Am 11.09.2024 fand bei der Bundesärztekammer (BÄK) ein Gespräch mit den Berufsverbänden
statt, woran auch der BDDH e. V. teilnahm. Hierbei wurde ein Entwurf zur neuen Gebührenordnung
für Ärzte (GOÄ) vorgestellt. Es handelt sich dabei um die allerneuste Version, wie
sie aus den abschließenden Verhandlungen zwischen BÄK und dem Verband der Privaten
Krankenversicherungen e. V. (PKV) entstanden ist.
Zur Erinnerung: Der inzwischen fast in Vergessenheit geratene Bundesgesundheitsminister
Daniel Bahr hatte BÄK und PKV aufgefordert, einen Konsens zu einer neuen GOÄ zu erarbeiten,
was hiermit wohl auch scheinbar erreicht wurde. BÄK und PKV können aber keine neue
GOÄ beschließen. Dies ist Aufgabe des Bundesrates auf Antrag der Bundesregierung bzw.
des Bundesgesundheitsministers. Seit 1996, also seit 28 Jahren wirtschaftlicher Inflation
und medizinischer Innovation, hat es keine Reform mehr gegeben. 2022 wurde bereits
eine von den Ärzten erarbeitete GOÄ neu dem Bundesgesundheitsminister auf dem Ärztetag
übergeben.
An den letzten Gesprächen zwischen BÄK und PKV war das BDDH e. V. genauso wenig wie
die anderen ärztlichen Berufsverbänden beteiligt. Allerdings hatten wir in den Jahren
zuvor intensiv an den Formulierungen und den Gebührenordnungspunkten für Gerinnungsanalysen
mitgearbeitet und dabei uns um die vollständige Abbildung unserer Diagnostik in einem
modernen Regelwerk erfolgreich bemüht.
Als positiv wird an dieser Version verkauft, dass eine Steigerung des Gesamtbüdget
von insgesamt 9% in den nächsten 3 Jahren vorgesehen ist. Dies ist aber tatsächlich
nicht damit gleichzusetzen, dass der Punktwert und damit die Vergütung der Einzelleistung
um 9% steigen würde. Es wird nur das Gesamtvolumen erhöht. Wenn die Zahl der Leistungen
zunimmt, bremst dies die Steigerung der Bewertung der Einzelleistung entsprechend
ab. Dies ist der Einstieg in eine ähnliche Regelung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes
(EMB) der gesetzlichen Versicherungen und vielleicht auch schon der erste Schritt
Richtung Bürgerversicherung. Außerdem bleibt festzuhalten, dass 9% die gestiegenen
Kosten seit 1996 und auch nicht die zu erwartende Inflation in den anstehenden 3 Jahren
ausgleichen werden.
Aber es trifft bestimmte Bereiche noch schlimmer: Radiologie und Basislabor werden
um 29% abgewertet. In der Gerinnungsspezialdiagnostik gibt es unterschiedliche Entwicklungen.
Plasmathrombinzeit wird um 73 % (von 4,69€ auf 1,24€) abgewertet. Hier ist für die
GOÄ alt der Steigerungsfaktor 1,15 eingerechnet, welcher in Zukunft entfallen soll.
Die antiquierte Blutungszeit wird jetzt 100% besser gezahlt: 8,01€ statt 4,02€ Antikoagulantienspiegel
werden 150% bis 190% besser bezahlt, Gerinnungsfaktoren um 4,7% bis 38% abgewertet.
Es wird nicht mehr die Möglichkeit geben, ähnliche Untersuchungen einfach wie bisher
abzurechnen, wobei die Möglichkeit einer abweichenden Honorarvereinbarung bestehen
bleibt. Stattdessen wird eine gemeinsame Kommission aus BÄK, PKV und Beihilfe gegründet.
Diese macht dann Empfehlungen zur Anpassung der GOÄ an den medizinischen Fortschritt
und zur Analogabrechnung von neuen oder bisher in der GOÄ nicht abgebildeten Verfahren.
Dies kann dann zu einer Innovationsbremse in Zukunft entarten.
Schließlich wird sich für alle unsere Mitglieder mit Laboranalytik der bürokratische
Aufwand erhöhen. Werden mehr als fünf Untersuchungen aus dem Kapitel Gerinnung (M.III.08)
erbracht, so ist dies zu begründen. Diese wird dann also bei jeder Abklärung einer
Blutungsneigung notwendig werden.
Daher haben wir im Namen des BDDH e. V. diesem GOÄ-Entwurf gegenüber der Ärztekammer
widersprochen. Der entsprechende Brief wurde allen Mitgliedern per Mail zugesandt
und ist auf https://www.bddh.org abrufbar. Auch andere Verbände wie die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin
und Immunhämatologie DGTI haben sich an diesem Widerstand beteiligt.
Inzwischen hat sich auch der Ärztekammerpräsident Reinhardt im Ärzteblatt (Deutsches
Ärzteblatt | Jg. 121 | Heft 20 | 4. Oktober 2024 | Seite A 1274- 1276) zu Wort gemeldet
und somit auf die laute Kritik aus der Ärzteschaft reagiert. Es soll hiernach erst
einmal zu weiteren Gesprächen mit den Verbänden kommen. Eine Verabschiedung der GOÄ
ist nur mit Zustimmung der Breite der Ärzteschaft möglich. Er warnt vor einer Ablehnung,
da nur durch einen gemeinsamen Vorschlag von BÄK, PKV und auch Beihilfe die Politik
zum Beschluss einer neuen Gebührenordnung getrieben werden kann.
Für den Vorstand des BDDH:
Dr. Günther Kappert
PD Dr. Jürgen Koscielny
PD Dr. Christoph Sucker