Geburtshilfe Frauenheilkd 2025; 85(03): 282-310
DOI: 10.1055/a-2466-2778
GebFra Science
Guideline/Leitlinie

Früher Schwangerschaftsverlust im 1. Trimenon

Leitlinie der DGGG, OEGGG und SGGG (S2k-Level, AWMF-Registernummer 015/076; August 2024) Article in several languages: English | deutsch
Matthias David
1   Klinik für Gynäkologie, Campus Virchow-Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
,
Nicolas von Ahsen
2   Institut für Labormedizin, Klinikum Links der Weser, Gesundheit Nord Klinikverbund Bremen gGmbH, Bremen, Germany
,
Ibrahim Alkatout
3   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Kiel, Germany
,
Franz Bahlmann
4   Bürgerhospital Frankfurt am Main, Frauenklinik, Frankfurt am Main, Germany
,
Peter Martin Fehr
5   Frauenklinik Kantonsspital Graubünden, Chur, Switzerland
,
Katharina Hancke
6   Universitätsfrauenklinik Ulm, UniFee – Kinderwunsch, Fertility and Endocrinology, Ulm, Germany
,
Ruth Hiller
7   Institut für Pathologie, Universitätsklinik Leipzig, Leipzig, Germany
,
Markus Hodel
8   Geburtshilfe und Fetomaternale Medizin, Luzerner Kantonsspital, Luzern, Switzerland
,
Markus Hoopmann
9   Universität-Frauenklinik Tübingen, Department für Frauengesundheit, Tübingen, Germany
,
Matthias Korell
10   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Johanna Etienne Krankenhaus, Neuss, Germany
,
Gwendolin Manegold-Brauer
11   Abt. Gyn. Sonographie und Pränataldiagnostik, Frauenklinik, Universitätsspital Basel; Basel, Switzerland
,
Filiz Markfeld-Erol
12   Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Frauenheilkunde, Freiburg, Germany
,
Annette M. Müller
13   Praxis für Pathologie/Zentrum für Kinderpathologie an der Uniklinik Köln, Universitätsklinik Köln, Köln, Germany
,
Peter Oppelt
14   Kepler Universitätsklinikum, Universitätsklinik für Gynäkologie, Geburtshilfe und Gyn. Endokrinologie, Linz, Austria
,
Sabine Rudnik-Schöneborn
15   Institut für Humangenetik, Medizinische Universität Innsbruck, Austria
,
Barbara Sonntag
16   Facharztzentrum für Kinderwunsch, pränatale Medizin, Endokrinologie und Osteologie, amedes fertility Hamburg Barkhof, Hamburg, Germany
,
Susanne Starkmuth
17   Bochum, Germany
,
Axel Valet
18   Gynäkologische und Geburtshilfliche Praxis, Endokrinologisches Institut, ambulante Operationen Herborn, Herborn, Germany
,
Stephanie Wallwiener
19   Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsmedizin Halle (Saale), Halle, Germany
,
Jan Weichert
20   Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Lübeck, Germany
,
Simone Witzel
21   Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) – Institut für Medizinisches Wissensmanagement, Frankfurt am Main
,
Sven Becker
22   Universitätsmedizin Frankfurt am Main, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Frankfurt am Main, Germany
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Ziel Die Leitlinie soll zur weiteren Verbesserung und Vereinheitlichung des diagnostischen und therapeutischen Vorgehens bei Abortformen, Schwangerschaft unklarer Lokalisation und ektoper Gravidität im 1. Trimenon dienen.

Methoden Entsprechend den Vorgaben für eine S2k-Leitlinie wurden die Inhalte basierend auf Literaturrecherchen in einer interdisziplinären, für das Leitlinienthema repräsentativen Gruppe aus Expertinnen und Experten aus Deutschland (DGGG u. a.), Österreich (OEGGG) und der Schweiz (SGGG) formal in mehreren Treffen unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) konsentiert.

Empfehlungen Es werden 129 Empfehlungen zur klinischen, laborchemischen, ultrasonografischen, pathomorphologischen und genetischen Diagnostik, Darstellung und Bewertung der verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten bezüglich Erfolgs- bzw. Komplikationsrate und der weiteren Fertilität sowie zu Aspekten des Trauer- und Verarbeitungsprozesses nach frühem Schwangerschaftsverlust gegeben.


I  Leitlinieninformationen

Leitlinienprogramm der DGGG, OEGGG und SGGG

Informationen hierzu finden sich am Ende der Leitlinie.


Zitierweise

Early Pregnancy Loss in the 1st Trimester. Guideline of the DGGG, OEGGG and SGGG (S2k-Level, AWMF Registry No. 015/076; August 2024). Geburtsh Frauenheilk 2025; 85: 282–310


Leitliniendokumente

Die vollständige deutsche Langfassung und eine Dia-Version dieser Leitlinien sowie eine Aufstellung der Interessenkonflikte aller Autoren befinden sich auf der Homepage der AWMF: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-074.html


Leitliniengruppe

Siehe [Tab. 1] und [2].

Tab. 1 Federführende und/oder koordinierender Leitlinienautoren.

Autor

AWMF-Fachgesellschaft

Prof. Dr. med. Matthias David

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)

Prof. Dr. med. Sven Becker

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)

Tab. 2 Beteiligte Fachgesellschaften, Organisationen usw.

DGGG-Arbeitsgemeinschaft (AG)/AWMF/Nicht-AWMF-Fachgesellschaft/Organisation/Verein

Berufsverband der Frauenärzte e. V. (BVF)

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)

DGGG – Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Endoskopie (AGE)

DGGG – Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (AGG)

DGGG – Arbeitsgemeinschaft für Ultraschalldiagnostik in Gynäkologie und Geburtshilfe (ARGUS)

DGGG – Deutsche Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin e. V. (DGGEF)

DGGG – Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe e. V. (DGPFG)

DGGG – Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin e. V. (DGRM)

Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (DEGUM)

Deutsche Gesellschaft für Pathologie e. V. (DGP)

Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e. V. (DGKL)

Gesellschaft für Humangenetik e. V. (GfH)

Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG)

Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG)

Die folgenden Fachgesellschaften/Arbeitsgemeinschaften/Organisationen/Vereine haben Vertreterinnen und Vertreter für die Leitlinienerstellung benannt ([Tab. 2]).


Beteiligung der Patientenzielgruppe

Organisation: Onlineforum fehlgeburt.info

Die Moderation des strukturellen Konsensverfahrens wurde dankenswerterweise von Frau Dipl.-Biol. Simone Witzel (AWMF-zertifizierte Leitlinienberaterin/-moderatorin) übernommen.



II  Leitlinienverwendung

Fragestellung und Ziele

Die Leitlinie soll zur weiteren Verbesserung und Vereinheitlichung des diagnostischen und therapeutischen Vorgehens bei Abortformen, Schwangerschaft unklarer Lokalisation und ektoper Gravidität im 1. Trimenon dienen.

Folgende inhaltliche Ziele wurden festgelegt:

  1. Hinweise zur laborchemischen, ultrasonografischen und genetischen Diagnostik

  2. Darstellung und Bewertung der verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten bezüglich Erfolgs- bzw. Komplikationsrate und der weiteren Fertilität

  3. Aspekte des Trauer- und Verarbeitungsprozesses nach frühem Schwangerschaftsverlust


Versorgungsbereich

  • stationärer Versorgungssektor

  • ambulanter Versorgungssektor

  • teilstationärer Versorgungssektor

  • primärärztliche Versorgung

  • spezialisierte Versorgung


Anwenderzielgruppe/Adressaten

Diese Leitlinie richtet sich an:

  • Ärztinnen und Ärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

  • Fachgesellschaften

  • Arbeitsgemeinschaften

  • Organisationen, die an der Erstellung der Leitlinie beteiligt waren

  • Patientinnen


Verabschiedung und Gültigkeitsdauer

Die Gültigkeit dieser Leitlinie wurde durch die Vorstände/Verantwortlichen der beteiligten Fachgesellschaften/Arbeitsgemeinschaften/Organisationen/Vereine sowie durch den Vorstand der DGGG und der DGGG-Leitlinienkommission sowie der SGGG und OEGGG im Juli 2024 bestätigt und damit in seinem gesamten Inhalt genehmigt. Diese Leitlinie besitzt eine Gültigkeitsdauer von 01.09.2024 bis 31.08.2029. Diese Dauer ist aufgrund der inhaltlichen Zusammenhänge geschätzt.



III  Methodik

Grundlagen

Die Methodik zur Erstellung dieser Leitlinie wird durch die Vergabe der Stufenklassifikation vorgegeben. Das AWMF-Regelwerk (Version 1.0) gibt entsprechende Regelungen vor. Es wird zwischen der niedrigsten Stufe (S1), der mittleren Stufe (S2) und der höchsten Stufe (S3) unterschieden. Die niedrigste Klasse definiert sich durch eine Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen, erstellt durch eine nicht repräsentative Expertengruppe. Im Jahr 2004 wurde die Stufe S2 in die systematische evidenzrecherchebasierte (S2e) oder strukturelle konsensbasierte Unterstufe (S2k) gegliedert. In der höchsten Stufe S3 vereinigen sich beide Verfahren.

Diese Leitlinie entspricht der Stufe: S2k


Empfehlungsgraduierung

Die Evidenzgraduierung nach systematischer Recherche, Selektion, Bewertung und Synthese der Evidenzgrundlage und eine daraus resultierende Empfehlungsgraduierung einer Leitlinie auf S2k-Niveau ist nicht vorgesehen. Es werden die einzelnen Statements und Empfehlungen nur sprachlich – nicht symbolisch – unterschieden ([Tab. 3]).

Tab. 3 Graduierung von Empfehlungen (deutschsprachig).

Beschreibung der Verbindlichkeit

Ausdruck

starke Empfehlung mit hoher Verbindlichkeit

soll/soll nicht

einfache Empfehlung mit mittlerer Verbindlichkeit

sollte/sollte nicht

offene Empfehlung mit geringer Verbindlichkeit

kann/kann nicht


Statements

Sollten fachliche Aussagen nicht als Handlungsempfehlungen, sondern als einfache Darlegung Bestandteil dieser Leitlinie sein, werden diese als „Statements“ bezeichnet. Bei diesen Statements ist die Angabe von Evidenzgraden nicht möglich.


Konsensusfindung und -stärke

Im Rahmen einer strukturierten Konsenskonferenz nach dem NIH-Typ (S2k/S3-Niveau) stimmen die berechtigten Teilnehmer der Sitzung die ausformulierten Statements und Empfehlungen ab. Der Ablauf war wie folgt: Vorstellung der Empfehlung, inhaltliche Nachfragen, Vorbringen von Änderungsvorschlägen, Abstimmung aller Änderungsvorschläge. Bei Nichterreichen eines Konsensus (> 75% der Stimmen) Diskussion und erneute Abstimmung. Abschließend wird abhängig von der Anzahl der Teilnehmer die Stärke des Konsensus ermittelt ([Tab. 4]).

Tab. 4 Einteilung zur Zustimmung der Konsensusbildung.

Symbolik

Konsensusstärke

prozentuale Übereinstimmung

+++

starker Konsens

Zustimmung von > 95% der Teilnehmer

++

Konsens

Zustimmung von > 75 bis 95% der Teilnehmer

+

mehrheitliche Zustimmung

Zustimmung von > 50 bis 75% der Teilnehmer

kein Konsens

Zustimmung von < 51% der Teilnehmer


Expertenkonsens

Darunter sind Konsensusentscheidungen speziell für Empfehlungen/Statements ohne vorige systemische Literaturrecherche (S2k) oder aufgrund von fehlender Evidenz (S2e/S3) zu verstehen. Der Expertenkonsens (EK) ist gleichbedeutend mit den Begrifflichkeiten aus anderen Leitlinien wie „Good Clinical Practice“ (GCP) oder „klinischer Konsensuspunkt“ (KKP). Die Empfehlungsstärke ist so unterteilt, wie bereits im Kapitel Empfehlungsgraduierung beschrieben ohne die Benutzung der aufgezeigten Symbolik, sondern rein semantisch („soll“/„soll nicht“ bzw. „sollte“/„sollte nicht“ oder „kann“/„kann nicht“).



IV  Leitlinie

Präambel

Bei der Betreuung und Behandlung von Patientinnen mit einem frühen Schwangerschaftsverlust (Abortgeschehen, ektope Schwangerschaft) wird vom ärztlichen und vom pflegerischen Personal, wie bei anderen Krankheitsbilden auch, ein einfühlsames Eingehen auf die individuelle psychische Situation der Patientin erwartet. In der gleichen klinischen Situation können Patientinnen unterschiedliche Vorstellungen über das für sie richtige Vorgehen haben. Das Eingehen auf diese Wünsche setzt voraus, dass es sich nicht um eine lebensbedrohliche Situation handelt, worauf die Betroffene ggf. ausdrücklich hinzuweisen ist. Die Behandlungsempfehlungen haben sich an den medizinischen Notwendigkeiten zu orientieren. Dabei ist zu beachten, dass die Patientin mit dem Erleben der Verlustsituation noch lange umgehen muss.

Betroffene Frauen haben vor, während und nach einer Fehlgeburt Anspruch auf die Begleitung durch eine Hebamme.


Definition gestörte Frühgravidität

Als früher Schwangerschaftsverlust wird eine nicht lebensfähige Schwangerschaft mit einem leeren Fruchtsack oder mit einem Fruchtsack mit einem Embryo oder Fetus ohne Herzaktion in den ersten 12 Schwangerschaftswochen p. c. mit Lokalisation innerhalb oder außerhalb des Uterus definiert (modif. nach [1]).

Diese Leitlinie hat das Ziel, die Versorgung von betroffenen Frauen, die einen sog. frühen Schwangerschaftsverlust erleiden, weiter zu verbessern.

Sie soll praxisorientiert diagnostische Ansätze überprüfen und die aktuellen Optionen für die Behandlung bei frühen Schwangerschaftsverlusten beschreiben.

Ein früher Schwangerschaftsverlust einer intrauterinen oder ektopen Gravidität ist häufig und kommt wahrscheinlich bei mindestens 10 bis 15% aller klinisch erkannten Schwangerschaften vor, was etwa 23 Millionen Fehlgeburten pro Jahr weltweit entspricht [1], [2], [3]. Ungefähr 80% aller Schwangerschaftsverluste treten im 1. Trimenon auf [1]. Die Ressourcenbelastung des Gesundheitswesens dadurch ist erheblich und führt beispielsweise in Großbritannien jährlich zu über 50 000 Krankenhauseinweisungen [2].

Die Häufigkeit von frühen Schwangerschaftsverlusten ist den meisten betroffenen Frauen nicht bewusst. Während ärztlicherseits diese Situation Routine ist, kommt der ungünstige Schwangerschaftsausgang für die Patientinnen meist unerwartet und kann psychisch sehr belastend sein. Nach der Behandlung von Fehlgeburten oder ektopen Schwangerschaften kann es zu Depressionssymptomen, Angst und posttraumatischer Belastungsstörung kommen [4]. Es ist daher wichtig, dass die psychischen Auswirkungen eines frühen Schwangerschaftsverlustes für die betroffenen Frauen in der ärztlichen Betreuung ausreichend Beachtung finden. Im Vordergrund steht von ärztlicher Seite zunächst die Diagnosesicherung bzw. die Abwendung einer Gefahr von der Patientin oder die Bewältigung der („somatischen“) Notfallsituation.

Gynäkologinnen und Gynäkologen sind angehalten, den Patientinnen, wenn dies die klinische Situation zulässt, das gesamte Spektrum an Therapieoptionen beim Abortgeschehen bzw. bei Verdacht auf eine ektope Gravidität zu erläutern und anzubieten, was neben dem abwartenden Vorgehen die medikamentöse Behandlung und die Operation umfasst.

Bei Frauen, die keine Notfallsymptomatik oder medizinische Komplikationen aufweisen, die eine dringende operative Intervention erfordern, können die Behandlungspläne den Präferenzen der Patientin Rechnung tragen, nachdem sie über die Risiken und Vorteile jeder Option ausführlich aufgeklärt worden sind [1]. Anzustreben ist eine Entwicklung des individuellen Behandlungspfades nach dem sog. Shared-Decision-Modell. Vor dem Therapiebeginn steht die Diagnosesicherung, um eine intakte Schwangerschaft von einem Abortgeschehen, einer ektopen Schwangerschaft, einer Trophoblasterkrankung resp. Molenschwangerschaft und einer Gravidität unklarer Lokalisation abzugrenzen.

Nachfolgend werden alle Empfehlungen und Statements der Leitlinie wiedergegeben.


Schwangerschaft unklarer Lokalisation

Konsensbasierte Empfehlung 2.E1

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Zur Diagnostik und Definition einer Schwangerschaft unklarer Lokalisation sollen die gynäkologische Anamnese (insbes. die Zyklusanamnese), die klinische Untersuchung, der transvaginale Ultraschall und die quantitative Bestimmung des β-hCG im Verlauf gehören.

Konsensbasierte Empfehlung 2.E2

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die alleinige Kombination eines β-hCG-Einzelwertes mit einem sonografisch leeren Cavum uteri soll noch nicht zur vermeintlichen Diagnose einer ektopen Schwangerschaft führen.

Konsensbasierte Empfehlung 2.E3

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Bei einer Schwangerschaft unklarer Lokalisation sollten nach 48 Stunden der β-hCG-Verlauf bestimmt werden und vaginalsonografische Kontrollen erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 2.E4

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Invasive diagnostische oder therapeutische Verfahren sollten nur bei sonst ungeklärter Schmerzsymptomatik oder persistierender Schwangerschaft unklarer Lokalisation angewandt werden.

Konsensbasiertes Statement 2.S1

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Der Einsatz der Modellansätze M6/M6NP (und M4) zur Triagierung von Schwangeren mit einer Schwangerschaft unklarer Lokalisation ist in der Lage, die klinische Entscheidungsfindung wirksam zu unterstützen.


Fehlgeburt/Abortgeschehen

Konsensbasierte Empfehlung 3.E5

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf eine gestörte Frühschwangerschaft sollte die β-hCG-Konzentration im Verlauf kontrolliert werden, bei Blutungen auch eine Blutgruppenbestimmung – inklusive Rhesus-Faktor – erfolgen.

Konsensbasiertes Statement 3.S2

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine genitale Blutung kann per Spekulumeinstellung als uterine Blutung verifiziert werden. Die palpatorische gynäkologische Untersuchung dient vor allem der Diagnose eines akuten Schmerzgeschehens mit Verdacht auf eine ektope Schwangerschaft bzw. bei eröffnetem Muttermund der Diagnose eines Abortus incipiens. Die Druckschmerzhaftigkeit einer Adnexe kann der raschen Erfassung einer Akutsituation bei ektoper Schwangerschaft dienen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E6

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die transvaginale Sonografie sollte als Mittel der Wahl für die Diagnostik bei symptomatischen Frauen zur Lokalisierung der Schwangerschaft und Beurteilung der aktuellen Situation des Abortgeschehens verwendet werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E7

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Außer in definierten Notfallsituationen sollte die Patientin über die Alternativen „Abwartendes Vorgehen“ und „Interventionelles Vorgehen“ aufgeklärt werden.


Therapieoptionen

1. Abwartendes Vorgehen

Konsensbasierte Empfehlung 3.E8

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei jedem (exspektativ/medikamentös/operativ) Vorgehen soll eine Risikoaufklärung erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E9

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Beim exspektativen Vorgehen sollte eine dokumentierte Risikoaufklärung der Patientin gegenüber operativem und medikamentösem Vorgehen erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E10

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Patientinnen mit einer Fehlgeburt sollte nach Ausschluss von Kontraindikationen auch das abwartende Vorgehen angeboten werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E11

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen, die sich für ein abwartendes Vorgehen bei einem Abortgeschehen entscheiden, sollen darüber informiert werden, was während des gesamten Fehlgeburtsprozesses zu erwarten ist inkl. auftretender Schmerzen, und sie sollen Behandlungsvorschläge zur Schmerzlinderung erhalten.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E12

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Nichtsteroidale Antiphlogistika wie Ibuprofen oder Metamizol sollten bei Frauen, die sich für ein abwartendes Vorgehen bei einer Fehlgeburt im 1. Trimenon entschieden haben, zur Schmerzbehandlung empfohlen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E13

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Beim exspektativen Vorgehen sollte die Patientin darüber aufgeklärt werden, dass es bis zur Beendigung des Abortgeschehens länger dauern, dies mit einem erhöhten Blutverlust einhergehen und von starken Schmerzen begleitet sein kann.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E14

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Patientin soll über die Notwendigkeit einer operativen bzw. einer medikamentösen Folgetherapie für den Fall aufgeklärt werden, dass ein kompletter Abort ausbleibt.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E15

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine Verlaufskontrolle mittels transvaginaler Ultraschalluntersuchung sollte bei exspektativem Vorgehen innerhalb von 7 bis 14 Tagen erfolgen.

Konsensbasiertes Statement 3.S3

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei anhaltender regelstarker Blutung, Schmerzen oder Infektionszeichen im Verlauf kann eine zusätzliche vaginalsonografische Untersuchung erfolgen und davon abhängig eine Änderung des Vorgehens (medikamentös, operativ) mit der Patientin besprochen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E16

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei noch fehlendem Blutungseintritt im Falle einer Missed Abortion sollte ein erneuter Kontrolltermin nach spätestens 14 Tagen alternativ zu einer Änderung des initial besprochenen Vorgehens angeboten werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E17

Expertenkonsens

Konsensusstärke +

Nach spontaner Fehlgeburt soll eine Anti-D-Prophylaxe bei Rh-D-negativen Schwangeren erst ab einem Schwangerschaftsalter > 9 + 0 Schwangerschaftswochen erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E18

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen sollen über den variablen Verlauf von Blutungen und Schmerzen, die mögliche Anwendung von nichtsteroidalen Antiphlogistika zur Schmerzlinderung und über die Möglichkeit einer erneuten Konzeption sowie ggfs. erforderliche Verhütungsmaßnahmen informiert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E19

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Auf Empfehlungen zum Verzicht auf Tampons, Menstruationstassen sowie auf Geschlechtsverkehr und körperliche Anstrengung u. Ä. soll mangels Evidenz verzichtet werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E20

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Patientin soll über typische Symptome wie auffällig lange und stark anhaltende oder übelriechende Blutungen und/oder Fieber über 38 °C, die auf verbliebenes Restgewebe oder eine Infektion hindeuten, informiert werden.


2. Medikamentöse Aborteinleitung

Konsensbasierte Empfehlung 3.E21

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine medikamentöse Aborteinleitung sollte ambulant erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E22

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Patientin soll nach ausführlicher Aufklärung über die unterschiedlichen Vorgehensweisen eine informierte Entscheidung über das therapeutische Vorgehen treffen können.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E23

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Der Patientin sollte eine Befund- und Behandlungsdokumentation mitgegeben sowie eine Notfall-Telefonnummer mitgeteilt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E24

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Patientin soll über Symptome der Behandlung und Zeichen für mögliche Komplikationen, die eine dringende Behandlung erfordern, informiert und aufgeklärt werden.

Konsensbasiertes Statement 3.S4

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei nachgewiesenem Frühabort (< 12. SSW) ist zur medikamentösen Abortinduktion die Kombination von 200 mg Mifepriston oral gefolgt von 600 – 800 µg Misoprostol vaginal nach 24 h Mittel der Wahl.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E25

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Die 2. Misoprostolgabe sollte frühestens dann 3 Stunden nach der Erstapplikation erfolgen, wenn die erste zu keinem oder zu keinem ausreichenden Gewebeabgang geführt hat.

Konsensbasiertes Statement 3.S5

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Misoprostol kann auch bei Frauen mit vorangegangenem Kaiserschnitt oder einer anderen transmuralen Uterusnarbe angewendet werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E26

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Bei Patientinnen mit einer Fehlgeburt soll eine dokumentierte Risikoaufklärung über die 3 Therapieoptionen medikamentöse Aborteinleitung, abwartendes und operatives Vorgehen erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E27

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Beim medikamentösen Management soll eine dokumentierte Aufklärung über die Nebenwirkungen und Risiken sowie eine dokumentierte Aufklärung über den Off-Label-Use-Status von Misoprostol erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E28

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei einer medikamentösen Abortinduktion soll keine Antibiotikaprophylaxe erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E29

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Vor Beginn der medikamentösen Aborteinleitung sollen alle Kontraindikationen beachtet werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E30

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Für ein adäquates Schmerzmanagement sollten nichtsteroidale Antiphlogistika insbesondere Ibuprofen und Metamizol oral angewendet werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E31

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Aufgrund des möglichen Auftretens von Übelkeit und Erbrechen bei der Anwendung von Misoprostol sollte ein Antiemetikum, z. B. Dimenhydrinat, Metoclopramid oder Ondansetron, angeboten werden.

Konsensbasiertes Statement 3.S6

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf intrauterine Gewebereste ohne relevante Blutung kann abwartend, mit einer medikamentösen Therapie oder mittels Vakuumaspiration vorgegangen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E32

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Treten im Verlauf einer medikamentösen Aborteinleitung anhaltende überregelstarke vaginale bzw. uterine Blutungen auf und gibt es einen sonografischen Hinweis auf Gewebereste, soll eine operative Entfernung verbliebener Schwangerschaftsreste durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E33

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Der Verdacht auf eine ektope oder heterotope Gravidität soll durch weitere diagnostische Maßnahmen abgeklärt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E34

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Anzeichen einer Infektion soll unmittelbar eine Antibiotikatherapie begonnen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E35

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Es soll allen Frauen, die sich für eine medikamentöse Aborteinleitung entschieden haben, eine Nachuntersuchung zur Dokumentation des vollständigen Abgangs der Schwangerschaft mittels vaginaler Ultraschalluntersuchung 7 bis 14 Tage nach der ersten Medikamentengabe empfohlen werden.

Konsensbasiertes Statement 3.S7

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Im Zuge der Nachbetreuung nach medikamentöser Aborteinleitung können der Patientin eine Verhütungsberatung, eine Beratung über Auswirkungen der Fehlgeburt auf die weitere Fertilität und über Unterstützungsmöglichkeiten bei psychischen Auswirkungen des Schwangerschaftsverlustes angeboten werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E36

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Frauen, die Rh(D)-negativ sind, sollten innerhalb von 72 Stunden nach der ersten Misoprostol-Applikation im Rahmen der medikamentös eingeleiteten Fehlgeburt > 9 + 0 Schwangerschaftswochen (gesichertes Gestationsalter) eine Rh(D)-Immunglobulin-Gabe erhalten.


3. Operatives Vorgehen

Konsensbasierte Empfehlung 3.E37

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Beim operativen Management soll eine dokumentierte Risikoaufklärung gegenüber dem abwartenden und dem medikamentösen Vorgehen erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E38

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Entscheidung zur Notwendigkeit einer medikamentösen Zervixreifung mittels eines Prostaglandinpräparates oder mechanischer Dilatatoren sollte individuell getroffen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E39

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Einsatz von Misoprostol zur Erweichung der Zervix soll eine dokumentierte Aufklärung über Off-Label-Use erfolgen.

Konsensbasiertes Statement 3.S8

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Zustand nach Sectio kann Mifepriston/Misoprostol für das Zervixpriming in Erwägung gezogen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E40

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei der Abortkürettage soll keine Antibiotikaprophylaxe verabreicht werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E41

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Abortkürettage sollte als Saugkürettage/Vakuumaspiration durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E42

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine intraoperative Ultraschallkontrolle kann, bei Verdacht auf Komplikationen sollte sie erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E43

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei der Wahl des Narkoseverfahrens sollte die zumeist kurze Eingriffsdauer beachtet werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E44

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Abortkürettage sollte ambulant erfolgen. Bei medizinischen, sozialen oder logistischen Indikationen kann ein Krankenhausaufenthalt sinnvoll sein.

Konsensbasiertes Statement 3.S9

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine niedrig dosierte Kombination aus Ibuprofen und Paracetamol hat eine sehr gute Wirksamkeit bei verminderter Nebenwirkungsrate und kann als Alternative zur Monotherapie (in höheren Dosen) erwogen werden.

Konsensbasiertes Statement 3.S10

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei starken und mittelstarken Schmerzen können (bei Patientinnen ohne Kontraindikationen) leichte Opioide wie Tramadol (50 – 100 mg) Höchstdosis (400 – 600 mg/Tag) oder Tilidin (50 – 100 mg) Höchstdosis (400 – 600 mg/Tag) oral in Kombination mit Nichtopioid-Analgetika verabreicht werden, um Opioide einzusparen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E45

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Allen RhD-negativen Frauen, die sich einer Abortkürettage unterzogen haben, sollte unabhängig vom Schwangerschaftsalter eine Anti-D-Immunglobulin-Prophylaxe angeboten werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E46

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei starker postoperativer Blutung soll immer Plazentarestmaterial als deren Ursache ausgeschlossen werden.

Konsensbasiertes Statement 3.S11

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf Uterusperforation kann eine Laparoskopie und ggf. eine operative Sanierung erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E47

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Zervixverletzungen sollten chirurgisch versorgt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E48

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Vorliegen eines septischen Aborts soll die Kürettage unter Antibiotikaschutz stattfinden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E49

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei einem Auftrag zu einer pathologischen Untersuchung sollen jeder Embryo/Fet bzw. alle embryonalen bzw. fetalen Anteile mindestens einer äußeren Begutachtung unterzogen werden. Bei der makroskopischen Begutachtung des Abradatgewebes sollen Deziduagewebe, Zotten und embryonales Gewebe identifiziert werden. Bei der Begutachtung des Embryos sollen, soweit möglich, Größe, Gewicht, Scheitel-Steiß-, Scheitel-Rumpf- und Fußlänge und etwaige Anomalien und Fehlbildungen dokumentiert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E50

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Jedes Abortmaterial sollte histopathologisch untersucht werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E51

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei der pathomorphologischen Beurteilung des Abortgewebes soll eine Aussage zum Vorliegen einer intra- oder extrauterinen Gravidität gemacht werden und bei Vorliegen nur einzelner Zotten soll nach der Implantationszone gesucht werden. Werden keine Zotten, Implantationszone oder Trophoblastzellen identifiziert, soll das gesamte eingesandte Abortmaterial eingebettet und mikroskopisch untersucht werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E52

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei der diagnostischen Bewertung des Abortmaterials sollen pathophysiologische Veränderungen sowie das Ausmaß etwaiger regressiver postmortaler Veränderungen des Zottengewebes in Abhängigkeit vom errechneten und bildgebend diagnostizierten Gestationsalter berücksichtigt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E53

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei histologischem Nachweis eines Trophoblasttumors soll eine sequenzielle β-HCG-Kontrolle durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E54

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Zwecks eindeutiger Abgrenzung einer Partialmole zu einer Blasenmole soll eine immunhistochemische p57-Färbung durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E55

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf eine chronische histiozytäre Intervillositis (CHI) soll eine immunhistochemische CD163- bzw. CD68-Färbung durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E56

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Das Abortmaterial sollte gemäß den länderspezifischen Regelungen unter würdigen Bedingungen bestattet und die Eltern sollten in angemessener Form über das Vorgehen informiert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E57

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen sollen über den variablen Verlauf von Blutungen und Schmerzen, über die Anwendung von nichtsteroidalen Antiphlogistika zur Schmerzlinderung und über die Möglichkeit einer Konzeption informiert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E58

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Empfehlungen zum Verzicht auf Tampons, Menstruationstassen u. a. sowie auf Geschlechtsverkehr und körperliche Anstrengung sollen mangels Evidenz unterlassen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.E59

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Der Patientin soll über möglicherweise auftretende Symptome, die auf verbliebenes Restgewebe oder eine Infektion hindeuten, informiert werden.



Sondersituationen

1. Abortus imminens

Konsensbasierte Empfehlung 4.E60

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Symptomen eines Abortus imminens soll keine Bettruhe empfohlen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 4.E61

Expertenkonsens

Konsensusstärke +

Bei Symptomen einer drohenden Fehlgeburt im 1. Trimenon sollten keine Progesteronpräparate appliziert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 4.E62

Expertenkonsens

Konsensusstärke +

Die Gabe von Anti-D-Immunglobulin sollte beim Abortus imminens im 1. Trimenon nicht erfolgen.


2. Vorgehen bei primär inkomplettem Spontanabort

Konsensbasierte Empfehlung 4.E63

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf einen inkompletten Abort sollte eine Transvaginalsonografie durchgeführt werden. Die Doppler-Sonografie kann wertvolle Zusatzinformationen bieten.

Konsensbasierte Empfehlung 4.E64

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf einen inkompletten Abort sollten alle therapeutischen Möglichkeiten (exspektativ, medikamentös, chirurgisch) hinsichtlich der Erfolgsraten und Risiken mit der Patientin besprochen werden.

Konsensbasiertes Statement 4.S12

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei einem inkompletten Abort kann abwartend (bis zu 8 Wochen), mit einer medikamentösen oder operativen Therapie vorgegangen werden.


3. Vorgehen beim septischen Abort

Konsensbasierte Empfehlung 4.E65

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf septischen Abort soll die geeignete Labordiagnostik notfallmäßig veranlasst werden.

Konsensbasierte Empfehlung 4.E66

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Beim septischen Abort soll umgehend eine Therapie mit Breitspektrumantibiotika begonnen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 4.E67

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Beim septischen Abort mit intrauterinem Restgewebe soll dieses nach Beginn der antibiotischen Therapie operativ entfernt werden.


4. Vorgehen bei heterotoper Gravidität

Konsensbasierte Empfehlung 4.E68

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei sonografischem Nachweis einer intrauterinen Schwangerschaft sollen immer die Adnexregionen zum Ausschluss einer heterotopen Gravidität evaluiert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 4.E69

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei der Wahl der Behandlung der heterotopen Schwangerschaft sollen die klinische Situation und die vitale intrauterine Schwangerschaft berücksichtigt werden.


5. Folgeschwangerschaft nach einem Abort im 1. Trimenon

Konsensbasiertes Statement 5.S13

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Nach einer Fehlgeburt im 1. Trimenon kann den betroffenen Frauen empfohlen werden, dass sie ohne Zeitverzögerung nach dem Abort wieder schwanger werden können, wenn es keine individuellen Gründe dagegen gibt wie z. B. eine vorher notwendige Diagnostik, die noch fehlende psychische Bereitschaft oder die körperlichen Folgen einer Operation.



Ektope Schwangerschaft

Konsensbasierte Empfehlung 6.E70

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Grundsätzlich sollte bei jeder sexuell aktiven Frau im gebärfähigen Alter beim Auftreten von abdominalen Schmerzen ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E71

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Anamnese und körperliche Untersuchung sollte stets die Symptome der persistierenden vaginalen Blutung nach vorheriger sekundärer Amenorrhö, pelvine und/oder abdominale Schmerzen und gastrointestinale Beschwerden, insbesondere Diarrhöen berücksichtigen.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E72

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Diagnose einer ektopen Schwangerschaft sollte nicht allein auf der Klinik und der Anamnese beruhen, da die Sensitivität dieser Faktoren deutlich limitiert ist.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E73

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei symptomatischer Schwangerschaft unklarer Lokalisation, Verdacht auf ektope Gravidität oder Abortgeschehen soll hCG quantitativ im Serum/Plasma mit einem dafür zugelassenen Labortest gemessen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E74

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die hCG-Konzentration im Serum/Plasma soll im Verlauf bestimmt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E75

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Diagnostik einer ektopen Gravidität soll Bestimmungen des serologischen β-hCG-Wertes beinhalten.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E76

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei klinisch noch unklarer Situation oder abwartendem Vorgehen soll der β-hCG-Wert nach 48 h kontrolliert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E77

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die transvaginale Sonografie soll als Mittel der Wahl für die Diagnostik bei symptomatischen Frauen zur Lokalisierung der Schwangerschaft verwendet werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E78

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Es soll Ziel der Diagnostik sein, eine ektope Schwangerschaft vor einer eventuellen operativen Intervention sonografisch zu identifizieren und zu lokalisieren.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E79

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Mittel der diagnostischen und therapeutischen Wahl bei Verdacht auf akut und lebensbedrohlich blutende ektope Schwangerschaft ist die notfallmäßige Laparoskopie. Diese soll bei positiven Schwangerschaftstest bei Vorliegen der klinischen Trias „Unklare Unterleibschmerzen – hämodynamisch problematische Situation – niedriger Hämoglobin-Wert“ dringend und ohne Abwarten weiterer Diagnostik durchgeführt werden.


Therapieoptionen

1. Abwartendes Vorgehen

Konsensbasierte Empfehlung 6.E80

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Patientin soll über die Möglichkeit der Selbstauflösung der ektopen Schwangerschaft und die mit dem abwartenden Vorgehen verbundenen Risiken informiert werden, wobei über die Dauer des Resorptionsprozesses und über die Erfolgsrate keine genauen Angaben gemacht werden können.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E81

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Patientin soll darauf hingewiesen werden, dass durch das abwartende Vorgehen bei Verdacht auf eine Tubargravidität Methotrexat-bedingte sowie mit der Narkose- und der Operation verbundene Risiken vermieden werden, dass ein Fehlschlagen des abwartenden Vorgehens aber mit einer erhöhten Morbidität verbunden sein kann.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E82

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Patientin sollte darüber informiert werden, dass die Auswirkungen des abwartenden Vorgehens bei ektoper Schwangerschaft auf die zukünftige Fertilität wahrscheinlich denen nach einer Methotrexat-Behandlung ähneln. Die Datenlage dazu ist unsicher.

Konsensbasiertes Statement 6.S14

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei hämodynamisch stabiler und schmerzfreier Patientin mit sonografischen Hinweisen auf eine avitale Tubargravidität mit einem maximalen Durchmesser von 35 mm ohne Hämatoperitoneum mit einem maximalen β-hCG-Konzentration von 1000 IU/l kann der Patientin ein abwartendes Vorgehen empfohlen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E83

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Wenn sich die Patientin nach entsprechender Beratung bei Verdacht auf Tubargravidität für ein abwartendes Vorgehen entscheidet, sollen die Voraussetzungen für eine weitere Betreuung (Compliance, Umsetzung der engmaschigen ambulanten Überwachung) gegeben sein.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E84

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Im Rahmen des abwartenden Vorgehens bei Verdacht auf ektope Gravidität sollten β-hCG-Serumwert-Kontrollen an den Tagen 2, 4 und 7 nach der Erstdiagnose erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E85

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Wenn die β-hCG-Werte an den Tagen 2, 4 und 7 jeweils um 15% oder mehr gegenüber dem Vorwert abfallen, soll die Laborwertkontrolle alle 7 Tage wiederholt werden, bis der β-hCG-Wert im Serum nicht mehr nachweisbar ist.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E86

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Wenn die β-hCG-Konzentration nicht um 15% sinkt, sich nicht verändert oder gegenüber der vorherigen Konzentration ansteigt, soll der Zustand der Patientin klinisch und sonografisch kritisch überprüft und die Entscheidung für das abwartende Vorgehen überdacht werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E87

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine Operationsindikation bei ursprünglichem Entscheid für ein abwartendes Vorgehen sollte gestellt werden, wenn eines oder mehrere der nachfolgend genannten Kriterien zutreffen:

  1. Vorhandensein klinischer Symptome;

  2. Anzeichen für eine Tubenruptur und/oder eine intraperitoneale Blutung,

  3. Hämoperitoneum (Hb-Konzentration < 10 g/dl);

  4. Anwachsen auf größer (Größenprogredienz) als 35 mm Durchmesser und/oder nachweisbarer fetaler Herzschlag in der transvaginalen Ultraschalluntersuchung;

  5. Anstieg auf β-hCG-Konzentration über 1000 IE/l;

  6. nicht ausreichende Patientinnencompliance;

  7. fehlende Möglichkeit und Bereitschaft der Patientin zu einer wohnortnahen Betreuung und Verlaufsüberwachung inkl. regelmäßiger Wiedervorstellungen zu klinisch-sonografischen und Blutwertkontrollen.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E88

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Aufgrund des Risikos der RhD-Alloimmunisierung im Rahmen des abwartenden Managements bei nicht-sensibilisierten RhD-negativen Frauen mit Verdacht auf eine ektope Gravidität sollte diesen Patientinnen eine Anti-D-Prophylaxe angeboten werden.


2. Medikamentöse Therapie

Konsensbasierte Empfehlung 6.E89

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Vor dem Beginn einer Methotrexat-Therapie einer ektopen Schwangerschaft sollen bei der Patientin alle Kontraindikationen ausgeschlossen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E90

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Im Verlauf einer Methotrexat-Therapie bei Verdacht auf eine ektope Schwangerschaft soll die β-hCG-Konzentration im Serum in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, bis das β-hCG nicht mehr nachweisbar ist.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E91

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Patientinnen sollen ausführlich und schriftlich dokumentiert über den „Off Label Use“-Charakter der Methotrexat-Therapie aufgeklärt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E92

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Patientin sollte über die Verdachtsdiagnose, die möglichen Folgen einer Methotrexat-Therapie und die verschiedenen verfügbaren Behandlungsoptionen aufgeklärt werden. Soweit möglich, sollte der Behandlungsweg im Zuge eines gemeinsamen Entscheidungsprozesses festgelegt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E93

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Sofern keine Kontraindikationen vorliegen, sollte eine einzelne intramuskuläre Injektion von Methotrexat in einer Dosierung von 1 mg/kg Körpergewicht oder 50 mg/m2 Körperoberfläche für die medikamentöse Behandlung einer ektopen Schwangerschaft angewendet werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E94

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Vor jeder Methotrexat-Gabe sollten spezifische Laborwertbestimmungen (komplettes Blutbild mit Differenzialblutbild, Leberenzyme (ALAT [GPT], ASAT [GOT], AP), GGT, Bilirubin, Serumalbumin, Hepatitis-Serologie, Nierenretentionsparameter) durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E95

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Frauen sollte empfohlen werden, bis 6 Monate nach Beenden der Methotrexat-Therapie eine zuverlässige Verhütungsmethode anzuwenden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E96

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Die medikamentöse Therapie der ektopen Gravidität sollte ambulant erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E97

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf eine ektope Gravidität und bestehender absoluter Kontraindikation für eine Methotrexat-Therapie soll eine Operation durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E98

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf eine ektope Gravidität und Versagen der medikamentösen Therapie soll eine Operation erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 6.E99

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei allen Rhesus-negativen Frauen mit einer medikamentös behandelten extrauterinen Gravidität sollte eine Anti-D-Prophylaxe verabreicht werden.


3. Operatives Vorgehen

Konsensbasiertes Statement 7.S15

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Fällt die Entscheidung für ein operatives Vorgehen bei (Verdachts-)Diagnose einer Tubargravidität, dann ist der laparoskopische Zugang die Methode der Wahl.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E100

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Auch bei Verdacht auf Tubargravidität und hämodynamisch instabiler Patientin soll der nächste diagnostisch-therapeutischer Schritt die operative Exploration per Laparoskopie sein.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E101

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Entscheidung zwischen Salpingektomie und tubenerhaltenden Vorgehen soll von der klinischen Situation, von der Anamnese und den Wünschen der Patientin abhängig gemacht werden.

Konsensbasiertes Statement 7.S16

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf ektope Schwangerschaft und nicht eindeutigem intraabdominalen Nachweis der Schwangerschaft im Zuge der Laparoskopie und inadäquatem β-hCG-Serumwert-Anstieg kann zeitgleich eine Saug-/Kürettage durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E102

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Es sollen bei tubenerhaltendem Vorgehen postoperativ Kontrollen der β-hCG-Konzentration erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E103

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei RhD-negativen-Frauen mit operativ behandelter Tubargravidität sollte eine Anti-D-Prophylaxe gegeben werden.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E104

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Im Zuge der laparoskopischen Therapie einer Tubargravidität soll keine Antibiotikaprophylaxe verabreicht werden.



Vorgehen bei seltenen Formen der ektopen Schwangerschaft

1. Zervikalgravidität

Konsensbasierte Empfehlung 7.E105

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Der Nachweis einer Zervikalgravidität sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E106

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine transvaginale Sonografie soll bei klinischem Verdacht auf eine Zervikalgravidität als diagnostisches Verfahren der ersten Wahl durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E107

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei frühzeitiger Diagnose einer Zervikalgravidität sollte eine intramuskuläre Methotrexatgabe die bevorzugte Therapieoption sein.


2. Schwangerschaft in der Sectionarbe

Konsensbasierte Empfehlung 7.E108

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Frauen mit vorangegangener Sectio soll eine transvaginale Sonografie in der Frühschwangerschaft durchgeführt werden, um den Sitz der Schwangerschaft festzustellen.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E109

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Diagnosestellung sollte die Behandlung einer Schwangerschaft in der Sectionarbe frühestmöglich (idealerweise vor 8 + 0 SSW) erfolgen, da die Erfolgsraten der Therapiemaßnahmen mit fortschreitendem Schwangerschaftsalter ab- und die Komplikationsraten zunehmen.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E110

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine alleinige Gabe von systemischem Methotrexat sollte bei einer Schwangerschaft in der Sectionarbe nicht als Therapie verwendet werden.


3. Cornuale Schwangerschaft

Konsensbasiertes Statement 7.S17

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei der Darstellung der uterinen Anatomie im Allgemeinen und der Befundung einer ektopen Schwangerschaftslokalisation im Speziellen kann eine 3D-Ultraschalluntersuchung hilfreich sein.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E111

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei einer Schwangerschaftsanlage im rudimentären Uterushorn sollte die operative Entfernung des kompletten rudimentären Uterushorns und der anhängenden Tube als die Therapie der Wahl erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E112

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Ein exspektatives Vorgehen bei interstitieller Schwangerschaft sollte nur bei avitalen Schwangerschaftsanlagen, fallenden β-hCG-Werten und nur nach expliziter Risikoaufklärung diskutiert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E113

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Als effektivster Therapieansatz bei interstitieller Schwangerschaftsanlage sollte eine operative Intervention erfolgen. Bei entsprechender Patientinnenselektion kann auch ein medikamentöser Ansatz mit Methotrexat (systemisch/lokal) vertreten werden.


4. Ovargravidität

Konsensbasierte Empfehlung 7.E114

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Als Mittel der ersten Wahl zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose und zur definitiven Therapie soll bei Verdacht auf eine Ovargravidität eine Laparoskopie durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E115

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Ovargravidität sollte eine frühe operative Intervention aufgrund des hohen Blutungsrisikos erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E116

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei der Operation einer Ovargravidität sollte ein Ovarerhalt (Zystenenukleation oder Keil-Resektion) angestrebt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E117

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Bei Verdacht auf eine Ovargravidität kann Methotrexat als Alternative in der Primärsituation erwogen und sollte als Alternative in der Second-Line-Situation in Betracht gezogen werden.


5. Abdominalgravidität

Konsensbasiertes Statement 7.S18

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Behandlung einer frühen Abdominalgravidität kann laparoskopisch erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E118

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine fortgeschrittene Abdominalgravidität sollte durch eine Laparotomie, am besten durch eine Längslaparotomie, behandelt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 7.E119

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine vollständige Plazentaextraktion soll bei einer Abdominalgravidität nach individueller Einschätzung des mütterlichen Morbiditätsrisikos nur dann erfolgen, wenn sie leicht durchführbar und mit einem geringen Blutungsrisiko verbunden ist.



Psychische Aspekte bei frühem Schwangerschaftsverlust

Konsensbasierte Empfehlung 8.E120

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen sollten auf den psychischen Verarbeitungsprozess des Schwangerschaftsverlustes angesprochen und Unterstützung aktiv angeboten werden.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E121

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Um den Trauerprozess positiv zu unterstützen, sollte die Patientin empathisch, situationsangepasst und ergebnisoffen so beraten werden, dass sie im Anschluss zusammen mit betreuenden Ärztinnen und Ärzten eine Entscheidung über die weitere Behandlung treffen kann.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E122

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Patientinnen aus vulnerablen Gruppen sollten mit besonderer Sensibilität und Professionalität, und ggf. in Kooperation mit anderen spezialisierten medizinischen Fachdisziplinen, informiert, aufgeklärt, betreut, medizinisch versorgt und nachbetreut sowie über nicht-medizinische Hilfsangebote informiert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E123

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen mit einem frühen Schwangerschaftsverlust sowie ggf. deren Partner oder Partnerinnen sollten darüber informiert werden, dass sie, wie bei anderen schwerwiegenden Lebensereignissen, eine große Bandbreite von Trauerreaktionen, Verlust- und Schuldgefühlen erleben können, die zunächst keine Anzeichen einer psychischen Störung sind.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E124

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Das in die Betreuung und Behandlung von Frauen mit frühem Schwangerschaftsverlust involvierte medizinische Personal sollte unterstützend und empathisch auf die emotionalen Reaktionen von Frauen eingehen, die einen frühen Schwangerschaftsverlust erlebt haben.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E125

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen und ggf. deren Partner oder Partnerinnen sollten ermutigt werden, sich nach dem frühen Schwangerschaftsverlust Unterstützung durch geeignete Personen im privaten Umfeld zu holen.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E126

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen mit den o. g. Risikofaktoren bzw. erkennbaren psychischen Belastungen sollten nach dem frühen Schwangerschaftsverlust über Angebote der Nachbetreuung und psychologischen Beratung informiert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E127

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen mit bekannten psychischen Problemen sollten nach einem frühen Schwangerschaftsverlust gefragt werden, ob sie eine psychotherapeutische oder psychiatrische Unterstützung haben und ob sie dort mögliche Probleme im Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsverlust ansprechen können. Sie sollten ggf. über (ergänzende) spezifische Betreuungsangebote informiert werden.

Konsensbasiertes Statement 8.S19

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Ärztinnen und Ärzte können Frauen ab ca. 6 Wochen nach einem frühen Schwangerschaftsverlust z. B. mithilfe des aus 2 Fragen bestehenden „Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-2)“ auf depressive Symptome untersuchen.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E128

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Frauen, die mehr als 2 Monate nach dem Schwangerschaftsverlust entsprechende Symptome angeben, sollte eine psychiatrische Untersuchung und ggf. Behandlung empfohlen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 8.E129

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei einem frühen Schwangerschaftsverlust sollten psychische Belastungen bei beiden Partnern angesprochen werden, um mögliche negative Auswirkungen auf Partnerschaft und Sexualität zu reduzieren.

Ausführliches Literaturverzeichnis in der Langversion der Leitlinie.



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Interessenkonflikt

Die Interessenkonflikte der Autorinnen und Autoren sind in der Langfassung der Leitlinie aufgelistet.


Correspondence/Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Matthias David
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Klinik für Gynäkologie
Campus Virchow-Klinikum
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
Germany   

Publication History

Received: 08 November 2024

Accepted: 10 November 2024

Article published online:
05 March 2025

© 2025. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany


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