Z Gastroenterol 2024; 62(09): e537-e554
DOI: 10.1055/a-2255-7355
Leitlinienreport

Leitlinienreport der S2k-Leitlinie Lebertransplantation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein und Viszeralchirurgie (DGAV)

Version 1.0 – Dezember 2023 – AWMF-Registernummer: 021-029
Pia Lorenz
1   Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Berlin, Deutschland
,
Niklas Aehling
2   Bereich Hepatologie, Medizinischen Klinik II, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
,
Tony Bruns
3   Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum Aachen, Aachen, Deutschland
,
Wolf Bechstein
4   Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Universitätsklinikum Frankfurt, Frankfurt, Deutschland
,
Thomas Becker
5   Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Thorax-, Transplantations- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
,
Thomas Berg
2   Bereich Hepatologie, Medizinischen Klinik II, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
,
Paul Freudenberger
6   Clinical Guideline Services, Berlin, Deutschland
,
Christian Trautwein
3   Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum Aachen, Aachen, Deutschland
,
Lars Klug
1   Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Berlin, Deutschland
,
Petra Lynen Jansen
1   Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Berlin, Deutschland
› Author Affiliations
 

Tabellenverzeichnis

[Tab. 1]: Steuergruppe

e539

[Tab. 2]: Mitglieder der Leitliniengruppe

e540

[Tab. 3]: Oxford Centre for Evidence-Based Medicine 2011 Levels of Evidence

e541

[Tab. 4]: Schema zur Graduierung von Empfehlungen

e542

[Tab. 5]: Einteilung der Konsensstärke

e542

[Tab. 6]: Übersicht über die erhaltenen Suchtreffer in den Recherchen

e543

[Tab. 7]: Änderungsvorschläge zur Konsultationsfassung

e545

[Tab. 8]: Übersicht aller Empfehlungen, bei denen moderate Interessenkonflikte vorlagen

e553


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1 Informationen zum Leitlinienreport

Dieser Leitlinienreport dokumentiert die Erstellung der Leitlinie von August 2016 bis April 2023.

1.1 Herausgeber


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1.2 Federführende Fachgesellschaften

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankrankheiten (DGVS)

Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. (DGAV)


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1.3 Geltungsbereich und Zweck

Die Lebertransplantation stellt häufig eine lebensrettende Therapieoption eines akuten oder chronischen Funktionsausfalls der Leber dar und zählt nach der Niere zu den zweithäufigsten Organtransplantationen. Da hierbei nicht nur der operative Eingriff, sondern auch die lebenslange Nachsorge und mögliche Komorbiditäten abgewogen werden müssen, handelt es sich bei der Transplantationsmedizin um ein Querschnittsfach mit hoher interdisziplinärer Vernetzung, welches auf die fachliche Expertise in der Gastroenterologie und Hepatologie zurückgreift [1].

Ziel der Leitlinie ist, die Diagnostik und Therapie der Lebertransplantation zu standardisieren und zu verbessern Darüber hinaus sollen mit der Leitlinie diagnostische und therapeutische Herausforderungen sowie neue Therapieoptionen und Perspektiven dargestellt werden.


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1.4 Zielorientierung der Leitlinie

Ziel der Leitlinie ist, in der internistischen, chirurgischen, gastroenterologischen, nephrologischen, ernährungsmedizinischen, pathologischen, infektiologischen, kardiologischen, anästhesiologischen, bildgebenden, psychosomatischen und psychologischen Praxis Empfehlungen zu geben, die die Versorgung der Patienten verbessern. Darüber hinaus soll die Leitlinie einen Handlungskorridor für häufige Entscheidungen liefern.

Patientenzielgruppe sind erwachsene Patienten mit Leberversagen.


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1.5 Versorgungsbereich

Ambulant und stationär


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1.6 Anwenderzielgruppe/Adressaten

Die Leitlinie richtet sich an alle an der Diagnostik und Therapie beteiligten Berufsgruppen (Internisten, Gastroenterologen, Chirurgen, Nephrologen, Ernährungsmedizinern, Pathologen, Infektiologen, Kardiologen, Anästhesisten, Radiologen, Psychosomatikern, Psychologen), Patientenvertreter sowie Betroffene und Angehörige. Sie dient zur Information für Pädiater und Leistungserbringer (Krankenkassen, Rentenversicherungsträger).


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1.7 Zusammensetzung der Leitliniengruppe: Beteiligung von Interessensgruppen

Die Leitlinie wurde federführend durch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. (DGAV) erstellt, die als Koordinatoren Herrn Prof. Thomas Berg (DGVS), Leipzig, Herrn Prof. Christian Trautwein (DGVS), Aachen, Herrn Prof. Thomas Becker (DGAV), Kiel und Herrn Prof. Wolf O. Bechstein (DGAV), Frankfurt am Main, beauftragte. Methodisch verantwortlich waren Frau PD Dr. Petra Lynen Jansen und Frau Pia Lorenz, DGVS-Geschäftsstelle, Berlin. Frau Dr. Monika Nothacker, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Berlin, stand zur methodischen Beratung zur Seite und moderierte als neutrale Leitlinienexpertin die Konsensuskonferenz. Herr Torsten Karge stand für das Leitlinienportal zur Verfügung und übernahm die technische Betreuung der Konsensuskonferenz.

Das Leitlinienvorhaben wurde in der Zeitschrift für Gastroenterologie ausgeschrieben und auf der Webseite der AWMF veröffentlicht, so dass weitere Fachgesellschaften/Vertreter sich zur Mitarbeit melden konnten. Die für das Fachgebiet relevanten Fachgesellschaften und Patientengruppen wurden angeschrieben und um die Benennung von Mandatsträgeren gebeten.


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1.8 Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligte Fachgesellschaften

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. (DGAV)
    W. Bechstein (Frankfurt am Main), T. Becker (Kiel), M. Glanemann (Homburg), M. Guba[*] (München), I. Klein (Würzburg), H. Lang (Mainz), S. Manekeller (Bonn), A. Mehrabi (Heidelberg), U. Neumann (Essen), A. Pascher[*] (Münster), J. Pratschke[*] (Berlin), F. Rauchfuß (Jena), P. Schemmer (Bern), H. Schlitt (Regensburg), M. Schmelzle (Hannover), H. Schmidt (Essen), A. Schnitzbauer (Frankfurt am Main), W. Schöning (Berlin), D. Seehofer (Leipzig), U. Settmacher* (Jena), M. Sterneck (Hamburg), R. Sucher (Leipzig)

  • Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e. V. (DGCH)
    P. Schemmer (Bern)

  • Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM)
    M. Plauth (Dessau)

  • Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e. V. (DGfN)
    Gäckler (Essen), A. Kribben (Essen)

  • Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)
    R. Günther (Kiel)

  • Deutsche Gesellschaft für Pathologie e. V. (DGP)/Bundesverband Deutscher Pathologen (BDP)
    H. Baba (Essen), C. Flechtenmacher (Heidelberg)

  • Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V. (DGI)
    C. Lübbert (Leipzig), O. Witzke (Essen)

  • Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK)
    C. Jung (Düsseldorf)

  • Deutsche Röntgengesellschaft, Gesellschaft für Medizinische Radiologie e. V. (DRG)
    K. Ringe (Hannover), A. Schreyer (Brandenburg an der Havel)

  • Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e. V. (DGKL)
    T. Kaiser (Leipzig),

  • Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI)
    T. Schürholz (Aachen), B. Sinner (Regensburg), R. von Haken (Heidelberg), M. Weigand (Heidelberg)

  • Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN)
    Batra (Tübingen), D. Eser-Valeri (München)

  • Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e. V. (DGPM)
    Y. Erim (Erlangen)

  • Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin e. V. (DKPM)
    Y. Erim (Erlangen)

  • Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin e. V. (DGIIN)
    V. Fuhrmann (Duisburg)

  • Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e. V. (DG-Sucht)
    A. Batra (Tübingen)

  • Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG)
    F. Braun[*] (Kiel), Y. Erim (Erlangen), S. Nadalin (Tübingen), K. Staufer (Wien)

  • Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)
    A. Barreiros (Mainz)

  • Bundesverband der Organtransplantierten e. V. (BDO)
    H. Wohn (Wiesbaden)


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1.9 Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligung von Patienten

  • Gastro-Liga Deutschland
    A. Geier (Würzburg)

  • Selbsthilfe Lebertransplantierte Deutschland e. V.
    J. Riemer (Bretzfeld)

  • Deutsche Leberhilfe
    H. Wohn (Wiesbaden)

Neben der Steuergruppe ([Tab. 1]) wurden 13 Arbeitsgruppen (AGs) gebildet, die jeweils von zwei AG-Leitenden geleitet wurden ([Tab. 2]). In den AG arbeiteten neben Gastroenterologen und Chirurgen, Internisten, Nephrologen, Ernährungsmediziner, Pathologen, Infektiologen, Kardiologen, Anästhesisten, Radiologen, Psychosomatiker, Psychologen und Patientenvertreter mit.

Tab. 1

Steuergruppe.

Name

Ort

Zuständigkeit

N. Aehling

Leipzig

DGVS

W. Bechstein

Frankfurt am Main

DGAV

T. Becker

Kiel

DGAV

T. Berg

Leipzig

DGVS

T. Bruns

Aachen

DGVS

C. Trautwein

Aachen

DGVS

Tab. 2

Mitglieder der Leitliniengruppe.

AG 1 A: Akutes Leberversagen

AG-Leitung

A. Canbay, Bochum (DGVS)

J. Pratschke, Berlin (DGAV)

AG-Mitglieder

N. Aehling, Leipzig (DGVS)

C. Lange, München (DGVS)

M. Schmelzle, Hannover (DGAV)

W. Schöning, Berlin (DGAV)

T. Schürholz, Aachen (DGAI)

R. von Haken, Heidelberg (DGAI)

AG 1 B/C: Indikation bei Leberzirrhose und ACLF

AG-Leitung

D. Seehofer, Leipzig (DGAV)

J. Trebicka, Münster (DGVS)

AG-Mitglieder

S. Beckebaum, Essen (DGVS)

M. Berres, Aachen (DGVS)

A. Geier, Würzburg (Gastro-Liga)

A. Gerbes, München (DGVS)

C. Jansen, Bonn (DGVS)

C. Ripoll, Jena (DGVS)

P. Schemmer, Bern (DGAV, DGCH)

AG 1 D/E: Spezielle Indikationen bei anderen Lebererkrankungen und sekundären hepatischen Malignomen

AG-Leitung

M. Guba, München (DGAV)

T. Weismüller, Berlin (DGVS)

AG-Mitglieder

V. Fuhrmann, Duisburg (DGIIN)

I. Kabar, Münster (DGVS)

A. Potthoff, Hannover (DGVS)

E. Roeb, Gießen (DGVS)

M. Wörns, Dortmund (DGVS)

AG 2: Kombinierte und Multiviszeral-Transplantation

AG-Leitung

F. Lammert, Hannover (DGVS)

A. Pascher, Münster (DGAV)

AG-Mitglieder

A. Gäckler, Essen (DGFN)

G. Lamprecht, Rostock (DGVS)

A. Mehrabi, Heidelberg (DGAV)

F. Rauchfuß, Jena (DGAV)

AG 3: Evaluation zur Lebertransplantation und Patienten auf der Warteliste

AG-Leitung

F. Braun, Kiel (DTG)

E. Schott, Berlin (DGVS)

AG-Mitglieder

D. Eser-Valeri, München (DGPPN)

C. Jung, Düsseldorf (DG für Kardiologie)

T. Kaiser, Leipzig (DGKL)

A. Kribben, Essen (DGFN)

A. Schreyer, Brandenburg an der Havel (DRG)

H. Wohn, Wiesbaden (Dt. Leberhilfe, BDO)

AG 4: Welche Untersuchungen sind bei Patienten auf der Warteliste notwendig?

AG-Leitung

M. Glanemann, Homburg (DGAV)

F. Tacke, Berlin (DGVS)

AG-Mitglieder

M. Cornberg, Hannover (DGVS)

D. Eser-Valeri, München (DGPPN)

R. Günther, Kiel (DGIM)

H. Hinrichsen, Kiel (DGVS)

A. Kribben, Essen (DGFN)

R. Taubert, Hannover (DGVS)

AG 5: Transplantation

AG-Leitung

G. Kirchner, Regensburg (DGVS)

S. Manekeller, Bonn (DGAV)

AG-Mitglieder

C. Flechtenmacher, Heidelberg (DG für Pathologie/BDP)

H. Heinzow, Trier (DGVS)

B. Sinner, Regensburg (DGAI)

AG 6: Immunsuppression nach Lebertransplantation

AG-Leitung

H. Schmidt, Essen (DGAV)

A. Schnitzbauer, Frankfurt am Main (DGAV)

AG-Mitglieder

E. Jaeckel, Hannover (DGVS)

AG 7: Diagnostik und Management von postoperativen Komplikationen

AG-Leitung

C. Engelmann, Berlin (DGVS)

I. Klein, Würzburg (DGAV)

AG-Mitglieder

J. Albert, Stuttgart (DGVS)

H. Baba, Essen (DGPathologie/BDP)

K. Ringe, Hannover (DRG)

M. Weigand, Heidelberg (DGAI)

AG 8: Nachsorge – Der Patient im Langzeitverlauf nach Transplantation

AG-Leitung

H. Schlitt, Regensburg (DGAV)

M. Sterneck, Hamburg (DGAV, DGVS)

AG-Mitglieder

T. Bruns, Aachen (DGVS)

C. Lübbert, Leipzig (DGI)

J. Riemer, Bretzfeld (Selbsthilfe Lebertransplantierte)

C. Rupp, Heidelberg (DGVS)

A. Schreyer, Brandenburg an der Havel (DRG)

K. Staufer, Wien (DTG, DGVS)

AG 9: Rezidiv der Grunderkrankung – Therapie und Prophylaxe

AG-Leitung

C. Berg, Tübingen (DGVS)

U. Neumann, Essen (DGAV)

AG-Mitglieder

H. Baba, Essen (DG für Pathologie/BDP)

A. Batra, Tübingen (DGPPN, DG-Sucht)

D. Eser-Valeri, München (DGPPN)

G. Moog, Kassel (DGVS)

J. Vermehren, Wiesbaden (DGVS)

O. Witzke, Essen (DGI)

AG 10: Retransplantation im Langzeitverlauf

AG-Leitung

H. Lang, Mainz (DGAV)

P. Strnad, Aachen (DGVS)

AG-Mitglieder

B. Appenrodt, Köln (DGVS)

M. Sterneck, Hamburg (DGAV, DGVS)

R. Sucher, Leipzig (DGAV)

AG 11: Leberlebendspende

AG-Leitung

U. Settmacher, Jena (DGAV)

M. Welker, Groß-Umstadt (DGVS)

AG-Mitglieder

Y. Erim, Erlangen (DTG, DKPM, DGPM)

S. Nadalin, Tübingen (DTG, DGAV)

K. Ringe, Hannover (DRG)

H. Tautenhahn, Jena (DGVS)

C. Wilms, Münster (DGVS)

AG übergreifend

A. Barreiros, Mainz (DSO)

M. Plauth, Dessau (DGEM)

Koordinatoren

W. Bechstein, Frankfurt am Main (DGAV)

T. Becker, Kiel (DGAV)

T. Berg, Leipzig (DGVS)

C. Trautwein, Aachen (DGVS)


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2 Methodologisches Vorgehen

2.1 Evidenzsynthese

2.1.1 Grundlagen der Methodik

Literaturrecherche und Schema der Evidenzbewertung

Ursprünglich wurde die Leitlinie als S2k-Leitlinie geplant. Nach Gesprächen mit der AWMF und der Bundesärztekammer sollte die Erstellung einer S3-Leitlinie mit einer systematischen Recherche und einer Literaturbewertung nach der Evidenzklassifizierung des Oxford Centre for Evidence-based Medicine 2011 geprüft werden. Dazu wurden zunächst 9 PICO-Fragen definiert, zu denen eine systematische Recherche und eine Literaturbewertung nach der Evidenzklassifizierung des Oxford Centre for Evidence-based Medicine 2011 durchgeführt wurde ([Tab. 3]). Da die systematische Recherche ergab, dass eine ausreichende Evidenzbasierung aufgrund fehlender höherwertiger Evidenz sowohl in Bezug auf die formulierten PICO-Fragen als auch in Bezug auf den Gesamtumfang der Leitlinie nicht durchführbar war, wurde nach Rücksprache mit der AWMF die Klassifizierung der Leitlinie als S2k beibehalten. Die weitere Literaturrecherche erfolgte individuell in den einzelnen Arbeitsgruppen. Die Details zur Suche der Evidenz sowie die individuelle Literaturrecherche sind unter 2.1.2 Literaturrecherche und Auswahl der Evidenz dargestellt.

Tab. 3

Oxford Centre for Evidence-Based Medicine 2011 Levels of Evidence [2].

Question

Step 1

(Level 1 [*] )

Step 2

(Level 2[*])

Step 3

(Level 3[*])

Step 4

(Level 4[*])

Step 5

(Level 5)

How common is the problem?

Local and current random sample surveys (or censuses)

Systematic review of surveys that allow matching to local circumstances[**]

Local non-random sample[**]

Case-series[**]

n/a

Is this diagnostic or monitoring test accurate?

(Diagnosis)

Systematic review of cross sectional studies with consistently applied reference standard and blinding

Individual cross sectional studies with consistently applied reference standard and blinding

Non-consecutive studies, or studies without consistently applied reference standards[**]

Case-control studies, or “poor or non-independent reference standard[**]

Mechanism-based reasoning

What will happen if we do not add a therapy?

(Prognosis)

Systematic review of inception cohort studies

Inception cohort studies

Cohort study or control arm of randomized trial[*]

Case-series or casecontrol studies, or poor quality prognostic cohort study[**]

n/a

Does this intervention help?

(Treatment Benefits)

Systematic review of randomized trials or n-of-1 trials

Randomized trial or observational study with dramatic effect

Non-randomized controlled cohort/follow-up study[**]

Case-series, case-control studies, or historically controlled studies[**]

Mechanism-based reasoning

What are the COMMON harms?

(Treatment Harms)

Systematic review of randomized trials, systematic review of nested case-control studies, nof-1 trial with the patient you are raising the question about, or observational study with dramatic effect

Individual randomized trial or (exceptionally) observational study with dramatic effect

Non-randomized controlled cohort/follow-up study (post-marketing surveillance) provided there are sufficient numbers to rule out a common harm. (For long-term harms the duration of follow-up must be sufficient.)[**]

Case-series, case-control, or historically controlled studies[**]

Mechanism-based reasoning

What are the RARE harms?

(Treatment Harms)

Systematic review of randomized trials or n-of-1 trial

Randomized trial or (exceptionally) observational study with dramatic effect

Is this (early detection) test worthwhile?

(Screening)

Systematic review of randomized trials

Randomized trial

Non -randomized controlled cohort/follow-up study[**]

Case-series, case-control, or historically controlled studies[**]

Mechanism-based reasoning

OCEBM Levels of Evidence Working Group*. “The Oxford 2011 Levels of Evidence”.

Oxford Centre for Evidence-Based Medicine.

*OCEBM Table of Evidence Working Group = Jeremy Howick, Iain Chalmers (James Lind Library), Paul Glasziou, Trish Greenhalgh, Carl Heneghan, Alessandro Liberati, Ivan Moschetti, Bob Phillips, Hazel Thornton, Olive Goddard and Mary Hodgkinson.

* Level may be graded down on the basis of study quality, imprecision, indirectness (study PICO does not match questions PICO), because of inconsistency between studies, or because the absolute effect size is very small; Level may be graded up if there is a large or very large effect size.


** As always, a systematic review is generally better than an individual study.



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Schema der Empfehlungsgraduierung

Die Stärke der Empfehlung ergibt sich aus der verwendeten Formulierung (soll/sollte/kann) entsprechend der Abstufung in [Tab. 4]. Die Konsensusstärke wurde gemäß [Tab. 5] festgelegt.

Tab. 4

Schema zur Graduierung von Empfehlungen.

Beschreibung

Syntax

starke Empfehlung

soll

Empfehlung

sollte

Empfehlung offen

kann

Tab. 5

Einteilung der Konsensstärke.

Konsens

% Zustimmung

Starker Konsens

> 95

Konsens

> 75–95

Mehrheitliche Zustimmung

> 50–75

Kein Konsens

≤ 50


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Statements

Als Statements werden Darlegungen oder Erläuterungen von spezifischen Sachverhalten oder Fragestellungen ohne unmittelbare Handlungsaufforderung bezeichnet. Sie werden entsprechend der Vorgehensweise bei den Empfehlungen im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens verabschiedet und können entweder auf Studienergebnissen oder auf Expertenmeinungen beruhen.


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2.1.2 Literaturrecherche und Auswahl der Evidenz

Ein erstes Treffen (Kickoff-Treffen) der Koordinatoren, Mandatsträger und der Arbeitsgruppenleiter fand im November 2016 in Berlin statt. Dort wurden die Inhalte und das methodische Vorgehen festgelegt. Nach mehreren koordinierenden Gesprächen mit der AWMF und der Bundesärztekammer wurde die Leitlinienarbeit im September 2018 fortgesetzt und zunächst die Erstellung einer S3-Leitlinie geplant. Auf einem Treffen der AG-Leiter und der Steuergruppe wurden die Besetzung der Arbeitsgruppen, die Themengebiete sowie die Schlüsselfragen nach dem PICO-Schema festgelegt.

Anschließend erfolgte die systematische Recherche durch die CGS-Usergroup. Nach Durchsicht und Bewertung der Literatur und mehreren weiteren Treffen mit den AG-Leiter und der Steuergruppe und nach Sichtung der verfügbaren Evidenz wurde entschieden, die Klassifizierung als S2k beizubehalten und die Literaturrecherche individuell in den Arbeitsgruppen vorzunehmen.

Systematische Recherche

Die systematische Literaturrecherche wurde in der Medline Datenbank über die PubMed Suchoberfläche https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/, sowie in der Cochrane Library und Central https://www.cochranelibrary.com/ durchgeführt.

Die Ergebnisse der drei Recherchen wurden im Anschluss zusammengeführt und von Duplikaten bereinigt.

Der Recherchezeitraum berücksichtigt die Literatur der letzten 10 Jahre, rückdatiert vom Zeitpunkt der Suche. Die Suchen wurden zwischen dem 12. November 2018 und 20. November 2018 durchgeführt.

Insgesamt wurden 9 de novo Recherchen durchgeführt. Die Treffer der einzelnen Recherchen sind in [Tab. 1] aufgeführt.

Die Suchstrings sowie detaillierte Darstellungen der Recherchen und PICO-Schemata werden in den Evidenztabellen zur jeweiligen Schlüsselfrage dargestellt (siehe Supplement).

Tab. 6

Übersicht über die erhaltenen Suchtreffer in den Recherchen.

AG

PubMed

Cochrane Library

Cochrane Central

Summe

without duplicates

01 A

88

486

115

689

672

01 B

111

139

143

393

343

01 C/D

123

396

374

893

855

03

129

47

24

200

194

05

159

156

90

405

383

06

472

241

636

1349

1232

08

311

74

122

507

443

10

110

21

29

160

140

11

409

66

227

702

619


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Auswahl der Evidenz

Die Literaturarbeit wurde über das Leitlinienportal der CGS Clinical Guideline Services GmbH (https://www.guideline-service.de) durchgeführt. Die in den Suchen identifizierten Literaturstellen wurden nach dem De-Duplizieren als Literatursammlungen für jede PICO-Frage im Leitlinienportal hinterlegt. Diese Literatursammlungen waren der Leitliniengruppe zu jedem Zeitpunkt zur Einsicht verfügbar.

Die Auswahl der Literatur erfolgte durch Mitarbeiter der CGS sowie durch Mitglieder der AG-Leitung und Koordination in mehreren Schritten.

Ein- und Ausschlussgründe

Folgende Ausschlussgründe wurden für die Recherche und Auswahl der Evidenz festgelegt:

  • Falscher Publikationszeitraum (nicht 2008–2019)

  • Falsche Publikationssprache (nicht Englisch, Deutsch)

  • Kein Volltext/Conference Abstract/Studienprotokoll

  • Falsche Population

  • Falsche Intervention

  • Falsche Comparison

  • Falsche Outcomes

  • Studientyp nicht systematic review, Meta-Analyse, RCT

  • Nicht die gewünschte Fragestellung


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Screening

Die Auswahl der Evidenz erfolgte durch ein mehrstufiges Screening. Im Titel-Abstract-Screening wurden die Suchtreffer durch Mitarbeiter der Leitliniengruppe anhand der Ein- und Ausschlussgründe auf potenzielle Relevanz gescreent.

Im zweiten Schritt des Screenings des Titel-Abstract-Screenings wurden die unklaren Artikel von Methodikern der CGS auf Relevanz geprüft.

Die akquirierten Volltexte der ausgewählten Artikel wurden im nächsten Schritt durch die Mitarbeiter der Leitliniengruppe auf die Erfüllung der o. g. Ausschlussgründe überprüft.

Das Ergebnis des Screenings wurde nach Abschluss des Volltextscreenings durch die Koordinatoren auf die Notwendigkeit weiterer Ausschlüsse überprüft.


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Bewertung der Evidenz

Die Literaturbewertung wurde nach der Evidenzklassifizierung des Oxford Centre for Evidence-Based Medicine 2011 ([Tab. 3]) durchgeführt. Die methodische Qualität der Literaturstelle wurde mit Hilfe von Checklisten überprüft und die gefundenen Mängel im „Methodical Notes“ Bereich der Evidenztabellen festgehalten (siehe Supplement).

Als Checklisten wurden die Critical Appraisal tools (2017) des CEBM (Centre for Evidence-Based Medicine) herangezogen [3].

Studien mit bedeutenden methodischen Schwächen wurden um eine Note abgewertet. Eine entsprechende detaillierte Begründung findet sich in der Evidenztabelle im Feld „Methodical Notes“.

Nach der Bewertung der Literaturstellen wurden diese der jeweils passenden PICO-Frage zugeordnet.

Aus allen eingeschlossenen Literaturstellen wurden im nächsten Schritt Daten extrahiert und in Form von Evidenztabellen zusammengefasst.

Für alle weiteren Fragestellungen wurde eine individuelle Recherche innerhalb der Arbeitsgruppen ergänzt.


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2.1.3 Formulierung der Empfehlungen und strukturierte Konsensfindung

Auf Grundlage der recherchierten Literatur wurden die Empfehlungen und Hintergrundtexte durch die Arbeitsgruppen erarbeitet und zunächst im E-Mail-Umlaufverfahren mit der Steuergruppe abgestimmt. Die Graduierung der Empfehlungen erfolgte über die Formulierung soll, sollte, kann. Anschließend wurden alle Empfehlungen in einem Delphiverfahren von allen Leitlinienmitarbeitenden mithilfe einer 3-stufigen Entscheidungsskala abgestimmt (ja, Enthaltung, nein). Zu Empfehlungen, die nicht mit „ja“ abgestimmt wurden, musste ein begründender Kommentar hinterlegt werden. Empfehlungen, die zu über 95 % mit „ja“ abgestimmt wurden, konnten bereits zu diesem Zeitpunkt verabschiedet werden.

Die Kommentare und Änderungsvorschläge der Delphirunde wurden von den Arbeitsgruppen und der Steuergruppe gesichtet und die Empfehlungen überarbeitet. In einer strukturierten, anderthalbtägigen Konsensuskonferenz (online) unter Moderation von Frau Dr. Nothacker (AWMF) stellten die AG-Leiter die überarbeiteten Empfehlungen vor. Diese wurden nach den Prinzipien der NIH (National Institutes of Health) Konferenz besprochen und abgestimmt: Präsentation im Gesamtplenum unter Berücksichtigung der Kommentare und ggf. Erläuterungen durch die AG-Leiter, Aufnahme von Stellungnahmen und ggf. Änderung, Abstimmung, Festschreiben des Ergebnisses.

Diskutiert und abgestimmt wurden:

  • alle Empfehlungen, die in der Delphirunde weniger als 95 % Zustimmung erhalten hatten

  • Empfehlungen, die inhaltlich verändert wurden

  • Empfehlungen, die bereits in der Delphirunde verabschiedet worden waren, aber aufgrund von Dopplungen oder zur Verbesserung der inhaltlichen Stringenz der Leitlinie in den Kommentar verschoben wurden

  • Empfehlungen, die in der Delphirunde nicht verabschiedet worden waren und in den Kommentarteil verschoben werden sollten

  • neue Empfehlungen

Die Konsensstärke wurde gemäß [Tab. 5] festgelegt. Im Anschluss erfolgte die finale Überarbeitung der Kommentare durch die Arbeitsgruppen und die Steuergruppe, sowie die redaktionelle Zusammenstellung der Leitlinie.


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2.1.4 Zeitplan

August 2016

Anmeldung bei der AWMF

August 2016

Beauftragung der Koordinatoren durch die DGVS

Oktober 2016

Einladung der zu beteiligenden Fachgesellschaften und Experten

23. November 2016

Kickoff-Treffen (Berlin)

2017/2018

Gespräche mit der Bundesärztekammer und der AWMF

13. September 2018

Treffen der AG-Leiter und Steuergruppe (München)

November 2018

Systematische Recherche durch CGS-Usergroup

25. März 2019

Treffen der AG-Leiter und Steuergruppe (Berlin)

22. Juli 2019

Treffen der AG-Leiter und Steuergruppe (Berlin)

10. Januar 2020

Treffen der AG-Leiter und Steuergruppe (Berlin)

März 2019 bis August 2021

Erstellung der Empfehlungen und Hintergrundtexte

Oktober 2021

Delphi-Verfahren

November/Dezember 2021

Überarbeitung der Empfehlungen

19./20. Januar 2022

Konsensuskonferenz (online)

Februar bis Dezember 2022

Erstellung Gesamtmanuskript

23. Januar 2023 bis 05. März 2023

Freigabeverfahren

April bis August 2023

Erneute Diskussion in der Steuergruppe und Überarbeitung spezifischer (Teil-)Empfehlungen und Hintergrundtexte auf Grundlage der während des Freigabeverfahrens eingegangenen Kommentare

September 2023 – Oktober 2023

II. Delphi-Verfahren zu den überarbeiteten (Teil-) Empfehlungen und Tabelle 11.2 und 11.3

November – Dezember 2023

Anpassung der Hintergrundtexte und Finalisierung des Gesamtmanuskripts


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2.2 Externe Begutachtung und Verabschiedung

2.2.1 Verabschiedung durch die Vorstände der herausgebenden Fachgesellschaften/Organisationen

Die vollständige Leitlinie wurde durch die Vorstände aller beteiligten Fachgesellschaften begutachtet und konsentiert. Die Leitlinie stand als Konsultationsfassung für sechs Wochen vom 23. Januar 2023 bis 05. März 2023 der Fachöffentlichkeit zur Kommentierung auf der DGVS Website zur Verfügung. Auf der DGVS Webseite und über den DGVS Newsletter wurde um Kommentierung gebeten. Neben formalen Änderungen gab es folgende Änderungsvorschläge ([Tab. 7]).

Tab. 7

Änderungsvorschläge zur Konsultationsfassung.

Anmerkung/Änderungsvorschläge zur Konsultationsfassung (Änderungen durch Fettschrift hervorgehoben)

Änderung aufgrund der eingegangenen Kommentare

DGIM:

Es sollte überlegt werden, ob nicht auch die Zugehörigkeit zu entsprechenden Kommissionen wie der StäKO in der Leitlinie dokumentiert werden musste. Aktuell sind drei der Hauptautoren und

AG-Leiter aktive Mitglieder der StäKO.

Stäko Mitglieder wurden unter 1.8 „Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligte Fachgesellschaften“ eingefügt und mit einem * gekennzeichnet

DGPPN:

Wir möchten darauf hinweisen, dass die S3-Leitlinie „Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation“ (AWMF-Registernummer 051–031), an der auch die DGPPN beteiligt war, inzwischen (08/2022) publiziert wurde.

Dementsprechend empfehlen wir an folgenden Stellen zu aktualisieren bzw. zu ergänzen:

Kapitel 3 Leitlinie – Evaluation zur Lebertransplantation und Patienten auf der Warteliste

Seite 107

 Die notwendige Bewertung relevanter psychosozialer Risikofaktoren und die Diagnostik der in der Regel komplexen psychischen Störungen können nur durch entsprechend geschulte Fachkräfte erfolgen. Bezüglich standardisierter Untersuchungskriterien wird auf die S3-Leitlinie „Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation“ (AWMF-Registernummer 051–031, verwiesen.“

Änderungsvorschläge wurden angenommen und umgesetzt.

Kapitel 4 Leitlinie – Welche Untersuchungen sind bei Patienten auf der Warteliste notwendig?

Empfehlung 8.7 (psychosoziale Betreuung bei alkohol-assoziierter LZ)

Seite 121

 Entsprechende Empfehlungen zur psychosozialen Betreuung von Wartelistenpatienten mit alkoholbedingter Leberschädigung liegen von der amerikanischen, europäischen und italienischen Gesellschaft für Lebererkrankungen und in der S3-Leitlinie „Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation“ (AWMF-Registernummer 051–031) vor 170, 531.“

Änderungsvorschläge wurden angenommen und umgesetzt; die Leitlinie als Referenz in das Literaturverzeichnis aufgenommen.

DSO:

… Die Warm-Ischämiezeit (WIT) beschreibt den Zeitraum, während welchem die Leber nicht mit Blut und damit mit Sauerstoff versorgt wird. Diese beginnt bei Platzierung des Organs im Empfänger und endet bei Reperfusion….

  • Der erste Satz ist nicht korrekt, denn er umfasst – so wie es geschrieben ist – auch die Kalt-Ischämiezeit. Der zweite Satz enthält die für DBD-Spender (!) korrekte Definition. Dies sollte entsprechend umformuliert werden

Der Hintergrundtext wurde entsprechend umformuliert und die Literatur ergänzt.

…In weiteren Studien hatte die Gabe von Dopamin in einer Dosis > 10 μg/kg/min677 oder 6 μg/kg/min678

einen signifikanten Effekt auf die frühe Transplantatfunktion…

  • Hier sollte klargestellt werden, dass es sich um einen signifikant negativen Effekt handelt.

  • Darüber hinaus fehlt ein Hinweis auf die Analyse von Urs Benck et al. (Liver Transpl. 2018 Oct;24(10):1336–1345. doi: 10.1002/lt.25 301) die zeigt, dass die bei niedriger Dopamin-Gabe kein negativer Effekt auf die Ergebnisse der Lebertransplantation zu beobachten war.

Der Hintergrundtext wurde entsprechend umformuliert und die Literatur ergänzt.

Empfehlung 5.12.

Bei allen potenziellen Spendern sollten zwei Blutkulturen und eine Urinkultur durchgeführt werden. Kulturen aus Proben von anderen Körperstellen sollten bei Verdacht auf eine Infektion durchgeführt werden.

  • Worauf beruht diese Empfehlung? S. auch Kommentar in der begleitenden E-Mail: Wie von Frau PD Dr. AP Barreiros bereits in der Leitliniensitzung angemerkt, ist ihr bzw. uns keine wissenschaftliche Grundlage, das dieses Vorgehen begründet, bekannt. Auch die Richtlinie der BÄK „Empfängerschutz“ sieht dieses Vorgehen nicht vor. Bei Organspendern mit V. a. Infektion oder gar Sepsis werden selbstverständlich mehrere Blutkulturen abgenommen, als generelle Forderung erscheint die Verpflichtung zu zwei Blutkulturen allerdings nicht angebracht

zu Empfehlung 5.12.:

Empfehlung wurde umformuliert und erneut in einem Delphi-Verfahren abgestimmt. Der Hintergrundtext wurde entsprechend umformuliert und die Literatur ergänzt.

Wenn durch die regionale Verbreitung des Erregers oder die individuelle Vorgeschichte des potentiellen Spenders angezeigt, sollte die Untersuchung auf Mycobacterium tuberculosis, Strongyloides, Trypanosoma cruzi, West-Nil-Virus, Histoplasmose und/oder Coccidiomycosis, Arboviren, T-lymphotropes Virus (HTLV) 1 und 2 erfolgen.

  • Die Empfehlung bzgl. Strongyloides steht m. E. im Widerspruch zum Anhang, dort wird folgendes vermerkt:
    „Angesicht der begrenzten
    Daten über eine Donor-assoziierte Infektion des Empfängers, wird ein Screening von potenziellen
    Organspendern nicht empfohlen, dies gilt auch, wenn die potentiellen Spender aus Endemie-Gebieten stammen.“
    s. a. Kommentar in der begleitenden E-Mail:
    Die per Richtlinie der BÄK festgelegte Spendercharakterisierung sieht eine individuelle Anamnese vor, die regionale Besonderheiten die Reiseanamnese und andere Spender individuelle Faktoren berücksichtigt. Eine Aufzählung von einzelnen Erregern, die insgesamt sehr selten in Deutschland vorkommen, kann unseres Erachtens nur beispielhaften Charakter haben und nicht wie hier möglicherweise suggeriert, abschließend sein. Unseres Erachtens sollte der beispielhafte Charakter der Auflistung deutlich werden. Auf die aus unserer Sicht bestehende Diskrepanz zwischen dem Text der Leitlinie und dem Text im Appendix bezüglich Strongyloides ist bereits in den Anmerkungen im PDF Text hingewiesen.

Empfehlung wurde umformuliert und erneut in einem Delphi-Verfahren abgestimmt. Der Hintergrundtext wurde entsprechend umformuliert und die Literatur ergänzt.

Empfehlung 5.13.

Die Leber eines SARS-CoV-2-positiven Spenders sollte derzeit nicht transplantiert werden.

  • Das ist meines Erachtens nicht mehr up-to-date! Nicht nur in Deutschland werden seit mehr als einem Jahr Organe von SARS-CoV-2 positiven Spendern mit gutem Erfolgt transplantiert

  • Diese Aussage deckt sich aktuell nicht mehr mit der gelebten Praxis in vielen europäischen Ländern und auch nicht mit den Empfehlungen der Bundesärztekammer, die auch von der deutschen Präparationsgesellschaft mitgetragen werden. Danach ist bei sorgfältiger Spendercharakterisierung die Transplantation von Spenderlebern auch von SARS-CoV-2 positiven Spendern nach sorgfältiger Einzelfallabwägung möglich.

zu Empfehlung 5.13.:

Empfehlung wurde umformuliert und erneut in einem Delphi-Verfahren abgestimmt. Der Hintergrundtext wurde entsprechend umformuliert und die Literatur ergänzt.

Tabelle 5.4 Donor-assoziierte Transmission von Infektionen

  • Der Sinn und die Einteilung der Tabelle erschließt sich mir nicht.
    Auch das Lesen des Artikels von Fishmann und Grossi hat diese Unterscheidung aus meiner Sicht nicht deutlich gemacht.
    In der Praxis relevant ist hingegen die Unterscheidung in

    • kalkuliertes Risiko (Infektion (z. B. Hep C oder SARS-CoV-2) ist bekannt, aber die Organe des Spenders werden trotzdem akzeptiert (z. B. wegen Möglichkeit zur (präemptiven Behandlung) und

    • unerwartete Ereignisse (entweder weil nicht getestet (Borna-Virus etc.) wurde oder weil eine Infektion nicht detektiert wurde (falsch negativer Test, Test im diagnostischen Fenster).

zu Tabelle 5.4.:

Der Kommentar wurde von den Koordinierenden zur Kenntnis genommen, führte jedoch zu keiner Änderung.

Empfehlung 5.14.

Bei einer vorbekannten oder im Spendeprozess erkannten malignen Tumorerkrankung sollte die Leber nicht transplantiert werden, falls eine der folgenden Situationen vorlag bzw. vorliegt:

….

4. eine Tumorentität mit bekannt hohem Potential für spätes und aggressives Wiederauftreten (Rekurrenz) bzw. Metastasierung (z. B. malignes Melanom, invasiver Brustkrebs)

  • Hier fehlt mir ein Hinweis auf den Zeitfaktor, die primäre Histologie, das Staging, die zurückliegende Behandlung. Denn abhängig von diesen Informationen sollte eine Leberspende auch bei den genannten Tumoren nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.

zu Empfehlung 5.14.:

Die Formulierung „sollte nicht“ lässt aus Sicht der Koordinierenden genügend Spielraum, um im Einzelfall anders zu entscheiden, weshalb keine Änderungen vorgenommen wurden.

Der Kommentartext wurde präzisiert.

Serious Adverse Events/Serious Adverse Reaktions-Meldungen:

an dieser Stelle möchte ich den Wunsch von Frau PD Dr. AP Barreiros ausdrücklich unterstützen, den Aspekt der verpflichtenden Meldung von unerwünschten Ereignissen und Reaktionen (SAE/SAR) an die Koordinierungsstelle in den Leitlinien Text aufzunehmen. Diese verpflichtende Meldung ergibt sich nicht nur aus der Organverordnung (§ 9 Abs. 2 TPG-OrganVerordnung) sondern spiegelt auch gute wissenschaftliche Praxis unmittelbar wieder. SAE/SAR's, die an die Koordinierungsstelle gemeldet werden, dienen unmittelbar dem Schutz der Empfänger anderer Organe vom selben Empfänger, die durch mögliche Infektionen oder Tumoren beim Spender gefährdet sind. Die Aufarbeitung von SAE/SAR ist darüber hinaus geeignet, Lehren zu ziehen, die ähnliche Ereignisse in Zukunft verhindern oder zumindest weniger wahrscheinlich werden lassen und schließlich ermöglicht die strukturelle Aufarbeitung von solchen Ereignissen und Reaktionen eine verbesserte Einschätzung des Risikos, dass mit bestimmten Spenderkonstellation verbunden ist und steigert so die Sicherheit der Organtransplantation für zukünftige Organempfänger. Dieser wichtige Aspekt passt aus unserer Sicht thematisch am besten in das Kapitel 7 „Diagnostik und Management von postoperativen Komplikationen“ passt. Gern ist Frau PD Dr. AP Barreiros bereit, bei der Erstellung einer entsprechenden Textpassage zu unterstützen.

Aus Sicht der Koordinierenden handelt es sich hierbei um eine politische Empfehlung, es ist aber keine wissenschaftliche Evidenz vorhanden.

Gastro-Liga:

zu Empfehlung 1.1.7.

Für die Prognoseabschätzung hinsichtlich des transplantationsfreien Überlebens sollte die Ätiologie des ALV berücksichtigt werden. Bei Paracetamol induziertem ALV (P-ALV) sollten die Kings-College-Kriterien Anwendung finden, während beim Nicht-Paracetamol induzierten ALV (NP-ALV) der MELD-Score herangezogen werden sollte. In beiden Fällen sollte die Dynamik der Scores in die Therapieentscheidung einfließen.

  • Gerne würde ich aber zwei Aspekte aufwerfen, die eventuell nochmals überdacht werden sollten:
    Selbstverständlich sind die Leitlinienempfehlungen ausschließlich evidenzbasiert und können sich daher nicht an konkurrierenden Empfehlungen bzw. Richtlinien orientieren. Ich denke aber schon, dass wesentliche Differenzen bzw. Widersprüche zumindest im Kommentartext aufgelöst und mit einem expliziten Hinweis versehen sein sollten. Dies betrifft hier konkret die gesetzlich bindenden Vorgaben der Richtlinie Organtransplantation der Bundesärztekammer bei der HU-Allokation (KCC, Clichy, andere Kriterien; mein Hinweis auf S. 32) sowie der Transplantation von HCC außerhalb der Milan-Kriterien (in diesem Fall kein SE-MELD möglich; mein Hinweis auf S. 68). Beim Thema Alkohol ist dies sehr gelungen umgesetzt worden mit Verweis auf die Notwendigkeit der regelmäßigen ETG-Bestimmung im Kommentar (mein Hinweis auf S. 119) und auch in der Tabelle 1.2.3 wird unmittelbar auf die BÄK verwiesen. Mit entsprechenden Verweisen auf den Seiten 32 und 68 könnte man mögliche Missverständnisse vermeiden helfen.

  • Hier wäre eine Harmonisierung mit der Richtlinie Organtransplantation der Bundesärztekammer wünschenswert! Dort wird KCC für NP-ALV und P-ALV vorausgesetzt, lediglich bei HBV wird Clichy als Alternative angeboten. Dies könnte zumindest im Kommentar so aufgezeigt werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Dass in der Empfehlung nur die evidenzbasierten Fakten stehen, ist selbstverständlich.

zu Empfehlung 1.1.7.:

Die Leitlinie ist rein evidenzbasiert. Ein Verweis auf die BÄK wurde abgelehnt.

Der Kommentar wurde nicht berücksichtigt.

Zu Empfehlung 1.2.23.

Bei geeigneten Patienten mit einem HCC außerhalb der Mailand-Kriterien und innerhalb der UCSF-Kriterien ohne Makrogefäßinvasion oder extrahepatische Manifestationen kann eine Lebertransplantation erfolgen, insbesondere dann, wenn ein Downstaging bis innerhalb der Mailand-Kriterien gelingt.

  • Hier wäre im Kommentar idealerweise zu erwähnen, dass für Patienten außerhalb der Mailand-Kriterien die Lebertransplantation nach der Richtlinie Organtransplantation der BÄK nur ohne SE-MELD (also ausschließlich über die Leberfunktion = labMELD) erfolgen kann. Das würde mögliche Missverständnisse vermeiden helfen.

Zu Empfehlung 1.2.23.:

Die Leitlinie ist rein evidenzbasiert. Ein Verweis auf die BÄK wurde abgelehnt.

Der Kommentar wurden nicht berücksichtigt.

zu Empfehlung 3.3

Im Rahmen der Evaluationsuntersuchungen sollen medizinische Komorbiditäten und psychosoziale Faktoren, die den Erfolg einer Transplantation beeinflussen können, erfasst und beurteilt werden.

Eine Zusammenfassung der obligaten und fakultativen Untersuchungen zeigt Tabelle 3.1.

Patienten mit Übergewicht sollen eine Ernährungsberatung erhalten. Ab Adipositas WHO Grad III (BMI ≥ 40 kg/m²) sollten Patienten in ein multimodales Therapiekonzept eingebunden werden. Die Indikation zu einem bariatrischen Eingriff kann geprüft werden.

Patienten mit einer schweren Kachexie und/oder Sarkopenie sollten eine leitliniengerechte Ernährungstherapie vorzugsweise in Kombination mit Bewegungstherapie erhalten.

Der Faktor „Gebrechlichkeit“ (englisch „frailty“) ist signifikant mit der Wartelisten-Letalität assoziiert. Ein geeigneter Score sollte herangezogen werden, um diesen Parameter zu quantifizieren.

  • Die einzelnen Empfehlungen sollten folgendermaßen modifiziert werden: Im Rahmen der Evaluationsuntersuchungen sollen medizinische Komorbiditäten und psychosoziale Faktoren, die den Erfolg einer Transplantation beeinflussen können, erfasst und beurteilt werden.
    Eine Zusammenfassung der obligaten und fakultativen Untersuchungen zeigt Tabelle 3.1
    Bei allen zur Transplantation evaluierten Patienten soll ein Mangelernährungsscreening mit einem validierten Instrument vorgenommen werden.
    Patienten mit einer schweren Kachexie und/oder Sarkopenie sollten eine leitliniengerechte Ernährungstherapie vorzugsweise in Kombination mit Bewegungstherapie erhalten.
    Der Faktor „Gebrechlichkeit“ (englisch „frailty“) ist signifikant mit der Wartelisten-Letalität assoziiert. Ein geeigneter Score sollte herangezogen werden, um diesen Parameter zu quantifizieren.

Patienten mit Übergewicht sollen eine Ernährungsberatung erhalten. Ab Adipositas WHO Grad III (BMI ≥ 40 kg/m2) sollten Patienten in ein multimodales Therapiekonzept eingebunden werden. Die Indikation zu einem bariatrischen Eingriff kann geprüft werden.

Die Empfehlung 3.3 wurde in ihrer ursprünglichen, konsentierten Fassung beibehalten.

Ergänzung auf Seite 106:

Auch wenn sich die Evaluationsprogramme der Transplantationszentren in ihren Spezifikationen unterscheiden, sollten die folgenden Schlüsselkomponenten enthalten sein (Tabelle 3.1):

  • Eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung mit risikoadjustierter kardiopulmonaler Evaluation, Mangelernährungsscreening und Beurteilung des Ernährungsstatus sowie Ausschluss einer malignen extrahepatischen Erkrankung.

  • Labormedizinische Untersuchungen

Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen angepasst.

Ergänzung auf Seite 109:

Patienten mit deutlichem Übergewicht haben wahrscheinlich ein erhöhtes perioperatives Risiko und schlechtere Langzeitüberlebensraten. Registerdaten aus Frankreich für den Zeitraum 2007–2017 zeigen, dass der Anteil adipöser und hochgradig adipöser (BMI ≥ 35) Patienten auf der Warteliste von 20 % auf 30 % anstieg, diese Patienten aber seltener ein Transplantat erhielten und eine höhere Sterblichkeit auf der Warteliste hatten [Delacote2022].

Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen angepasst. Die Literatur wurde an den entsprechenden Stellen hinzugefügt.

… Vorhandensein von Aszites stellte jedoch für sich einen signifikanten prädiktiven Faktor dar: Für jeden Liter Aszites, der intraoperativ entfernt wurde, stieg die Letalität um 7 %...

Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen angepasst.

….Über 70 % der Patienten auf der Warteliste weisen eine Mangelernährung und/oder Sarkopenie auf…

Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen angepasst.

… Hiermit sind auch vermehrte Komplikationen, eine erhöhte Letalität auf der Warteliste, eine erhöhte postoperative Letalität und eine Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes nach Transplantation assoziiert 477, 478 [Selberg1997, Dharancy2008, Englesbe2010, Tsien2014, Bernal2014]. Deshalb sollte bei allen Patienten mit einer Lebererkrankung ein Mangelernährungsscreening erfolgen [Plauth2019]. …

Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen angepasst. Die Literatur wurde an den entsprechenden Stellen hinzugefügt.

…Alle Patienten sollten im Rahmen des Evaluierungsprozesses eine Ernährungsanamnese und -beratung erhalten. Zur Wirksamkeit einer Ernährungstherapie in der Vorbereitung zur Transplantation liegen nur drei kontrollierte Studien vor. Zwei zeigen Evidenz für eine Verbesserung von Eiweißstatus, Muskelmasse und -funktion nicht aber der Sterblichkeit [LeCornu2000, Plank2005]. In der dritten Studie zeigte eine immunmodulierende Trinknahrung keinen Vorteil gegenüber einer Standardnahrung [Plank2015].

  • In diese Metaanalyse gingen ganz überwiegend Studien zur postoperativen Ernährung ein. Sie sollte deshalb an dieser Stelle nicht zitiert werden.

Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen angepasst. Die Literatur wurde an den entsprechenden Stellen hinzugefügt.

Da der BMI bei Störungen des Hydratationsstatus (Ödemen, Aszites) wenig nicht aussagekräftig ist, sollte die Körperzusammensetzung und insbesondere die Masse der Muskulatur objektiviert werden [Plauth2019]. Hierzu eignet sich die Bestimmung des mittels CT in Höhe des 3 LWK bestimmten Skelettmuskelindex (SMI) als repräsentatives Maß der Skelettmuskelmasse des gesamten Körpers [Mourtzakis2008, Prado2009, Montano-Loza2012]. In einem anderen Ansatz werden Fläche bzw. Diameter des Musculus psoas verwendet. Im direkten Vergleich zeigte sich jedoch keine bzw. keine zufriedenstellende Übereinstimmung der beiden Methoden [Rutten2017, Ebadi2018]. Die Verwendung eines einzigen Muskels als Referenz wird daher sehr zurückhaltend gesehen [Baracos2017]. Bei der Bewertung der Muskelmasse sind vor allem Alter und Geschlecht als Einflussgrößen von Bedeutung, weshalb geschlechtsspezifische Cut-Off-Werte beachtet werden müssen. Außerdem hat die Ethnizität eine Bedeutung, denn bei Asiaten liegt die Muskelmasse etwa 15 % unter der von Individuen westlicher Länder [Kim2021]. Neuere Daten zeigen insbesondere einen guten prognostischen Wert des paraspinalen Muskelindex (Muskeldicke der paraspinalen Muskulatur/BMI). Die Bioimpedanzanalyse erlaubt die Bestimmung des Phasenwinkels (PhA, phase angle), der als ein integrales Maß für Zellmasse und Zellintegrität gilt und somit ein Abbild des ernährungsmedizinisch relevanten metabolischen Status liefert. Bei Patienten mit LZ ist ein niedriger PhA mit einer erhöhten Mortalität assoziiert [Selberg2002, Peres2012, Ruiz-Margain2015, Belarmino2017, Saueressig2020, Ruiz-Margain2021]. Bei 97 Patienten mit dekompensierter Zirrhose und einer 6-Monats-Sterblichkeit von 35 % fanden die Untersucher bei einem PhA ≤ 5.52° eine 3.4 mal höhere Sterblichkeit bzw. eine Verminderung der Sterblichkeit um 53 % für jedes 1° des PhA [Saueressig2020]. Im direkten Vergleich zeigt der PhA eine vergleichbar gute Vorhersage des Überlebens wie der CT-basierte SMI [Viertel2019, Ruiz-Margain2021] und eine Überlegenheit gegenüber dem Subjective Global Assessment SGA [Plauth2022].

Der Hintergrundtext wurde leicht modifiziert übernommen. Die Literatur wurde an den entsprechenden Stellen hinzugefügt.

Ergänzung Tabelle 16

zu Tabelle 16

  • Mangelernährungsscreening in Tabellenspalte „obligat“ aufgenommen;

  • Strukturierte Ernährungstherapie, Sporttherapie, Gebrechlichkeitsbewertung (Liver Frailty Index, LFI) und Sarkopenie Bewertung (z. B. CT-SMI, PSMI, BIA Phasenwinkel) in Tabellenspalte „fakultativ“ aufgenommen

Bereich

Obligatorisch

Fakultativ

Ernährung

  • Mangelernährungsscreening

  • Sarkopenie Assessment (CT SMI, BIA Phasenwinkel)

  • Frailty Assessment (Liver Frailty Index, LFI)

  • BMI

  • Ernährungsanamnese

  • Ernährungsberatung

  • Strukturierte Ernährungstherapie

  • Sporttherapie

Begründung für Verbesserungsvorschlag

  1. Der BMI ist die mit Abstand am wenigsten geeignete Kenngröße, um Mangelernährung oder Sarkopenie als prognoserelevante Befunde zu erkennen (vgl. Seite 109, Absatz 4 der Konsultationsfassung)

  2. Empfehlungen 4.17 der aktuellen Leitlinie

  3. Empfehlungen der ESPEN Leitlinie (Plauth et al., Clinical Nutrition 2019)

  4. In Aktualisierung stehende Leitlinien der DGEM. Dort werden folgende Empfehlungen gegeben:

PICO-Frage: Welche Maßnahmen sollen/sollten/können erfolgen, um das ernährungsbedingte Risiko für leberkranke Patienten vor elektiven Operationen zu ermitteln?

Empfehlung LT/Chir-1

Vor elektiver Operation oder mit Listung zur Transplantation sollte bei Patienten mit einer chronischen Leberkrankheit das mit Mangelernährung oder (sarkopener) Adipositas assoziierte Risiko durch geeignete Maßnahmen evaluiert werden.

PICO-Frage: Welche Instrumente sollen/sollten/können bei Patienten mit Leberkrankheiten eingesetzt werden, um ein ernährungsbedingtes Morbiditäts- und/oder Mortalitätsrisiko zu erkennen durch a.) Screening, b.) Frailty Assessment, c.) Sarkopenie Assessment, d.) Analyse der Körperzusammensetzung, e.) andere Verfahren?

Empfehlung Allgem-1

Patienten mit Lebererkrankungen sollen mit einem validierten Instrument systematisch auf das Vorliegen einer Mangelernährung gescreent werden.

Empfehlung Allgem-2

Patienten mit einer chronischen Lebererkrankung, insbesondere Patienten mit Zirrhose und zur Transplantation gelistete Patienten sollen auf das Vorliegen von Übergewicht oder Adipositas untersucht werden, weil die Adipositas WHO III° (BMI ≥ 40 kg□m-2) einen unabhängigen Prädiktor von Mortalität und Morbidität bei diesen Patienten darstellt.

Empfehlung Allgem-3

Patienten mit einer chronischen Lebererkrankung, insbesondere Patienten mit Zirrhose und zur Transplantation gelistete Patienten sollen auf das Vorliegen einer Sarkopenie als starkem Prädiktor von Mortalität und Morbidität untersucht werden.

Empfehlung Allgem-4

Zur Quantifizierung von Muskelmasse und -qualität als prognostisch relevanter Teilkriterien einer Sarkopenie sollten radiologische Verfahren (CT-Schnittbilder, falls aus anderer Indikation angefertigt, oder MRT Schnittbilder) genutzt werden.

Empfehlung Allgem-5

Zur Quantifizierung der Muskelfunktion als prognostisch relevantem Teilkriterium einer Sarkopenie sollen die Messung von Handgriffstärke, Gehgeschwindigkeit oder der Chair-Stand Test oder die Bemessung der Gebrechlichkeit mittels eines standardisierten Instruments eingesetzt werden.

Empfehlung Allgem-6

Zur Abschätzung des Mortalitätsrisikos soll mittels bioelektrischer Impedanzanalyse (BIA) der Phasenwinkel als integrales Abbild von Körperzellmasse und -funktion gemessen werden.

Tabelle 17: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen bei Patienten auf der Warteliste.

In dieser Tabelle fehlen Empfehlungen zum Monitoring des Ergebnisses einer eingeleiteten Ernährungstherapie bzw. des Ernährungszustands.

Zu Tabelle 4.1: Die Änderungsvorschläge wurden nicht übernommen.

In der Spalte Untersuchung ist Evaluation des Ernährungsstatus und in der Spalte Intervall ist 3 Monate enthalten. Die Tabelle ist so aureichend, da im Hintergrundtext detailliert darauf eingegangen wird.

Es sollte eine entsprechende Zeile eingefügt werden

Untersuchung

Intervall

Ernährungsstatus

  • Körpergewicht

  • Mangelernährungs Screening

  • Phasenwinkel (BIA)

  • Liver Frailty Index

  • Ernährungsanamnese

bei jeder Vorstellung

alle 3 Monate

Ergänzung auf Seite 136:

Sarkopenie (Abbau von Muskelmasse und Muskelkraft) und Mangelernährung bzw. Kachexie wurden in retrospektiven Studien als Risikofaktoren für ein reduziertes Überleben nach Lebertransplantation identifiziert [Selberg1997, Dharancy2008, Tsien2014, Bernal2014]. Es existieren klare Empfehlungen zum Ernährungsmanagement und zum körperlichen Training für Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, um den Ernährungszustand und die Leistungsfähigkeit im Alltag zu verbessern [Plauth2019].

  • Der BMI sollte in diesem Zusammenhang nicht genannt werden, weil er wie auf Seite 109 in Absatz vier ausgeführt nicht geeignet ist, die prognoserelevante Mangelernährung oder Sarkopenie zu diganostizieren.

Zu Ergänzung auf Seite 136:

Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen angepasst. Die Literatur wurde an den entsprechenden Stellen hinzugefügt.

Empfehlung 8.9

Eine Ernährungsberatung sollte durchgeführt werden.

Ersetzen durch: Eine Beurteilung des Ernährungszustands und eine Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft sollte regelmäßig durchgeführt werden.

Zu Empfehlung 8.9

Empfehlung wurde partiell umformuliert und erneut in einem Delphi-Verfahren abgestimmt.

Nikotinabstinenz soll empfohlen werden

Diese Empfehlung sollte gestrichen werden, da sie eine universelle Gültigkeit für alle Menschen hat, im Kommentar ohne Evidenzbeleg bleibt und zudem in Empfehlung 8.3.2 wiederholt wird.

Dieser Empfehlungsabsatz wurde wie in Delphi I konsentiert beibehalten.

Ergänzung auf Seite 211:

Als metabolische Folge des operativen Traumas im Rahmen der Transplantation kommt es zu einem erheblichen Verlust an Gesamtkörpereiweiß. Dieser Verlust betrifft hauptsächlich die Skelettmuskultur und konnte auch in den 12 Monaten nach LT nicht wieder aufgefüllt werden [Plank2001]. Auf funktioneller Ebene ist die Glukoseaufnahme und -metabolisierung in der Skelettmuskulatur bei Patienten nach LT noch längerfristig beeinträchtigt [Tietge2004]. Eine weitere Studie zeigte, dass es nach LT zu einem Verlust an Körperzellmasse kommt, der auch 24 Monate nach LT noch nicht ausgeglichen ist bei gleichzeitig jedoch zunehmender Fettmasse [Hussaini1998]. Nach erfolgreicher Transplantation sollte der prolongierten und oft inkompletten metabolischen Restitution von Eiweißstatus und Sarkopenie Rechnung getragen werden durch eine frühe kombinierte ernährungs- und sportmedizinische Rehabilitation mit dem Ziel einer zügigen und nachhaltigen Erholung von Eiweißstatus und Muskelfunktion [Plauth2019].

Zusätzlich sollten transplantierte Patienten, insbesondere im Alter über 50 Jahren auf das Risiko metabolischer Komplikationen wie Adipositas, Diabetes mellitus, Hyperurikämie, Hyperlipidämie bereits initial nach Transplantation hingewiesen werden, um die Ernährung entsprechend des individuellen Risikos zu steuern.

Zu Ergänzung auf Seite 211:

Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen übernommen. Die Literatur wurde an den entsprechenden Stellen hinzugefügt.

Empfehlung 8.14

Nikotinkarenz, eine gesunde, ausgewogene Ernährung, sowie ausreichende Bewegung sollen angestrebt werden.

  • Dieser Teil der Empfehlung sollte gestrichen werden, da sie eine universelle Gültigkeit für alle Menschen hat und im Kommentar lediglich die ESC Practice Guidelines for the Management of Arterial Hypertension, jedoch keine auf lebertransplantierten Patienten basierende Evidenz gegeben wird. Zudem ist sie bezüglich der Ernährung so banal, dass Jedermann sie schon kennt und die Besonderheiten bei Lebertransplantierten nicht adressiert.

Zu Empfehlung 8.14

Empfehlungsabsatz wurde wie in Delphi I konsentiert beibehalten.

Seite 222, letzter Absatz:

Zu letzter Absatz Seite 222:

Der Absatz wurde beibehalten.

  • Der erste Satz dieses Absatzes wird nicht mehr benötigt wenn die o. g. Streichung erfolgt. Außerdem sollte bedacht werden, dass eine salzarme Ernährung bei Zirrhosepatienten bekanntermaßen den Nahrungsverzehr reduziert [Plauth2019] und deshalb die Empfehlung einer salzarmen Ernährung für im Stadium der Mangelernährung oder Kachexie transplantierte Patienten höchstgradig kontraproduktiv wäre.

Salzrestriktion wird durch die nationale Versorgungsleitlinien bei art. Hypertonie und nicht bei der chronischen Herzinsuffizienz empfohlen. Die Einschränkung bei sarkopenen Pat. ist valide.

Seite 224 ff, Kommentar zu Empfehlung 8.16.

Übergewicht und Bewegungsarmut sind nicht nur mit einem erhöhten kardiovaskulären, sondern auch hepatalen Risiko verbunden 1211 [SimonJHep2020, KimCGH2021]. Transplantierte haben ein erhebliches Risiko für die Entwicklung von Übergewicht, Adipositas, metabolischem Syndrom sowie den damit einhergehenden Komorbiditäten [Everhart1998 = 1218, Richards2005, Laryea2007, Bianchi2008, LattanziNutrients2019, Alves2019, Li2021]. Gewichtszunahme nach Lebertransplantation ist häufig und findet v. a. in den ersten 6 Monaten nach Transplantation statt. Im Schnitt kommt es zu einer Gewichtszunahme von etwa 4,8 bis 9,5 kg innerhalb von 3 Jahren. Nach 3 Jahren sind etwa 31 % der Patienten von einer Adipositas (BMI > 30 kg/m2) betroffen. Risikofaktoren für Gewichtszunahme sind Alter > 50 Jahre und chronische Lebererkrankung als Indikation zur Lebertransplantation. In einer niederländischen Kohortenstudie hatten Patienten, die 12 Monate nach Transplantation adipös waren, ein doppelt so hohes Mortalitätsrisiko wie normalgewichtige [vanSon2020]. In der prospektiven Schweizer Kohorte hatten 21 % der transplantierten Patienten eine neu aufgetretene Adipositas innerhalb der 6-jährigen Nachbeobachtungszeit und bei 1/3 der Patienten kam es zu einem kardiovaskulären Ereignis. Dabei hatten Patienten mit einer neu aufgetretenen Adipositas ein fast dreifach höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse [Beckmann2018]. Eine Analyse des US-Transplantationsregisters zeigte an Daten von 61 677 transplantierten Patienten, dass höheres Alter, männliches Geschlecht, BMI des Empfängers und eine Sirolimus-basierte Immunsuppression unabhängige Prädiktoren für die Entwicklung eines neuen Diabetes mellitus waren. Dabei war ein neu aufgetretener Diabetes mit einem schlechteren 10-Jahresüberleben verbunden [Bhat2018]. Aufgrund der steigenden Prävalenz von MASH bei Patienten auf der Warteliste muss auch mit einer Zunahme an metabolischen Komplikationen in der Transplantationsnachsorge gerechnet werden.

Transplantierte Patienten weisen häufig eine disproportionale Zunahme der Fettmasse bei gleichzeitig bestehender Sarkopenie auf [Hussaini1998, Plank2001, MerliCNESPEN2011, Schütz2012, Anastácio2019]; diese metabolische Dysfunktion sollte in der Rehabilitation berücksichtigt werden. Die Konstellation der sarkopenen Adipositas stellt eine Herausforderung dar, der durch eine Physiotherapie und Ernährungsberatung integrierendes postoperatives Rehabilitationskonzept begegnet werden sollte, um die bereits vor LT existenten metabolischen Folgen der chronischen Lebererkrankung gezielt zu adressieren [Painter2001, KrasnoffClinTranspl2005, KrasnoffAmJTranspl2006, MerliLiverInt2010, Schütz2012, Didsbury2013 = 1213, Román2014, DunnLiverTranspl2016, Totti2019]. Zu beachten ist, dass unter veränderter Diät sich die Resorption der CNI ändern kann, so dass hier zusätzlich Kontrollen des Talspiegels erfolgen sollten.

Zu Seite 224f, Kommentar zu Empfehlung 8.16.: Der Hintergrundtext wurde wie vorgeschlagen angepasst. Die Literatur wurde an den entsprechenden Stellen hinzugefügt.

Empfehlung 8.18

Alle Patienten sollen eine Ernährungsumstellung und Lebensstilmodifikation (Sport, Gewichtsreduktion bei Übergewicht bzw. Adipositas) erhalten.

  • Diese Empfehlung ist nahezu identisch zu Empfehlung 8.16 („Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem“) und kann m. E. ersatzlos gestrichen werden.

Zu Empfehlung 8.18:

Empfehlung wurde wie im Delphi konsentiert beibehalten. Um herauszustellen, dass es hier um Diabetes mellitus geht, wurde eine redaktionelle Änderung vorgenommen:

Alle Patienten mit Diabetes mellitus sollen eine Ernährungsumstellung und Lebensstilmodifikation (Sport, Gewichtsreduktion bei Übergewicht bzw. Adipositas) erhalten.

DGPM und DKPM:

Schlägt die gleiche Änderung wie die DGPPN vor (s. oben)

Zur Diskussion würde ich stellen, ob von Seiten der Leitliniengruppe zur Empfehlung 8.6. Patienten auf der Warteliste zur Lebertransplantation sollte eine psychosoziale Betreuung angeboten werden.

Ein Verweis auf eine leitlinengemäße psychosoziale Versorgung der TX-Patienten erfolgen sollte, (Seite 121) z. B: „Aufgrund der Häufigkeit von psychischen Begleiterkrankungen ist eine psychosoziale Betreuung während der Wartezeit notwendig, damit psychische Belastungssymptome oder psychische Störungen frühzeitig identifiziert und therapiert werden können, um somit negative Auswirkungen auf Lebensqualität und Transplantationserfolg zu vermeiden. Diese psychosoziale Betreuung sollte leitliniengemäß (S3-Leitlinie „Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation“ AWMF Registernummer 051–031) erfolgen.“

Die vorgeschlagenen Änderungen wurden berücksichtigt.

In Kapitel 6 – Immunsuppression nach Lebertransplantation der Leitlinie auf die Empfehlung 8.2. der Psychosozialen Leitlinie hinweisen.

Bei Auftreten von neuropsychiatrischen Symptomen nach Transplantation sollen unerwünschte Wirkungen der Immunsupressiva als Ursache in Betracht gezogen werden

Der vorgeschlagene Verweis wurde im Hintergrundtext zu Empfehlung 6.1 und 6.2 berücksichtigt.

In Kapitel Leitlinie 7 – Diagnostik und Therapie von postoperativen Komplikationen sollte wieder auf die Leitlinie „Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation“ AWMF-Registernummer 051–031 hinweisen und ggf. folgende Empfehlungen übernommen werden:

Das Kapitel 7 bezieht sich auf die unmittelbaren postoperativen Komplikationen. Die Bemerkung eher auf Kapitel 8, die Nachsorge, wo jedoch kein diesbezügliches Kapitel existiert. Auf die genannte Leitlinie wird daher im Hintergrundtext von Empfehlung 8.1. verwiesen.

Kapitel 4.6 der Leitlinie Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation“ AWMF-Registernummer 051–031

Kapitel 4. Psychische Komorbidität als Risikofaktor für Morbidität und Mortalität nach Transplantation

4.4

Statement

Bei Transplantationspatienten kommen unabhängig vom betroffenen Organ depressive Störungen, Angststörungen, Anpassungsstörungen, akute Belastungsreaktionen und posttraumatische Belastungsstörungen häufig vor.

EK

Literatur:

Starker Konsens

4.5

Empfehlung

EK

Die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Störung soll mittels Screening-Fragen im Anamnesegespräch oder standardisierter Fragebögen in allen Phasen der Transplantationsbehandlung eingeschätzt werden.

Starker Konsens

4.6

Empfehlung

EK

Bei positivem Screening (Fragebogen, Anamnese) sollen Patienten in allen Phasen der Transplantationsbehandlung auf das Vorliegen psychischer Störungen gemäß ICD-Kriterien untersucht werden.

Starker Konsens

Kommentar zu Hintergrundtext zu Empfehlung 11.1.:

Dieses Kommentar, das sich auf eine Veröffentlichung meiner Arbeitsgruppe bezieht, würde ich abschwächen:

In einer vergleichenden Studie zur psychosozialen Belastung bei Leberlebendspende bei HCC und ACLF ergaben sich in der präoperativen Situation eine signifikant reduzierte Lebensqualität der Leberlebendspender, die sich jedoch drei Monate später der Norm angeglichen hatte. Aus psychosomatischer Sicht sollten Spender in dieser Konstellation besonders ausführlich aufgeklärt und betreut werden, die Verbesserung der Lebensqualität im Verlauf spricht jedoch für die Akzeptabilität der Lebendorganspende auch in diesem Format.

Der Hintergrundtext zu Empfehlung 11.1. wurde wie im Kommentar vorgeschlagen angepasst.

Ergänzung zu Hintergrundtext zu Empfehlung 11.2.:

Gleichzeitig wird bez. der psychosomatischen Beurteilung auf die S3-LL Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patienten vor und nach Organtransplantation AWMF-Register Nr. 021/029 hingewiesen.

Die Ergänzung zum Hintergrundtext der Empfehlung 11.2. wurde eingefügt.

Ergänzung zu Hintergrundtext zu Empfehlung 11.3.:

Eine ausführliche Beschreibung der psychischen Risikofaktoren für den Spender findet sich in Kapitel 7.1.4. Risikofaktoren für eine ungünstige Veränderung des langfristigen psychosozialen Outcomes nach Organlebendspende der S3 Leitlinie zu psychosozialen Aspekten.

Die Ergänzung zum Hintergrundtext der Empfehlung 11.3. wurde eingefügt.

Kommentar zu Hintergrundtext zu Empfehlung 11.3.:

Bitte auf 3.7. Struktur der psychosozialen Evaluation und Tabelle 8 der S3 Leitlinie psychosoziale Aspekt hinweisen. Danach dürfen Fachärzte für psychosomatische Medizin, für Psychiatrie und Psychotherapie sowie approbierte Psychologen die Evaluation selbstständig durchführen, Assistenzärzte und Psychologen in Weiterbildung für die jeweiligen Qualifikationen dürfen die Evaluation unter Supervision durchführen.

Der Kommentar zum Hintergrundtext der Empfehlung 11.3. wurde nicht berücksichtigt.

Änderungsvorschlag zu Hintergrundtext zu Empfehlung 11.3.:

Die Prüfung des Verwandtschaftsgrades bzw. der Beziehung zwischen potenziellen Spender und Empfängern ist nicht Aufgabe der psychosozialen Evaluation.

  • Hier bitte Noch einschieben, im Besonderen bei ausländischen Spender-Empfänger Paaren- das Wort Beziehung streichen da, missverständlich. Gleich im nächsten Absatz wird auf die Dynamik der Empfänger-Spender Beziehung hingewiesen und das reicht aus.

  • Vorschlag: Die Prüfung des Verwandschaftsgrades- im Besonderen bei ausländischen Spender-Empfänger Paaren- ist nicht Aufgabe der psychosozialen Evaluation.

Der Hintergrundtext zu Empfehlung 11.3. wurde wie im Kommentar vorgeschlagen angepasst.

Kommentar zu Tabelle 11.2 im Hintergrundtext zu Empfehlung 11.3.:

Die Leberbiopsie sollte erst nach der psychosomatischen Evaluation stattfinden, da diese mit Komplikationen einhergehen kann und ggf. bei psychosomatischen Abhaltungsgründen obsolet wäre.

Der Kommentar zu Tabelle 11.2 im Hintergrundtext der Empfehlung 11.3. wurde berücksichtigt, die Leberbiopsie nach psychosozialer Evaluation aufgeführt und in der Fußnote ergänzt

Kommentar zu Empfehlung 11.4.:

Hier bitte auf das Kapitel 7.3 Psychosoziale Nachsorge nach Organlebendspende der S3-Leitlinie psychosoziale Aspekte hinweisen.

Der Kommentar zu Empfehlung 11.4. wurde berücksichtigt und als Punkt in Tabelle 11.3 aufgenommen.

Kommentar zu Empfehlung 11.5.:

Hier bitte auf das Kapitel 7.5 psychosoziale Kontraindikationen der Leberlebendspende der S3 Leitlinie psychosoziale Aspekte, Empfehlung 7.18 hinweisen.

Der Kommentar zu Empfehlung 11.5. wurde im Hintergrundtext der Empfehlung berücksichtigt.

7.18

Empfehlung

EK

Psychosoziale Risikofaktoren können so ausgeprägt sein, besonders wenn sie in Kombination auftreten, dass sogar der Verzicht auf eine Lebendspende erwogen werden sollte.

Folgende Risikokonstellationen sollten besonders beachtet werden:

  1. Spende in Notfallsituation, d. h. akutes bzw. akut auf chronisches Organversagen der Empfänger*innen (bei Leberlebendspende)

  2. Spender*innen im jungen Erwachsenenalter

  3. Erwachsene Kinder als Spender*innen für die Eltern

  4. Emotionale Abhängigkeit des*der Spender*in von dem*der Empfänger*in (bei erwachsenen Empfänger*innen)

  5. Anhaltende Ambivalenz bzgl. der Spendeentscheidung

  6. Psychische Vorerkrankungen der Spender*innen, wenn diese zu gravierenden psychosozialen Beeinträchtigungen geführt haben (mehr als eine ambulante oder stationäre Behandlung, Erhalt einer Erwerbsminderungsrente, Schwerbehinderung, rechtliche Betreuung) oder aktuelle psychische Störungen

  7. Problematischer Substanzkonsum

Während eines digitalen Treffens der Steuergruppe am 27. Juni 2023 wurde diskutiert, inwiefern die während des Freigabeverfahrens eingegangenen Kommentare Änderungen in den Empfehlungen und Hintergrundtexten erforderlich machen. Nach Anpassung bzw. Umformulierung der (Teil-)Empfehlungen 5.12, 5.13 und 8.9 sowie Anpassungen in den Tabellen 11.2 und 11.3 wurde entschieden, diese in einer erneuten, zweiten Delphi-Runde durch die Leitliniengruppe abstimmen zu lassen, die im September und Oktober 2023 online durchgeführt wurde. Zeitgleich wurden Änderungen in den Hintergrundtexten durch die Steuergruppe und AG-Leitungen im Gesamtmanuskript vorgenommen.

Die Fachgesellschaften, die während des Freigabeverfahrens Kommentare und/oder Änderungsvorschläge eingereicht hatten, wurden über den Umgang mit den eingereichten Anmerkungen und Änderungsvorschlägen informiert. Keine der Fachgesellschaften formulierte im Anschluss Einwände gegen den in [Tab. 7] dargestellten Umgang mit Anmerkungen und Änderungsvorschlägen.

Nach Abschluss der zweiten Delphi-Runde und Konsentierung der (Teil)-Empfehlungen wurde im November 2023 eine erneute Überarbeitung der betreffenden Hintergrundtexte notwendig. Die Finalisierung des Gesamtmanuskripts erfolgte im Dezember 2023.


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2.2.2 Redaktionelle Unabhängigkeit und Finanzierung der Leitlinie

Die Erstellung der Leitlinie erfolgte redaktionell unabhängig. Die DGVS finanzierte die Nutzung des Leitlinienportals, das Kickoff-Treffen sowie alle weiteren Treffen inkl. Reisekosten und die Online-Konsensuskonferenz. Eine finanzielle Beteiligung Dritter erfolgte nicht. Mandatsträger und Experten arbeiteten ausschließlich ehrenamtlich.


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2.2.3 Darlegung von und Umgang mit Interessenkonflikten

Im Einklang mit dem AWMF-Regelwerk zum Umgang mit Interessenskonflikten gaben alle Teilnehmenden ihre Erklärungen auf dem entsprechenden AWMF-Formular (Formblatt 2018) ab. Die Interessenkonflikte wurden von den Koordinatoren der Leitlinie und von Frau Nothacker (AWMF) gesichtet, gemäß den AWMF-Kriterien als gering, moderat oder hoch bezüglich der individuellen Empfehlung kategorisiert. Der Vorschlag zum Management wurde zu Beginn der Konsensuskonferenz mit allen beteiligten Experten diskutiert, konsentiert und umgesetzt.

Bezahlte Vortrags-/oder Schulungstätigkeit und bezahlte Autoren-/oder Co-Autorenschaft wurden als geringe Interessenkonflikte gewertet und hatten keine Konsequenzen in Bezug auf die Abstimmungen.

Als moderat wurden nachfolgende Interessenkonflikte eingestuft:

  • Berater- bzw. Gutachtertätigkeit oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung

  • Mitarbeit in einem Wissenschaftlichen Beirat (advisory board)

  • Forschungsvorhaben/Durchführung klinischer Studien: finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung von Mitarbeitern der Einrichtung vonseiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung

Moderate Interessenkonflikte betrafen die in [Tab. 8] aufgeführten Produktklassen und Empfehlungen ([Tab. 8]). Experten, die hiervon betroffen waren (siehe COI-Tabelle im Anhang), verpflichteten sich, sich bei den Abstimmungen zu den jeweiligen Empfehlungen zu enthalten.

Tab. 8

Übersicht aller Empfehlungen, bei denen moderate Interessenkonflikte vorlagen.

Produkt

Empfehlungen

Hersteller von Immunsuppressiva

Empfehlung 6.1,
Statement 6.2,
Empfehlung 6.3,
Empfehlung 6.4,
Empfehlung 6.5,
Empfehlung 6.6,
Empfehlung 6.7

Hersteller von antiviralen Substanzen

Empfehlung 1.1.4,
Empfehlung 8.20,
Empfehlung 8.22,
Empfehlung 8.23,
Empfehlung 8.24,
Empfehlung 9.7
Empfehlung 9.8

Hersteller von Impfstoffen

Empfehlung 8.27 und nachfolgende Tabelle 8.4, Empfehlung 8.28

Hersteller von Antimykotika

Empfehlung 7.20 und nachfolgende Tabelle 7.3, Empfehlung 7.21 und nachfolgende Tabelle 7.4, Empfehlung 10.5

Hersteller von Antihypertensiva

Empfehlung 8.14

Hersteller von Lipidsenkern

Empfehlung 8.15,
Empfehlung 8.18

Hersteller von Bisphosphonaten und RANKL-Antikörpern

Empfehlung 5.4,
Empfehlung 8.20,
Empfehlung 8.22,
Empfehlung 8.23,
Empfehlung 8.24,
Empfehlung 9.7,
Empfehlung 9.8

Hersteller von Antibiotika

Empfehlung 8.25
Empfehlung 8.26

Hersteller von therapeutischen Gallensäuren und PPAR-delta-Agonisten

Empfehlung 9.4,
Empfehlung 9.5

Hersteller von Antikoagulantien

Empfehlung 9.15

Hersteller von Impfstoffen

Empfehlung 8.27 und nachfolgende Tabelle 8.4, Empfehlung 8.28

Hersteller von Antimykotika

Empfehlung 7.20 und nachfolgende Tabelle 7.3, Empfehlung 7.21 und nachfolgende Tabelle 7.4, Empfehlung 10.5

Als hohe Interessenkonflikte wurden Eigentümerinteressen (Patent, Urheberrecht, Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft) eingestuft. Hohe Interessenkonflikte mit Bezug zur Leitlinie wurden nicht identifiziert.

Im Ergebnis wurden bei 38 von 89 Experten moderate Interessenkonflikte zu unterschiedlichen Themen festgestellt, die eine Enthaltung bei der Abstimmung davon betroffener Empfehlungen zur Folge hatten. Als schützende Faktoren vor Verzerrung werden darüber hinaus die interdisziplinäre, repräsentative Zusammensetzung der Leitliniengruppe sowie die strukturierte Konsensfindung unter neutraler Moderation eingeschätzt.

Die Interessenerklärungen aller Experten sind im Anhang dargestellt.

Teilnehmende der Konsensuskonferenz

Die Leitlinienexperten: Niklas Aehling (DGVS), Jörg Albert (DGVS), Beate Appenrodt (DGVS), Hideo, Andreas Baba (DGPathologie/BDP), Ana-Paula Barreiros (DSO), Anil Batra (DGPPN, DG-Sucht), Wolf Otto Bechstein (DGAV), Susanne Beckebaum (DGVS), Thomas Becker (DGAV), Christoph Berg (DGVS), Thomas Berg (DGVS), Marie-Luise Berres (DGVS), Felix Braun (DTG), Tony Bruns (DGVS), Ali E. Canbay (DGVS), Markus Cornberg (DGVS), Cornelius Engelmann (DGVS), Yesim Erim (DTG, DKPM, DGPM), Daniela Eser-Valeri (DGPPN), Christa Flechtenmacher (DGPathologie/BDP), Valentin Fuhrmann (DGIIN), Anja Gäckler (DGFN), Andreas Geier (Gastro-Liga), Alexander L. Gerbes (DGVS), Matthias Glanemann (DGAV), Markus Guba (DGAV), Rainer Günther (DGIM), Hauke Heinzow (DGVS), Holger, Hinrichsen (DGVS), Elmar Jaeckel (DGVS), Christian Jansen (DGVS), Christian Jung (DGKardiologie), Iyad Kabar (DGVS), Thorsten Kaiser (DGKL), Gabriele Kirchner (DGVS), Ingo Klein (DGAV), Andreas Kribben (DGFN), Frank Lammert (DGVS), Georg Lamprecht (DGVS), Hauke Lang (DGAV), Christian Lange (DGVS), Christoph Lübbert (DGI), Steffen Manekeller (DGAV), Arianeb Mehrabi (DGAV), Gero Moog (DGVS), Silvio Nadalin (DTG, DGAV), Ulf Neumann (DGAV), Andreas Pascher (DGAV), Mathias Plauth (DGEM), Andrej Potthoff (DGVS), Johann Pratschke (DGAV), Falk Rauchfuß (DGAV), Jutta Riemer (Selbsthilfe Lebertransplantierte), Kristina Ringe (DRG), Cristina Ripoll (DGVS), Elke Roeb (DGVS), Christian Rupp (DGVS), Peter Schemmer (DGAV, DGCH), Hans Jürgen Schlitt (DGAV), Moritz Schmelzle (DGAV), Hartmut H. Schmidt (DGAV), Andreas Anton Schnitzbauer (DGAV), Wenzel Schöning (DGAV), Eckart Schott (DGVS), Andreas G. Schreyer (DRG), Tobias Schürholz (DGAI), Daniel Seehofer (DGAV), Utz Settmacher (DGAV), Barbara Sinner (DGAI), Katharina Staufer (DTG, DGVS), Martina Sterneck (DGAV), Pavel Strnad (DGVS), Robert Sucher (DGAV), Frank Tacke (DGVS), Richard Taubert (DGVS), Hans-Michael Tautenhahn (DGVS), Christian Trautwein (DGVS), Jonel Trebicka (DGVS), Johannes Vermehren (DGVS), Rebecca von Haken (DGAI), Markus A. Weigand (DGAI), Tobias Weismüller (DGVS), Martin-Walter Welker (DGVS), Christian Wilms (DGVS), Oliver Witzke (DGI), Hans-Peter Wohn (Dt. Leberhilfe, BDO), Marcus-Alexander Wörns (DGVS)

Organisation und Methodik: Monika Nothacker (AWMF), Torsten Karge (CGS-Usergroup), Lars Klug (DGVS), Pia Lorenz (DGVS)

Die Beeinflussung durch Interessenkonflikte wurde weiter auch durch die formale zweistufige Konsensbildung und durch die Erstellung der interdisziplinären Arbeitsgruppen reduziert.


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2.3 Verbreitung und Implementierung

2.3.1 Konzept zur Verbreitung und Implementierung

Die Leitlinie wird in der Zeitschrift für Gastroenterologie und auf den Webseiten der DGVS (www.dgvs.de) und der AWMF (www.awmf.de) veröffentlicht.


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2.3.2 Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

Die Gültigkeit beträgt fünf Jahre (30. Oktober 2028). Die Überarbeitung wird durch die Leitlinienbeauftragten der DGVS initiiert werden. Die Steuergruppe wird jährlich den Aktualisierungsbedarf der Leitlinie prüfen. Als Ansprechpartner steht die DGVS-Geschäftsstelle (leitlinien@dgvs.de) zur Verfügung.


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Interessenkonflikt

Die Übersicht über die Interessenkonflikte der Autorinnen und Autoren sind im Anhang veröffentlicht.

* Mitglieder der Ständigen Kommission Organtransplantation (StaKo) der Bundesärztekammer (BAK)



Korrespondenzadresse

Lars Klug
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie
Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
Gastro Haus
Olivaer Platz 7
10707 Berlin
Phone: +49/30/31 98 31 50 13   
Email: klug@dgvs.de

Publication History

Received: 23 January 2024

Accepted: 26 January 2024

Article published online:
09 September 2024

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