Einleitung
Im Jahr 2023 erkrankten in der EU über 370 000 Frauen an Brustkrebs, was einer
Inzidenz von bis zu 190 Neudiagnosen pro 100 000 Frauen entspricht [1 ] Von den 75 000 erkrankten Patientinnen in
Deutschland benötigt mehr als ein Viertel aufgrund der Tumorgröße, der
Tumorausbreitung und des Lymphknotenbefalls eine Mastektomie [[2 ]
Durch zahlreiche Verbesserungen der multimodalen Therapie des Mammakarzinoms konnte
nicht nur die lokoregionäre Rezidivrate reduziert, sondern auch das Gesamtüberleben
deutlich erhöht werden 3]. Ein wichtiger Baustein dieser Fortschritte ist die
adjuvante Strahlentherapie [10 ]–[14 ]
Die alleinige Fokussierung auf die Tumorkontrolle durch aggressive chirurgische
Therapieansätze steht heutzutage nicht mehr im Vordergrund. Insbesondere die
Auswirkungen der unterschiedlichen Behandlungsansätze auf die Lebensqualität der
Patientinnen werden zunehmend durch sogenannte „patient reported outcome measures“
(PROMs) in Studien als Evaluierungskriterien berücksichtigt [15 ]–[18 ]
In der Vergangenheit wurde bei entsprechender Indikation die klassische Mastektomie
durch Entfernung des gesamten Brustdrüsengewebes samt umliegenden
Hautweichteilmantels durchgeführt, ggf. in Verbindung mit einer
Wächterlymphknoten-Biopsie (sentinel lymph node – SLN) und/oder Axilladissektion
[19 ] Die anschließende adjuvante
Bestrahlung erfolgte auf die mastektomierte Thoraxwand ohne Rücksicht auf eine
Brustrekonstruktion oder deren Auswirkungen auf das Bestrahlungsfeld [9 ] Bei Wunsch der Patientin wurde die
Brustrekonstruktion zeitlich verzögert zur adjuvanten Postmastektomie-Radiotherapie
(PMRT) durchgeführt, was als sekundäre Brustrekonstruktion (delayed breast
reconstruction – D-BR) bezeichnet wird. Obwohl dieses Vorgehen eine gute
Tumorkontrolle ermöglichte und die zu erwartenden Strahlenschäden für die autologe
Rekonstruktion vermieden werden konnten, hatte die Verzögerung der
Brustrekonstruktion Auswirkungen auf den dauerhaften Verlust der körperlichen
Integrität, die Lebensqualität, das verbleibende Stigma sowie psychosoziale Folgen
[20 ]–[24 ]
Durch die Validierung der hautsparenden bzw. MAK-sparenden Mastektomie als
onkologisch gleichwertige Operationstechnik konnte die originäre Brusthaut erhalten
werden, wodurch sich andere Voraussetzungen für die Rekonstruktion und Bestrahlung
ergaben [25 ] Zur Vermeidung einer
Retraktion des Hautmantels erfordert dieser Therapieansatz einen simultanen, ggf.
temporären Ersatz des verlorengegangenen Brustvolumens. Dies kann durch eine
Sofortrekonstruktion (immediate breast reconstruction – I-BR) mit direkter
Implantat-Einlage (direct-to-implant (DTI)-Rekonstruktion) oder autologe
Brustrekonstruktion in einer Sitzung erfolgen. Ein weiteres Verfahren ist die
verzögerte autologe Sofortrekonstruktion (delayed-immediate breast reconstruction
–
D/I-BR), bei der z. B. aus onkologischen Gründen oder bei unklarer Indikation zur
PMRT in einer ersten Sitzung ein temporärer Platzhalter in Form eines Expanders oder
einer Prothese eingebracht wird und die sekundäre Brustrekonstruktion mindestens bis
zum Eingang der definitiven Pathologie verzögert wird [4 ]
[26 ]
Bei der sekundären Brustrekonstruktion erfolgt die Operation zeitlich verzögert
mehrere Monate nach Abschluss der Bestrahlung [27 ] Obwohl zahlreiche Studien belegen, dass die autologe
Brustrekonstruktion als Goldstandard in der Behandlung der mastektomierten Brust
gilt, werden weltweit weiterhin mehr Implantat-basierte Brustrekonstruktionen
durchgeführt [23 ], [28 ]
[29 ]. In den USA werden laut Angaben der „American Society of Plastic
Surgeons“ (ASPS) knapp 80% der Brustrekonstruktionen mit alloplastischen Verfahren
durchgeführt, zu denen die Expander-Implantat-Sequenz, die definitive sofortige
Rekonstruktion mit Implantat oder die Hybridrekonstruktion mit Implantat und
autologer Rekonstruktion zählen [[29 ]–[32 ]
Insgesamt konnte seit 2000 ein Anstieg sowohl bei heterologen als auch autologen
Brustrekonstruktionen um 40% verzeichnet werden, mit einem weiteren Anstieg um 3%
seit 2015. Dies ist vor allem auf eine deutliche Zunahme von Screening-Programmen,
Genanalysen, prophylaktischen Mastektomien bei z. B. BRCA1- und
BRCA2-Genmutations-bedingter Prädisposition sowie eine allgemeine Sensibilisierung
für Brustkrebs durch die Medien zurückzuführen [33 ],[34 ]
Für die autologe Brustrekonstruktion werden erhebliche Kurz- und Langzeitauswirkungen
der PMRT auf das Gewebe vor allem von gestielten TRAM Lappenplastiken in kleineren
Fallserien aus den späten 90er und frühen 2000er Jahren nachgewiesen, was die
kritische Haltung im deutschsprachigen Raum unterstützte [35 ] Es bleibt jedoch die Frage, ob die
jüngsten Veröffentlichungen und die Erfahrung der Teilnehmer des Workshops
ausreichen, um eine Neubeurteilung der Indikationen für eine autologe
Sofortrekonstruktion mittels mikrovaskulärer Lappenplastiken trotz zu erwartender
adjuvanter Bestrahlung zu rechtfertigen.
Methode
Die vorliegende Publikation fasst als Konsensus die relevante Literatur sowie die
Diskussion und die Empfehlungen der 51 Teilnehmer des Workshops „Zeitpunkt und
Auswirkung der Bestrahlung bei autologen Brustrekonstruktionen mittels freien
Lappenplastiken“ der 44. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für
Mikrochirurgie (DAM) in Bern (Schweiz) zusammen.
Die im Rahmen des Konsensus-Workshops diskutierten und erarbeiteten Empfehlungen
beziehen sich auf eine Literaturanalyse und Diskussion der Strahlenwirkung auf die
rekonstruierte Brust im Rahmen der multimodalen Behandlung des Mammakarzinoms sowie
auf die Vor- und Nachteile einer Sofortrekonstruktion gegenüber einer verzögerten
Sofortrekonstruktion und einer sekundären Rekonstruktion.
Vor Beginn des Workshops herrschte bei den anwesenden Mitgliedern die verbreitete
Meinung, dass eine geplante adjuvante Bestrahlung aufgrund der zu erwartenden
Strahlenfolgen auf das transplantierte, autologe Gewebe als Kontraindikation für
eine einzeitige autologe Brustrekonstruktion nach Mastektomie zu werten sei.
Methodisch wurde der Konsensus-Workshop nach den Vorgaben der DAM aufgebaut, indem
zur Abgleichung des Wissensstands aller Teilnehmer die aktuelle Studienlage im Zuge
dreier Impulsvorträge gegenübergestellt wurde. Anschließend wurden Empfehlungen für
die Indikation und das chirurgische Vorgehen sowie das Timing im Zusammenhang mit
der PMRT bei freier, autologer Brustrekonstruktion erarbeitet. Die
Implantat-basierte Sofortrekonstruktion war aufgrund der Heterogenität der
verbreiteten Verfahren (prä- vs. subpektorale Implantatlage; Wahl des Netzes oder
der dermalen Matrix (synthetisch vs. allogen vs. xenogen; etc.)) und aufgrund des
weiten Spektrums der verwendeten Materialen nicht Teil des Workshops.
Die im Anschluss erfassten Empfehlungen basieren auf den Ergebnissen der
Impulsvorträge, der relevanten Literatur und der Erfahrung und Diskussion der
anwesenden Teilnehmer dieses Workshops. Sie dürfen somit definitionsgemäß nicht als
evidenzbasierte Leitlinie gewertet werden.
Indikation für PMRT
Die PMRT umfasst die Anwendung von
ionisierenden Strahlen auf die Brustwand und/oder die angrenzenden
Lymphknotenabflusswege mittels externer Bestrahlung. Diese Strahlen wirken
direkt auf zellulärer Ebene, indem sie Proteine und DNA-Moleküle zerstören und
die Freisetzung von freien Radikalen und Elektronen verursachen, die zu weiterem
Zellschaden führen. Zu den direkten Zellschäden gehören
Chromosomenveränderungen, mikrovaskuläre Stenosen mit anschließender
Gewebeischämie und eine erhöhte Aktivität von Fibroblasten. Dies führt zu einem
fortschreitenden Verlust von Endothelzellen der Gefäße und damit zu weiterer
Ischämie. Auf Hautebene führt die Bestrahlung zu Veränderungen der epidermalen
und dermalen Keratinozyten und Melanozyten, Schädigung der Hautanhangsgebilde,
Atrophie und Fibrose [8 ]
[11 ]
[36 ]
[37 ] Strahlenfolgen
können sowohl von der kumulativen Gesamtdosis der einzelnen Strahlenfraktionen
als auch von der Frequenz der Einzeldosisapplikation abhängen und werden
allgemein in Früh- und Spätfolgen unterteilt. Frühfolgen umfassen Veränderungen,
die unmittelbar nach der Bestrahlung durch eine einsetzende Entzündungsreaktion
auftreten, wie Fibrose, Fettgewebsnekrose und letztlich Gewebeschrumpfung oder
Volumenverlust. Spätfolgen treten Jahre nach Bestrahlung auf und umfassen
Umbauprozesse nach der initialen Gewebeveränderung, wie Teleangiektasien,
bindegewebige Kontraktur, Veränderung der Brustform mit Asymmetrie, chromatische
Veränderungen der Haut. Die Grenzen zwischen Früh- und Spätfolgen sind nicht
eindeutig definiert.
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass PMRT die
lokoregionale Tumorkontrolle, das krankheitsfreie Überleben (Rezidivfreiheit)
und das Gesamtüberleben bei Frauen mit lokal fortgeschrittenem und
Lymphknoten-positiven Mammakarzinomen verbessern kann [5 ]
[6 ]
[7 ],[13 ]
[14 ]
[Tab. 1 ] fasst die aktuellen
Empfehlungen gemäß der interdisziplinären S3-AWMF-Leitlinie für die
Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms
zusammen.
Tab. 1 Indikation zur PMRT der Brustwand nach
evidenzbasierter Empfehlung der aktuellen Interdisziplinären
S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und
Nachsorge des Mammakarzinoms [7 ]
pT4
pT3 pN0 R0 bei Vorliegen von Risikofaktoren
(Lymphgefäßinvasion (L1), Grading G3, prämenopausal,
Alter<50 Jahre)
R1-/R2-Resektion und fehlender Möglichkeit der sanierenden
Nachresektion
a)>3 befallene axilläre Lymphknoten
b) 1–3 tumorbefallene axilläre Lymphknoten und Vorliegen
eines erhöhten Rezidivrisikos:
– HER2-positiv, triple-negativ, G3, L1, Ki-67>30%,>25%
der entfernten Lymphknoten tumorbefallen
– Alter≤45 Jahren mit zusätzlichen Risikofaktoren, wie
medialer Tumorlokalisation oder Tumorgröße>2 cm, oder
ER-negativ
c) Bei 1–3 tumorbefallenen axillären Lymphknoten und Tumoren
mit geringem Lokalrezidivrisiko (pT1, G1, ER-positiv,
HER2-negativ, wenigstens 3 Eigenschaften müssen zutreffen)
sollte auf die PMRT verzichtet werden
d) Bei allen anderen Patientinnen mit 1–3 tumorbefallenen
axillären Lymphknoten soll die individuelle Indikation
interdisziplinär festgelegt werden.
Auch wenn die Einführung der PMRT die Behandlungsergebnisse
des Mammakarzinoms deutlich verbesserte, führte ihre flächendeckende
Implementierung in den 90er Jahren zu veränderten Strategien für die zeitliche
Abfolge der autologen Brustrekonstruktion nach Mastektomie. Aufgrund der
folgenden Überlegungen bleibt der gewählte Zeitpunkt der autologen
Brustrekonstruktion in Zusammenhang mit PMRT weiterhin kontrovers
diskutiert.
1. Der autolog rekonstruierte Brusthügel beeinflusst die
applizierte Strahlendosis auf die Brustwand negativ.
2. Eine geplante PMRT
führt zu einer höheren Rate an Komplikationen und hat negative Auswirkungen auf
das operative Endergebnis.
Im Folgenden wird anhand der aktuellen
Datenlage auf die zwei Hypothesen eingegangen und dargestellt, welche Auswirkung
PMRT auf die unterschiedlichen Rekonstruktionsverfahren hat.
Datenlage zur
verzögerten autologe Sofortrekonstruktion (D/I-BR) und sekundären autologen
Rekonstruktion (D-BR) der Brust
Williams et al. veröffentlichten 1997 in
einer retrospektiven Studie die Strahlenfolgen nach gestielten
TRAM-Lappenplastiken und zeigten auf, dass es bei 52,6% der adjuvant bestrahlten
Patientinnen zu Strahlen-induzierten Schäden kam, welche in 31,6% aufgrund
starker Fibrosierung eine Revisionsoperation nach sich zogen [38 ]. Rogers et al. verglichen 2002 je 30
bestrahlte DIEP-Lappenplastiken mit 30 nicht bestrahlten DIEP-Lappenplastiken
und beobachteten signifikant höhere Raten an Fettgewebsnekrose, Fibrose und
Geweberetraktionen in der bestrahlten Gruppe [[39 ] Diese und ähnliche Studien führten zu einer Ablehnung der
autologen Sofortrekonstruktion bei geplanter oder zu erwartender adjuvanter
Bestrahlung und favorisierten eine sekundäre oder Spätrekonstruktion mit
vorgeschalteter PMRT [35 ].
Bei
der klassischen sekundären Brustrekonstruktion (delayed-breast-reconstruction –
D-BR) fällt die originäre Brusthaut bei der Mastektomie weg, und es erfolgt
keine Implantation einer Platzhalterprothese oder eines Gewebeexpanders. Daher
muss neben der Wiederherstellung des Brustvolumens auch die verlorengegangene
originäre Brusthaut ersetzt werden. Eine größere Hautinsel ist in der Regel
erforderlich, die Hautfarbe und -textur unterscheiden sich teilweise von der
ursprünglichen Hautqualität, und ein Teil der Narbe liegt unweigerlich weiter
kranial. Die Ausformung des Brustmantels stellt somit einen komplexeren
Operationsschritt dar.
Um den endgültigen pathologischen Befund
abzuwarten, die rekonstruktiven Vorteile einer hautsparenden bzw. MAK-sparenden
Mastektomie zu wahren und den Brusthügel zu adressieren, veröffentlichten
Kronowitz et al. 2004 eine Modifikation der klassischen, zweizeitigen
Brustrekonstruktion nach vollständiger Mastektomie. Nach Durchführung der
Brusthüllen-erhaltenden Mastektomie wird ein Gewebeexpander eingesetzt und so
weit befüllt, bis das ursprüngliche oder von der Patientin gewünschte
Brustvolumen erreicht ist. Während der sich anschließenden PMRT kann das Volumen
abgelassen und danach wieder befüllt werden [26 ]. So können negative Einflüsse des Expanders auf das Strahlenfeld
und eine Reduktion der Strahlendosis auf die Brustwand vermieden werden. Nach
Abschluss der Bestrahlung erfolgt dann die Entfernung des Platzhalters und die
endgültige Rekonstruktion der Brust mit autologem Gewebe (delayed/immediate
breast reconstruction – D/I-BR).
Ziel dieses Behandlungsalgorithmus ist
es, den natürlichen, formgebenden Brustmantel nach der Mastektomie durch
Implantation eines Gewebeexpanders zu erhalten, die onkologische Sicherheit
durch histologische Aufarbeitung der Resektionsränder zu maximieren und bei
Bedarf den Lymphknotenbefall zu definieren. In seltenen Fällen kann durch dieses
Vorgehen auch eine zuvor zu erwartende, adjuvante Bestrahlung nach
histopathologischer Befundung und entsprechendem „down-grading“ vermieden
werden. Bei erforderlicher PMRT wirken sich die Strahlenfolgen auf die
provisorische alloplastisch durchgeführte Brustrekonstruktion aus und schädigen
nicht autolog transplantiertes Gewebe. Gleichzeitig bleibt es bei diesem
Vorgehen der Patientin selbst überlassen, den Zeitpunkt der endgültigen
Brustrekonstruktion zu wählen oder das Verfahren zu überdenken. Durch das
Aufteilen von zwei Teilschritten der Operation in unterschiedliche Eingriffe
kann sich auch ein logistisch-organisatorischer Vorteil ergeben.
Den
erwähnten Vorteilen der verzögerten autologen Brustrekonstruktion stehen die in
zahlreichen Studien belegten Nachteile des zweizeitigen Verfahrens gegenüber.
Interessanterweise konnten Kronowitz et al. 6 Jahre nach der Erstvorstellung der
D/I-BR-Technik nachweisen, dass bei der Hälfte ihrer Patientinnen eine PMRT
nicht mehr notwendig war und somit das Einbringen eines Gewebeexpanders
überflüssig war. 14% der eingebrachten Platzhalter mussten aufgrund von
Hautnekrosen (56%), Infektionen (33%) und Expanderexposition nach der
Bestrahlung (11%) vorzeitig operativ entfernt werden [[40 ], [41 ] Auch beim direkten Vergleich der
D/I-BR-Technik gegenüber der sekundären Rekonstruktion wurden signifikant höhere
Komplikationsraten nach Einbringen eines Platzhalters festgestellt. Shammas et
al. verglichen 2021 in einer retrospektiven Analyse von 194 Patientinnen (n=140
D-BR und n=54 D/I-BR) die Inzidenz postoperativer Komplikationen. In der Gruppe
der D/I-BR zeigte sich im Vergleich zu verzögerten Rekonstruktion neben einer
signifikant höheren Rate an Wundinfektionen (40,7% versus 6,5%; p<0,001),
Wundheilungsstörungen (29,6% versus 12,3%; p=0,004), Hämatomen (11,1% versus
0,7%; p<0,001), und notwendigen Revisionsoperationen (27,8% versus 4,4%;
p<0,0001), dass bei 18,5% der Patientinnen (n=10) der Gewebeexpander wieder
entfernt werden musste. Interessant war auch, dass diese Komplikationen
vorwiegend während der Expansionsphase auftraten. In der Phase der autologen
Brustrekonstruktion konnten keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die
mikrochirurgische Komplikationsrate und die Verlust- oder Nekroserate der
Lappenplastiken festgestellt werden. Die Autoren dieser Arbeit stellen daher die
Frage, ob die postulierten ästhetischen und psychosozialen Vorteile einer D/I-BR
es rechtfertigen, die doch deutlich erhöhten Komplikationsraten während der
Expansionsphase in Kauf zu nehmen [42 ]
[▶Abb. 1 ] und [2 ] zeigen exemplarisch den Fall eines
Strahlen-bedingten Rekonstruktionsversagens der Brust im Rahmen einer
verzögerten autologen Sofortrekonstruktion.
Abb. 1 links: 50-jährige Patientin mit Mammakarzinom rechts.
rechts: Z.n. hautsparender Mastektomie mit Einlage eines Expanders und
erfolgreichem Abschluss der Expansion im Hinblick auf D/I-BR autologer
Brustrekonstruktion.
Abb. 2 links: Strahlen-bedingte Hautnekrose mit Freiliegen des
Expanders rechts: Z.n. Entfernung des Expanders (=rekonstruktives
Versagen).
Anlass zahlreicher Studien war die Frage, ob der Transfer von
autologem Gewebe auf ein bestrahltes Brustfeld und der mikrochirurgische
Anschluss an durch ionisierende Strahlung veränderte Anschlussgefäße mit einer
erhöhten intraoperativen Komplikationsrate an der Gefäßanastomose einhergeht und
somit die Lappenverlustrate erhöht. Fracol et al. untersuchten retrospektiv ein
Patientenkollektiv von 199 Frauen, bei denen beidseits autologe
Brustrekonstruktionen durchgeführt wurden, wobei die Rekonstruktion auf einer
Seite in zuvor bestrahltem Gebiet erfolgte. Somit konnte eine Kontrollgruppe
gebildet werden, bei der alle intrinsischen Patientenfaktoren als Ursache von
Komplikationen ausgeschlossen werden konnten. Dabei wurde festgestellt, dass
Komplikationen des arteriellen Gefäßanschlusses signifikant häufiger auf der
bestrahlten Seite auftraten (8% versus 3%, p=0,04), während keine Unterschiede
für die venösen Anastomosen beobachtet wurden. Dies wurde auf Veränderungen der
arteriellen Gefäßwand im Sinne einer Verdickung der Intima und Verkleinerung des
Gefäßlumens zurückgeführt. Gleichzeitig zeigten sich die Anschlussgefäße bei der
Durchführung der Anastomose an der A. mammaria interna nach Bestrahlung
fragiler. Die Rekonstruktion nach Bestrahlung zeigte häufigere postoperative
Wundinfektionen (4% versus 0.5%, p=0,04) im Vergleich zur nicht bestrahlten
Seite [[43 ]. Die erhöhte
Komplikationsrate in der Gruppe der bestrahlten Empfängerareale ging jedoch
nicht mit einer erhöhten Verlustrate an Lappenplastiken einher.
Weder bei
der D-BR noch bei der D/I-BR ist das Zeitintervall, in dem die finale autologe
Brustrekonstruktion durchgeführt werden soll, festgelegt bzw. validiert. In der
Originalarbeit von Kronowitz et al. von 2004 wurde für die verzögerte
Sofortrekonstruktion ein Zeitintervall von 2 Wochen veranschlagt, sofern nach
Eingang der histologischen Befunde keine PMRT erforderlich erschien. Im Falle
einer indizierten PMRT konnte der zweite Schritt im Sinne einer sekundären
Rekonstruktion im Abstand von 3 oder mehr Monaten nach Bestrahlung geplant
werden [[40 ]
Baumann et al.
zeigten bei 189 Patientinnen, die sich einer autologer Rekonstruktion im Sinne
einer D-BR unterzogen, dass ein zeitliches Intervall von 12 Monaten nach
Beendigung der Bestrahlung eingehalten werden sollte, da die operative
Revisions- und Verlustrate der Lappenplastiken signifikant höher innerhalb der
ersten 12 Monate nach PMRT waren. Zusätzlich zeigte sich ein Trend zu höheren
Inzidenzen an mikrovaskulären Thrombosen, Infektionen und Wundheilungsstörungen.
Hier wurde geschlussfolgert, dass die Veränderungen an den Empfängergefäßen
zeitabhängig sind und mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Bestrahlung weniger
ins Gewicht fallen. Ein zeitlicher Endpunkt, bei dem die Komplikationsraten
wieder vergleichbar waren, konnte jedoch nicht herausgearbeitet werden [[44 ] Diese Ergebnisse wurden allerdings
in anderen Studien nicht reproduziert, bei denen entweder auch ein Jahr
abgewartet oder sogar schon nach 6 Monaten rekonstruiert wurde [[43 ], [45 ] Ursächlich hierfür kann die oben
erwähnte Heterogenität der Strahlenfolgen und die individuell variable zeitliche
Abfolge von Früh- und Spätschäden sein. Zusammenfassend zeigt sich in der
zeitlichen Abstimmung, dass die autologe Brustrekonstruktion durch das
Vorschalten der Strahlentherapie signifikant verzögert wird. Wu Young et al.
haben in diesem Zusammenhang gezeigt, dass die abschließende Brustrekonstruktion
bei D/I-Verfahren im Schnitt erst 19 Monate und bei D-BR sogar 41 Monate nach
PMRT durchgeführt wurde, während in der Gruppe der I-BR die PMRT 2 Monate nach
dem Eingriff begonnen wurde [[22 ].
Datenlage zur autologen Sofortrekonstruktion (I-BR) der Brust
Die Sofortrekonstruktion mit autologem Gewebe wird in den USA bei ca. 14% der
betroffenen Patientinnen durchgeführt. Dabei sind gestielte Lappenplastiken aus
der Bauchregion mit 68% der Eingriffe am weitesten verbreitet, während lediglich
28% der autologen Rekonstruktionen mittels Gewebetransfers mit
mikrochirurgischem Gefäßanschluss durchgeführt werden, vornehmlich in
universitären Institutionen [[2 ]. Die
Überlegenheit der sofortigen, autologen Brustrekonstruktion im Vergleich zur
Implantat-basierten Brustrekonstruktion nach PMRT hinsichtlich der
Komplikationsrate und der Erfassung der subjektiven Ergebnisse mittels Breast-Q
Scores konnte sowohl durch prospektive, multizentrische Studien (MROC –
Mastectomy Reconstruction Outcomes Consortium), als auch anschließend durch
interdisziplinäre Expertenmeinung im Zuge des Oncoplastic Breast Consortiums
2021 bestätigt werden [46 ], [47 ] Es blieb jedoch ungeklärt, in
welchem zeitlichen Abstand zur PMRT die autologe Brustrekonstruktion stattfinden
sollte.
[Abb. 3 ] zeigt den exemplarischen
Verlauf einer Patientin nach Sofortrekonstruktion mit freien
DIEP-Lappenplastiken mit anschließender Bestrahlung.
Abb. 3 links: 40-jährige Patientin mit Mammakarzinom auf der
linken Seite vor Mastektomie, Mitte: 1 Monat nach PMRT bei Z.n.
bilateraler hautsparender Mastektomie mit Sofortrekonstruktion mit
freien DIEP-Lappenplastiken, rechts: 15 Monate nach PMRT.
Eine oft zitierte Studie aus dem Jahr 2001 von Tran et al. zeigte eine
signifikant höhere Inzidenz an Spätkomplikationen (wie Volumenverlust,
Fettgewebsnekrose und Geweberetraktion) nach Bestrahlung sowohl mikrovaskulär
angeschlossener als auch gestielter TRAM-Lappenplastiken [48 ] Obwohl zwischen bestrahlten und
nicht-bestrahlten Lappenplastiken keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf
frühe Gefäßkomplikationen und damit verbundene Verlustraten der Lappenplastiken
festgestellt wurden, führte bei 28% der Patientinnen der PMRT-Gruppe ein
Schrumpfen der Lappenplastik zu einer erforderlichen zweiten Lappenplastik;
vergleichbare Ergebnisse wurden durch Albino et al. 2010 berichtet [49 ]
Auch aus onkologischer Sicht wurde die autologe Sofortrekonstruktion als
nachteilig erachtet, da sie den Beginn der notwendigen Bestrahlung verzögern
würde. Diese Annahme konnte jedoch durch Shammas et al. im Jahr 2019 entkräftigt
werden, indem festgestellt wurde, dass zwar eine geringfügige Verzögerung (22
Tage) auftritt, diese jedoch keine Auswirkungen auf das Gesamtüberleben hat
[50 ] Des Weiteren wurde postuliert,
dass die autologe Sofortrekonstruktion vor der Strahlentherapie das Strahlenfeld
dahingehend verändert, dass die Brustwand aufgrund der veränderten Form nur
durch höhere Dosisapplikation auf Herz und Lunge ausreichend bestrahlt werden
könne [51 ] Diese Aussage konnte jedoch
durch die Gruppe um Koutcher et al. widerlegt werden, zumindest für die
Implantat-basierte Sofortrekonstruktion, und nachgewiesen werden, dass die
Brustwand auch nach Rekonstruktion des Brusthügels mit ausreichender
onkologischer Sicherheit mit akzeptabler Dosiserhöhung und akzeptablen Folgen
auf Herz und Lunge bestrahlt werden kann [[52 ]
In einer Metaanalyse von 44 Studien konnten Hershenhouse et al. 2020 anhand von
1927 autologen Sofortrekonstruktionen und 1546 sekundären autologen
Brustrekonstruktionen vergleichbare Ergebnisse in Bezug auf Früh- und
Spätkomplikationen (wie Gefäßthrombosen, Hämatome, Infektionen, Verlust der
Lappenplastik, Fettgewebsnekrose,) feststellen. Die Rate von Seromen war bei
Sofortrekonstruktionen sogar signifikant niedriger [[53 ] Eine weitere Metaanalyse von
Heimann et al. ein Jahr später stellte die Überlegenheit der
Sofortrekonstruktion in Bezug auf Lappenplastikteil- oder -totalverlustraten
fest, bei jedoch signifikant höheren Raten an Infektionen und
Wundheilungsstörungen im Vergleich zur sekundären Rekonstruktion.
Interessanterweise war die Anzahl an Revisionseingriffen in der Gruppe der
sekundären Rekonstruktionen signifikant höher [29 ] Im Jahr 2015 verglichen Taghzadeh et
al. in einer prospektiven Kohortenstudie 61 DIEP-Lappenplastiken mit PMRT mit 95
DIEP-Lappenplastiken ohne PMRT hinsichtlich des Auftretens von
Wundheilungsstörungen, Fettgewebsnekrosen, zusätzlichen Eingriffen zur
Entfernung von Fettgewebsnekrosen, operationsrelevanten Volumendefiziten und
Lappenplastikverlustraten. Dabei konnten auch sie keine signifikanten
Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen feststellen und sehen daher die
geplante PMRT nach autologer Sofortrekonstruktion nicht als Kontraindikation an
[54 ] Analog verglichen Wu Young et
al. in einer retrospektiven Studie 36 Patientinnen mit autologer
Sofortrekonstruktion und anschließender PMRT mit 89 Patientinnen mit sekundärer
Brustrekonstruktion nach adjuvanter PMRT. Auch sie konnten keine signifikanten
Unterschiede in der Rate der Gesamtkomplikationen (61,1% vs. 71,9%, p=0,29)
nachweisen. Die Revisionsrate in der Gruppe der Sofortrekonstruktion war jedoch
signifikant niedriger (47,2% vs. 69,7%, p=0,02). Die Gruppe der sekundären
Rekonstruktion brauchte größere Volumina an Fetttransfer (durchschnittlich
180 ml vs. 53 ml, p=0,01) und häufiger durchgeführte angleichende
Bruststraffungen der Gegenseite zum Ausgleich von Asymmetrien (18,0% vs. 2,8%,
p=0,02) [[22 ] Der sofortige Brustaufbau
mit autologem Gewebe und anschließender PMRT stellt somit auch für die Gruppe um
Wu Young et al. eine sichere Therapieoption nach Mastektomie vor PMRT dar.
Davon unabhängig konnte die Kosteneffizienz einer autologen Sofortrekonstruktion
im Vergleich zur sekundären Rekonstruktion für die Gesundheitssysteme anhand von
Studien sowohl für den amerikanischen Raum als auch für Europa festgestellt
werden. Es wurde dabei nachgewiesen, dass bei einer Sofortrekonstruktion
aufgrund einer einzigen Operation und der damit verbundenen Kosten für
Narkoseverfahren, stationärem Aufenthalt und nur einer Genesungsperiode
Ressourcen eingespart werden. Shammas et al. verglichen 2023 Patientinnen mit
Sofort-, verzögerter Sofort- und sekundärer Brustrekonstruktion in Hinblick auf
Komplikationsraten, allgemeine Kosten und Belastung für Gesundheitsressourcen
(Revisionsoperationen, ambulante Wiedervorstellungen, stationäre
Wiederaufnahmen, etc.). Die höchsten Komplikationsraten und Kosten und somit die
höchste Belastung für die Gesundheitsressourcen wurden in dieser Arbeit in der
Gruppe der verzögerten Sofortrekonstruktion festgestellt, während die Gruppe der
Patientinnen mit Sofortrekonstruktion am besten abschnitt [55 ]–[57 ]
PROMs und HRQOL
Durch Verbesserungen in der der multimodalen
Therapie des Brustkrebses und der damit verbundenen verbesserten Überlebensraten
sowie der allgemeinen Reduzierung der Komplikationsraten bei rekonstruktiven
Eingriffen an der weiblichen Brust rücken Patientenzufriedenheit und die
Bewertung der Lebensqualität zunehmend in den Vordergrund bei der Bewertung
verschiedener Therapieansätze [[47 ],
[58 ]. Der BREAST-Q ist ein
validierter und weltweit verbreiteter Fragebogen, der speziell darauf
ausgerichtet ist, die Patientenzufriedenheit und die Auswirkungen auf die
Lebensqualität von rekonstruktiven Brusteingriffen zu bewerten [[59. ]
Im ersten postoperativen
Jahr nach Brustrekonstruktion waren laut der „Michigan Breast Reconstruction
Outcome Study“ die Ergebnisse zwischen Implantat-basierter und autologer
Rekonstruktion, gemessen an den genannten PROMs, vergleichbar. Im zweiten
postoperativen Jahr ändern sich die Ergebnisse signifikant zugunsten der
autologen Rekonstruktion [17 ] Eine
Analyse des BREAST-Q Fragebogens bei 7619 Patientinnen bestätigte diese
Ergebnisse sogar nach durchschnittlich 6,7 Jahren [2 ]
Es ist allgemein akzeptiert,
dass Patientinnen mit sekundärer Rekonstruktion bei diesem Fragebogen bessere
Ergebnisse erreichen als Patientinnen mit autologer Sofortrekonstruktion [18 ] Es wird angenommen, dass
Patientinnen mit sekundärer Rekonstruktion die Ergebnisse mit einer flachen
Brustwand nach Mastektomie vergleichen, während Patientinnen nach
Sofortrekonstruktion die normale Brustform als Referenz betrachten. Dieses
Phänomen spiegelt bereits die Grenzen der PROMs bei der Therapiewahl der
Brustrekonstruktion wider, da subjektive Bewertungen von Endergebnissen mit
unterschiedlichem Ausgangsbefund verglichen werden. Um diesem Bias
entgegenzuwirken, fügten O’Connell et al. in ihrer Studie eine Auswertung durch
ein Fachgremiums hinzu. Sie untersuchten die Patientenzufriedenheit anhand des
BREAST-Q Fragebogens über einen Zeitraum von 5 Jahren bei Patienten, die sich
einer Rekonstruktion mit DIEP-Lappenplastik im Rahmen einer PMRT unterzogen
hatten. Die ästhetischen Ergebnisse wurden durch ein Gremium aus zwei
plastischen Chirurgen und 2 Senologen anhand einer 3D-Fotodokumentation
bewertet. Die Patientinnen wurde in 4 Gruppen unterteilt: Sofortrekonstruktion
mit DIEP-Lappenplastik ohne Bestrahlung, Sofortrekonstruktion mit
DIEP-Lappenplastik und Bestrahlung, sekundäre Rekonstruktion mit vorgeschalteter
PMRT und verzögerte Sofortrekonstruktion mit temporärem Expander während der
Bestrahlung und anschließender autologer Brustrekonstruktion. Patientinnen ohne
PMRT erzielten signifikant bessere Ergebnisse sowohl in den BREAST-Q Scores als
auch in der Bewertung des Gremiums. In den Untergruppen mit PMRT erzielten
Patientinnen mit sekundärer Rekonstruktion die besten Ergebnisse in Bezug auf
den BREAST-Q, jedoch wurden diese Ergebnisse durch die Bewertung des
Fachgremiums nicht bestätigt. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede
in den 3 weiteren Gruppen [[18. ]
Billig et al. zeigten hingegen im direkten Vergleich der
BREAST-Q Werte von Sofortrekonstruktion und sekundärer Rekonstruktion, dass
Patientinnen mit sekundärer Rekonstruktion bei den präoperativ erhobenen
Fragebögen deutlich niedrigere Werte in der Zufriedenheit mit der Brust sowie
psychischem und sexuellem Wohlbefinden aufwiesen. Ein und zwei Jahre nach der
Brustrekonstruktion zeigte sich jedoch kein Unterschied mehr zwischen den beiden
Gruppen. Somit beeinflusst die PMRT nach einer autolog rekonstruierten Brust
nach Sofortrekonstruktion das subjektive Empfinden der Patientinnen bezüglich
Lebensqualität und Ästhetik zumindest nicht negativ [20 ], [58 ]
[60 ].
Konsensfindung
Im Anschluss an die Vorträge des Workshops wurde unter den 51 Workshopteilnehmern
ein
Konsens zu den folgenden Themen erzielt (siehe auch [Tab. 2 ]):
Tab. 2 Zusammenfassung der
Konsensus-Empfehlungen.
Sekundäre Rekonstruktion (D-BR) : Autologe
Brustrekonstruktion zeitlich versetzt zur Mastektomie
Verzögerte Sofortrekonstruktion (D/I-BR) : Durchführung der
Mastektomie gefolgt von Implantat- oder Expander-Einlage mit
anschließender Entfernung des alloplastischen Materials in einem
zweiten Eingriff mit gleichzeitigem freiem autologen
Gewebetransfer
Ziele jeder Brustrekonstruktion
Ästhetische Annäherung zur Gegenseite gemäß der "6S"
(size, shape, symmetry, softness, safety, sensation)
Schonung des Hautmantels
MAK-sparende oder hautsparende Verfahren anzustreben
Radikale Mastektomie ästhetisch unterlegen
Präferierter Behandlungspfad im DACH-Raum
Verzögerte autologe Sofortrekonstruktion
Durchführung der autologen Rekonstruktion 3–6 Monate nach
PMRT
PMRT: Keine Kontraindikation
PMRT und zu erwartende Strahlenfolgen stellen keine
Kontraindikation für eine autologe Sofortrekonstruktion dar
1. Definition der einzelnen Behandlungsalgorithmen bei geplanter PMRT
Sofortrekonstruktion (I-BR):
Sekundäre Rekonstruktion (D-BR):
Verzögerte Sofortrekonstruktion (D/I-BR):
Durchführung der Mastektomie, gefolgt von Implantat- oder
Expander-Einlage, mit anschließender Entfernung des
alloplastischen Materials in einem zweiten Eingriff mit
gleichzeitigem freiem autologen Gewebetransfer
2. Ziele der Rekonstruktion
Das Ziel jeder Rekonstruktion sollte eine weiche und sensible Brust sein, welche
durch ein sicheres Verfahren eine Symmetrie in Form und Größe zur nicht
betroffenen Gegenseite schafft (6S: size, shape, symmetry, softness, sensation,
safety) [[32 ], [61 ]
3. Schonung des Hautmantels
Um die unter Punkt 2 genannten Ziele zu erreichen, ist es, sofern onkologisch
gerechtfertigt, erforderlich, den Hautmantel bei der Mastektomie zu schonen. Die
sekundäre Brustrekonstruktion nach Mastektomie (mastectomia simplex) ist
ästhetisch allen Verfahren unterlegen, bei denen der Hautmantel vollständig
(MAK-sparend) oder fast vollständig (hautsparend) erhalten wird. Dieser
Grundsatz ist unabhängig von einer PMRT zu bewerten. Je mehr Haut- und
Weichteilmantel bei gleicher onkologischer Sicherheit erhalten werden kann,
desto besser ist das spätere klinisch-ästhetische Ergebnis.
4. Bestandsaufnahme der bevorzugten Technik
Bei der Bestandsaufnahme der derzeit im DACH-Raum bestehenden klinischen
Behandlungspfade konnte festgehalten werden, dass die Mehrzahl der Teilnehmer
eine verzögerte Sofortrekonstruktion in ihrem klinischen Alltag verfolgt.
Hinsichtlich des zeitlichen Intervalls zwischen Bestrahlung und definitivem
autologen Brustaufbau waren die meisten übereingekommen, dass ein Zeitraum von
3–6 Monaten nicht überschritten werden sollte.
5. PMRT: Keine Kontraindikation
Als Gründe für eine häufig nicht umgesetzte Sofortrekonstruktion trotz
validierter Daten in der Literatur wurden medizinische, logistische und
ökonomische Faktoren angegeben.
Entgegen dem ursprünglichen Meinungsbild vor dem Workshop wurde eine PMRT und die
damit zu erwartenden Strahlenfolgen nicht mehr als Kontraindikation für eine
autologe Sofortrekonstruktion angeführt.