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DOI: 10.1055/a-2446-8709
Kommentar zu: Spondylosithese-Operation: Drohen bei Adipositas schlechtere Langzeitergebnisse?

Mit einem zunehmenden Anteil adipöser Patienten in der Bevölkerung und der damit verbundenen steigenden Zahl notwendiger Operationen in diesem vulnerablen Patientenkollektiv erfasst der Artikel ein äußerst relevantes Thema. Anhand prospektiv erhobener Daten eines multizentrischen Registers wird das Langzeitoutcome (5 Jahre) nach Wirbelsäuleneingriffen bei dem häufigen Krankheitsbild einer Grad-1-Spondylolisthesis untersucht. Dabei wird spezifisch analysiert, ob Adipositas ein unabhängiger Risikofaktor für ein schlechteres Outcome darstellt und inwiefern dies die Indikationsstellung zur Operation beeinflussen kann.
Die Stärken des Artikels liegen insbesondere in der großen Anzahl an prospektiv untersuchten Patienten, der hohen Rate an vollständigen Follow-up-Daten sowie der detaillierten Erfassung von Schmerz- und funktionellen Outcomescores. Hervorzuheben ist die Verwendung des „Minimal Clinically Important Difference“ (MCID) Scores als Instrument zur Bewertung des subjektiven Patientennutzens. Dieser zeigt den subjektiven Nutzen innerhalb einer Gruppe als Outcomparameter zwischen prä- vs. postoperativ und ist somit eine valide Grundlage für den Vergleich der Gruppen trotz teils unterschiedlicher Patientencharakteristika. Positiv ist auch, dass sich die Gruppen in Bezug auf die Art der durchgeführten Operationen und die eingeschlossenen Segmente nicht signifikant unterscheiden, was die Vergleichbarkeit der Ergebnisse erhöht.
Kritisch anzumerken ist die fehlende Randomisierung der Patienten, die zu potenziellen Verzerrungen führen könnte. Der definierte Cut-off zwischen Adipositas Grad I und Grad II, obwohl plausibel begründet, erscheint willkürlich und kann einen nicht entdeckten Bias enthalten. Dieser Aspekt wird jedoch durch die Anwendung des MCID teilweise ausgeglichen, da das Outcome individuell innerhalb der Gruppe bewertet wird. Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die eingeschlossenen Operationsverfahren, da sowohl fusionierende als auch allein dekomprimierende Eingriffe berücksichtigt wurden. Ein sauber definiertes Kollektiv, das sich ausschließlich auf eine der beiden Operationsverfahren konzentriert, könnte die Aussagekraft der Studie erhöhen.
Die Ergebnisse insgesamt zeigen, dass adipöse Patienten vergleichbare Zufriedenheitsraten und eine Verbesserung der Outcome-Parameter im Verhältnis zu ihrem Ausgangsniveau erreichen. Eine Ausnahme bildet der postoperative Beinschmerz, der bei adipösen Patienten häufiger ein schlechteres Outcome aufweist. Wie aus der Literatur bekannt, sind perioperativer Blutverlust und Operationsdauer bei adipösen Patienten erhöht. Interessanterweise führte dies jedoch in der beschriebenen Kohorte nicht zu einer höheren Rate an Krankenhauswiederaufnahmen oder Reoperationen in Bezug auf den initialen Eingriff.
Zusammenfassend analysiert der Artikel zentrale Aspekte, die für die Behandlung adipöser Patienten relevant sind. Besonders vielversprechend ist die Erkenntnis, dass auch adipöse Patienten langfristig von der Operation profitieren. Die Erkenntnisse, in der vorliegenden Datenqualität, können aus unserer Sicht als solide Grundlage für die präoperative Beratung und Entscheidungsfindung herangezogen werden. Zukünftig wäre es spannend zu untersuchen, ob minimalinvasive Techniken die perioperativen und postoperativen Komplikationen im vulnerablen Patientenkollektiv adipöser Patienten spezifisch reduzieren können.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
13. Februar 2025
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