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DOI: 10.1055/a-2446-8729
Kommentar zu: Wirbelkörperkompressionsfraktur: Perkutane Kyphoplastie plus Zoledronsäure

Die prospektive, multizentrische Studie untersucht die kombinierte Behandlung osteoporotischer Wirbelkörperkompressionsfrakturen (OVCF) mittels perkutaner Kyphoplastie (PKP) und Zoledronsäure (ZOL).
Hierbei wurden die zwischen Oktober 2019 und Oktober 2020 insgesamt 238 Patienten eingeschlossen und gleichmäßig in zwei Arme randomisiert. Beide Gruppen erhielten eine Kyphoplastie sowie postoperativ eine tägliche Gabe von 1000mg Kalzium und 800 IU Vitamin D. Die Kontrollgruppe erhielt eine Infusion von 100ml Kochsalzlösung am zweiten postoperativen Tag. Die Prüfgruppe hingegen erhielt ebenfalls am zweiten Tag postoperativ eine Infusion von 5mg /100ml Zoledronsäure (Aclasta, Novartis) über 15 Minuten.
Bei der Studie wird deutlich, dass die Osteoporose Therapie der Kernaspekt der Behandlung
ist, während die PKP eine ergänzende Rolle zur akuten Schmerzlinderung spielt. Die
Ergebnisse bieten wichtige Einsichten.
Die deutliche Verbesserung der Knochendichte (BMD) sowie die Abnahme der laborchemischen
Marker für den Knochenstoffwechsel in der ZOL-Gruppe zeigt, dass die systemische Therapie
mit Zoledronsäure der eigentliche Schlüssel zur Behandlung der zugrunde liegenden
Osteoporose ist. Zoledronsäure wirkt durch die Hemmung des Knochenabbaus und unterstützt
so die Stabilität des Skeletts, was sowohl die Frakturgefahr mindert als auch langfristige
strukturelle Verbesserungen erzielt.
Die PKP hingegen dient primär der akuten Schmerzlinderung und der mechanischen Stabilisierung
nach einem Frakturereignis. Während die Studie signifikante Verbesserungen des visuellen
Analogskalen-Scores (VAS) und des Oswestry Disability Index (ODI) in beiden Gruppen
direkt postoperativ zeigt, macht der geringere Anteil neuer Frakturen in der ZOL-Gruppe
(2 Patienten gegenüber 16 in der Kontrollgruppe) klar, dass eine PKP allein nicht
ausreicht, um die Ursache der Frakturen – die Osteoporose – zu behandeln. Ihre Rolle
bleibt auf die Symptomkontrolle beschränkt. Entsprechend zeigt die Studie einem signifikanten
Unterschied der VAS nach 12 Monaten.
Dabei waren die Nebenwirkungen der Zoledronsäure-Infusion, wie grippeähnliche Symptome,
mild und gut beherrschbar. Komplikationen wie Zementlecks bei der PKP traten zwar
auf, hatten jedoch keine klinische Relevanz. Dies belegt die Sicherheit und Durchführbarkeit
beider Maßnahmen in Kombination.
Die Methodik der Studie ist solide, insbesondere durch das prospektive und multizentrische
Design sowie die randomisierte Gruppeneinteilung. Dies reduziert Verzerrungen und
erhöht die Übertragbarkeit der Ergebnisse. Allerdings gibt es einige Einschränkungen.
Der 12-monatige Follow-up ist relativ kurz, um die langfristige Wirkung der Therapie,
insbesondere auf Frakturraten, vollständig zu bewerten. Eine Verlängerung auf mindestens
drei Jahre wäre wünschenswert, um robustere Daten zur Langzeitprävention neuer Frakturen
zu erhalten. Außerdem könnten größere Studien die Generalisierbarkeit weiter verbessern,
obwohl die Anzahl der Patienten ausreichend ist, um signifikante Unterschiede zwischen
den Gruppen zu erkennen. Auch wird nicht auf die Nebenwirken und ggf. Auswirkungen
beispielsweise einer reduzierten renalen Clearance eingegangen. Des Weiteren umfasste
die Studienpopulation nur Patienten mit primären OVCF. Ergebnisse könnten daher nur
eingeschränkt auf andere Formen der Osteoporose oder komplexere Frakturmuster übertragbar
sein.
Trotz dieser Einschränkungen verdeutlichen die Ergebnisse die Notwendigkeit, die Osteoporose
als Grunderkrankung konsequent zu behandeln, um Frakturen und deren Folgen langfristig
zu verhindern. Die Kyphoplastie hat ihre Berechtigung als unterstützende Maßnahme
zur akuten Schmerztherapie, ersetzt jedoch nicht die systemische Therapie der Osteoporose.
In der aktuellen klinischen Praxis wird die Osteoporose Therapie häufig eher hinter
der operativen Versorgung zurückgestellt und den Hausärzten zur Therapie im weiteren
Verlauf überlassen. Auch die perioperative i.v. Applikation scheint zumindest ein
Jahr einen messbaren Effekt zu haben. Dies steht im potenziellen Widerspruch mit den
Empfehlungen der KBV (Wirkstoff Aktuell 4/2008). Hier wird die Wirksamkeit gegenüber
oralen Antiresorptiven Medikamenten in Zweifel gestellt. Diese Aussage lässt sich
zwar mit der vorgestellten Studie nicht widerlegen. Eine Anerkennung einer i.v. Therapie
in Kombination mit einer Kyphoplastie oder auch konservativen Frakturbehandlung würde
aber möglicherweise die Behandlung unserer Patienten nach den vorgestellten Ergebnissen
maßgeblich verbessern.
Dieses Vorgehen sollte angesichts der guten Ergebnisse der vorliegenden Studie überdacht werden. Letztendlich ist die Erkenntnis der Notwendigkeit einer spezifischen Osteoporose Therapie nicht neu, jedoch in der täglichen Umsetzung noch immer mit sehr viel Luft nach oben behaftet. Dies zu ändern, liegt nicht zuletzt an uns.
Publication History
Article published online:
13 February 2025
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