Balint Journal 2025; 26(01): 35-36
DOI: 10.1055/a-2529-4299
Nachruf

Nachruf Prof. Dr. med. Wolf Langewitz

27.10.1951–28.12.2024

Die Schweizerische, Deutsche und Österreichische Balint Gesellschaft, die Klinik für Psychosomatik und ihre Abteilung Medizinische Kommunikation am Universitätsspital Basel sowie die Schweizerische Akademie für Psychosomatische und Psychosoziale Medizin (SAPPM) nehmen in großer Trauer und Verbundenheit Abschied von Prof. Dr. med. Wolf Langewitz, einem herausragenden Wegbereiter der Psychosomatischen Medizin, der Arzt-Patient-Beziehung und der ärztlichen Gesprächsführung. Sein Tod hinterlässt eine schmerzliche Lücke in der psychosomatischen Gemeinschaft, insbesondere in Basel, wo er seit 1990 wirkte.

Gebürtig in Oldenburg/ Deutschland, begann Wolf Langewitz seinen akademischen Weg 1970 mit dem Abitur am Alten Gymnasium in Bremen. Es folgten das Studium der Medizin in Freiburg und Berlin, Approbation 1978 sowie der Abschluss der internistischen Weiterbildung 1986. Wolf Langewitz’ psychotherapeutische Weiterbildung umfasste sowohl eine Weiterbildung in Verhaltenstherapie (1980–1982) als auch eine analytische Weiterbildung (1983–1990), die mit dem Erwerb des Zusatztitels Psychotherapie abgeschlossen wurde. Bereits während seiner Tätigkeit an der Medizinischen Universitätsklinik Bonn widmete sich Wolf Langewitz mit großer Hingabe der Erforschung der Verbindung zwischen körperlichen und psychischen Erkrankungen. Seine Habilitation 1991, beschäftigte sich mit vagaler Aktivierung bei Bluthochdruck.

Seit seinem Wechsel an das damalige Kantonsspital Basel im Jahr 1990, prägte Wolf Langewitz erst als Leitender Arzt, seit 2007 als Stellvertretender Chefarzt die Entwicklung der Klinik für Psychosomatik entscheidend mit. Gemeinsam mit Alexander Kiss und Brigitta Wössmer baute er zentrale Strukturen der Klinik auf und etablierte die Psychosomatische Medizin als wesentlichen Bestandteil der Inneren Medizin. Wolf Langewitz’ Arbeit an der Schnittstelle von Innerer Medizin und Psychotherapie sowie sein unermüdlicher Einsatz für die Bedeutung der Arzt-Patient-Kommunikation haben das Fachgebiet nachhaltig geprägt.

Verbunden mit seiner klinischen Arbeit galt seine Leidenschaft der Forschung und Lehre auf dem Gebiet der ärztlichen Gesprächsführung und der Arzt-Patient-Beziehung. Wolf Langewitz’ Engagement für die Arzt-Patient-Kommunikation war herausragend. Es gelang ihm, die Medizinische Kommunikation als integralen Bestandteil des Medizinstudiums in der Schweiz einzuführen. Im Universitätsspital Basel etablierte er Gesprächsführungskurse und Visitenbegleitungen, um das Personal in der medizinischen Kommunikation zu unterstützen. Seit 2002 baute er zusammen mit Alexander Kiss und Johannes Bitzer das Institut für Psychosomatische Medizin Basel (BIPM) an der Niedergelassene und Klinik-Mitarbeitende an einer Weiterbildung zunächst für den Fähigkeitsausweis, ab 2019 für den «Interdisziplinären Schwerpunkttitel Psychosomatische und Psychosoziale Medizin» teilnehmen konnten.

Wolf Langewitz war seit 1993 in der Schweizerischen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und mit deren Gründung, ab 2008, aktiv in der Schweizerischen Akademie für Psychosomatische und Psychosoziale Medizin (SAPPM). Zudem zählte er ab 2011 auch zum wissenschaftlichen Beirat der SAPPM.

1990 wurde Wolf Langewitz Balint-Gruppenleiter der Deutschen Balint-Gesellschaft (DBG) und ab 2000 ebenso Mitglied der Schweizerischen Balint Gesellschaft (SBG). Von 2010–2019 war er Geschäftsleiter der Silser Balint-Studienwoche und prägte diese mit seinem teamorientierten Grundverständnis.

Seit dem Jahr 1999 unterrichtete Wolf Langewitz in der Psy-Diplom-Weiterbildung und Balintgruppenarbeit in Österreich.

Wolf Langewitz’ zahlreiche Forschungsarbeiten und Buchbeiträge zur Kommunikation im Gesundheitswesen haben international hohe Anerkennung erfahren. Mit zahlreichen Kommunikationskursen, Forschungsprojekten und Publikationen prägte Wolf Langewitz nicht nur die medizinische Lehre in der Schweiz, sondern setzte internationale Standards. Als Präsident der European Association for Communication in Health Care (EACH) von 2006 bis 2010 setzte sich Wolf Langewitz nachdrücklich für internationale Zusammenarbeit und Innovation in der Kommunikationsausbildung ein. Unter seiner Leitung verfolgte EACH konsequent das Ziel, die Gesundheitsversorgung durch Forschung und Training im Bereich Kommunikation zu verbessern. Seine Bemühungen reichten weit über die Schweiz hinaus, prägten weltweite Standards in der Gesundheitskommunikation und beeinflussten die Ausbildung unzähliger medizinischer Fachkräfte.

Mit seinen Konzepten der «wohlwollenden Neugierde» und der sprichwörtlichen «WWSZ-Methode» (Warten, Wiederholen, Spiegeln, Zusammenfassen) hat er generationsübergreifend Ärztinnen und Ärzte inspiriert. Wolf Langewitz’ wegweisende Arbeiten mündeten in die Etablierung einer Professur für Medizinische Kommunikation an der Universität Basel – heute bekleidet von Prof. Dr. med. Sabina Hunziker Schütz. Darüber hinaus arbeitete Wolf Langewitz unermüdlich an der Verankerung der ärztlichen Gesprächsführung in der Weiterbildung somatischer Fachrichtungen.

Als Mitherausgeber des in der 9. Auflage umfassend überarbeiteten Buches von Uexküll: Psychosomatische Medizin, Erscheinungsdatum 02/2025, war er in den letzten Jahren hoch engagiert und vermittelte noch einmal seine Kernüberzeugungen: „Psychosomatische Medizin im Überblick – behandeln Sie Menschen, nicht Krankheiten!“ Entscheidend ist die therapeutische Haltung: Im Mittelpunkt steht die Patientin bzw. der Patient mit ihrer bzw. seiner individuellen Wirklichkeit, die es zu berücksichtigen gilt, um ein optimales therapeutisches Ergebnis zu erzielen. Dabei wird keine therapeutische Richtung als die allein gültige angesehen, unterschiedliche Erklärungs- und Herangehensweisen werden berücksichtigt. Die Erzählung leidender Menschen über ihre individuelle Lebenswelt fördert die Information über Entstehung, Aufrechterhaltung und therapeutische Ansätze zu erlebten Krankheiten sowie zur Wiederherstellung bzw. zum Erhalt von Gesundheit.

Wolf Langewitz großes Interesse galt außerdem der praktischen Anwendung der Neuen Phänomenologie und Leibphilosophie von Hermann Schmitz in der gesamten Medizin, besonders aber in der Psychosomatik und der kommunikativen Beziehungsmedizin.

Das Konzept der leiblichen Kommunikation und die Theorie der Atmosphären fanden Ausdruck in seinen Arbeiten und ermöglichen innovative Perspektiven auf Arzt-Patient-Interaktionen. Die gewonnenen Erfahrungen und Einsichten spiegeln sich in einem ganzheitlichen Ansatz in der Medizin wider, welcher die Komplexität der Arzt-Patienten-Beziehung und die Bedeutung effektiver Kommunikation im medizinischen Alltag betont. Getragen von dieser besonderen Reflexion der Arzt-Patienten-Beziehung sind interpersonelle, emotionale Informationen in ergreifenden Atmosphären Medium der sowohl der ärztlichen Gesprächsführung als auch der wirksamen Balintgruppenarbeit. In der ärztlichen Konsultation wird dem Spüren am eigenen Leib Vorrang gegeben, vor konzeptionellen Erklärungszwängen aus diversen medizinischen und psychotherapeutischen Denkschulen.

Wolf Langewitz vereinte seine berufliche Exzellenz mit Vielseitigkeit und Menschlichkeit. Neben seinen bedeutenden fachlichen Beiträgen war er auch ein liebevoller Ehemann, Vater und Großvater, ein fantastischer Pianist, Sänger, Koch und Redner. Sein gutgelauntes Pfeifen in den Gängen des Spitals, seine Leidenschaft für Musik, gutes Essen und tiefgründige Gespräche sowie seine Fähigkeit, mit Empathie und Humor schwierige Situationen zu meistern, bleiben unvergessen. Er hatte ein außergewöhnliches Gespür für Atmosphären und war ein inspirierender Lehrer, einfühlsamer Arzt und aufmerksamer Zuhörer.

Mit großer Dankbarkeit erinnern wir uns an seine wohlwollende Neugierde und seine unerschütterliche Überzeugung, dass jede*r Fortschritte in der Kommunikation machen kann. Seine Arbeit hat das Leben vieler Menschen berührt und nachhaltig verändert.

Unser tiefes Mitgefühl gilt Wolf Langewitz’ Familie und allen, die ihm nahestanden. Die unterzeichnenden Institutionen und Gesellschaften haben mit ihm nicht nur einen inspirierenden Lehrer und Wissenschaftler verloren, sondern auch einen wunderbaren Menschen.

Für die Klinik für Psychosomatik und die Abteilung Medizinische Kommunikation am Universitätsspital Basel

Prof. Dr. med. Rainer Schäfert

Prof. Dr. med. Sabina Hunziker

Prof. em. Dr. med. Alexander Kiss

Für die Schweizerische Akademie für Psychosomatische und Psychosoziale Medizin (SAPPM)

PD Dr. med. Niklaus Egloff, Präsident SAPPM

Dr. med. Pierre Loeb, Gründungspräsident SAPPM, Ehrenmitglied SAPPM

Für die Schweizerische Balint Gesellschaft

Dr. med. Alexander Minzer, Präsident SBG, Past President SAPPM

Für die Österreichische Balint Gesellschaft

Dr. med. Hans-Peter Edlhaimb, Präsident der ÖBG

Für die Deutsche Balint Gesellschaft

PD Dr.med. Dr. phil. Guido Flatten, Vorsitzender der Deutschen Balint Gesellschaft (DBG)

PD Dr.med. Günther Bergmann, ehem. Vorsitz. der DBG, verantw. Redaktion Balint-Journal



Publication History

Article published online:
09 April 2025

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