Dr. med. Kerstin Westphalen
Prof. Dr. Christian Habermann
Frau Dr. Westphalen, Herr Professor Habermann, wie wirkt sich der aktuelle Druck –
durch Fachkräftemangel, die anstehende Krankenhausreform oder knappe Finanzmittel
– auf Ihren Klinikalltag in der Radiologie aus?
Der Druck ist enorm, und das gilt besonders für nicht-universitäre Kliniken. Die Unsicherheiten
wirken sich auf alle Ebenen aus: Führungskräfte und Geschäftsführungen sind oft im
Unklaren darüber, wie genau es weitergehen wird und welche Anforderungen auf uns zukommen.
Wir alle wissen, dass das Gesundheitswesen reformiert werden muss, die jetzige Struktur
ist langfristig nicht tragfähig. Aber neben einer Reform brauchen wir vor allem schnelle
und klare Entscheidungen. Nur so lassen sich die Frustration und Verunsicherung, die
viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter empfinden, eindämmen.
Gerade für die interventionelle Radiologie sehe ich in der Reform aber auch Chancen:
Unsere Arbeit könnte dadurch noch sichtbarer werden, was helfen würde, unser Profil
als klinisch tätige Fachkräfte zu stärken und unsere Rolle im Krankenhausalltag besser
zu verankern.
Zur Krankenhausreform: Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich speziell
für die interventionelle Radiologie?
Die Diskussionen in Hamburg waren sehr wertvoll. Ein Anliegen, das uns besonders wichtig
war, war die Frage, ob wir die Radiologie als eigenen Leistungsbereich in der geplanten
Leistungsgruppen-Leistungsbereiche-Matrix (LG/LB-Matrix) positionieren können. Leider
stehen die Chancen dafür derzeit eher schlecht, da die Einteilung zunächst fest vorgegeben
wurde. Wir konzentrieren uns nun darauf, die Radiologie in der Rolle eines wesentlichen
„Leistungserbringers“ in die bestehende LG-Struktur zu verankern, um die Bedeutung
und den Beitrag unserer Arbeit noch deutlicher zu machen.
Auch der Mangel an Medizinische Technolog*innen für Radiologie (MTR) sorgt für Diskussionen.
Welche Herausforderungen sehen Sie, und wie könnte man langfristig entgegenwirken?
Der Mangel an MTR ist schon jetzt gravierend und wird sich wahrscheinlich weiter verschärfen.
Eine Lösung, die wir kontrovers diskutiert haben, wäre es, auch Medizinische Fachangestellte
(MFA) entsprechend weiterzubilden, damit sie die Fachkunde im CT-Bereich erwerben
können. Die Frage, wie diese Sonderausbildung aussehen könnte, bleibt jedoch noch
offen.
Es wird zunehmend deutlich, dass viele der Anforderungen in der Ausbildung von Schülerinnen
und Schülern mit mittlerem Schulabschluss als kaum leistbar empfunden werden. Daher
wurde über eine Verlängerung der Ausbildungszeit oder eine Überarbeitung des Curriculums
diskutiert. Einfach nur Schülerinnen und Schülern mit allgemeiner Hochschulreife anzuziehen,
ist keine Lösung – wir brauchen hier strukturelle Reformen, die auf den Bedarf und
die realistischen Fähigkeiten der Schulabgehenden abgestimmt sind.
Wie könnte „New Work“ die Arbeit für MTR und MFA flexibler gestalten?
Die flexible Gestaltung der Arbeitsplätze ist eine spannende Möglichkeit, um den Beruf
attraktiver zu machen. Es geht darum, Arbeitszeiten und Abläufe so zu organisieren,
dass mehr Flexibilität möglich wird – sei es durch angepasste Schichtpläne, mobile
Arbeitsformen oder Job-Sharing-Modelle. Solche Ansätze könnten helfen, mehr Menschen
für die Radiologie zu gewinnen und gleichzeitig eine nachhaltige Arbeitszufriedenheit
sicherzustellen.
Wie sehen Sie die Rolle des CAFRAD als Austauschplattform für Chefärztinnen und -ärzte,
und welche Ziele verfolgt diese zur besseren Interessenvertretung?
CAFRAD ist eine sehr wertvolle Plattform, die Raum für einen offenen und vertrauensvollen
Austausch schafft. Hier können Chefärztinnen und -ärzte Themen ansprechen, die sie
im Klinikalltag vielleicht nicht so einfach diskutieren würden. Der Austausch mit
erfahrenen Kolleginnen und Kollegen und auch mit Newcomern in der Vorgesetzten-Rolle
ist unglaublich bereichernd – oft lassen sich hier Ideen und Ansätze finden, die man
direkt im eigenen Arbeitsumfeld umsetzen kann.
Wir haben uns das Ziel gesetzt, das Forum für eine jüngere Generation von Chefärztinnen
und -ärzten attraktiver zu machen und sichtbarer zu werden. Ein erster Schritt war
die Überarbeitung des Namens, und jetzt steht der Relaunch der Website mit einem neuen
Logo, einer modernen Struktur und aktuellen Inhalten an. Auf unserer neuen Plattform
wird es auch einen geschützten Mitgliederbereich geben, wo ein noch vertraulicherer
Austausch möglich ist.
Als Mitglied der CAFRAD-Steuerungsgruppe fördern Sie den Austausch für Chefärztinnen
und -ärzten. Was macht die Plattform besonders attraktiv für neue Mitglieder?
Gerade für Newcomer ist es eine enorme Hilfe, auf die Erfahrung der Kolleginnen und
Kollegen zurückgreifen zu können. Es gibt viele Fragen, die man als frisch gebackene
Führungsperson hat, und die Möglichkeit, sich direkt an erfahrene Kolleginnen und
Kollegen wenden zu können, ist unbezahlbar. Auch wenn wir noch relativ wenige Frauen
in Chef-Positionen haben, habe ich das CAFRAD-Forum als sehr unterstützend und offen
erlebt. Der Kontakt zu anderen Menschen in meiner beruflichen Position ist für mich
eine Bereicherung, die ich auch nach Jahren noch gerne nutze. Das CAFRAD bietet eben
nicht nur Austausch, sondern auch Unterstützung, die über das Berufsleben hinausgeht.
Frau Dr. Westphalen, Herr Professor Habermann, haben Sie Dank für das Gespräch.