Arthritis und Rheuma 2025; 45(01): 44-50
DOI: 10.1055/a-2493-7552
Kinderrheumatologie
Übersichtsartikel

Stellenwert des Vitamin D bei Autoimmunerkrankungen

Aleš Janda
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Ulm
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Zusammenfassung

Vitamin D spielt eine wichtige Rolle bei Autoimmunerkrankungen und ist über seine klassische Funktion im Knochenstoffwechsel hinaus ein entscheidender Faktor für die Immunregulation. Es wird in der Haut durch UVB-Strahlung gebildet und in seine aktive Form (1,25-Dihydroxyvitamin D, Calcitriol) umgewandelt, die an Vitamin-D-Rezeptoren in Immunzellen bindet und entzündungsregulierende Gene beeinflusst. Studien legen nahe, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit einer erhöhten Krankheitsaktivität und einem höheren Risiko für Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose und rheumatoide Arthritis einhergeht. Zusätzlich wurde gezeigt, dass eine Vitamin-D-Supplementierung die Schubrate bei Multipler Sklerose, die Krankheitsaktivität bei systemischem Lupus erythematodes und die Entzündungsreaktionen bei juveniler idiopathischer Arthritis positiv beeinflussen könnte. Weitere Studien zur Dosierung und Langzeiteffekten werden jedoch benötigt, um die therapeutische Wirksamkeit besser zu verstehen.


Vitamin D, ein fettlösliches Vitamin, ist ein essenzielles Hormon (Secosteroid), das über seine klassische Rolle im Knochenstoffwechsel hinaus vielfältige immunmodulatorische Funktionen besitzt. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass Vitamin D tiefgreifende Effekte auf das angeborene und adaptive Immunsystem ausübt und mit der Prävention und dem Verlauf von Infektions- und Autoimmunerkrankungen in Zusammenhang steht. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die aktuellen Erkenntnisse zur Rolle von Vitamin D in Entstehung und Verlauf von immunvermittelten Erkrankungen.

Biosynthese und Funktion von Vitamin D

Vitamin D wird in der Haut durch UVB-Strahlung aus 7-Dehydrocholesterol (7-DHC) gebildet und in der Leber zu 25-Hydroxyvitamin D (25[OH]D3) hydroxyliert ([ Abb. 1 ]). Dieses ist die Hauptform, die im Blut zirkuliert und als Marker für den Vitamin-D-Status genutzt wird. Die 2. Hydroxylierung erfolgt in der Niere, wobei das biologisch aktive 1,25-Dihydroxyvitamin D (1,25[OH]2D3), auch Calcitriol genannt, entsteht. Die renale Bildung von 1,25(OH)2D3 wird direkt durch erhöhtes Parathormon (PTH) sowie durch niedrige Kalzium- und Phosphatspiegel gefördert. Darüber hinaus wird die Produktion indirekt von Hormonen wie Östrogen, Glukokortikoiden, Calcitonin, Somatotropin und Prolaktin beeinflusst. Calcitriol wirkt als Hormon, das über den intrazellulären Vitamin-D-Rezeptor (VDR) in Zielzellen bindet und die Genexpression moduliert. Seine Hauptwirkung liegt in der Steigerung der Kalzium- und Phosphatresorption im Darm, wodurch es zur Mineralisierung des Knochengewebes beiträgt. Es hat zudem regulatorische Effekte auf das Immunsystem. VDR wird in Immunzellen wie Makrophagen, Monozyten, dendritischen Zellen sowie T- und B-Lymphozyten exprimiert und die Genexpression zahlreicher immunrelevanter Gene reguliert [1], [2].

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Abb. 1 Vitamin-D-Metabolismus: Das fettlösliche Vitamin D wird hauptsächlich in der Haut durch UVB-Strahlung produziert und zusätzlich über die Nahrung (z. B. fettreicher Seefisch, bestimmte Innereien, Speisepilze, Eier) sowie über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen. Durch UVB-Strahlung wird in der Haut aus 7-Dehydrocholesterol (7-DHC) Cholecalciferol (Vitamin D3) gebildet, das anschließend in der Leber zu 25-Hydroxyvitamin D (25(OH)D3; Calcifediol hydroxyliert wird. Calcifediol wird hauptsächlich an das Vitamin-D-Bindeprotein (DBP; ca. 85–90 %) und Albumin (ca. 10–15 %) gebunden im Körper transportiert. Die Bindung von Calcifediol und DBP ist durch Polymorphismen von DBP sowie Schwangerschaft, Zirrhose oder Akutinfektion beeinflusst. In der Niere und in verschiedenen peripheren Geweben, einschließlich Immunzellen, wird 25(OH)D3 durch das Enzym 1-α-Hydroxylase in die biologisch aktive Form 1,25-Dihydroxyvitamin D (1,25(OH)2D3; Calcitriol) umgewandelt. Vitamin D wird auch in Fettgewebe gespeichert und nach enzymatischer Deaktivierung über die Galle in den Darm und in geringer Menge über den Urin aus dem Körper ausgeschieden [1]; Abkürzungen: 7-DHC: 7-Dehydrocholesterol; 25-(OH)D3: 25-Hydroxyvitamin D (Calcifediol); 1,25-(OH)2D3: 1,25-Dihydroxyvitamin D (Calcitriol); DBP: Vitamin-D-Bindeprotein; UVB: Ultraviolettstrahlung des Typs B (315–280 nm, ca. 10 % der UV-Strahlung).

Modulation des Vitamin-D-Metabolismus

Ein wichtiger genetischer Faktor sind Polymorphismen im Vitamin-D-Rezeptor-Gen (VDR-Gen). Diese genetischen Variationen können die Expression oder Funktion des Vitamin-D-Rezeptors modulieren. Einige Studien zeigen potenzielle Zusammenhänge zwischen genetischen Variationen im Vitamin-D-Signalweg und einem erhöhten Risiko für Infektionen im Kleinkindalter [3] sowie der Entwicklung und Verlauf von Autoimmunerkrankungen [4].

Zusätzlich zu den VDR-Polymorphismen spielen auch Polymorphismen im DBP-Gen (Vitamin-D-Bindeprotein-Gen) eine Rolle. Sie können die Effizienz des Transports von 25(OH)D3 im Blut beeinflussen, und somit die gesamte Vitamin-D-Wirkung im Körper modulieren [3].

Neben genetischen Faktoren spielt auch der Body-Mass-Index (BMI) eine Rolle im Vitamin-D-Stoffwechsel. Studien zeigen, dass Personen mit einem höheren BMI oft niedrigere Vitamin-D-Spiegel aufweisen [1]. Dies wird darauf zurückgeführt, dass Vitamin D fettlöslich ist und sich daher im Körperfettgewebe ansammelt, was seine Verfügbarkeit im Blut reduziert.


Vitamin-D-Mangel

Ein Vitamin-D-Mangel kann bekanntermaßen zu Rachitis bei Kindern und zu Osteomalazie oder Osteoporose bei Erwachsenen führen ([ Tab. 1 ]). Die Symptome eines Vitamin-D-Mangels sind häufig unspezifisch und vielfältig. Neben Knochenbrüchen können diffuse Knochen- und Muskelschmerzen, eine erhöhte Neigung zu Tetanie, muskuläre Hypotonie, epileptische Anfälle, Herzrhythmusstörungen, eine erhöhte Infektanfälligkeit und Gingiva-Hyperplasie auftreten [1].

Tab. 1

Klassifikation von Vitamin 25(OH)D3-Serumspiegel des Robert Koch-Instituts, die aus der international häufig genutzten Klassifikation des US-amerikanischen Institute of Medicine abgeleitet ist [5]. Für die Umrechnung von nmol/l in ng/ml teilt man den Wert durch 2,5.

25(OH)D3

Interpretation

nmol/l

ng/ml

< 30

< 12

Mangelhafte Versorgung mit einem erhöhten Risiko für Krankheiten wie Rachitis, Osteomalazie und Osteoporose.

30–50

12–20

Suboptimale Versorgung mit möglichen Folgen für die Knochengesundheit.

50–75

20–30

Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit.

75–125

30–50

Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit ohne weiteren Zusatznutzen für die Gesundheit.

≥ 125

≥ 50

Mögliche Überversorgung, die für den Körper negative gesundheitliche Folgen haben kann, zum Beispiel Hyperkalzämien, die zu Herzrhythmusstörungen oder Nierensteinen führen können.

Sowohl das Institute of Medicine (IOM) [5] als auch die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde empfehlen als Grenzwert 20 ng/ml im Serum.

In Deutschland wurde die Vitamin-D-Versorgung der Bevölkerung durch 2 große repräsentative Studien des Robert Koch-Instituts (RKI) untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass etwa 63 % der Kinder und Jugendlichen unter einem Vitamin-D-Mangel (25(OH)D3 < 20 ng/ml) leiden. Die Häufigkeit eines ausgeprägten Vitamin-D-Mangels (hier definiert als < 10 ng/ml) steigt deutlich mit dem Alter an – von 9 % bei Kindern bis zum vollendeten 2. Lebensjahr auf 23,7 % bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren [6]. Bei Erwachsenen wurde in 61,5 % der Fälle eine Vitamin-D-Unterversorgung (25(OH)D3 < 20 ng/ml) festgestellt. Ein schwerer Vitamin-D-Mangel (< 12 ng/ml) trat mit 30,2 % sogar häufiger als bei Minderjährigen auf und war besonders bei älteren Frauen stark ausgeprägt [7].

Der niedrige Vitamin-D-Spiegel wird durch viele Faktoren verursacht. Umweltbedingungen wie Bewölkung, geringe Höhenlage, kurze Sonnenscheindauer, hoher Ozongehalt und Luftverschmutzung reduzieren die UVB-Strahlung, die für die körpereigene Vitamin-D-Produktion notwendig ist. Auch individuelle Merkmale wie höheres Lebensalter, dunklere Hautfarbe und Übergewicht erhöhen das Risiko für einen Vitamin-D-Mangel. Z. B. verringern sich mit zunehmendem Alter sowohl der Gehalt an 7-Dehydrocholesterol (7-DHC) als auch die Fähigkeit zur Vitamin-D-Synthese auf etwa ein Drittel bis ein Viertel im Vergleich zu 20-jährigen Personen [1].

Moderne Lebensgewohnheiten verstärken dieses Risiko zusätzlich. Ein Großteil der Bevölkerung verbringt wenig Zeit im Freien, bedingt durch Büroarbeit und verändertes Freizeitverhalten, was die natürliche Sonnenexposition reduziert. Schutzmaßnahmen gegen UV-Strahlen, wie die Verwendung von Sonnencreme (z. B. Lichtschutzfaktor 30, der die Vitamin-D-Produktion um bis zu 97,5 % senken kann) oder das Tragen körperbedeckender Kleidung, verringern ebenfalls die Vitamin-D-Bildung. Bestimmte chronische Erkrankungen, wie Diabetes, chronische Nierenerkrankungen, Malabsorptionssyndrome, Nebenschilddrüsenstörungen und Lebererkrankungen, können die Vitamin-D-Synthese oder -Verwertung beeinträchtigen. Bestimmte Medikamente, die den Abbau von Vitamin D beschleunigen (z. B. Phenobarbital, Carbamazepin, Rifampicin, Nifedipin, Spironolacton, Ritonavir, Cyproteronacetat, Steroide, Methotrexat), erhöhen das Risiko eines Mangels. Besonders gefährdet sind Kinder von Müttern mit Vitamin-D-Mangel, da ein niedriger Vitamin-D-Status in der Schwangerschaft zu einem Mangel beim Kind führen kann [1].


Vitamin D und das angeborene Immunsystem

1,25(OH)2D3 beeinflusst das angeborene Immunsystem positiv, indem es Immunzellen wie Makrophagen und Monozyten aktiviert. Diese Zellen exprimieren konstitutiv den VDR, und das aktive Vitamin D erhöht die Expression sowohl von VDR als auch des Enzyms CYP27B1, welches für die lokale Aktivierung von Vitamin D verantwortlich ist [8]. Bestimmte Signale, die durch Toll-like-Rezeptoren (TLR) vermittelt werden, können die VDR-Expression zusätzlich steigern.

Vitamin D fördert zudem die Proliferation und Reifung von Monozyten und in Makrophagen die Produktion von Interleukin-1 (IL-1) sowie antimikrobiellen Peptiden (z. B. Cathelicidin) [9].


Vitamin D und das adaptive Immunsystem

Das adaptive Immunsystem wird durch Vitamin D eher herunterreguliert. In dendritischen Zellen führt Vitamin 1,25(OH)2D3 zu einer verminderten Reifung und reduziert die Expression von MHC-Klasse-II-Molekülen sowie die kostimulatorischen Moleküle CD40, CD80 und CD86. Zusätzlich verringert es die Produktion von proinflammatorischem IL-12 und fördert stattdessen die Produktion von IL-10, einem antiinflammatorischen Zytokin. Diese Veränderungen tragen zur Dämpfung der adaptiven Immunantwort bei und fördern eine immunregulatorische Umgebung [10].

Bei T-Zellen reduziert Vitamin 1,25(OH)2D3 die Produktion von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-2, IL-17 und Interferon-gamma (IFN-γ). Es vermindert die zytotoxische Aktivität und Proliferation sowohl von CD4 + – als auch von CD8 + -T-Zellen. Außerdem kann 1,25(OH)2D3 die Bildung von FOXP3 + regulatorischen T-Zellen (Treg) und von IL-10-produzierenden Typ-1-regulatorischen T-Zellen (Tr1) fördern. Diese T-Zell-Subpopulationen spielen eine Schlüsselrolle in der Unterdrückung überschießender Immunreaktionen und sind für die Aufrechterhaltung der Immuntoleranz entscheidend [10].

In Bezug auf B-Zellen hemmt Vitamin D deren Proliferation, Differenzierung zu Plasmazellen und die Produktion von Immunglobulinen. Dies reduziert die Antikörperproduktion und moduliert somit die humorale Immunantwort [11]. Die Hemmung der B-Zell-Proliferation durch Vitamin D könnte möglicherweise eine schützende Wirkung in Bezug auf die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen haben, die durch eine übermäßige Antikörperproduktion gekennzeichnet sind, wie z. B. systemischer Lupus erythematodes und rheumatoide Arthritis [12].


Vitamin D und Infektionskrankheiten

Studien belegen eine inverse Beziehung zwischen Vitamin-D-Spiegeln und der Inzidenz von Atemwegsinfektionen. Eine Metaanalyse zeigte, dass Vitamin-D-Supplementierung das Risiko für akute Atemwegsinfektionen, einschließlich viraler und bakterieller Infektionen, verringern kann [13].

Während der COVID-19-Pandemie wurde intensiv untersucht, ob Vitamin D eine Rolle im Krankheitsverlauf spielen könnte. Einige Studien deuten darauf hin, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit einem höheren Risiko für schwere Krankheitsverläufe bei SARS-CoV-2-Infektionen assoziiert ist, obwohl noch keine endgültigen Aussagen getroffen werden können [14].


Vitamin D und immunvermittelte Erkrankungen

Multiple Sklerose

Eine Metaanalyse von Mendelschen Randomisierungsstudien (siehe Kasten „Mendelsche Randomisierungsstudien“) [15] zeigte, dass genetisch erhöhte 25(OH)D3-Konzentrationen eindeutig mit einem verringerten Risiko für Multiple Sklerose (MS) assoziiert sind. Diese Ergebnisse sind konsistent mit anderen Studien, die ebenfalls eine inverse Beziehung zwischen Vitamin-D-Spiegel und MS-Risiko nahelegen [16].

MENDELSCHE RANDOMISIERUNGSSTUDIEN

Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Vitamin-D-Stoffwechsel und der Entstehung verschiedener Erkrankungen sind Mendelsche Randomisierungsstudien (MR) eine wertvolle Methode. Sie nutzen genetische Varianten als „natürliche Experimente“, um kausale Beziehungen zwischen Risikofaktoren und Krankheiten zu analysieren. Da die genetische Vererbung zufällig erfolgt, sind diese Varianten weitgehend unabhängig von Umweltfaktoren und anderen Störvariablen. Forschende können beispielsweise genetische Varianten, die die Vitamin-D-Spiegel beeinflussen, als Instrumente einsetzen, um den kausalen Einfluss von Vitamin D auf das Krankheitsrisiko zu bewerten. Diese Methode minimiert Verzerrungen und erlaubt kausale Schlussfolgerungen, die in Beobachtungsstudien oft nicht möglich sind [40].


Psoriasis, Uveitis und rheumatoide Arthritis

Neben MS berichteten Fang et al. [15] über eine inverse Assoziation zwischen höheren 25(OH)D3-Spiegeln und einem geringeren Risiko für nicht infektiöse Uveitis, Psoriasis und rheumatoide Arthritis (RA). Diese Ergebnisse bestätigen frühere Forschungsergebnisse. Eine Kohortenstudie von Merlino et al. [17] fand beispielsweise, dass Frauen mit einer höheren Vitamin-D-Zufuhr ein signifikant geringeres Risiko für RA aufwiesen.


Systemischer Lupus erythematodes (SLE)

Studien zeigen, dass SLE-Patienten häufig niedrige Vitamin-D-Spiegel aufweisen. Gründe dafür sind eine eingeschränkte Sonnenexposition aufgrund von Photosensibilität sowie mögliche Auswirkungen von Medikamenten wie Glukokortikoiden und Immunsuppressiva, die den Vitamin-D-Stoffwechsel beeinträchtigen können. Eine Untersuchung von Ruiz-Irastorza et al. [18] zeigte, dass etwa 67 % der SLE-Patienten einen Vitamin-D-Mangel aufweisen, der mit einer höheren Krankheitsaktivität und verstärktem Organbefall assoziiert ist.

In mehreren Studien wurde ein Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und einer erhöhten Krankheitsaktivität bei SLE festgestellt. Eine prospektive Studie von Terrier et al. [19] untersuchte die Wirkung einer Vitamin-D-Supplementierung bei SLE-Patienten und zeigte, dass die Gabe von 100 000 IE Vitamin D alle 2 Wochen über einen Zeitraum von 6 Monaten die Anzahl regulatorischer T-Zellen signifikant erhöhte und die Serumspiegel entzündlicher Zytokine verringerte. Diese Veränderungen korrelierten mit einer Reduktion des SLE-Krankheitsaktivitätsindex.

Eine weitere Studie von Abou-Raya et al. [20] unterstützte diese Befunde und zeigte, dass eine langfristige Supplementierung mit Vitamin D die Krankheitsaktivität und die Schwere der Symptome bei SLE-Patienten verringerte.

Lima et al. [21] führten eine randomisierte, kontrollierte Studie durch, in der Patienten mit der juvenilen Form des Lupus (jSLE) eine wöchentliche Supplementierung mit 50 000 IE Cholecalciferol erhielten. Die Ergebnisse zeigten nicht nur einen signifikanten Anstieg des 25(OH)D3, sondern auch eine deutliche Reduktion der SLE-Krankheitsaktivität sowie eine Verbesserung der Knochenarchitektur. Diese Befunde werden durch eine frühere Studie von Stagi et al. [22] unterstützt, die zeigte, dass jSLE-Patienten mit Vitamin-D-Mangel eine signifikant höhere Krankheitsaktivität und eine stärker verminderte Knochendichte aufwiesen.

Querschnittsstudien haben ebenfalls Hinweise auf eine Korrelation zwischen Vitamin-D-Spiegel und entzündlicher Aktivität bei jSLE geliefert. Abo-Shanab et al. [23] fanden bei jSLE-Patienten im Vergleich zu Kontrollpersonen signifikant höhere Werte an proinflammatorischen Zytokinen, insbesondere IFN-γ und IL-17, sowie deutlich niedrigere 25(OH)D3-Spiegel. Eine negative Korrelation zwischen 25(OH)D3 und sowohl dem SLEDAI-2K-Score als auch den IFN-γ-Spiegeln deutet darauf hin, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel möglicherweise die Entzündungsaktivität und Krankheitslast bei jSLE erhöht.

Tabra et al. [24] berichteten über eine negative Korrelation zwischen 25(OH)D3 und mehreren Krankheitsindikatoren wie SLEDAI-Score, Steroid-Dosis, Anti-dsDNA, 24-Stunden-Proteinurie und Parathormon (PTH). Positive Korrelationen hingegen wurden zwischen 25(OH)D3 und den Komplementfaktoren C3 und C4 sowie mit dem Z-Score für die Knochendichte gefunden.


Juvenile idiopathische Arthritis (JIA)

Studien haben gezeigt, dass JIA-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen oft einen niedrigeren Serumspiegel von 25(OH)D3 aufweisen. Eine Analyse von Stavicki et al. [25] bestätigt diese Beobachtung und deutet darauf hin, dass niedrige 25(OH)D3-Spiegel möglicherweise mit einem höheren Risiko für schwere Krankheitsverläufe bei JIA-Patienten assoziiert sein könnten. Eine Beobachtungsstudie von Nandi et al. [26] ergab eine signifikante negative Korrelation zwischen dem JIA-Krankheitsaktivitätsscore (JADAS-27) und dem 25(OH)D3-Spiegel. Ebenso berichteten Çomak et al. [27], dass Patienten mit 25(OH)D3-Spiegeln unter 15 ng/ml signifikant höhere JADAS-27-Scores aufwiesen als Patienten mit höheren 25(OH)D3-Spiegeln.

Allerdings sind die Ergebnisse nicht einheitlich. Eine Querschnittsstudie von Dağdeviren-Çakır et al. [28] fand keinen signifikanten Unterschied in den Vitamin-D-Spiegeln zwischen aktiven und inaktiven Krankheitsphasen bei JIA-Patienten. Bouaddi et al. [29] fanden in ihrer Untersuchung eine negative Korrelation zwischen den 25(OH)D3-Spiegeln und den DAS-28-Scores bei polyartikulärer und oligoartikulärer JIA, jedoch keine signifikante Assoziation bei juveniler Spondyloarthritis.

Trotz der Häufigkeit von Vitamin-D-Mangel bei JIA-Patienten sind die Ergebnisse zur therapeutischen Wirksamkeit einer Vitamin-D-Supplementierung bei der Reduzierung der Krankheitsaktivität uneinheitlich. Eine placebokontrollierte Studie von Tang et al. [30] zeigte, dass eine tägliche Supplementierung mit 2000 IE Cholecalciferol zwar die 25(OH)D3-Konzentrationen im Serum erhöhte, jedoch keine signifikante Reduktion der Krankheitsaktivität bewirkte. Beobachtungsstudien deuten jedoch darauf hin, dass eine adäquate Vitamin-D-Versorgung das Risiko für JIA-bedingte Komplikationen wie Uveitis senken könnte [31].

Zusätzlich zur Vitamin-D-Supplementierung spielt auch die UV-Exposition eine Rolle. Chiaroni-Clarke et al. [32] zeigten, dass eine höhere UV-Strahlen-Exposition vor der Diagnose mit einem geringeren Risiko für JIA verbunden war, wobei eine Dosis-Wirkungs-Beziehung bestand. Eine geringere UV-Exposition in der frühen Schwangerschaft war mit einem erhöhten Risiko für JIA korreliert.

Eine Mendelsche Randomisierungsstudie von Thorsen et al. [33] untersuchte mögliche genetische Verbindungen zwischen Vitamin D und JIA, konnte jedoch keine kausale Beziehung zwischen genetisch vorhergesagten 25(OH)D3-Spiegeln und der JIA-Inzidenz nachweisen.


Fiebersyndrome

Stagi et al. [34] fanden in einer Studie, dass Kinder mit PFAPA (Periodic Fever, Aphthous Stomatitis, Pharyngitis, and Adenitis Syndrome) signifikant niedrigere Serumspiegel von 25(OH)D3 aufwiesen als gesunde Kontrollpersonen, insbesondere in den Wintermonaten. In dieser Studie korrelierten niedrigere Vitamin-D-Spiegel mit einer erhöhten Häufigkeit und Dauer der Fieberschübe. Eine tägliche Supplementierung von 400 IE Vitamin D führte zu einer signifikanten Verringerung der Häufigkeit und Dauer der Fieberschübe.

Dağdeviren-Çakır et al. [28] zeigten in einer Fall-Kontroll-Studie, dass Patienten mit FMF (Familiäres Mittelmeerfieber) niedrigere Vitamin-D-Spiegel aufwiesen als gesunde Kontrollpersonen, insbesondere während der Schubphasen. Eine Interventionsstudie von Kazem et al. [35] berichtete, dass eine Kombination aus Vitamin-D-Supplementierung (4000 IE pro Tag), Curcumin und Leinsamen bei FMF-Patienten zu einer Verringerung der Fieberfrequenz und Schubintensität führte und gleichzeitig die kognitive Funktion verbesserte.



Vitamin-D-Substitution

Das Ausmaß der Vitamin-D-Unterversorgung in Deutschland [6], [7] ist alarmierend. Der Zusammenhang mit der steigenden Inzidenz der immunvermittelten Erkrankungen ist unklar.

Da die Vitamin-D-Zufuhr über die Ernährung (durchschnittlich 1–2 μg (40–80 IE) pro Tag bei Kindern und 2 bis 4 μg (80–160 IE) pro Tag bei Jugendlichen und Erwachsenen) meist nicht ausreicht, um die empfohlene Serumkonzentration von mindestens 50 nmol/l (20 ng/ml) zu erreichen, ist eine zusätzliche Versorgung durch die endogene Synthese und gegebenenfalls durch Nahrungsergänzungsmittel erforderlich [36], [37].

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt bei unzureichender Eigenproduktion eine tägliche Supplementierung von 20 μg Vitamin D (entspricht 800 IE) für Kinder ab einem Jahr und Erwachsene aller Altersgruppen [1], [38].

In den Breitengraden Deutschlands ist die endogene Vitamin-D-Bildung durch Sonnenbestrahlung im Winterhalbjahr eingeschränkt. In den Monaten mit ausreichender UV-Strahlung kann der Körper bei regelmäßiger Sonnenexposition (80–90 % des Bedarfs) Vitamin-D-Reserven im Fett- und Muskelgewebe anlegen, die als Vorrat für das Winterhalbjahr dienen. Um die endogene Synthese zu fördern, empfiehlt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), 2- bis 3-mal pro Woche Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz für etwa die Hälfte der Zeit, in der ein Sonnenbrand entstehen würde, der Sonne auszusetzen. Für Menschen mit Hauttyp II (hell) entspricht dies bei hohem UV-Index (UV-Index 7) etwa einer Bestrahlungszeit von 12 Minuten [39].

Empfohlene Zielwerte für die Serumkonzentration von 25(OH)D3 bei Patienten mit immunvermittelten Erkrankungen liegen ähnlich wie bei genereller Bevölkerung bei mindestens 20 ng/ml. Einige Studien empfehlen höhere Zielwerte von 30–50 ng/ml für eine optimale immunmodulatorische Wirkung.

Bei Patienten mit MS sowie SLE deuten Studien darauf hin, dass eine höhere Vitamin-D-Zufuhr das Risiko für Schübe und Progression reduzieren könnte. Hier wird oft eine tägliche Dosierung von 2000–5000 IE in Erwägung gezogen. Bei anderen immunvermittelten Erkrankungen kann eine ähnliche Dosierung sinnvoll sein. Die Datenlage ist allerdings weiterhin unzureichend, um eine klare Empfehlung auszusprechen. Weitere randomisierte kontrollierte Studien sind notwendig, um die Wirksamkeit, optimale Dosierung und Dauer der Vitamin-D-Therapie sowie die spezifischen Mechanismen eindeutig zu bestimmen.



Aleš Janda

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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.


Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. Aleš Janda, M.Sc., Ph.D.
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Ulm
Eythstrasse 24
89075 Ulm
Deutschland   

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
26. Februar 2025

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Abb. 1 Vitamin-D-Metabolismus: Das fettlösliche Vitamin D wird hauptsächlich in der Haut durch UVB-Strahlung produziert und zusätzlich über die Nahrung (z. B. fettreicher Seefisch, bestimmte Innereien, Speisepilze, Eier) sowie über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen. Durch UVB-Strahlung wird in der Haut aus 7-Dehydrocholesterol (7-DHC) Cholecalciferol (Vitamin D3) gebildet, das anschließend in der Leber zu 25-Hydroxyvitamin D (25(OH)D3; Calcifediol hydroxyliert wird. Calcifediol wird hauptsächlich an das Vitamin-D-Bindeprotein (DBP; ca. 85–90 %) und Albumin (ca. 10–15 %) gebunden im Körper transportiert. Die Bindung von Calcifediol und DBP ist durch Polymorphismen von DBP sowie Schwangerschaft, Zirrhose oder Akutinfektion beeinflusst. In der Niere und in verschiedenen peripheren Geweben, einschließlich Immunzellen, wird 25(OH)D3 durch das Enzym 1-α-Hydroxylase in die biologisch aktive Form 1,25-Dihydroxyvitamin D (1,25(OH)2D3; Calcitriol) umgewandelt. Vitamin D wird auch in Fettgewebe gespeichert und nach enzymatischer Deaktivierung über die Galle in den Darm und in geringer Menge über den Urin aus dem Körper ausgeschieden [1]; Abkürzungen: 7-DHC: 7-Dehydrocholesterol; 25-(OH)D3: 25-Hydroxyvitamin D (Calcifediol); 1,25-(OH)2D3: 1,25-Dihydroxyvitamin D (Calcitriol); DBP: Vitamin-D-Bindeprotein; UVB: Ultraviolettstrahlung des Typs B (315–280 nm, ca. 10 % der UV-Strahlung).