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DOI: 10.1055/a-2209-9478
Engagement in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung in Deutschland
Engagement in boards of the medical self-administration in GermanyDie ärztliche Selbstverwaltung (SV) in Deutschland bietet die Möglichkeit, aktiv an Gestaltung und Regulierung unseres Berufsstandes mitzuwirken. Es liegt im Interesse aller, dieses Privileg wahrzunehmen, um für ärztliche Sichtweisen gegenüber Dritten einzutreten und sich gesamtmedizinisch für eine gute Versorgung einzusetzen. Die Radiologie ist in den Gremien der SV bisher unterrepräsentiert. Ein Engagement von Radiologinnen und Radiologen ist daher umso wichtiger.
Das „Forum Gesundheitsstrategie“ befasst sich mit aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen und den Herausforderungen und Chancen für die Radiologie.
Neben den alltäglichen Herausforderungen steht das Gesundheitswesen sowohl im Hinblick auf die Krankenhausreform und Ambulantisierung als auch im Hinblick auf den demografischen Wandel und Fachkräftemangel vor einem Umbruch. Die Mitwirkung von Ärztinnen und Ärzten ambulant wie stationär und über alle Generationen hinweg in den Gremien der ärztlichen SV und darüber hinaus ist von großer Bedeutung für eine gemeinsame Wahrung der berufspolitischen Interessen der gesamten Ärzteschaft mit Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung in Deutschland. Es liegt an uns, diese Möglichkeiten zu nutzen und einen nachhaltigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems in unserem ärztlichen Sinne zu leisten.
Über die SV hinaus bieten neben den eigenen Fachgesellschaften und Berufsverbänden auch viele übergeordnete Organisationen und Verbände wie der Deutsche Ärztinnenbund, der Marburger Bund, das Bündnis Junge Ärztinnen und Ärzte, KLUG, die Initiative Ärztinnen und Ärzte gegen Antisemitismus u.v.m. die Gelegenheit, sich berufspolitisch zu engagieren.
Die Struktur der Selbstverwaltung
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Landesärztekammern (LÄK): Die LÄK sind die grundlegenden Einheiten der SV auf Länderebene. Delegierte werden von der jeweiligen Ärzteschaft gewählt und können in verschiedenen Ausschüssen mitwirken, die sich mit Themen wie u. a. Fort- und Weiterbildung oder Ethik und Berufsordnung befassen. Empfehlungen der Ausschüsse werden an das Kammerpräsidium bzw. die Delegiertenversammlung (DV) weitergegeben. Ein wichtiger Fokus der LÄK liegt auf der Regulierung der Weiterbildungsbefugnisse, Kontrolle der fachärztlichen Reife und Durchführung der fachärztlichen Prüfungen.
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Versorgungswerke der LÄK (VW): Die VW der LÄK sind berufsständische Versorgungseinrichtungen, die die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Kammermitglieder sicherstellen. Sie bieten eine eigenständige, von der gesetzlichen Rentenversicherung unabhängige Absicherung für Ärztinnen und Ärzte. Oberste Organe der VW sind die DV der LÄK. Sie überwachen das jeweilige VW und legen mit Mehrheitsentscheidungen die grundsätzlichen Leitlinien für deren Tätigkeit (u. a. Anlage und Verteilung von Geldern) fest. Neben den Hauptamtlichen sind Delegierte der DV im Vorstand des VW vertreten, analog zu allen anderen Gremien der LÄK.
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Bundesärztekammer (BÄK): Die BÄK agiert als Dachorganisation der 17 LÄK und repräsentiert die deutsche Ärzteschaft auf nationaler Ebene. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Erarbeitung der Musterweiterbildungsordnung, von Leitlinien und Stellungnahmen zu gesundheitspolitischen Themen. Ärztinnen und Ärzte, die sich auf dieser Ebene ehrenamtlich engagieren, können durch Mitarbeit in den Gremien, Ausschüssen, Ständigen Konferenzen, Arbeitsgruppen und weiteren Einrichtungen der BÄK Einfluss auf bundesweite Regelungen und Richtlinien nehmen.
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Deutscher Ärztetag (DÄT): Der DÄT ist die jährliche Hauptversammlung der BÄK und das zentrale Forum für Diskussionen der deutschen Ärzteschaft über berufspolitische, ethische und fachliche Themen. Stimmberechtigte Abgeordnete werden aus den Reihen der DV auf der jeweiligen Landesebene bestimmt. Der DÄT fungiert hierdurch als Schnittstelle zwischen der Basis und dem Vorstand der Bundesärztekammer. Über die von einzelnen Abgeordneten oder dem Vorstand der BÄK eingebrachten Anträge wird mit einfacher Mehrheit entschieden. Sie prägen die Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit in Deutschland maßgeblich.
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Kassenärztliche Vereinigungen (KVen): Die KVen vertreten die Interessen der Vertragsärztinnen und -ärzte gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen (GK) und sind für die Sicherstellung der ambulanten gesetzlichen Krankenversorgung mit Ausgestaltung der ärztlichen Bedarfsplanung zuständig. Sie verhandeln Verträge mit den GK inkl. der Honorarverteilung.
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Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Die KBV ist die Dachorganisation der regionalen KVen und vertritt deren Interessen auf Bundesebene. Sie ist maßgeblich an der Erstellung und Weiterentwicklung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) beteiligt.


Diskussion
Die ärztliche SV in Deutschland ist unser Privileg und besonders schützenswert. Dieses Privileg bedeutet gleichzeitig eine hohe Verantwortung dafür, übergeordnet für eine moderne Medizin mit guten Arbeits- und Weiterbildungsbedingungen mit dem Ergebnis einer qualitativ hochwertigen Versorgung und hohen Sicherheit für das Personal und unsere Patientinnen und Patienten einzutreten. Wie auch im hypothetisch alternativen Falle eines mehrheitlich durch die Politik gelenkten ärztlichen Berufsstandes, birgt die SV jedoch das Risiko, dass das Gesundheitswesen durch ein vermeintliches Recht des Stärkeren bzw. die Absichten des besser in der SV Vertretenen bestimmt wird. Es ist in unserer aller Interesse, dass die gesamte Medizin betrachtet und in unseren Entscheidungen gerecht berücksichtigt wird. Es obliegt uns, hierbei immer wieder die Daseinsfürsorge ins Zentrum zu rücken und gegenüber der zunehmenden Ökonomisierung und Profitmaximierung zu verteidigen.
Die sogenannten Querschnittsfächer wie bspw. die Anästhesie, Pathologie, Labormedizin, Mikrobiologie, Arbeitsmedizin, Nuklearmedizin und Radiologie tragen wesentlich zur gesamten Bandbreite der Medizin bei. Sie kennen die notwendigen strukturellen Voraussetzungen, welche nicht nur für ihr eigenes Fachgebiet, sondern für die grundlegende und spezialisierte medizinische Versorgung notwendig sind. Daher ist es essenziell, dass diese wichtigen Schnittstellen und Knotenpunkte der Medizin erhalten und gestärkt sowie in berufspolitischen Entscheidungsfindungen gehört und berücksichtigt werden, auch wenn sie mitunter eine Minderheit in der SV darstellen. Gleiches gilt für kostenintensive Fächer wie z. B. die Geburtshilfe, Kinderheilkunde und Notfallversorgung inkl. der Neuroradiologie, deren Unterstützung für eine umfängliche Versorgung unerlässlich ist. Es ist unsere Aufgabe, hier zuzuhören und untereinander, aber auch gegenüber Dritten füreinander einzutreten. Gemeinsam können wir das gesamte Gesundheitswesen positiv voranbringen!
Die Radiologie ist geprägt durch eine sehr interdisziplinäre klinische Tätigkeit, die das gesamte Spektrum der Medizin aus dem besonderen Blickwinkel der bildgestützten Diagnostik und Therapie mit einem hohen technischen Fortschritt abbildet. Wie auch für andere Querschnittsfächer gilt für die Radiologie, dass wir aufgrund unserer natürlichen Arbeitsweise den gesamten Menschen und alle Krankheitsfelder im Blick haben. Es liegt an uns, Verständnis für diese umfassende Arbeitsweise mit den hierfür benötigten personellen, technischen und strukturellen Voraussetzungen zu generieren. Dies gilt sowohl gegenüber nicht-ärztlichen Dritten als auch unseren ärztlichen Kolleginnen und Kollegen – in der klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeit, wie auch im berufspolitischen Kontext. Wie andere Querschnittsfächer schätzen wir in der Radiologie die Bedeutung einer guten interdisziplinären und interprofessionellen Zusammenarbeit im Team. Dieses Bewusstsein können wir ebenfalls wegweisend in die Berufspolitik mit einbringen. Bislang sind (angehende) Radiologinnen und Radiologen in der SV unterrepräsentiert, da wir uns in den letzten Jahrzehnten zu wenig in ihren Gremien engagiert haben. Es ist unerlässlich, unser Bewusstsein für berufspolitische Prozesse und die Tragweite ihrer Entscheidungen zu stärken und aktiv mitzugestalten, nicht zuletzt auch, um uns dafür einsetzen zu können, dass das Fachgebiet Radiologie die notwendige Berücksichtigung findet und gemäß unseren eigenen Vorstellungen weiterentwickelt wird.
Engagement der jüngeren Ärztinnen und Ärzte ist auch notwendig, um Themenschwerpunkte unserer und der uns nachfolgenden Generationen zu setzen und unsere Stimme für sie zu erheben: u. a. für moderne Arbeitsbedingungen mit einer qualitativ hochwertigen ärztlichen Weiterbildung, einer zeitgemäßen Digitalisierung von Arbeitsprozessen und einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, den Erhalt der ärztlichen Freiberuflichkeit, die Berücksichtigung von Minderheiten und die gebotene Nachhaltigkeit sowie für die ärztliche Altersvorsorge. Viele Jüngere sehen aus vielfältigen Gründen keine Möglichkeit, sich in der SV zu engagieren. Hier ist die Unterstützung durch erfahrene Kolleginnen und Kollegen gefragt, um eine Teilhabe zu vereinfachen. Innerhalb des Fachgebiets Radiologie bieten sich Interessierten als Einstieg in die Berufspolitik z. B. das Forum Junge Radiologie der DRG, die Junge Neuroradiologie der DGNR, die Junge Kinderradiologie der GPR oder die AG Gesundheitspolitische Verantwortung der DRG an.
Fazit
Es liegt an uns allen, dem Privileg der SV verantwortungsvoll nachzugehen und uns gemeinsam für übergeordnete medizinische Positionen zum Wohle der gesamten Ärzteschaft und der uns anvertrauten Patientinnen und Patienten einzusetzen. Ein Engagement in den Gremien der SV bietet hierfür die Möglichkeit, sich über die klinische Tätigkeit hinaus interdisziplinär mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen und das Verständnis füreinander und den eigenen Horizont zu erweitern. Bringen Sie sich ein und gestalten Sie unseren Berufsstand und die Zukunft der Radiologie aktiv mit!
Eva See vertritt das FJR und die DRG im Bündnis Junge Ärztinnen und Ärzte (BJÄ), deren Sprecher*innen-Team sie 2022/2023 angehörte. In dieser Zeit trug sie maßgeblich zur Initiierung und Umsetzung des Positionspapiers zur ärztlichen Weiterbildung anlässlich der Krankenhausreform bei.
Das Positionspapier finden Sie hier:


Eva See


Dr. med. Dr. med. univ. (UBFM/Belgrad). Eva See befindet sich im 4. Weiterbildungsjahr zur Fachärztin für Radiologie. Sie ist u.a. Delegierte der Landesärztekammer Hessen (Liste der Fachärztinnen und Fachärzte), dort Mitglied im Ausschuss Ärztliche Weiterbildung und war 2024 zum ersten Mal für Hessen Abgeordnete beim 128. Deutschen Ärztetag. Für mehr Infos: https://www.forum-junge-radiologie.de/de-DE/4552/vorstand/
Interessenkonflikt
Die Autorin erklärt, dass sie innerhalb der vergangenen 3 Jahre in verschiedenen berufspolitischen Gremien tätig war: kooptiertes Vorstandsmitglied des FJR, Stellv. Vorsitzende der AG Gesundheitspolitische Verantwortung der DRG, Vertreterin im Bündnis Junge Ärztinnen und Ärzte für das FJR und die DRG, Delegierte der Landesärztekammer Hessen (Liste der Fachärztinnen und Fachärzte), Mitglied im Ausschuss Ärztliche Weiterbildung der LÄKH, Abgeordnete beim 128. Deutschen Ärztetag 2024 für Hessen, 11/2021–03/2024 Mitglied der Verhandlungskommission des MB für den TV-Ä der Unikliniken Hessen.
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Publication History
Article published online:
25 October 2024
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