Die Autor*innen des im Jahr 2023 erschienenen Werks „Sexkauf. Eine rechtliche und
rechtsethische Untersuchung der Prostitution“ sind Prof. Dr. Elke Mack, die an der
katholisch-theologischen Fakultät der Universität Erfurt die Professur für Christliche
Sozialwissenschaft und Sozialethik innehat, und Prof. Dr. Ulrich Rommelfanger, der
Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter an der Hochschule der Sächsischen Polizei ist. Mitgewirkt
hat zudem Dr. Jakob Dobnik, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von
Professorin Mack tätig ist. Das Buch ist eine Auftragsarbeit. Auftraggeberin ist das
DIAKA, das Deutsche Institut für Angewandte Kriminalitätsanalyse e. V. (i. G.), das
von bekannten Vertreter*innen des sogenannten Nordischen Modells getragen wird. In
dessen Zentrum steht die Strafbarkeit von Freiern, also das „Sexkaufverbot“. Das Buch
folgt der These, dass Prostitution stets mit Gewalt an den in der Prostitution tätigen
Frauen einhergeht und ausnahmslos unfreiwillig ist. Es kommt zum Ergebnis, dass die
Inanspruchnahme der Dienste einer Prostituierten strafwürdig ist.
Die Sozialethiker*innen Elke Mack und Jakob Drobnik steuern Beiträge zum mit 240 Seiten
deutlich längeren Teil 1 bei, der mit „Eine rechtliche und rechtsethische Prüfung
der Gesetzgebung zur Prostitution“ überschrieben ist. Eine im eigentlichen Sinne rechtliche
Prüfung findet sich in diesem Teil des Buches nicht. Auch liegt eine in der Einleitung
angekündigte „ergebnisoffen[e]“ „Studie“ (S. 19) nicht vor.
Jakob Drobnik stellt zunächst „Grundsätze zur Prostitution im Völker- und Europarecht“
dar, wobei er sich mit Bedacht auf solche beschränkt, die sich mit Menschenhandel
befassen. Prostitution wird mit Menschenhandel gleichgesetzt, was sich als These durch
das gesamte Werk zieht. Bereits in diesem Abschnitt wird das deutsche Regulierungsmodell
des Prostituiertenschutzgesetzes jedenfalls implizit als völkerrechtswidrig bewertet,
weil es – anders als das sogenannte Nordische Modell – den Menschenhandel nicht effektiv
eindämme (S. 27, S. 31, S. 34, S. 36 ff.). Der Autor stellt sodann eine Auswahl mancher
Entscheidungen europäischer Gerichte vor. Mit der Darstellung der „Folgewirkung der
Prostitutionsgesetzgebung in Deutschland“, die insbesondere Einzelstimmen aus verschiedenen
Professionen zu Wort kommen lässt, schließt er seinen Beitrag ab.
Teil 1 wird abgerundet durch den Abschnitt „Das Prinzip der Menschenwürde in der Prostitution“
von Elke Mack. Sie geht auf 40 Seiten ihrer These nach, dass Prostitution stets „sexualisierte
Gewalt am Körper Dritter“ ist, und zwar unabhängig vom Willen der Prostituierten (so
ausdrücklich auf S. 223). Der ausgeübte Zwang könne physischer wie psychischer, sozialer
oder ökonomischer Natur sein. Mit sozialem Zwang meint die Autorin „hierarchische
bzw. Clan-Abhängigkeit“, mit ökonomischem Zwang „Armutsprostitution und Bildungsferne
mit beruflicher Alternativlosigkeit“ (S. 224). Aus dem grundgesetzlichen Schutz der
Würde des Menschen schließt die Autorin sodann auf eine Pflicht des Staates, die gewerbliche
Prostitution zu verbieten und den Sexkauf unter Strafe zu stellen (S. 255 ff.), ohne
erstens die hochkomplexe Frage der Reichweite verfassungsrechtlicher Schutzpflichten,
zweitens die hier einfach angenommene Beschränkung des gesetzgeberischen Bewertungs-
und Gestaltungsspielraumes und drittens die prekäre Notwendigkeit des Einsatzes des
Strafrechts als Ultima Ratio staatlichen Handelns zu thematisieren.
Im 60 Seiten umfassenden Teil 2, der mit „Verfassungsrechtliche Prüfung der geltenden
Prostitutionsgesetzgebung in Deutschland“ überschrieben ist, befasst sich der Rechtsanwalt
Ulrich Rommelfanger nach einer Beschreibung sowohl des Prostituiertenschutzgesetzes
von 2017 als auch des von 2002 bis 2017 geltenden Prostitutionsgesetzes mit Grundrechten.
Der Autor hält sich, anders als seine Co-Autorin Mack, mit einem eindeutigen Urteil
zur Vereinbarkeit von Prostitution und Menschenwürde zurück und beschränkt sich darauf,
Zweifel anzubringen und auf eine „sehr überwiegende“ Auffassung „aller Kenner der
Szene“ zu verweisen (S. 294). Entsprechend offen konstatiert er auch, das Recht auf
allgemeine Handlungsfreiheit werde „grundsätzlich verletzt“ (S. 299); die Berufsfreiheit
komme nicht zum Tragen, wenn die Prostitution nicht freiwillig sei (S. 301). Juristisches
Terrain verlässt der Autor schließlich im dritten Abschnitt seines Beitrags, in dem
er verschiedene Akteur*innen – von der Prostitutionsaussteigerin bis zum Staatsanwalt – mit
ihren persönlichen Meinungen zu Wort kommen lässt. Teil 2 schließt mit einer Auswertung
und einem Fazit.
Das Werk enthält wenig Neues und noch weniger Substantielles. Insbesondere liefert
es nichts (juristisch) Belastbares zum Verhältnis von Prostitution, Menschenwürde
und kollidierenden weiteren Grundrechten. Das ist überraschend. Denn das Buch stellt
eine steile These auf und behauptet, dass Prostitution nicht mit der durch Artikel
1 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes absolut geschützten und nicht abwägungsfähigen Menschenwürde
(„Die Menschenwürde ist unantastbar“) vereinbar sei. Und dass der Staat deshalb verpflichtet
sei, Prostitution zu verbieten und die Inanspruchnahme der Dienstleistung unter Strafe
zu stellen. Für diese Behauptungen bedürfte es einer belastbaren Argumentation. Denn
in einem Rechtsstaat muss das „scharfe Schwert des Strafrechts“ mit Bedacht angewandt
werden. Die einzig auffindbare Argumentation besteht in der beständig wiederholten,
aber nie schlüssig belegten Grundannahme, dass Prostitution immer unfreiwillig sei.
Die schlanke Argumentation im Buch steht in auffälligem Kontrast zur Rechtsprechung,
die gerade zum Verhältnis von Menschenwürde und freiem Willen eine Fülle von interessanten
Ansatzpunkten liefern könnte. Dieses dogmatische und ethische Füllhorn wird aber von
den Autor*innen höchst selektiv und nur insoweit dargeboten, wie es die eigene These
zu stützen scheint. Eine ergebnisoffene Studie, wie sie eingangs angekündigt wird,
liegt jedenfalls nicht vor.
So unterschlägt der Autor Drobnik in seiner „Rechtsprechungsübersicht“, dass sich
etwa der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausdrücklich nur zur Zwangsprostitution
geäußert hat, die auch in Deutschland bereits unter Strafe steht, und diese gerade
nicht mit gewerblicher Prostitution, die das Prostituiertenschutzgesetz regelt, gleichsetzt.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts taucht gar nicht erst auf, obwohl
sich das Gericht ja ausdrücklich zu Prostitution geäußert hat: Es hat in seinem Beschluss
vom 28.04.2009 (1 BvR 224/07) zur Zulässigkeit von Wohnungsprostitution im Geltungsbereich
einer Sperrgebietsverordnung die Prostitution dem Schutzbereich der Berufsfreiheit
nach Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz unterstellt.
Die Autorin Mack ignoriert, dass ihre Annahme, Prostitution sei stets (also auch unabhängig
von psychischem oder physischem Zwang) unfreiwillig, nicht mit dem im liberalen Rechtsstaat
geltenden Begriff der Menschenwürde zu vereinbaren ist. Dem Grundgesetz zugrunde liegt
die Vorstellung, dass der „Mensch in Freiheit sich selbst bestimmt und entfaltet“.
„Die unverlierbare Würde des Menschen als Person“, so das Bundesverfassungsgericht
im Sterbehilfe-Urteil vom 26.02.2020 (2 BvR 2347/15), „besteht hiernach darin, dass
er stets als selbstverantwortliche Persönlichkeit anerkannt bleibt.“ Auch diejenigen,
die sich in Not für eine bestimmte Handlung entscheiden und eine andere (etwa das
Nichtstun) unterlassen, handeln danach selbstverantwortlich. Mit dieser Rechtsprechung
ist ein „Zwang zur Würde“, eine Verhaltensregel zum „menschenwürdigen“ Benehmen oder
zum „richtigen Mensch-Sein“ nicht zu vereinbaren.
Eine anderslautende Rechtsprechung, die den Versuch unternahm, die Würde des Menschen
objektiv und unabhängig vom Willen der Beteiligten zu bestimmen, ist längst überholt.
Während das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zu Peep-Shows aus dem
Jahr 1981 gegen diese noch eine solche objektiv verstandene Menschenwürde ins Feld
geführt hatte, hielt es sich in der zweiten Peep-Show-Entscheidung zehn Jahre später
mit der Nutzung der Menschenwürde zurück und rekurrierte stattdessen auf die öffentliche
Ordnung. Auch das Bundesverfassungsgericht verfolgte den Flirt mit einer von allgemeinen
Moralvorstellungen aufgeladenen Menschenwürde, den es im Beschluss über die Einziehung
des Horrorfilms „Tanz der Teufel“ aus dem Jahr 1992 bei der Auslegung des Tatbestands
der strafbaren Gewaltdarstellung (§ 131 Strafgesetzbuch) aufgenommen hatte, nicht
weiter.
Eine etwas umfassendere Darstellung der Rechtsprechung findet sich in Teil 2, wobei
auch hier negativ auffällt, dass Rechtsprechung, die die These der Autor*innen stützt,
größeren Raum einnimmt als die, die eine kritischere Betrachtung erforderlich gemacht
hätte. So stellt der Autor nicht nur die erste Peep-Show-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
aus dem Jahr 1981 ausführlich dar, sondern auch eine erstinstanzliche Entscheidung
des Verwaltungsgerichts Neustadt zum Verbot einer Veranstaltung mit „Zwergenwerfen“
(S. 277 ff.). Diese kuriose Entscheidung aus dem Jahr 1992 mag plakativ sein; verfassungsrechtlich
gilt aber seit über 30 Jahren anderes. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
zur Sterbehilfe dagegen wird nur mit einem Satz gewürdigt (S. 290).
Gar nicht aufgegriffen wird von den Autor*innen die naheliegende Frage, wie weit die
Schutzpflicht des Staates zugunsten von Prostituierten reicht. Grundrechte sind zunächst
einmal Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe; sie können aber auch einen Schutzanspruch
an den Staat vermitteln. Bei der Wahrnehmung einer solchen Schutzpflicht hat der Gesetzgeber
einen grundsätzlich weiten Bewertungs- und Gestaltungsspielraum. Ob hier eine solche
Schutzpflicht sich tatsächlich dahingehend verdichtet, dass dieser Spielraum auf eine
einzige legislative Entscheidung schrumpft, die auch noch strafrechtlicher Natur sein
muss, bleibt in diesem Werk unbearbeitet.
Wer sich also dafür interessiert, ob Prostitution in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen
mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist, wird durch die Lektüre im besten Fall nicht
erhellt, im schlimmsten Fall verärgert. Einen Beitrag zur aktuellen Debatte über die
Regulierung von Prostitution liefert das Auftragswerk nicht. Das Buch kann deshalb
nur denjenigen empfohlen werden, die – aus moralischen oder politischen Gründen – die
Einführung der Freierstrafbarkeit unterstützen und sich durch Gleichgesinnte bestätigt
sehen wollen.
Stefanie Killinger (Göttingen)