Pneumologische Vorerfahrungen außerhalb des Studiums oder
im Rahmen einer vorherigen Famulatur (p=0,63) sowie das Geschlecht (p=0,53) waren
hierbei keine signifikanten Einflussfaktoren. Als Wahltertial für das PJ wählten die
Befragten am häufigsten die Anästhesie/Intensivmedizin (24%), gefolgt von der Pädiatrie
(14%) und der Gynäkologie und Geburtshilfe (10%, siehe Tab. S5).
Berufswunsch
Auf die Frage nach dem späteren Berufswunsch (bis zu 3 favorisierte Fachdisziplinen
konnten angegeben werden) nannte knapp die Hälfte der Befragten die Innere Medizin
(49%), gefolgt von der Allgemeinmedizin (22%), der Pädiatrie (15%) und der Anästhesie
(15%, siehe Tab. S6). Das Interesse an einer internistischen Berufstätigkeit zeigte hierbei keine relevante
Abhängigkeit vom Geschlecht (53% der männlichen und 47% der weiblichen Studierenden,
p=0,42).
Innerhalb der Inneren Medizin fanden die Studierenden mit internistischem Berufswunsch
den Facharzt für Innere Medizin ohne Schwerpunkt sowie den Facharzt für Innere Medizin
und Kardiologie am ansprechendsten (jeweils über 40% der Befragten, [Abb. 1]), gefolgt von der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin (bis zu 3 Facharztqualifikationen/Schwerpunktbezeichnungen
konnten angegeben werden).
Abb. 1 Spezialisierungswünsche Studierender mit Interesse an internistischer
Berufstätigkeit (n=136). Bis zu 3 favorisierte Spezialisierungen konnten angegeben
werden. Abkürzungen: O. Schwerp.: ohne Schwerpunkt, Zusatzbez.: Zusatzbezeichnung,
Schmerzmed.: Schmerzmedizin.
Eine pneumologische Spezialisierung zog ein Fünftel der internistisch interessierten
Studierenden in Betracht (entsprechend 10% aller befragten Studierenden). Dabei waren
die männlichen Studierenden gegenüber den weiblichen leicht, wenngleich nicht statistisch
signifikant, überrepräsentiert (13 vs. 7,6%; p=0,19). Die Altersstruktur der an Pneumologie
Interessierten unterschied sich nicht von der aller übrigen Befragten (p=0,42).
Die an der Pneumologie Interessierten wurden hinsichtlich der konkurrierenden Berufswünsche
näher betrachtet. Die Pneumologie stand am häufigsten mit der Kardiologie (bzw. wurde
in 48% der Fälle gemeinsam angegeben), gefolgt von der Gastroenterologie (33%) und
der Facharztqualifikation Infektiologie (22%) im Wettbewerb, wie in Tab. S7 dargestellt. Außerhalb der Inneren Medizin konkurrierte die Pneumologie am häufigsten
mit den Berufsfeldern Allgemeinmedizin (26%) sowie der Pädiatrie und der Anästhesie
(jeweils 19%), siehe Tab. S8. Als vorteilhafte/ansprechende Aspekte der Pneumologie gegenüber anderen Fachdisziplinen
nannten die Studierenden am häufigsten intensivmedizinische Inhalte (57%), interventionelle
Tätigkeiten (44%), die Möglichkeit zur Niederlassung (43%) sowie die inhaltliche Überlappung
mit anderen Fächern (41%). Die Karrieremöglichkeiten wurden hingegen nur in 5% der
Antworten als vorteilhaft bewertet (Tab. S9).
Studierende, die eine pneumologische Famulatur absolviert hatten, gaben tendenziell
häufiger ein Interesse an einer späteren Facharztausbildung in der Pneumologie an
als Studierende ohne pneumologische Famulatur (19 vs. 8%; p=0,07). Allerdings war
insbesondere der Einsatz im PJ mit dem Interesse an einer späteren beruflichen Tätigkeit
in der Pneumologie assoziiert (24 vs. 4%; p<0,001); von den pneumologisch Interessierten
hatten sogar drei Viertel einen Teil ihres PJs in der Pneumologie abgeleistet (74%;
weitere 19% waren zum Zeitpunkt der Befragung bezüglich eines Einsatzes in der Pneumologie
noch unsicher).
Dieser Trend bestätigte sich auch in einer multivariaten Analyse: Die Odds Ratio (OR)
für das Interesse an einer pneumologischen Tätigkeit nach einer pneumologischen Famulatur
betrug 2,7 (p=0,07), nach einem PJ-Einsatz in der Pneumologie sogar 8,6 (p<0,001).
Alter, Geschlecht sowie nicht-ärztliche pneumologische Vorerfahrung wurden im Modell
berücksichtigt, waren aber nicht signifikant mit dem pneumologischen Berufswunsch
assoziiert (Tab. S10).
Einflüsse auf den Berufswunsch
Die Studierenden maßen den im Studium erfahrenen Lehrveranstaltungen einen relevanten
Einfluss auf ihren späteren Berufswunsch bei ([Abb. 2]).
Abb. 2 Einschätzung des Einflusses besuchter Lehrveranstaltungen auf den späteren Berufswunsch
von Studierenden. Rating-Skala: 1 sehr gering – 10 sehr stark.
Dabei hatten praktische Erfahrungen in Blockpraktika, Famulaturen und PJ subjektiv
den mit Abstand größten Einfluss (89%), gefolgt von Vorlesungen und Seminaren (43%;
Mehrfachnennungen waren möglich). Das persönliche Umfeld (22%) und wissenschaftliches
Arbeiten (11%) hatten einen geringeren Einfluss ([Abb. 3]). Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern ließen sich nicht
feststellen, eine Tendenz zeigte sich jedoch für eine etwas stärkere Wichtung praktischer
Erfahrungen (84% der Männer vs. 92% der Frauen; p=0,06) sowie des persönlichen Umfeldes
(15 vs. 26%; p=0,07) durch die weiblichen Befragten.
Abb. 3 Einflussfaktoren auf den späteren Berufswunsch aus Sicht der Studierenden.
Abkürzungen: Famul.: Famulaturen, PJ: Praktisches Jahr, Vorl.: Vorlesungen, Pers.:
Persönliches, Wiss.: Wisssenschaftliches.
Die subjektive Qualität praktischer Erfahrungen in Blockpraktika, Famulaturen und
PJ
hing in den Augen der Studierenden v.a. von einer guten und wertschätzenden Betreuung
ab
(92%), gefolgt von der Möglichkeit zum selbstverantwortlichen Arbeiten (66%) und dem
Erlernen spezieller Untersuchungsmethoden und Interventionen (35%; Mehrfachnennungen
möglich). Es zeigten sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Ergänzende
Freitextantworten sind im Supplement aufgeführt.
Präferierte Weiterbildungsstätte
Nicht universitäre Häuser der Maximalversorgung sowie Universitätskliniken waren mit
je einem Drittel der Antworten die präferierten Orte für den Beginn der fachärztlichen
Weiterbildung. Einen Weiterbildungsbeginn in einer Fachklinik konnten sich lediglich
2,2% der Befragten vorstellen ([Tab. 1]). In den Subgruppen der Studierenden mit internistischem oder pneumologischem Berufswunsch
fand sich ein ähnliches Bild (Tab. S11 und Tab. S12). Der Weiterbildungsbeginn an Universitätskliniken wurde hierbei eher von Männern
bevorzugt, ebenso wie der Beginn an einer Fachklinik. Die weiblichen Befragten neigten
hingegen eher zu einem Beginn der Weiterbildung in der Niederlassung.
Tab. 1 Von den Studierenden präferierter Ort des Weiterbildungsbeginns, differenziert nach
Geschlecht.
|
alle (n=279)
|
männlich (n=97)
|
weiblich (n=185)
|
Chi-Quadrat-Omnibus-Test (männlich vs. weiblich über alle Weiterbildungsorte) p=0,01
|
Fachklinik
|
2,5%
|
6,2%
|
0,5%
|
Krankenhaus der Grund- oder Regelversorgung
|
21,1%
|
17,5%
|
23,1%
|
nicht universitäres Haus der Maximalversorgung
|
33,3%
|
32,0%
|
34,1%
|
Praxis
|
11,8%
|
7,2%
|
14,3%
|
Universitätsklinikum
|
31,2%
|
37,1%
|
28,0%
|
Pneumologische Lehre im Studium
Im universitären Curriculum wurde bei fast allen befragten Studierenden die Pneumologie
innerhalb von 1 (71%) bis 2 (24%) Semestern gelehrt.
Dabei wurden pneumologische Inhalte vornehmlich (zu 97%) im Rahmen der internistischen
Hauptvorlesung (in 43% zusätzlich auch im Rahmen anderer Vorlesungen) gelehrt und
zur Hälfte (54%) ergänzend im Rahmen klinischer Untersuchungskurse. Pneumologische
Blockpraktika gab nur ein Viertel (26%) der Befragten an, im Studium absolviert zu
haben. Insgesamt berichteten 59% der Studierenden, im Studium keine praktischen Lehrveranstaltungen
(außerhalb Famulatur und PJ) zur Pneumologie besucht zu haben.
Kumulativ bewerteten 62% der Studierenden die Pneumologie im Studium als eher wenig
bis unterrepräsentiert ([Abb. 4]
a), ein breiteres Lehrangebot in der Pneumologie wünschten
sich über zwei Drittel der Befragten (70%).
Abb. 4 Repräsentation der Pneumologie im Studium im Verhältnis zu anderen Fächern aus
Sicht der Studierenden (a) und leitenden Ärztinnen und Ärzte
(b).
Nur einzelne Befragte (2%) hatten während der klinischen Semester ein Wahlfach mit
pneumologischem Bezug absolviert (genannt wurden die Themen Beatmung, Bronchoskopie,
Thoraxsonografie, Rauchprävention und thorakale Bildbefundung). Als für ein pneumologisches
Wahlfach grundsätzlich ansprechendes Thema stieß die Intensivmedizin auf das größte
Interesse unter allen Befragten (70%), gefolgt von Beatmungsmedizin (57%) und thorakaler
Bildgebung (55%), siehe Tab. S13.
Von den im Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin aufgeführten pneumologischen
Lehrinhalten wurde nach Auskunft der Studierenden in der Lehre vornehmlich Wert auf
Atemwegserkrankungen (89%), respiratorische Infektionen (70%) und thorakale Tumore
(53%) gelegt ([Abb. 5]), wohingegen schlafbezogene und Atemzentrumstörungen (5%) sowie Erkrankungen der
Brustwand/Atemmuskulatur (0%) am geringsten repräsentiert schienen.
Abb. 5 Themen des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalogs Medizin, auf die nach
Auskunft der Studierenden und Lehrenden im Studium besonders viel Wert gelegt wird.
Eine Auswahl von bis zu 3 Themen war je Antwort möglich. Abkürzungen: -erkr.:
-erkrankungen, Resp.: respiratorische, ILD: interstitial lung disease, Atemstör.:
Atemstörungen, Atemmusk.: Atemmuskulatur.
Die Zufriedenheit mit der erfahrenen pneumologischen Lehre bewerteten die Studierenden
annähernd einer Normalverteilung folgend (Abb. S2). Studierende mit pneumologischem Berufswunsch gaben hierbei im Allgemeinen keine
bessere Bewertung als die übrigen Studierenden ab (p=0,31); nur in Hinblick auf die
Schaffung von tieferem Interesse am Fachgebiet (p=0,005) sowie tendenziell auch in
Bezug auf die Vermittlung interessanter Krankheitsbilder (p=0,09) wurde die pneumologische
Lehre von den pneumologisch Interessierten besser bewertet (Abb. S3).
Medien zum Wissenserwerb
Zum Erlernen neuer Inhalte nutzten fast alle Studierenden (96%) elektronische Nachschlagewerke
(wie z.B. Amboss, UptoDate etc.), gefolgt von Online-Recherchen über Suchmaschinen
(z.B. Google, Wikipedia; 62%) sowie der Nutzung von Printmedien (54%), siehe auch
Tab. S14. Podcasts und Video-on-Demand-Dienste fanden in nur geringerem Ausmaß Verwendung;
soziale Medien (z.B. Instagram, Facebook) spielten eine nur verschwindend geringe
Rolle.
Verbesserungsvorschläge
In den Augen der Studierenden sollten v.a. die praktische Wissensvermittlung (91%
der
Antworten) sowie sonstige Präsenzveranstaltungen (51%) in der pneumologischen Lehre
gestärkt und vermehrt genutzt werden (Tab. S15). Theoretische und
Online-Inhalte spielten hierbei eine eher untergeordnete Rolle. In Freitextantworten
fokussierten sich die meisten Verbesserungsvorschläge ebenfalls auf die Stärkung
praktischer Inhalte, Unterricht am Krankenbett, Untersuchungstechniken sowie die zu
stärkende allgemeine Repräsentation des Faches (siehe Supplement).
Leitende Ärztinnen und Ärzte
Der an leitende Ärztinnen und Ärzte gerichtete Fragebogen wurde insgesamt n=89-mal
aufgerufen; wovon n=53 Bögen in die Auswertung einbezogen werden konnten (n=37 vollständige
Bearbeitungen; unvollständige, aber ausreichend umfangreiche Antworten in n=16 Fällen).
Uns erreichten Antworten aus Krankenhäusern verschiedenster Größe (berichtete Gesamtbettenzahlen
von 100–1500). Ein Drittel der Antworten (n=17, 32%) war auf Universitätskliniken
zurückzuführen, der Rest überwiegend auf Lehrkrankenhäuser (n=32, 60%). Nur in n=4
Fällen (8%) lag keine akademische Anbindung vor; aufgrund der geringen Rückläuferzahl
sind die Antworten aus dieser Klinikkategorie deskriptiv im Supplement dargestellt und nicht in die im Folgenden dargestellte Auswertung eingeflossen. Auch
Angaben zu Weiterbildungsermächtigungen und fachlichem Angebot der Kliniken sind im
Supplement zu finden.
Stellenschlüssel und Nachwuchsrekrutierung
Der berichtete Stellenschlüssel zeigte eine hohe Variabilität innerhalb der Klinikkategorien
(Tab. S16). An Uniklinika wurde ein rechnerischer Stellenschlüssel von im Median 9,09 pneumologischen
Betten pro Oberarzt und 4,76 Betten pro Facharzt/Arzt in Weiterbildung berichtet.
An Lehrkrankenhäusern fand sich eine etwas geringere Stellenausstattung sowohl in
Bezug auf die Oberarztstellen (Median 12,5 Betten pro Stelle; p=0,005 für den Vergleich
zu Unikliniken) als auch Weiterbildungs-/Facharztstellen (Median 6,25 Betten pro Stelle;
p=0,02).
Auch der Anteil unbesetzter/offener Stellen zeigte eine breite Streuung (Tab. S17):
Zwar gab die Hälfte der Befragten (53% an Unikliniken, 56% an Lehrkrankenhäusern)
zum Zeitpunkt der Umfrage an, in der eigenen Abteilung keine unbesetzten Weiterbildungs-/Facharztstellen
zu haben. Von 18% der befragten Unikliniken und über einem Viertel der Lehrkrankenhäuser
(28%) wurde jedoch ein Anteil unbesetzter Stellen von 20% oder mehr berichtet (Unikliniken
im Maximum bis 45%, Lehrkrankenhäuser bis 50% unbesetzt).
Die Oberarztstellen waren zum Zeitpunkt der Umfrage zu einem höheren Anteil komplett
besetzt (an 76% der Uniklinika, 59% der Lehrkrankenhäuser). Während nur 6% der Uniklinika
≥20% unbesetzte Oberarztstellen berichtete (Maximum 33%), blieben hingegen an Lehrkrankenhäusern
in 38% der Fälle ≥20% der Oberarztstellen unbesetzt, im Maximum sogar bis zu 100%.
Mögliche Gründe für unbesetzte Stellen nach Angabe der Befragten können im Supplement exploriert werden.
Die subjektiv wahrgenommene Schwierigkeit der (Nach-)Besetzung von offenen Stellen
ließ ebenfalls eine große Variabilität zwischen den Kliniken erkennen (Tab. S18), wobei sich kein Unterschied in Abhängigkeit der akademischen Anbindung für die
Besetzung von Weiterbildungs-/Fachärzten zeigte (Skala von 0 [keine Schwierigkeiten]
bis 100 [stärkste Schwierigkeiten]): Uniklinika im Median 50, Lehrkrankenhäuser im
Median 56. Passend zu der Proportion (un-)besetzter Oberarztstellen schätzten die
leitenden Ärztinnen und Ärzte an Universitätsklinika die Rekrutierung von Oberärzten
als einfacher ein als diejenigen an Lehrkrankenhäusern (Uniklinika Median 10, Lehrkrankenhäuser
Median 75; p=0,002).
Die subjektiv wahrgenommene Ausprägung eines aktuellen Nachwuchsproblems in der Pneumologie
wurde von den befragten leitenden Ärztinnen und Ärzten auf einer Skala von 0 (kein
Nachwuchsproblem) bis 100 (großes Nachwuchsproblem) im Median mit 80 bewertet, signifikante
Unterschiede in Bezug auf die akademische Anbindung der Kliniken ließen sich nicht
feststellen (Tab. S19).
Lehre aus Sicht der leitenden Ärztinnen und Ärzte
Ähnlich wie die Studierenden schätzten auch die leitenden Ärztinnen und Ärzte die
Pneumologie als im Vergleich zu anderen internistischen Fächern im Medizinstudium
unterrepräsentiert ein, wobei das Urteil noch negativer ausfiel: 89% deklarierten
die Pneumologie als unterrepräsentiert oder eher wenig repräsentiert ([Abb. 4]
b).
Die in der pneumologischen Lehre gesetzten Schwerpunkte deckten sich mit der Einschätzung
der Studierenden ([Abb. 5]): Atemwegserkrankungen, respiratorische Infektionen und thorakale Tumorerkrankungen
waren die vornehmlich behandelten Themen des Lernzielkatalogs.
An Unikliniken fand häufiger eine Evaluation der pneumologischen Lehre durch die Studierenden
statt als an Lehrkrankenhäusern (94 vs. 52%). Das berichtete Evaluationsergebnis lag
nach Auskunft der leitenden Ärztinnen und Ärzte auf einer Skala von 0 (Lehre als sehr
schlecht/ungenügend evaluiert) bis 100 (Lehre als sehr gut/perfekt evaluiert) an Unikliniken
im Median bei 83, an Lehrkrankenhäusern bei 78.
Befragt nach Maßnahmen, die in der Vergangenheit zur Verbesserung der pneumologischen
Lehre am eigenen Standort beitrugen, hoben die leitenden Ärztinnen und Ärzte in Freitextantworten
das persönliche Engagement der Ausbilder/Lehrenden und praktisch-interaktive Lehrformate
hervor. Als Maßnahmen zur zukünftigen Verbesserung der pneumologischen Lehre wurde
wiederholt insbesondere die Stärkung der pneumologischen Repräsentanz und Finanzierung
der Lehre nebst der Stärkung praktischer Inhalte hervorgehoben. Die vollständigen
Freitextantworten sind im Supplement zu lesen.
Wissenschaftliche Nachwuchsförderung
Nach Auskunft der Befragten bestand an 88% der universitären Häuser Möglichkeit zur
pneumologischen Forschung; unter den Lehrkrankenhäusern an 59% der Standorte.
In den forschenden universitären Abteilungen schlossen überwiegend (zu 86%) mindestens
2 Doktoranden pro Jahr ihre Promotion ab. Hingegen konnte der Großteil der Lehrkrankenhäuser
mit wissenschaftlicher Aktivität nur bis zu einer abgeschlossenen Dissertation pro
Jahr vorweisen, nur in 12% der Fälle waren es 2 oder mehr Dissertationen (Abb. S4).
Der Anteil der pneumologischen Doktoranden, der später auch eine pneumologische Facharztausbildung
absolviert, wurde von den leitenden Ärztinnen und Ärzten an Unikliniken etwas höher
(mehrheitlich auf 21–40%) als an Lehrkrankenhäusern (mehrheitlich auf ≤20%) geschätzt
(Abb. S5).
Die Pneumologie in der Ärztlichen Prüfung (Staatsexamen)
Es erfolgte eine Sekundäranalyse der vom Institut für Medizinische und Pharmazeutische
Prüfungsfragen (IMPP) konzipierten Inhalte der Zweiten Ärztlichen Prüfung (zweites
Staatsexamen) im Zeitraum Herbst 2013 bis Frühjahr 2024 ([Abb. 6]). Von den 320 gestellten Fragen wurde in jeder Prüfung ein variabler Anteil aus
der Wertung genommen (in den ausgewerteten Examina wurden 306–319 Fragen gewertet,
im Mittel 312). Auf die Innere Medizin entfielen im Durchschnitt 30,1% der Fragen
(entsprechend 94,1 gestellten Fragen). Hierbei zeigte sich eine teils geringere Anzahl
pneumologischer Fragen (im Durchschnitt 3,7%) im Vergleich zur Gastroenterologie (4,6%)
und insbesondere der Kardiologie/Angiologie (5,4%) sowie Infektiologie/Hygiene (6,1%).
Abb. 6 Anteil an den Fragen/Aufgaben der Zweiten Ärztlichen Prüfung je internistischem Fachgebiet
im Zeitraum Herbst 2013 bis Frühjahr 2024. Angabe in Prozent aller gewerteten Fragen/Aufgaben;
Datenquelle: Amboss GmbH [13].
Diskussion
In dieser Arbeit wurde die Repräsentation der Pneumologie im Medizinstudium aus Sicht
von PJ-Studierenden und leitenden Ärztinnen und Ärzten untersucht.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Vermittlung pneumologischer Inhalte im universitären
Curriculum für die Mehrheit der befragten Studierenden unzureichend ist. Sowohl Studierende
als auch leitende Ärztinnen und Ärzte betrachten die Pneumologie im Vergleich zu anderen
internistischen Fächern im Medizinstudium als subjektiv deutlich unterrepräsentiert.
Die im Medizinstudium zu vermittelnden Inhalte werden in Deutschland durch den Nationalen
Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) definiert, der den medizinischen
Fakultäten als Leitlinie für die Gestaltung ihrer Curricula dient und letztlich auch
die Grundlage für die staatlichen Examensprüfungen (Ärztliche Prüfung) bildet [14]. Die durchgeführte Analyse der Anzahl internistischer Fragen in der Zweiten Ärztlichen
Prüfung der letzten Jahre ergab darüber hinaus eine teils deutlich geringere Anzahl
an Fragen mit pneumologischem Bezug im Vergleich mit anderen Fachdisziplinen, was
die Unterrepräsentation der Pneumologie in der aktuellen universitären Ausbildung
auch objektiv unterstreicht.
Nach Auskunft sowohl der Studierenden als auch der leitenden Ärztinnen und Ärzte werden
aktuell von den im NKLM definierten pneumologischen Themengebieten besonders Atemwegserkrankungen,
respiratorische Infektionen sowie thorakale Tumorerkrankungen in den universitären
Curricula behandelt – Themengebiete wie interstitielle Lungenerkrankungen, Lungengefäßerkrankungen
oder Schlaf- und Atemzentrumsstörungen scheinen hingegen oft zu kurz zu kommen. Studierende
mit Interesse an einer späteren pneumologischen Tätigkeit gaben häufiger als ihre
Kommilitonen an, dass die erlebte pneumologische Lehre Interesse an dem Fachgebiet
schuf und interessante Krankheitsbilder vermitteln konnte – aus dieser Korrelation
lässt sich an dieser Stelle zwar keine direkte Kausalität ableiten; jedoch sollte
die universitäre pneumologische Lehre sich zum Ziel setzen, einen guten Einblick in
die Bandbreite des Fachgebiets und auch die weniger häufigen, aber nicht minder interessanten
Krankheitsbilder zu gewähren, um inhaltliche Lücken zu schließen und potenzielle Interessenten
frühestmöglich für das Fach zu begeistern.
Neben der quantitativen Repräsentation der Pneumologie und der inhaltlichen Aufbereitung
sollte hierbei Augenmerk auf die Wahl der Lehrform mit Stärkung insbesondere praktischer
Inhalte gelegt werden. Verdeutlicht wird dies durch die Angabe von 59% der Studierenden,
im Studium keine praktischen Lehrveranstaltungen (außerhalb Famulatur und PJ) zur
Pneumologie besucht zu haben; mindestens 54% der Studierenden kamen nach eigener Auskunft
im Laufe des PJ ebenfalls nicht mit der Pneumologie in Berührung. Indes wurde mit
89% der erhaltenen Antworten praktischen Erfahrungen in Blockpraktika, Famulaturen
und PJ der mit Abstand größte Einfluss auf die Wahl des späteren Berufsfelds zugesprochen.
Im Weiteren zeigten Studierende, die im PJ einen Einsatz in der Pneumologie hatten,
in unserer Umfrage ein signifikant höheres Interesse an einer pneumologischen Berufstätigkeit
als diejenigen, die keinen solchen Einsatz hatten. Dies steht im Einklang mit vergleichbaren
Studien anderer Fachgebiete [15]
[16] und weist auf einen besonderen Stellenwert des PJ in der Nachwuchsrekrutierung hin.
Ob sich der Berufswunsch in diesen Fällen tatsächlich erst durch das PJ gebildet hat,
kann an dieser Stelle natürlich nicht abschließend gefolgert werden. Ungeachtet dessen
wurden insbesondere eine wertschätzende Betreuung und eigenverantwortliches Arbeiten
von den Studierenden als ausschlaggebend bewertet, wobei in einer niederländischen
Befragung diese Faktoren ebenfalls mit einer früheren Berufswahl und einer subjektiv
besseren Vorbereitung auf die ärztliche Tätigkeit assoziiert waren [16].
Die im Supplement explorierbaren Freitextantworten Studierender und leitender Ärztinnen und Ärzte zeichnen
ein aktuell durchaus heterogenes Bild der praktischen Lehrerfahrungen, reichend von
augenscheinlicher Vernachlässigung Studierender bis hin zur Hervorhebung von Positivbeispielen
der pneumologischen Lehre. Unweigerlich lässt sich gute (praktische) pneumologische
Lehre nur mit dem entsprechenden personellen und zeitlichen Einsatz realisieren und
erfordert nicht zuletzt eine hinreichende Motivation der Lehrenden.
Der Entscheidungsprozess hinsichtlich des medizinischen Fachgebiets ist unzweifelhaft
multifaktoriell [11] und bereits zuvor in theoretischen Modellen abgebildet worden [17]. Relevante Einflussfaktoren können hierbei z.B. das Geschlecht sowie generationsspezifische
Faktoren, wie z.B. eine sich ändernde Priorisierung im Hinblick auf das Verhältnis
zwischen Arbeits- und Privatleben („Work-Life-Balance“) sein [18]
[19]. Eine US-amerikanische Studie zeigte, dass eine positive Lehrerfahrung im internistischen
Fachbereich das Interesse an der Inneren Medizin signifikant erhöhte (OR 4,6). Zudem
wurde die vorgelebte Work-Life-Balance der lehrenden Ärzte als signifikanter Faktor
wahrgenommen [11]. Damit Studierende und auch junge Ärzte ein Fachgebiet in Betracht ziehen, ist daher
neben der hinreichenden Exposition [20] insbesondere der multidimensionale Eindruck des Fachgebiets selbst und der als Vorbild
fungierenden, bereits im Fach praktizierenden und lehrenden Ärztinnen und Ärzte entscheidend
[21]
[22]. Spätestens im PJ ergibt sich also neben der Beeinflussung der Studierenden durch
die universitäre Lehre auch ein direkter Zusammenhang der Fachgebietswahl mit den
vorherrschenden Weiterbildungs- und Arbeitsbedingungen und der davon abhängigen Arbeitszufriedenheit
im späteren Beruf.
In der Einschätzung der befragten leitenden Ärztinnen und Ärzte erweist sich die Rekrutierung
von Nachwuchskräften in das Feld der Pneumologie bereits zum jetzigen Zeitpunkt als
herausfordernd. Dies gilt sowohl für universitäre als auch nicht universitäre Lehrkrankenhäuser.
Eine bemerkenswerte Bandbreite zeigte sich in der Schwierigkeit, offene Stellen in
der Pneumologie (nach-)besetzen zu können: Insbesondere die Besetzung von Oberarztstellen
schien an Universitätskliniken noch deutlich einfacher zu sein als an nicht-universitären
Häusern, wobei sich aus unserer Erhebung konzeptionell bedingt hierfür keine direkten
Gründe ableiten ließen.
Verfügbare Vergleichsdaten zum Stellenschlüssel suggerieren zwar keinen spezifisch
in der Pneumologie von anderen internistischen Fachgebieten abweichenden Stellenschlüssel:
In der Rheumatologie beträgt die Versorgungsdichte 10 Betten pro rheumatologischem
Facharzt und 5,3 Betten pro Assistenzarzt [23]. Erhebungen während der Belastungssituation der COVID-19-Pandemie indizierten hingegen
eine mediane Betreuungsdichte von 13–18 stationären Patienten pro Arzt auf Normal-
bzw. 8–11 auf Intensivstation [24]. Diese vergleichsweise hohe Versorgungsdichte könnte jedoch die Arbeitsbelastung
und empfundene berufliche Zufriedenheit von stationär tätigen Pneumologen disproportional
negativ, verglichen mit Kollegen anderer Fachdisziplinen, beeinflusst haben [25].
Bereits in einer vorausgegangenen Befragung zur Qualität der Weiterbildung in der
Pneumologie konnten wir geschlechtsspezifische Präferenzen bezüglich des Weiterbildungsorts
demonstrieren [12]. Hiermit übereinstimmend zeigte sich nun auch bei Befragung der Studierenden ein
von Männern präferierter Berufs-/Weiterbildungsbeginn an Universitäts- oder Fachkliniken,
während Frauen häufiger eine Weiterbildung in der Praxis bevorzugten.
Historisch gewachsen existieren insbesondere in der Pneumologie viele Weiterbildungsstandorte
fernab der Universitätskliniken und Maximalversorger (deren fachliches Angebot nach
Auskunft der hier befragten leitenden Ärztinnen und Ärzte jedoch weitreichend übereinstimmt,
siehe Supplement), was die Sichtbarkeit der pneumologischen Weiterbildungsmöglichkeiten für den potenziellen
Nachwuchs mindert und die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit pneumologischer Lehre erschwert.
Diese Umstände haben aus den Reihen der Fachgesellschaft in der Vergangenheit bereits
Initiativen zur Nachwuchsförderung hervorgebracht. Nach Gründung der Arbeitsgruppe
YoungDGP wurden durch diese ein Projekt zur Analyse und Verbesserung der Weiterbildungsbedingungen
in der Pneumologie [12] sowie innovative Formate wie das an junge Ärztinnen und Ärzte gerichtete „Pneumo
Speed Dating“ [9], welches die Attraktivität des Fachgebiets veranschaulichen soll, ins Leben gerufen.
Studierende können zu vergünstigten Konditionen an den YoungDGP-Bronchoskopiekursen
teilnehmen und werden von der DGP durch kostenfreie Teilnahme am und Vergabe von Reisestipendien
zum DGP-Jahreskongress unterstützt. Deutlich wird zugleich, dass die Rekrutierung
des Nachwuchses in das Fachgebiet Pneumologie nicht nur durch extracurriculäre Angebote
erfolgen kann, sondern die Präsenz und Attraktivität des Faches bereits früh in der
Weiterbildung und insbesondere auch im Studium gefördert werden muss.
Limitationen der Arbeit
Naturgemäß unterliegt diese auf freiwilligen Online-Umfragen basierende Arbeit einem
Selbstselektionsbias. Fast die Hälfte der in dieser Arbeit erfassten Studierenden
gab einen internistischen Berufswunsch an. In vergleichbaren Erhebungen lag der Anteil
mit 15–20% internistisch Interessierten niedriger, wobei die Daten für Allgemeinmedizin,
Anästhesiologie, Chirurgie und Pädiatrie vergleichbar waren [26]
[27]
[28] bzw. der Anteil zugunsten des in der jeweiligen Arbeit betrachteten Fachgebiets
verschoben war [29]
[30].
Um diesem Umstand bei Befragung der Studierenden entgegenzuwirken, wurde eine Verteilung
der Umfrage über die medizinischen Fakultäten und Fachschaften sowie die Bundesvertretung
der Medizinstudierenden in Deutschland (BVMD) genutzt, um insbesondere eine gute Balance
zwischen dem Anteil der Antworten Studierender ohne Interesse an einer späteren pneumologischen
Tätigkeit und an Pneumologie Interessierten zu gewährleisten. Nach deutschlandweiter
Rekrutierung über verschiedene Kanäle fand sich der überwiegende Teil der medizinischen
Fakultäten (95%) durch die erfasste Studierendenpopulation repräsentiert. Die teilnehmenden
Studierenden waren zu 65% weiblich, was nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes
[31] und anderen Umfragen der aktuellen Geschlechterverteilung der Medizinstudierenden
entspricht [26]
[30].
Erwähnenswert ist außerdem, dass durch den Zeitpunkt der Umfrage Jahrgänge/Semester
von Studierenden erfasst wurden, deren klinische Ausbildung maßgeblich durch die Auswirkungen
der COVID-19-Pandemie beeinflusst wurde. Angaben z.B. zur Anzahl praktischer Lehrveranstaltungen
können hierdurch ggf. beeinflusst worden sein, nicht jedoch bezüglich des PJ, welches
fester Bestandteil des Studiums war und ist; hinsichtlich der erhobenen Einflussfaktoren
auf die Berufswahl muss ebenfalls nicht von einer relevanten Beeinflussung ausgegangen
werden.
Zur Wahrung der Anonymität wurden die befragten leitenden Ärztinnen und Ärzte nicht
um die Angabe ihres Arbeitsorts gebeten, sodass eine direkte, standortspezifische
Korrelation der Antworten der Studierenden mit denen der Lehrenden nicht möglich ist.
In Bezug auf die Frage nach der Lehrqualität in der Pneumologie berichteten die leitenden
Ärztinnen und Ärzte ein deutlich besseres Ergebnis basierend auf der Lehrevaluation
der am Ort Studierenden als die Studierenden in unserer Umfrage selbst. Neben einem
möglichen Selektionsbias ist an dieser Stelle ggf. auch von einem Self-Report-Bias
seitens der leitenden Ärztinnen und Ärzte auszugehen und sind ergänzend weitere Biasformen
bei den Lehrevaluationen an den jeweiligen Standorten selbst in Betracht zu ziehen.
Hinsichtlich der Angaben zum Stellenschlüssel in pneumologischen Kliniken ist zu berücksichtigen,
dass nicht in jedem Fall alle an einem Standort beschäftigten Ärztinnen und Ärzte
in die stationäre Patientenversorgung eingebunden sind (z.B. durch Freistellungen
für wissenschaftliche Tätigkeit, Tätigkeit in Ambulanzen und Funktionsbereichen),
wobei es insbesondere an Unikliniken zu einer Verzerrung des berechneten Schlüssels
gekommen sein könnte. Konzeptionell bedingt bildet diese Arbeit nicht den ambulanten
Weiterbildungssektor in der Pneumologie ab.
Bei der Sekundäranalyse verfügbarer Daten zum Anteil pneumologischer Examensfragen
in der Zweiten Ärztlichen Prüfung ist einschränkend zu beachten, dass sich mögliche
Unschärfen in der fachlichen Zuordnung der Examensfragen aus der naturgemäßen Überlappung
der Fachgebiete ergeben (eine Frage zur Tuberkulose oder Pneumonie könnte z.B. sowohl
der Infektiologie als auch der Pneumologie zugeordnet werden) und die Zuordnung nicht
vom IMPP selbst, sondern vom Betreiber der verwendeten Lernplattform vorgenommen wurde.
Hierbei kann jedoch angenommen werden, dass derartige Überschneidungen die internistischen
Fachbereiche in der Auswertung in vergleichbarem Ausmaß betreffen.
Verbesserungsmöglichkeiten
Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das Nachwuchsproblem in der Pneumologie eine systemische
Herausforderung darstellt, beginnend bereits während des Studiums der Medizin und
reichend bis weit in die Facharztausbildung.
Die Ausweitung des pneumologischen universitären Curriculums unter Einbezug insbesondere
praktischer Inhalte sowie die strukturelle Förderung pneumologischer Einsätze von
Studierenden im Tertial der Inneren Medizin im PJ sind essenzielle Bausteine zur besseren
Repräsentation der Pneumologie im Studium und Verbesserung der pneumologischen Lehre.
Die
Qualität des Studentenunterrichts hängt im klinischen Alltag unweigerlich stark vom
Engagement der Lehrenden ab, welches wiederum von den verfügbaren zeitlichen Ressourcen
und
allgemeinen Arbeitsbedingungen beeinflusst wird. Die Betreuung von Medizinstudierenden
durch
Stations- und Oberärzte wird von diesen nicht selten als zusätzliche Belastung wahrgenommen.
Der Schaffung zusätzlicher Kapazitäten im Klinikalltag steht eine steigende
Arbeitsbelastung, insbesondere durch die Zunahme ambulanter Behandlungen [32] und verkürzter Liegedauern bei gleichzeitiger Zunahme der Fallzahlen [33], entgegen. Die strukturelle Implementierung dezidierter Lehrbeauftragter in Kliniken
nebst Erarbeitung systematisch didaktisch durchdachter Lehrpläne ist ein möglicher
Verbesserungsansatz. Ansätze für ein integratives Curriculum, das theoretische und
praktische Lehreinheiten mit freiwilligen Lehrangeboten für Interessierte kombiniert,
bietet
bspw. der pneumologische Lehrplan des Modellstudiengangs der Medizinischen Fakultät
Ostwestfalen-Lippe [34].
Die stärkere Repräsentation der Pneumologie im Medizinstudium sollte ein primäres
Anliegen der in der universitären Pneumologie Tätigen sein. Dies geht Hand in Hand
mit der
Stärkung (und ggf. konsequenten Einrichtung) pneumologischer Lehrstühle an
Universitätskliniken sowie der Einbringung von Pneumologen in Entscheidungsgremien
zur
Erstellung medizinischer Curricula als strategisch notwendige Maßnahmen zur Erhöhung
der
Sichtbarkeit der Pneumologie. Im Rahmen der Recherche und Datenanalyse für diese Arbeit
wurde deutlich, dass weder öffentlich noch der Fachgesellschaft aktuell vorliegend
eine
aktuelle Übersicht der eingerichteten pneumologischen Lehrstühle, entsprechender
pneumologischer Professuren oder der für die Lehre an den jeweiligen Standorten zur
Verfügung stehenden Ressourcen existiert. Eine weitere diesbezügliche Recherche hätte
den
Umfang und die Zielsetzung dieser Arbeit übertroffen, wäre künftig aber ein folgerichtiger
Schritt im Rahmen der universitätspolitischen Stärkung der Pneumologie.
Wie zuvor erläutert, ist neben der hinreichenden pneumologischen Exposition Studierender
der multidimensionale Eindruck der in der Pneumologie vorherrschenden Weiterbildungs-
und
Arbeitsbedingungen, geprägt durch die bereits im Fach praktizierenden und lehrenden
Ärzte,
entscheidend. Erstaunlich ist vor diesem Hintergrund, dass nicht alle der im Rahmen
dieser
Arbeit befragten, an Universitätskliniken tätigen leitenden Ärztinnen und Ärzte angaben,
dass an ihrer Institution die Möglichkeit zur pneumologischen Forschung besteht (!).
Ergänzend gab nur ein verschwindend geringer Anteil der Studierenden an, die
Karrieremöglichkeiten in der Pneumologie als vorteilhaft wahrgenommen zu haben. Auch
der
Ausweitung attraktiver (wissenschaftlicher) Förder- und Fortbildungskonzepte, die
sich an
junge Ärztinnen und Ärzte und Berufsanfänger richten und diese selbst sowie deren
Engagement
im Fachgebiet verankern, kommt somit eine tragende Bedeutung zu.
Schlussfolgerung
Dies ist die erste Arbeit im deutschsprachigen Raum, die strukturiert die Wahrnehmung
der pneumologischen Lehre an Universitäten untersucht und Implikationen für das in
der Pneumologie bestehende Nachwuchsproblem ableitet.
Aus Sicht sowohl der Studierenden als auch der leitenden Ärztinnen und Ärzte ist die
Pneumologie in der Lehre während des Medizinstudiums unterrepräsentiert. Dies steht
im Kontrast zur offensichtlichen epidemiologischen Relevanz des Fachgebiets und dem
wachsenden Versorgungsbedarf pneumologischer Patienten. Die Implementierung eines
umfangreicheren pneumologischen Curriculums mit einem besonderen Fokus auf praktischen
Inhalten erscheint unerlässlich, um die Attraktivität des Fachgebiets für Berufsanfänger
zu erhöhen und damit die erwartbar herausfordernder werdende Versorgung pneumologischer
Patienten in Deutschland für die Zukunft sicherzustellen.