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DOI: 10.1055/a-2447-6517
Ausgewählte Beiträge der BDDH-Veranstaltung im Rahmen der 69. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) am 18.02.2025 in Lausanne
- Abstract
- Jürgen Koscielny, Berlin: § 132i-Versorgungsverträge nach SGB V: Aktueller Stand inklusive ambulante Gentherapien
- Ute Scholz, Leipzig: Laborpfade in der Gerinnungsdiagnostik: „Empfehlungen“ der KBV
Abstract
Wolfgang Mondorf, Frankfurt: DHR -2025, was gibt es Neues?
Die DHR-Webseite (www.pei.de/DE/regulation/melden/dhr/dhr-node.html) beinhaltet neben fünf Publikationen, die letzte von 2020, einen Jahresbericht 2022/2023. Die Daten aus 2023 sind als vorläufig gekennzeichnet. Veröffentlicht sind die Anzahlen gemeldeter Fälle (Hämophilie A/B nach Schweregrad, von Willebrand Syndrom Typ 3 und andere, seltene Faktoren und Hemmkörper bei Kindern und Erwachsenen), sowie der Verbrauch bis 2022. Klinisch relevante Daten, wie z.B. Blutungen, die Teil der Einzelmeldung sind, finden sich nicht.
Dem gegenüber steht, insbesondere für die Einzelmeldung, ein für die jeweiligen Zentren sehr hoher bürokratischer Aufwand mit entsprechenden Personalkosten. Da klinisch relevante Daten, obgleich in der Einzelmeldung eingegeben, komplett fehlen oder nur per Antrag und einem nicht unerheblichen finanziellem Beitrag zu erhalten sind, ist der Nutzen des DHR in der jetzigen Form mehr als fraglich. Die Dokumentation des von Willebrand Syndroms (im DHR sind derzeit etwa 0,5% der kalkulierten Patienten mit von Willebrand Syndrom dokumentiert), sowie der seltenen Gerinnungsstörungen wäre allenfalls dann sinnvoll, wenn sich ein Substitutionsbedarf mit Gerinnungskonzentraten ergibt.
Konkrete Verbesserungsvorschläge sind:
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Sammelmeldung durch Einbindung der Apotheken. Über ScanDoc erfolgt derzeit die Dokumentation der Ausgabe von Hämophilie Konzentraten bei mehr als 2500 Patienten. Die ohnehin personalisierten Rezepte müssten hierzu einmalig durch eine Diagnose ergänzt werden.
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Einzelmeldung nur über bereits bestehende elektronische Dokumentationstools (z.B. Florio, Haemoassist u.a.). Die Schnittstellen zum DHR wurden bereits von den Betreibern der Tools programmiert.
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Wegfall der Dokumentation des von Willebrand Syndroms oder seltener Gerinnungsstörungen. Das ergibt sich bereits aus dem Namen des DHR als Hämophilie Register. Milde Fälle sind zudem meist nicht relevant. Der Dokumentationsaufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Datenerhebungen hierzu finden zudem bereits im Rahmen der GTH-Arbeitsgruppen statt.
Eine vom DHR unterstützte Einbindung bereits bestehender elektronischer Tools würde zu einer erheblichen Vereinfachung der Dokumentation und damit zur erhöhten Akzeptanz des Registers beitragen. Der Personalaufwand und damit die Kosten innerhalb der Zentren könnten deutlich reduziert werden (Thema Bürokratieabbau). Die Datenqualität wäre zudem erheblich besser, da Übertragungsfehler der Papierdokumentation zum DHR (nahezu) komplett wegfielen. Letztlich könnten alle, auch klinisch relevante Daten, zeitaktuell zugänglich gemacht werden. Letzteres ist im Hinblick auf zahlreiche neu zugelassene Produkte eine dringende Voraussetzung für ein sinnvolles Register und würde zu einer Verbesserung der Hämophilie Behandlung beitragen.
Jürgen Koscielny, Berlin: § 132i-Versorgungsverträge nach SGB V: Aktueller Stand inklusive ambulante Gentherapien
Nach langwierigen und gründlichen Verhandlungen - auch wieder mit dem Vorstand der GTH - ist der neue Änderungsvertrag mit dem VDEK da und sofort abschließbar. Hier die wichtigsten Änderungen, u.a. auch für die ambulante Gentherapie:
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Eingliederung der Gentherapie
Es wird auf die folgenden gesetzlichen Regelungen verwiesen:
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a) §136a Absatz 5 SGB V, Qualitätsanforderungen für Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP)
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b) § 35a Absatz 3b Satz 1 SGB V, Anwendungsbegleitende
Datenerhebung. Vergütung durch Pauschalen: Nach einer durchgeführten Gentherapie mit einem als wirtschaftlich gekennzeichneten Präparat kann das Hämophilie-Zentrum für weitere vier Quartale eine Basispauschale mit Arzneimitteltherapie und die Wirtschaftlichkeitspauschale I in Höhe von 200Euro abrechnen.
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Neueinführung der Wirtschaftlichkeitspauschale III
Für Aufwände, die sich bei einer Umstellung auf ein Produkt der Wirtschaftlichkeitsstufe II (goldene Kennzeichnung) ergeben, kann künftig zusätzlich die Wirtschaftlichkeitspauschale III, 100€/Quartal, abgerechnet werden. Diese gilt nur für o.g. Patient:innengruppe und kann nur in Kombination mit der Wirtschaftlichkeitspauschale II (450€) abgerechnet werden.
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Umgestaltung der Wirtschaftlichkeitspauschale I
Unter bestimmten Voraussetzungen (Alter der Patient:innen, Art der Erkrankung, Art der Therapie) wird die Höhe der Wirtschaftlichkeitsstufe I von 200€ auf 100 € reduziert. Für alle anderen Patient:innen bleibt die Höhe von 200 € bestehen.
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Neuer Patient:innen-Meldebogen: Anlage C2
Auf dem Meldebogen sollen künftig quartalsweise die Anzahl der Patient:innen je Produkt ersatzkassenübergreifend angegeben werden. Er soll in jedem Quartal dem vdek übermittelt werden.
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Sonstige Änderungen
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Anpassung der Formulierung zum Verzicht auf eine gesonderte Wirtschaftlichkeitsprüfung (nach § 106b SGB V)
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Einführung einer Frist zur Einreichung der Rechnungsunterlagen
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Regelmäßige Quartalsgespräche zwischen Hämophilie-Zentrum und Ersatzkassen
Im Januar 2025 werden Verhandlungen mit GWQ zur Eingliederung der ambulanten Gentherapie in die ärztliche Versorgungs- und Vergütungsstruktur, vergleichbar wie beim VDEK, geführt. Spectrum K ist auch angefragt. Die AOK-Gruppe sieht derzeit keinen Verhandlungsbedarf.
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Zertifizierung nach ATMP-QS-Richtlinie Hämophilie ist kostenfrei beantragbar
Eine Behandlungseinrichtung, die die Indikation stellt und die Behandlung durchführt, muss eine Erfahrung von mindestens 30 Behandlungsfällen mit schwerer Hämophilie im letzten Kalenderjahr nachweisen.Die für die Therapie verantwortlichen Ärzt:innen und mindestens ein:e weitere:r Kolleg:in tragen eine der folgenden Facharztbezeichnungen: „Innere Medizin“ mit Zusatzweiterbildung Hämostaseologie, „Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie“ mit Zusatzweiterbildung Hämostaseologie oder „Transfusionsmedizin“ mit Zusatzweiterbildung Hämostaseologie.
Die Verfügbarkeit der Fachdisziplin „Innere Medizin und Gastroenterologie“ zur Diagnostik und Behandlung von Lebererkrankungen muss in der Einrichtung selbst oder über Kooperationen sichergestellt sein. Es gelten Vorgaben zu Indikationsstellung und Patientenaufklärung und zum Vorhandensein von Standard-Prozeduren bei Behandlung und Monitoring.
Ein vom pharmazeutischen Unternehmer vorgelegten Vorher-Nachher-Vergleich – basierend auf einer Beobachtungsstudie beziehungsweise retrospektiv erhobenen Daten sowie einer Interventionsstudie – habe man aufgrund der „erheblichen methodischen Limitationen“ nicht für die Nutzenbewertung heranziehen können, teilte der G-BA mit. Insgesamt hätten damit keine geeigneten Daten für eine vergleichende Bewertung des Zusatznutzens vorgelegen.
Außerdem benötigen Einrichtungen, die Gentherapeutika bei Hämophilie anwenden wollen, eine Genehmigung der zuständigen KV beziehungsweise eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes. Zur Überwachung von Komplikationen erfolgt eine strukturierte Nachsorge über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren.Einrichtungen, die Gentherapeutika bei Hämophilie anwenden wollen, brauchen ab sofort eine Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beziehungsweise eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes (MD). Diese wird nach Anzeige der Behandlungseinrichtung und Übermittlung der erforderlichen Daten und Checklisten erteilt. Ob die Anforderungen eingehalten werden, prüft die zuständige KV im ambulanten Sektor bzw. der MD im stationären Sektor und bei den Hochschulambulanzen, und zwar anlassbezogen oder aufgrund von Anhaltspunkten.
Ute Scholz, Leipzig: Laborpfade in der Gerinnungsdiagnostik: „Empfehlungen“ der KBV
In Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden wurde 2019 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) begonnen, labordiagnostische Empfehlungen zu erarbeiten. Hierfür wurde ein Kompetenzzentrum Labor (CoC) als Ansprechpartner für Fragen und Aufgaben im Laborbereich gegründet.Im Jahr 2020 wurde eine zusätzliche Kommission für „labordiagnostische Empfehlungen“ ins Leben gerufen. Es wurden für die „Laborpfade“ zunächst 6 Startindikationen ausgewählt, z.B. zur Abklärung einer Thrombozytose, einer Verminderung des Quickwertes sowie einer aPTT-Verlängerung. Bezeichnender Weise waren der BDDH, eigentlich dier für diese Diagnostik maßgebliche Berufsverband, sowie die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) nicht in die Entwicklung eingebunden, was nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen werden kann und nicht akzeptabel ist.
Derzeit handelt es sich bei den Laborpfaden um Empfehlungen, diese sind also nicht verbindlich. Noch nicht? Hier ist Wachsamkeit gefragt, damit nicht aus Empfehlungen verbindliche Regeln für die hämostaseologische Diagnostik werden, was das ganze Fachgebiet der Hämostaseologie nachhaltig verändern würde.
Für den Vorstand des BDDH:
Dr. Günther Kappert
PD Dr. Jürgen Koscielny
PD Dr. Christoph Sucker
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Publication History
Article published online:
07 May 2025
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