Ein 6 Jahre alter Junge stellte sich vor mit vor 6 Monaten aufgetretenen Aphthen ([
Abb. 1
]) an der Mundschleimhaut. Im Verlauf litt er an Hautrötungen unterhalb der Augenlider
([
Abb. 2
], [
Abb. 3
]), offenen Hautstellen an den Ohrmuscheln beidseits, sowie Papeln an Ellenbogen,
Kniegelenken und Handinnenflächen. Zusätzlich kam es dann zu schmerzhaften Schwellungen
an Fuß- und Handgelenken ([
Abb. 4
], [
Abb. 5
]). Vor allem nach Belastung traten rezidivierend erhöhte Temperaturen auf. Zudem
war er abgeschlagen und appetitlos (Gewichtsverlust ca. 1 kg). Auswärts wurde die
Diagnose einer Zöliakie mit Arthritis gestellt bei deutlich erhöhten Transglutaminase-IgA-Antikörpern
im Serum. Es wurde eine glutenfreie Diät begonnen sowie eine Therapie mit Ibuprofen.
Die weitere Eigenanamnese war unauffällig, in der Familienanamnese: Uroma mütterlicherseits
hatte eine juvenile idiopathische Arthritis, Oma mütterlicherseits eine Psoriasis
und die Tante mütterlicherseits ein SAPHO(Synovitis, Akne, Pustulosis, Hyperostosis,
Osteitis)-Syndrom.
Abb. 1 Aphthöse, schmerzende Erosion der Mundschleimhaut.
Abb. 2 Symmetrische Erytheme periorbital.
Abb. 3 Heliotropes Erythem.
Abb. 4 Arthritis Sprunggelenk mit ausgeprägter Schwellung.
Abb. 5 Sonografie Sprunggelenk rechts: Nachweis eines ausgeprägten Gelenkergusses im oberen
und unteren Sprunggelenk mit deutlicher Verbreiterung der Synovia bis zu 3 mm, Hyperperfusion.
Klinik
In der klinischen Untersuchung zeigten sich ausgeprägte Gelenkergüsse in Knie-, Sprung-
und Handgelenken beidseits mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, eine Lymphadenitis
colli, orale Aphthen, periorbital erythematöse Stellen, Papeln an Ellenbogen, Knie-
und Finger-PIP-Gelenken und Handinnenflächen sowie gerötete Nagelfalzen. Die Muskelkraft
war nicht eingeschränkt.
Labor
Die Laboruntersuchungen ergaben eine mikrozytäre hypochrome Anämie. Es zeigten sich
keine wesentlichen Entzündungszeichen (BSG: 29 mm/h, CRP: negativ). Die LDH war leicht
erhöht (357 U/l) sowie das Ferritin (192 U/L). Die CK war im Normbereich (46 U/l),
sowie die Transaminasen. Antinukleäre Antikörper (ANA), Rheumafaktoren und CCP-Antikörper
waren negativ. Im Myositis-Panel fanden sich 2-fach positive MDA5-Antikörper (Anti-Melanoma-Differentiation-Associated-Gene-5-Antibody).
Im weiteren Verlauf waren zusätzlich auch 2-fach positive PL-12-Antikörper nachweisbar.
Bildgebung
In der Arthrosonografie zeigten sich ausgeprägte Ergüsse im rechten Kniegelenk, den
Sprunggelenken beidseits sowie eine geringe Ergussbildung im distalen Radiokarpalgelenk
beidseits. Der Röntgenthorax und die Bodyplethysmografie waren unauffällig
Diagnose
Differenzialdiagnostisch dachten wir zunächst aufgrund der Hauterscheinungen an eine
Dermatitis herpetiformis im Rahmen der Zöliakie, assoziiert mit einer juvenilen idiopathischen
Arthritis. Bei Nachweis der MDA5-Antikörper stellten wir dann die Diagnose einer amyopathischen
MDA5-Antikörper-assoziierten juvenilen Dermatomyositis.
Therapie
Bereits ambulant war eine glutenfreie Diät begonnen worden. Nach Initiierung einer
oralen Glukokortikoid-Therapie (1 mg/kg) kam es zu einer raschen Besserung des Allgemeinzustandes,
der Hauteffloreszenzen und zur langsamen Besserung der Arthritis. Zusätzlich wurde
eine Basistherapie mit Methotrexat begonnen. Die orale Glukokortikoid-Therapie konnte
nach 3 Monaten reduziert und beendet werden.
Diskussion
Die juvenile Dermatomyositis (JDM) ist die häufigste chronisch-entzündliche Myopathie
des Kindesalters [1]. Aufgrund des heterogenen Erscheinungsbildes der JDM kann die Diagnosefindung schwierig
sein. Bei vielen Patienten mit JDM und anderen entzündlichen Myopathien können Myositis-spezifische
Antikörper (MSA) nachgewiesen werden [2]. Patienten mit Anti-MDA5-Antikörper-assoziierter JDM haben häufig eine chronische
Arthritis und eine milde oder auch keine Muskelbeteiligung (amyopathische Verlaufsform).
Anti- MDA-5-Antikörper sind stark mit der Entwicklung einer rasch progredienten interstitiellen
Lungenerkrankung assoziiert [3]. In der Kohorte der Patienten mit JDM aus der Kerndokumentation rheumakranker Kinder
und Jugendlicher (n = 196) werden insgesamt 5 Kinder mit MDA-5-assoziierter JDM beschrieben.
60 % hatten eine CK-Erhöhung. Eine Arthritis war signifikant häufiger bei MDA-5-positiven
Patienten. Alle Patienten mit MDA-5 hatten eine Polyarthritis der Hände und Füße.
80 % der Patienten litten an Fieber und hatten eine reduzierte Lungenfunktion. Bei
60 % wurde computertomografisch eine Lungenbeteiligung bestätigt [3]. Bei unauffälliger Bodyplethysmografie und sehr guter Belastbarkeit (nimmt voll
am Schulsport teil und spielt Fußball im Verein) sehen wir bei unserem Patienten aktuell
keinen Hinweis auf eine pulmonale Beteiligung.
In der Literatur sind nur wenige Fallberichte beschrieben mit juveniler Dermatomyositis
und Zöliakie. Eine immungenetische Überschneidung in der Pathogenese dieser beiden
Erkrankungen wird diskutiert, weshalb erwogen werden könnte, Patienten mit JDM vermehrt
auf Zöliakie zu untersuchen, um die Prävalenz der Zöliakie bei der JDM zu bestimmen
[4]–[6].
Bei fehlenden Symptomen wie Muskelschwäche kann die Diagnosefindung bei der JDM herausfordernd
sein. Die MSA können bei der Einordnung helfen. Patienten mit Anti-MDA-5-Antikörper-assoziierter
JDM haben häufig eine chronische Arthritis und eine milde oder auch keine Muskelbeteiligung.
Anti-MDA-5-Antikörper sind stark mit der Entwicklung einer rasch progredienten interstitiellen
Lungenerkrankung assoziiert [3].
Einhaltung ethischer Richtlinien
Einhaltung ethischer Richtlinien
Eine Einverständniserklärung der Eltern des Patienten zur Veröffentlichung des Falls
liegt vor.