Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-2453-7049
Lasst uns respektvoll „streiten“!

Als im antiken China zum ersten Mal die potenziell heilsamen Wirkungen von Thermalquellen entdeckt wurden, machten sich die Anwender noch keine Gedanken darüber, dass zwischen ihren Standesgenossen 4000 Jahre später ein heftiger Streit darüber entbrennen würde, was von größerer Bedeutung ist: Evidenz oder persönliche Erfahrung.
Auch die Trainer der altgriechischen Olympioniken wären erstaunt, wenn sie im Hinblick auf die gymnastischen Anwendungen, mit denen sie ihre Athleten zu Höchstleistungen befähigten, erfahren würden, dass ihre modernen Äquivalente Debatten darüber führen, ob nun funktionelles oder traditionelles Krafttraining der optimale Weg ist.
In den letzten Jahren ist die Debattenkultur in der Welt (und in der Therapie) langsam, aber sicher ins Schwarz-Weiß-Denken abgeglitten. An die Stelle von sachlich-nuancierten Diskussionen zum Wohl der Patienten sind schlagwort-getriebene Streite getreten, die eine „Bist du nicht für mich, bist du gegen mich“-Kultur entstehen ließen.
Jedoch vergessen wir häufig, dass sich das Leben meistens innerhalb von Grautönen abspielt und es besonders in der Arbeit mit Menschen (wo es „menschelt“) keine allgemeingültige Wahrheit gibt.
Es sollte also unser Ziel sein, wieder eine respektvolle Streitkultur zu etablieren, die sich mehr an dem altbewährten Sprichwort „Viele Wege führen nach Rom“ orientiert als an undifferenzierten Parolen.
Ihr
Julian Kiesele
Physiotherapeut und Themenscout
Publication History
Article published online:
24 March 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany