Rofo 2024; 196(02): 134-153
DOI: 10.1055/a-2178-2846
Positionspapier

Positionspapier zur Implementierung eines nationalen organisierten Programms in Deutschland zur Früherkennung von Lungenkrebs in Risikopopulationen mittels Low-dose-CT-Screening inklusive Management von abklärungsbedürftigen Screeningbefunden

Statement paper on the implementation of a national organized program in Germany for the early detection of lung cancer in risk populations using low-dose CT screening including management of screening findings
Jens Vogel-Claussen*
1   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
2   Biomedical Research in Endstage and Obstructive Lung Disease Hannover (BREATH), Deutsches Zentrum für Lungenforschung, Hannover, Deutschland
,
Torsten Gerriet Blum*
3   Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin, Deutschland
4   Medical School Berlin, Berlin, Deutschland
,
Stefan Andreas
5   Lungenfachklinik Immenhausen, Immenhausen
6   Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen, Deutschland
7   Deutsches Zentrum für Lungenforschung, Gießen, Deutschland
,
Torsten T. Bauer
3   Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin, Deutschland
,
Jörg Barkhausen
8   Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Deutschland
,
Volker Harth
9   Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Deutschland
,
Hans-Ulrich Kauczor
10   Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Deutschland
11   Translational Lung Research Center Heidelberg, Deutsches Zentrum für Lungenforschung, Deutschland
,
Wulf Pankow
12   Taskforce Tabakentwöhnung, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Berlin, Deutschland
,
Katrin Welcker
13   Klinik für Thoraxchirurgie, Kliniken Maria Hilf GmbH, Akademisches Lehrkrankenhaus der RWTH Aachen, Mönchengladbach, Deutschland
,
Rudolf Kaaks**
11   Translational Lung Research Center Heidelberg, Deutsches Zentrum für Lungenforschung, Deutschland
14   Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg, Deutschland
,
Hans Hoffmann**
15   Sektion Thoraxchirurgie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Deutschland
,
Deutsche Röntgengesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin: Prof. Dr. med. Wolfram Windisch, Prof. Dr. med. Christian Taube, Prof. Dr. med. Torsten T. Bauer, Prof. Dr. med. Antje Prasse, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie: Dr. med. Katrin Welcker, Dr. med. Ludger Hillejan, Prof. Dr. med. Hans-Stefan Hofmann, PD Dr. med. habil. Robert Scheubel, Dr. med. Erich Hecker, Prof. Dr. med. Corinna Ludwig, Prof. Dr. med. Thorsten Walles, Prof. Dr. med. Hauke Winter, Vorstand der Deutschen Röntgengesellschaft: Prof. Dr. med. Konstantin Nikolaou, Prof. Dr. med. Jörg Barkhausen, Prof. Dr. med. Christiane Kuhl, Dr. rer. nat. Frank Anton, Dr. med. Stefan Neuman, Prof. Dr. med. Arnd Dörfler, PD Dr. med. Friederike Körber, Prof. Dr. rer. medic. Martin Fiebich, Prof. Dr. med. Gerald Antoch, Dr. med. Kerstin Westphalen, Prof. Dr. Ulrike Attenberger, Prof. Dr. med. Frank Wacker, Prof. Dr. med. Johannes Weßling › Institutsangaben
 

Zusammenfassung

Der Prozess zur Implementierung der Lungenkrebsfrüherkennung mit Niedrigdosis-CT (LDCT) in Deutschland hat in den letzten Jahren deutlich an Dynamik gewonnen. Es wird erwartet, dass der von den Fachgesellschaften kommentierte Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) zur Lungenkrebsfrüherkennung noch bis Ende 2023 in Kraft tritt. Basierend auf dieser Verordnung wird der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zeitnah ein Programm zur Lungenkrebsfrüherkennung mit LDCT aufsetzten. In diesem Positionspapier stellen die im Lungenkrebsscreening beteiligten Fachgesellschaften erstmals konkrete Eckpunkte für ein einheitliches, strukturiertes und qualitätsgesichertes Früherkennungsprogramm für Lungenkrebs in Deutschland vor, um zu diesem Prozess konstruktiv beizutragen.


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Abstract

The process of implementing early detection of lung cancer with low-dose CT (LDCT) in Germany has gained significant momentum in recent years. It is expected that the ordinance of the Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation, Nuclear Safety and Consumer Protection (BMUV) on the early detection of lung cancer, which has been commented on by the professional societies, will come into effect by the end of 2023. Based on this regulation, the Federal Joint Committee (G-BA) will set up a program for early lung cancer detection with LDCT in the near future. In this position paper, the specialist societies involved in lung cancer screening present key points for a uniform, structured and quality-assured early detection program for lung cancer in Germany to make a constructive contribution to this process.

Citation Format

  • Vogel-Claussen J, Blum TG, Andreas S et al. Position paper on the implementation of a nationally organized program in Germany for the early detection of lung cancer in high-risk populations using low-dose CT screening including the management of screening findings requiring further workup. Fortschr Röntgenstr 2024; 196: DOI 10.1055/a-2178-2846


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1. Die Rationale für ein organisiertes Lungenkrebsfrüherkennungsprogramm in Deutschland

Lungenkrebs ist mit 1,8 Millionen Todesfällen im Jahr 2020 (18 % aller krebsbedingten Todesfälle) weltweit die häufigste krebsbedingte Todesursache [1]. In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 57 000 Menschen an Lungenkrebs. Bei Männern ist Lungenkrebs nach Prostatakrebs die zweithäufigste, bei Frauen nach Brustkrebs und Darmkrebs die dritthäufigste Krebsneuerkrankung. Lungenkrebs gehört zu den prognostisch ungünstigsten Tumoren, was sich in einer niedrigen relativen 5-Jahres-Überlebensrate von rund 21 % bei Frauen und 15 % bei Männern im Jahr 2019 in Deutschland wiederspiegelt [2]. Gleichzeitig nimmt Lungenkrebs jeweils den ersten Rang bei den direkten und indirekten krebsbedingten Gesundheitskosten in Europa ein [3]. Über diese epidemiologisch-ökonomischen Zahlen hinaus geht das Lungenkarzinom mit den höchsten Raten an Komorbiditäten wie auch Symptomen innerhalb aller Krebsentitäten einher und stellt daher eine enorme Belastung für Patienten und deren Angehörige dar [4].

Die Überlebensaussichten bei Lungenkrebs unterscheiden sich deutlich nach dem Stadium der Erkrankung. Da Lungenkrebs im frühen Stadium häufig keine Beschwerden verursacht, wird die Erkrankung in vielen Fällen spät und oft unvorhergesehen entdeckt. Die jährliche native Niedrigdosis (Low dose) Computertomografie (LDCT) erkennt Lungenkrebs in früheren Stadien als die Röntgen-Thorax-Aufnahme und führt zu einer Verringerung der lungenkrebsbedingten Mortalität und Gesamtmortalität bei Personen mit einem hohem Risiko für diese Krankheit [5] [6] [7] [8] [9]. In der aktuellen S3-Leitlinie von 2022 wird ein strukturiertes Lungenkarzinom-Früherkennungsprogramm mittels jährlicher LDCT-Untersuchungen für die Hochrisikopopulation auf der Basis einer starken wissenschaftlichen Evidenz (Evidenzlevel 1a) empfohlen [10]. Die Umsetzung der Lungenkrebsfrüherkennung in Form eines qualitätsgesicherten Früherkennungsprogramms wird von den nationalen und europäischen Fachgesellschaften für Radiologie, Pneumologie und Thoraxchirurgie ausdrücklich befürwortet [11] [12] [13].

Für Deutschland hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) 2020 in seiner Nutzenbewertung im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) festgestellt, dass für aktive bzw. ehemalige starke Raucher der Nutzen eines LDCT-Lungenkrebs-Screenings den Schaden überwiegt [14]. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) kam in seiner im Dezember 2021 veröffentlichten wissenschaftlichen Bewertung ebenfalls zu einer positiven Einschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses, allerdings sind hierfür strenge Bedingungen und Anforderungen an eine Lungenkrebsfrüherkennungsmaßnahme mittels LDCT zu stellen [15]. Auf dieser Basis hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) im Juli 2023 den Referentenentwurf zur Verordnung über die Zulässigkeit der Anwendung der Niedrigdosis-Computertomografie zur Früherkennung von Lungenkrebs bei Rauchern (Lungenkrebs-Früherkennungs-Verordnung – LuKrFrühErkV) zur Anhörung und Stellungnahme der beteiligten Kreise vorgelegt [16]. In 2 gesundheitsökonomischen Modellanalysen konnte bereits zuvor für Deutschland Kosteneffektivität für ein zukünftiges nationales Lungenkrebsfrüherkennungsprogramm gezeigt werden [17] [18].

Entscheidend für den Erfolg eines nationalen Lungenkrebsfrüherkennungsprogramms mittels LDCT in Deutschland sind von Beginn an die Integration von verpflichtenden qualitätsfördernden Struktur- und Prozesselementen sowie von Qualitätssicherung. Für die Umsetzung der in den IQWiG- und BfS-Berichten benannten hohen, aber aus fachlicher Sicht notwendigen Anforderungen an ein solches Programm ist die Einführung eines bundesweit einheitlichen Lungenkrebsscreenings mittels LDCT im Rahmen eines organisierten Früherkennungsprogrammes nach § 25a SGB V am besten geeignet.

Deswegen erscheint es notwendig, dass eine fortwährende inhaltliche Abstimmung aller beteiligten Institutionen und Prozessbeteiligten bereits während der Erstellung der Rechtsverordnung des BMUV sowie der G-BA Umsetzungsrichtlinie mit dem Ziel eines organisierten Früherkennungsprogramms gemäß § 25a SGB V als Grundlage für ein erfolgreiches nationales Lungenkrebsfrüherkennungsprogramms mittels LDCT erfolgt.

Dieses Positionspapier, welches gemeinsam durch die im Lungenkrebsscreening involvierten Fachgesellschaften erstellt und konsentiert wurde, möchte zu diesem Prozess konstruktiv beitragen. In den nachfolgenden Unterkapiteln werden der Gefahr eines unstrukturierten Screenings in Deutschland eine Übersicht der aktuellen positiven Evidenz sowie eine Auflistung von konkreten Vorschlägen für eine erfolgreiche Implementierung eines nationalen LDCT-Lungenkrebs-Früherkennungsprogramms gegenübergestellt. Zudem werden auch die Integration von Qualitätssicherung, Weiterbildung sowie Schwerpunkte aktueller Forschung zur Weiterentwicklung von Lungenkrebsscreening in Deutschland und die Wege hin zu einem organisierten § 25a SGB V Früherkennungsprogramm adressiert ([ Tab. 1 ]).

Tab. 1

Kernelemente eines organisierten Früherkennungsprogramms nach § 25a SGB V (1–6) sowie die Mindestanforderungen für die Übergangsphase nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung des BMUV bis zur Implementierung des organisierten Früherkennungsprogramms (2–5) mit leitliniengerechter Tabakentwöhnung.

Lungenkrebsfrüherkennung mittels LDCT in einem organisierten Früherkennungsprogramm nach § 25a SGB V

1. Einladung und regelmäßige Wiedereinladung der Versicherten unter Sicherstellung eines niedrigschwelligen Angebotes

2. individuelle Risikobeurteilung durch qualifizierten Arzt

Mindestanforderungen für die – möglichst kurze –Übergangsphase nach Inkrafttreten der BMUV-Rechtsverordnung bis zur Implementierung eines organisierten Früherkennungsprogramms nach § 25a SGB V

3. strukturierte Befundung der LDCT und Bewertung der Befunde (modifizierte Lung-RADS 2022 Klassifikation) mit Softwareunterstützung

4. Zweitbefundung aller kontroll- oder abklärungsbedürftigen (Lung-RADS 3 und 4) Befunde durch Radiologen an einem auf Lungenkrebs spezialisierten Zentrum

5. Vorstellung aller abklärungsbedürftigen Befunde in einer interdisziplinären Fallkonferenz an einem auf Lungenkrebs spezialisierten Zentrum

6. zentrale Dokumentation und Qualitätssicherung mit Anwendung des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG)

Integration bzw. Kopplung an leitliniengerechte Tabakentwöhnung


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2. Gefahren eines unstrukturierten Screenings

Auf Grundlage der wissenschaftlichen Bewertung des BfS von 2021 wurde das BMUV gemäß § 84 (2) Strahlenschutzgesetz ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzulegen, welche Untersuchung zur Früherkennung von Lungenkrebs unter welchen Voraussetzungen für eine Hochrisikogruppe zulässig ist. Der Referentenentwurf liegt nun seit Juli 2023 zur Anhörung vor [16]. Die Veröffentlichung der BMUV-Rechtsverordnung wird Ende 2023 erwartet. Eine abschließende Umsetzungsrichtlinie durch den G-BA ist innerhalb von 18 Monaten nach Veröffentlichung dieser Verordnung verpflichtend.

Im Intervall zwischen Inkrafttreten der BMUV-Rechtsverordnung und der G-BA-Richtlinie besteht die reale Gefahr, dass zwar prinzipiell LDCT-Untersuchungen zur Lungenkrebsfrüherkennung durchgeführt werden können, diese aber keinen Eingang in ein strukturiertes und qualitätsgesichertes Screeningprogramm finden. Aus Sicht der beteiligten Fachgesellschaften droht bei einer unstrukturierten Durchführung einer Lungenkrebsfrüherkennung mittels LDCT ein Übermaß an Schwachstellen und Fehlerquellen entlang der gesamten Prozesskette ([ Tab. 2 ]), welche bei einer strukturierten Vorgehensweise vermieden werden können. In Summe besteht ein hohes Risiko, dass bei einem unstrukturierten Lungenkrebsscreening sowohl die individuelle Teilnehmersicherheit gefährdet wird und in der globalen Betrachtung der Gesamtschaden der unstrukturierten Screeningmaßnahmen deren Gesamtnutzen überwiegt. Zudem würde hierdurch ein nachfolgendes, gut strukturiertes nationales Screeningprogramm bereits vor dessen Start an Akzeptanz bei den Teilnehmern und Behandlern verlieren.

Tab. 2

Schwachstellen und Fehlerquellen bei einem unstrukturierten Lungenkrebs-Screening-Prozess in Deutschland und daraus resultierende potenzielle Schäden.

Schwachstellen/Fehlerquellen im Rahmen eines unstrukturierten Lungenkrebsscreeningprozesses

potenzielle Folgen/Schäden

unzureichende Identifikation und Einladung von Risikopersonen

  • niedrige Teilnahmequoten

  • Verfehlen der Früherkennungsziele, v. a. im Hinblick auf Senkung der lungenkrebsbedingten Mortalität auf Ebene der Gesamtbevölkerung

fehlende/unzureichende Eignungsprüfung und Einschluss von Risikopersonen

  • bei Einschluss von Personen ohne/mit nur gering erhöhtem Lungenkrebsrisiko:

    • ungünstiges Verhältnis zwischen dem erwarteten Nutzen des Screenings (gewonnene Lebensjahre) im Vergleich zu den Risiken (Strahlenexposition, falsch positive Befunde)

  • bei Einschluss von Personen, die aufgrund von Alter, Komorbiditäten oder Leistungszustand ungeeignet für ein Lungenkrebsscreeningprogramm sind:

    • hohe Rate an Überdiagnosen

    • geringer Gewinn an Lebensjahren im Falle einer Frühdiagnostik nach positiven Screeningbefunden bzw. erhöhte Morbidität, Letalität und Kosten bei deren Abklärung

nicht standardisierte, fachlich unzureichende Befundung und Bewertung der LDCT

  • Übersehen von positiven Befunden

  • höhere Raten an falsch positiven Screeningbefunden mit unnötigen vorgezogenen Kontroll-LDCT bzw. weiterführenden Abklärungen

  • Benennung von inzidentellen Befunden ohne klinische Relevanz und unnötigen weiterführenden Folgeabklärungen

  • höhere psychische Belastung von Teilnehmern

  • uneinheitliches Management der pulmonalen Rundherde

unzureichend koordinierte und standardisierte Fortführung des Screenings

  • unregelmäßige Teilnahme und Untersuchungsintervalle, dadurch:

    • verringerte Sensitivität und Spezifität des Screenings

    • suboptimales Verhältnis zwischen Nutzen (erwarteter Gewinn an Lebensjahren) und Risiken des Screenings (falsch positive Befunde, verlängerte Lebenszeit mit Tumordiagnose und Überdiagnose)

fehlende/unzureichende Behandlungsalgorithmen, Infrastruktur und Expertise im Rahmen der weiterführenden Abklärung von positiven Screeningbefunden

  • höhere Raten falsch positiver Befunde mit in der Folge unnötigen invasiven diagnostischen Abklärungen und operativen Eingriffen

  • erhöhte Morbidität, Letalität und Kosten durch unzureichend standardisierte bzw. qualitativ schlechtere Behandlung

fehlende Dokumentation und zentrale Archivierung von Screeningbefunden und späteren, gesundheitsrelevanten Endpunkten; daher:

  • keine Abgleiche mit Krebsregisterdaten, zur Erfassung der Krebsinzidenz bei gescreenten Personen, im Vergleich zu nicht gescreenten Personen (auf regionaler oder Bundesebene)

  • keine systematische Abgleiche mit Daten zu Vitalstatus und Todesursachen Krebsinzidenz bei gescreenten, im Vergleich zu nicht gescreenten Personen (auf regionaler oder Bundesebene)

keine Möglichkeit einer epidemiologischen Qualitätssicherung:

  • keine Möglichkeit der systematischen (zentralisierten) Erfassung von falsch positiven Screeningbefunden

  • keine Möglichkeit, die durchschnittliche Sensitivität des Screenings (Auftreten falsch negativer Befunde) auszuwerten

  • keine Möglichkeit die tatsächliche Effektivität des Screenings (Senkung der lungenkrebsbedingten Mortalität) zu evaluieren


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3. Optimierung von Nutzen, Risiken und Kosteneffektivität durch die Etablierung eines organisierten Lungenkrebsfrüherkennungsprogramms

Nutzen

Randomisierte kontrollierte Studien konnten belegen, dass die Früherkennung von Lungenkrebs mittels LDCT-Screenings in Risikopopulationen die hohe Sterblichkeit reduzieren kann. Die beiden größten Studien, die US-amerikanische NLST- (Vergleich LDCT in 26 722 Teilnehmern vs. Röntgen Thorax in 26 732 Teilnehmern in drei jährlichen Screeningrunden) [6] und die niederländisch-belgische NELSON-Studie (Vergleich LDCT in 7900 Teilnehmern in vier Screeningrunden mit Intervallen von 1, 2 und 2,5 Jahren vs. kein Screening in 7892 Teilnehmer) [7], zeigten jeweils eine signifikante Reduktion der lungenkrebsbedingten Mortalität. In NLST betrug hierbei die relative Risikoreduktion 20 %, in NELSON nach 10 Jahren Follow-up 25 %, wobei die Senkung bei Frauen mit 33 % stärker als bei Männern (24 %) ausgeprägt war. NLST konnte darüber hinaus eine signifikante relative Reduktion der Gesamtmortalität von 6,7 % demonstrieren.

Die Mortalitätsreduktion in den LDCT-Screening-Gruppen erklärt sich in beiden Studien jeweils durch einen Stadien-Shift mit einer Lungenkrebsdetektion in der Mehrzahl in früheren, noch kurativ behandelbaren Stadien. Konsekutiv kamen häufiger kurativ intendierte Therapieformen im Vergleich zu den Kontrollgruppen zur Anwendung.

Die Mehrzahl von 7 kleineren randomisiert-kontrollierten Studien (LDCT in 1264–2376 Teilnehmern) ließ in der Tendenz ebenfalls eine relative Risikoreduktion der lungenkrebsbedingten Mortalität erkennen, ohne dass jedoch diese einzelnen Studien Signifikanzniveau erreichten [8] [19] [20] [21] [22] [23] [24].


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Risiken

Falsch positive Befunde

Im Rahmen des Lungenkrebsscreenings stellen falsch positive Befunde ein relevantes Risiko dar. Hierunter werden LDCT-Befunde verstanden, die radiologisch zunächst als verdächtig auf ein Lungenkarzinom befundet, nach weiterer Abklärung aber als benigne eingestuft werden.

In der NLST-Studie (Einschlusszeitraum 2002–2004) wurden in allen drei Screeningrunden zusammen gemäß Protokoll 18 146/75 126 (24,2 %) der LDCT-Untersuchungen als abklärungsbedürftig bewertet. In der weiteren direkten klinischen Abklärung lag die Rate der mittels LDCT-Screenings detektierten Lungenkarzinome bei 0,9 % (649/75 126), die der falsch positiven Befunde bei 23,3 % (17 497/75 126).

In der späteren NELSON-Studie (Einschlusszeiträume 2003 und 2005) wurden in den vier Screeningrunden zusammen nur 9,2 % (2069/22 600) der LDCT-Untersuchungen als kontrollbedürftig eingestuft und kurzfristig mittels LDCT nachkontrolliert. 467/22 600 (2,1 %) der LDCT-Untersuchungen wurden letztendlich als abklärungsbedürftig klassifiziert, von denen mit 0,9 % (203/22 600) ein gleich hoher Anteil an Lungenkarzinomen wie in NSLT diagnostiziert wurde. Der Anteil der falsch positiven Befunde nach klinischer Abklärung lag mit 1,2 % (264/22 600) aller LDCT-Untersuchungen jedoch deutlich niedriger.

Die deutliche Diskrepanz zwischen NLST und NELSON im Hinblick auf die Raten der nach LDCT-Untersuchung radiologisch als abklärungsbedürftig eingestuften Befunde mit nachfolgender klinischer Abklärung und dem Risiko unnötiger invasiver Eingriffe sowie der falsch positiven Befunde nach klinischer Abklärung erklärt sich durch Verbesserungen der Studienprotokolle bei der Klassifikation der LDCT-Befunde sowie dem nachfolgenden klinischen Rundherdmanagement. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Protokollen zur Screeningerkennung und zum Rundherdmanagement in NLST und NELSON bestand darin, dass das NLST-Protokoll ausschließlich auf dem Kriterium einer minimalen Rundherdgröße basierte, während das NELSON-Protokoll auch Änderungen der Rundherdgröße über die Zeit oder das Neuauftreten von Rundherden von einem Screeninganlass zum nächsten berücksichtigte. Das in NELSON verwandte Managementprotokoll kommt in dieser Hinsicht den aktuell angewandten Klassifikationssystemen von LDCT-Befunden (Lung RADS 2022) sowie Leitlinien zum Rundherdmanagement (BTS 2015, S3-LL Lungenkarzinom) wesentlich näher.

Eine wichtige Beobachtung in diesem Zusammenhang war, dass die Sensitivität und Spezifität der Lungenkrebsscreenings durch die Berücksichtigung von longitudinalen Veränderungen in CT-Bildern (z. B. durch die Berechnung der Volumenverdopplungszeit von Lungenrundherden) sehr stark erhöht wurde. Dies bedeutet auch, dass das Screening im Allgemeinen effektiver ist, wenn es Screening-Verlaufsuntersuchungen einsetzt, die in regelmäßigen Zeitabständen strukturiert geplant und nachgehalten werden.


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Lebenszeit mit der Tumordiagnose, Überdiagnosen und Übertherapien

Der Krebsfrüherkennung ist inhärent, dass sich bei Personen, deren Tumore früher erkannt werden, die Zeitspannen verlängern, in denen sie mit dem Wissen um eine Krebsdiagnose leben. Dieses Wissen an sich wirkt sich in der Regel negativ auf die Lebensqualität eines Menschen aus. Deshalb lohnt sich eine Früherkennung nur, wenn diese zu einer besseren Behandlung und Prognose mit Verlängerung der Lebenserwartung führt. Letzteres gilt häufig für Personen, deren Tumore in einem frühen, lokalisierten Stadium entdeckt werden. Für Personen mit einem Tumor im fortgeschrittenen Stadium wird eine frühere Erkennung (d. h. vor dem Auftreten von Symptomen) jedoch möglicherweise die verbleibende Lebenserwartung kaum noch verlängern. Bei einer ersten Screeningteilnahme ist das Spektrum der gefundenen Tumoren sehr unterschiedlich und reicht von sehr frühen bis zu sehr fortgeschrittenen Stadien. Bei wiederholten Früherkennungsuntersuchungen kann der Anteil der Tumoren, die im Frühstadium erkannt werden, jedoch deutlich erhöht werden, wenn die Untersuchungen in regelmäßigen, gut geplanten Zeitabständen durchgeführt werden. So kann der erwartete Nutzen des Screenings (d. h. der Gewinn an Lebensjahren) im Vergleich zu den Schäden der zusätzlichen Lebenszeit mit einer Tumordiagnose deutlich verbessert werden.

Überdiagnosen stellen einen weiteren großen potenziellen Schaden des Lungenkrebsscreenings dar. Eine Überdiagnose bezieht sich auf Tumore, die ohne das Screening gar nicht entdeckt worden wären. Sie ist das Ergebnis der Entdeckung von Tumoren vor dem Zeitpunkt, an dem sie Symptome oder den Tod verursacht hätten – ein Zeitfenster, in dem ein Teil der Screeningteilnehmer tatsächlich an anderen Ursachen sterben könnte, bevor sie jeweils von ihrer Lungenkrebserkrankung erfahren hätten. Da die Diagnose Lungenkrebs zumeist zu einer aggressiven Diagnostik und Behandlung führt, gehen Überdiagnosen in der Regel mit Übertherapien einher, welche schwerwiegende und unnötige Einbußen an Lebensqualität, Risiken medizinischer Komplikationen nach der Behandlung und finanzielle Kosten für das Gesundheitswesen nach sich ziehen.

Statistische Modellierungen von Daten aus der NLST-Studie [25] [26] oder auch der deutschen LUSI-Studie [27] haben gezeigt, dass etwa 30–40 % der im Screening entdeckten Tumore ≥ 4 Jahre vor dem Zeitpunkt entdeckt werden können, an dem sie sich sonst klinisch manifestiert hätten, während bei bis zu einem Viertel der Tumore diese Vorlaufzeit sogar mehr als 6 Jahre betragen kann. Insbesondere bei älteren Personen, die sich in einem schlechten Gesundheitszustand befinden und die eine vergleichsweise niedrige verbleibende Lebenserwartung haben, ist das Risiko relativ hoch, innerhalb der nächsten 4–6 Jahre zu sterben, und damit auch das Risiko einer möglichen Überdiagnose. Studien, die auf Mikrosimulationsmodellen beruhen [28] oder auch Studien, die die überschüssige Lungenkrebsinzidenz im CT-Arm randomisierter Screeningstudien als Funktion der Nachbeobachtungszeit nach Beendigung des Screenings statistisch modelliert haben, finden Überdiagnosen bei Screeningpopulationen, die aus Personen im Alter von etwa 55–75 Jahren bestehen, in deutlich weniger als 10 % aller im Screening entdeckten Lungenkrebsfälle. Bei Personen in höherem Alter (insbesondere ab 70 Jahren), mit einem hohen Komorbiditätsindex oder mit einer geschätzten Restlebenserwartung von weniger als 10 Jahren kann dieser Prozentsatz aber wesentlich höher sein [29].


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Strahlenexposition

Fünf der randomisierten-kontrollierten Studien (DCLST, ITALUNG, LUSI, NELSON, NLST) sowie auch einige nicht-randomisierte Studien [30] berichteten detaillierte Daten im Hinblick auf die Strahlenexposition pro LDCT-Untersuchung. In seiner methodisch sehr fundierten Bewertung schlussfolgerte das BfS einen höheren Nutzen von LDCT-Screening durch Mortalitätsreduktion im Vergleich zu den strahlungsexpositionsbedingten Risiken mit insbesondere späteren strahlungsinduzierten Zweitmalignomen. Für Deutschland haben quantitative Modellierungen gezeigt, dass, für ein Spektrum von möglichen Screeningszenarien das längerfristige (lebenslange) Risiko der strahlenbedingten Krebsmortalität für Männer um einen Faktor von etwa 20 und für Frauen um einen Faktor 10 überwiegt [31]. Auch entwickelt sich die Computertomografietechnik kontinuierlich weiter mit einer immer niedrigeren Strahlenbelastung, die heute schon für ein LDCT des Thorax unter einem mSv liegt. Die beteiligten Fachgesellschaften begrüßen grundsätzlich die Vorgaben zur LDCT-Durchführung im BfS-Bericht sowie des Referentenentwurfs der BMUV-Rechtsverordnung mit einem oberen Grenzwert Volumen-Computertomografie-Dosisindex (CTDIvol) Grenzwert von ≤ 1,3 mGy für eine Standardperson und unterstützen die Überlegung, die maximal akzeptierte Strahlenexposition im Rahmen des technischen Fortschritts kontinuierlich weiter zu senken.


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Psychologische Belastungen von Screeningteilnehmern

Im Hinblick auf die psychische Belastung der Teilnehmer wies die zusätzliche Erfassung der Lebensqualität in vier der randomisiert-kontrollierten Studien (DCLST, NELSON, NLST, UKLS) sowie innerhalb von separaten Studien insgesamt tolerable psychische Beeinträchtigungen aus. Hingegen wurden im Rahmen von kurzfristigen LDCT-Wiederholungsuntersuchungen bzw. der Notwendigkeit einer weitergehenden Abklärung von suspekten LDCT-Befunden psychische Belastungssituationen nachgewiesen [32] [33] [34] [35] [36] [37].


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Nutzen-Risiken-Abschätzung

Während das organisierte LDCT-Screening die lungenkarzinombedingte Mortalität reduziert, birgt es mehrere Risiken, die durch Strahlung, falsch positive Screeningtests oder auch durch die Diagnose von Tumoren verursacht werden können und die sich ohne Screening im Laufe des Lebens nicht klinisch manifestiert hätten (Überdiagnose) [14] [38] [39]. Für einen einzelnen Screeningteilnehmer sollte der erwartete Nutzen des Screenings – also der erwartete Gewinn an Lebensjahren durch Senkung der lungenkrebsbedingten Mortalität – die Risiken des Screenings übersteigen. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Teilnehmer ein ausreichend hohes Risiko haben sollte, tatsächlich an Lungenkrebs zu erkranken und gleichzeitig gesund genug sein sollte, um bei einer Lungenkrebsfrüherkennung einen sinnvollen Gewinn an Lebensjahren zu erwarten. Auf Bevölkerungsebene bestimmt das durchschnittliche Lungenkrebsrisiko der Screeningteilnehmer die Anzahl der Personen, die gescreent werden müssen (Number needed to Screen), um einen einzelnen Fall von Lungenkrebs zu erkennen. Dies entspricht der durchschnittlichen Anzahl der Personen, die den Risiken des Screenings ausgesetzt sind, aber keinen möglichen Nutzen haben, und ist zugleich eine Schlüsseldeterminante für die durchschnittlichen finanziellen Kosten pro Lebensjahr, die durch ein Screeningprogramm gewonnen werden können. Die beiden Dimensionen, entlang derer das Lungenkrebsscreening programmatisch optimiert werden kann, sind somit das Lungenkrebsrisiko und das Gesamtmortalitätsrisiko aufgrund anderer Ursachen als Lungenkrebs (Restlebenserwartung bei frühzeitiger Erkennung und Heilung von Lungenkrebs). Zwei weitere Aspekte sind die Definitionen eines optimalen Screeningintervalls, das zum Teil auch vom individuellen Lungenkrebsrisiko eines Teilnehmers abhängen kann, sowie der Tabakentwöhnung.


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Einschlusskriterien anhand von Risikofaktoren und Risikomodellen

Die beiden wichtigsten Risikofaktoren für Lungenkrebs in den meisten Populationen sind Rauchen und höheres Alter [40] [41]. Bei Rauchern steigt das Risiko mit der kumulativen Dauer und Menge des Zigarettenrauchens, während es bei Ex-Rauchern mit zunehmender Zeit seit dem Aufhören abnimmt. Zugleich sind Rauchergeschichte und Alter auch wichtige Determinanten für das Sterberisiko durch andere Ursachen als Lungenkrebs und für die verbleibende Lebenserwartung eines Individuums. Die NLST-, NELSON- und andere randomisierte Studien verwendeten unterschiedliche Einschlusskriterien, die auf Cut-off-Werten für die individuellen Risikofaktoren Mindest- und Höchstalter, minimale kumulative Dauer und Menge des Rauchens und für ehemalige Raucher die maximale Zeit seit der Raucherentwöhnung basierten. Insbesondere die Kriterien von NLST und NELSON wurden auch als Grundlage für offizielle Empfehlungen zur Screeningeignung in den USA und Deutschland herangezogen.

In den USA empfahl die US Preventive Services Task Force (USPSTF) 2013 kurz nach der Veröffentlichung der NLST-Ergebnisse [6] ein jährliches Lungenkrebsscreening mit niedrig dosierter CT für US-Erwachsene im Alter von 55–80 Jahren mit einer kumulativen Exposition von 30 Packungsjahren und einem aktivem oder früheren Nikotinabusus innerhalb der letzten 15 Jahre [42]. Dies entspricht den in der NLST-Studie verwendeten Einschlusskriterien, jedoch mit einer Verlängerung des maximalen Zulassungsalters von 75 auf 80 Jahre. Im Jahr 2021, nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der NELSON-Studie, aktualisierte die USPSTF ihre Empfehlung und reduzierte sowohl das Mindestalter für die Screeningberechtigung von 55 auf 50 Jahre als auch die kumulative Mindest-Tabakrauchexposition von 30 auf 20 Packungsjahre [43]. Neben den beiden größten randomisierten Studien von NLST [6] und NELSON [7] stammen zusätzliche Beweise für die USPSTF-Empfehlung 2021 aus quantitativen Modellierungsstudien im Cancer Intervention and Surveillance Modeling Network (CISNET). Diese zeigten, dass das Screening von Personen im Alter von 50–80 Jahren mit 20 Packungsjahren oder mehr aktivem Rauchen voraussichtlich zu mehr Nutzen führt bei akzeptablem Anstieg der erwarteten finanziellen Kosten und Nebenwirkungen des Screenings, im Vergleich zu den USPSTF-Kriterien von 2013 [28].

Für Deutschland hat das BfS empfohlen, die Einschlusskriterien der NELSON-Studie als Mindestvoraussetzung für die Screeningeignung zu verwenden [15]. Mit einem Anfangsalter für das Screening von 50 Jahren und einer relativ moderaten kumulativen Raucheranamnese (15 Zigaretten pro Tag während mindestens 25 Jahren [d. h. mehr als 18,75 Packungsjahre] oder 10 Zigaretten pro Tag während mindestens 30 Jahren [mehr als 15 Packungsjahre]) sind die NELSON-Kriterien relativ vergleichbar mit der neuesten USPSTF-Empfehlung von 2021 [43]. Ein Unterschied ist jedoch die Anforderung von nur 10 Jahren maximaler Zeit seit der Raucherentwöhnung in NELSON, statt 15 Jahren für die USPSTF-Empfehlung von 2021. Ein weiterer Unterschied ist das Höchstalter von 80 (USPSTF) vs. 75 (NELSON/BfS) Jahren. Basierend auf repräsentativen Umfragedaten zum Rauchen kann geschätzt werden, dass etwa 5,5 Millionen aktuelle oder ehemalige Raucher nach den NELSON-Kriterien in Deutschland in Frage kommen und dass knapp die Hälfte aller Lungenkrebsfälle in dieser geeigneten Risikogruppe auftreten werden [44]. In dem BMUV Referentenentwurf wurden die Eingangskriterien mit einem Alter von 50–75 Jahren, einer Kombination aus einer Rauchdauer von mindestens 25 Jahren sowie einer kumulativen Exposition von mindestens 15 Packungsjahren und einer maximalen Abstinenzzeit von 10 Jahren seit Raucherentwöhnung vorgegeben [16].

Im Gegensatz zu den USPSTF Empfehlungen geben der BfS-Bericht und der BMUV-Referentenentwurf kein Screeningintervall vor. Beide empfehlen allerdings indirekt, dass das Screening maximal einmal pro Jahr durchgeführt werden sollte. Aufbauend hierauf obliegt es dem G-BA, nach dem Inkrafttreten der BMUV-Rechtsverordnung zeitnah ein strukturiertes Programm zu implementieren.


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Steigerung der Einschlussquoten

Da ein unstrukturiertes Screening das Verhältnis des Nutzens zu den Risiken potenzieller Schäden deutlich verschlechtern kann, ist es von größter Bedeutung, dass potenzielle Screeningteilnehmer umfassend über Risiken und Vorteile der Lungenkrebsvorsorge beraten und aufgeklärt werden. Erste Informationen sollten niederschwellig über mehrere Kanäle bereitgestellt werden, darunter Flyer, eine offizielle Website und Einwilligungserklärungen, aber auch niederschwellig über behandelnde Ärzte im ambulanten und stationären Versorgungsbereich. Für diejenigen, die 50–75 Jahre alt sind, geraucht haben und die Kriterien der BMUV-Rechtsverordnung erfüllen, sollte die Option des Lungenkrebsscreenings weiterhin auf einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen potenziellen Screeningteilnehmern und geschulten Allgemeinmedizinern, Internisten und Arbeitsmedizinern während eines Arztbesuchs vor dem Screeningereignis basieren. Während dieses Besuchs sollte der geschulte Arzt sowohl die potenziellen Vorteile als auch die Risiken der Lungenkrebsvorsorge genau vermitteln. Potenziellen Teilnehmern sollte erklärt werden, warum ihnen das Screening empfohlen wird oder gegebenenfalls nicht. Während Alter und Rauchergeschichte als Kriterien leicht verständlich sind, sind dies Risikobewertungen möglicherweise nicht. Denn sie beruhen auf einer umfassenderen Bewertung des allgemeinen Gesundheitszustands einer Person und können auch zusätzliche Gesundheitsuntersuchungen induzieren. Daher erfordert es eine gute Kommunikationsfähigkeit des Arztes, der für das erste Beratungs- und Aufklärungsgespräch zum Einschluss in das Screeningprogramm verantwortlich ist.

Aus aktuellen Erfahrungen der HANSE-Studie sind insbesondere personalisierte Anschreiben sowie die Ansprache über Hausärzte/bzw. niedergelassene Fachärzte mit einem Früherkennungsangebot vor Ort für die Rekrutierung effektiv. Initiale online Risikoevaluierungen mit direkter Terminbuchung für ein initiales Beratungs- und Aufklärungsgespräch mit Eignungsüberprüfung durch einen qualifizierten und zertifizierten Arzt (Allgemeinmediziner, Internist und Arbeitsmediziner) bzw. bei Folgeuntersuchungen direkte online Terminbuchung für eine LDCT-Untersuchung beim Radiologen im lokalen Lungenkrebs-Screening-Verbund sind für ein erfolgreiches Programm Schlüsselkomponenten. Des Weiteren sind zentralisierte und strukturierte Terminbuchungen bzw. Erinnerungen für das jährlich wiederkehrende LDCT sowie gegebenenfalls vorgezogene 3- und 6-Monats-Kontrollen bei kontrollbedürftigen Befunden für ein qualitätsgesichertes, den Nutzen maximierendes Programm zwingend erforderlich.


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Kosteneffektivität

Mehrere gesundheitsökonomische Modelle konnten mittlerweile die Kosteneffektivität von jährlichen LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programmen nachweisen, u. a. für Deutschland, Großbritannien, Kanada und den USA [17] [18] [45] [46] [47] [48]. Zu den Programmkomponenten, die die Kosteneffektivität beeinflussen, gehören die Methode zur Auswahl der in Frage kommenden Population, die Teilnahmerate, das Intervall zwischen den Screeningrunden, die Methode des Lungenrundherdmanagements, der Ansatz für die klinische Aufarbeitung der LDCT-Befunde sowie die Integration einer Rauchstopp Intervention bzw. eines zertifizierten Rauchfreiprogramms [49].


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4. Stand Implementierung von LDCT-Lungenkrebsscreening

Diverse Leitlinien und Stellungnahmen internationaler und nationaler medizinischer Fachgesellschaften, Expertengruppen und Gremien des Gesundheitswesens empfehlen die Durchführung von LDCT-Screening-Programmen für Lungenkrebs. Länder außerhalb Europas (Australien, USA) und innerhalb Europas (Kroatien, Polen, Tschechische Republik) befinden sich in verschiedenen Stadien der Umsetzung nationaler LDCT-Screening-Programme oder haben regionale und nationale Pilotprojekte zum Lungenkrebsscreening gestartet (z. B. Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Norwegen, Spanien und Ungarn).

Die Beobachtungstudie von Balata et al. auf der Basis der gepoolter Baselinedaten von 5 regionalen Implementierungsstudien in Großbritannien konnte nicht nur die Machbarkeit von LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programmen in Risikopopulationen zeigen, sondern auch deren gute Effizienz bei gleichzeitig geringen Risiken in der Routineversorgung belegen. Mit falsch positiven Raten von nur 2,0 % sowie fehlenden schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse oder gar Letalität im Rahmen der invasiven Abklärung konnten die britischen Pilotstudien die aus früheren randomisiert-kontrollierten Studien vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der hohen Raten falsch positiver Befunde und unnötiger, potenziell schädigender invasiver Verfahren prinzipiell ausräumen [50]. Ähnliche positive Erfahrungen liegen nun mit der Veröffentlichung der Zwei-Jahres-Daten des nationalen LDCT-Screening-Programms in Kroatien vor.

Im Rahmen der HANSE-Studie wird seit 2021 in Norddeutschland an 3 Standorten des Deutschen Zentrums für Lungenforschung die Machbarkeit eines ganzheitlichen Lungenkrebs-Screening-Programms mit über 5000 Hochrisikoteilnehmern nach den Vorgaben des BfS-Berichtes gezeigt. Kernstück dieses Konsortiums ist die erfolgreiche Implementierung eines strukturiert-qualitätsgesicherten Programms in das bestehende Gesundheitssystem. Der zugehörige End-to-End-Workflow beinhaltet die Rekrutierung unter Einschluss von personalisierten Anschreiben und niedergelassenen Ärzten, eine überwiegend webbasierte Registrierung und Terminierung, Einschlussgespräche durch einen qualifizierten Pneumologen vor Ort, eine Rauchstoppintervention, eine einheitliche, qualitätsgesicherte LDCT-Durchführung, eine strukturierte LDCT-Befundung und Zweitbefundung mit Künstlicher Intelligenz (KI) Software zur Unterstützung für die einheitliche Detektion, Volumetrie und Kategorisierung der Lungenrundherde mit einem einheitlichen Befundbrief sowie eine verlässliche Übergabe der positiven Befunde an die interdisziplinäre Fallkonferenz des jeweiligen auf Lungenkrebs spezialisierten Zentrums. Das Programm nutzt zudem eine zentrale vernetzte Datenbank, welche auch die LDCT-Serien speichert. Erste Ergebnisse werden in 2023 erwartet [51].

Bereits seit 2019 bieten die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherten mit einer beruflichen Asbestexposition in ihrem Zuständigkeitsbereich im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags und auf Grundlage von § 5 Absatz 3 Satz 2 der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) oder § 26 Absatz 2 Nr. 1 SGB VII eine LDCT-Untersuchung an. Das Angebot richtet sich an Versicherte ab einem Alter von 55 Jahren mit einer Asbestexposition mit Beginn vor 1985 und einer Dauer von mindestens 10 Jahren oder alternativ einer anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 4103 (Asbestose oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura) sowie einem zusätzlichen Tabakkonsum von mindesten 30 Packungsjahren. Das bundesweite Angebot unter dem Titel „EVA-Lunge – Erweitertes Vorsorgeangebot der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zur Früherkennung von Lungenkrebs im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge und für Versicherte mit anerkannter Berufskrankheit nach Nr. 4103 der Berufskrankheitenverordnung“ sieht eine jährliche LDCT-Untersuchung vor und beinhaltet ein Qualitätssicherungsmodul im Bereich der radiologischen Diagnostik sowie eine wissenschaftliche Begleitung. Auch wenn EVA-Lunge als regelhaftes Vorsorgeangebot der DGUV nicht unter die oben genannten Regelungen des SGB V für organisierte Früherkennungsprogramme fällt, so erfüllt es doch viele der dort geforderten Strukturvorgaben und bietet damit wertvolle Erfahrungen auch im Hinblick auf Planung und Aufbau eines nationalen LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programms. Zu den wesentlichen Strukturelementen von EVA-Lunge zählen ein durch die Unfallversicherungsträger koordiniertes Einladungsverfahren, eine ärztliche Beratung vor Einschluss, LDCT-Untersuchungen nach einem standardisierten Protokoll in qualitätsgesicherten radiologischen Einrichtungen, eine unabhängige Zweitbefundung bei verdächtigen Befunden bzw. in Stichproben, eine Abklärungsdiagnostik bei Verdacht auf Lungenkrebs und ggf. die Therapieeinleitung sowie eine Prüfung auf Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 4104 „Lungenkrebs in Verbindung mit Asbeststaubexposition“. Die Dokumentation zu dem Vorsorgeangebot erfolgt durch alle Beteiligten standardisiert im webbasierten „Vorsorgeportal“ der Gesundheitsvorsorge (GVS), wodurch eine derzeit in Entwicklung befindliche systematische Evaluation möglich wird [52].


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5. Kernelemente im Aufbau und Ablauf sowie Abschätzung des Ressourcenaufwands eines organisierten Lungenkrebsfrüherkennungsprogramms in Deutschland

Aus Sicht der an diesem Positionspapier beteiligten Fachgesellschaften setzt sich ein erfolgreiches nationales Lungenkrebsfrüherkennungsprogramm aus 3 wesentlichen Bestandteilen zusammen: 1) dem Identifikations- und Einladungsprozess, 2) dem Früherkennungsprozess und 3) dem Abklärungs- und Behandlungsprozess.

In dem Identifikations- und Einladungsprozess werden mögliche Teilnehmer mit einem hohen Lungenkrebsrisikoprofil gemäß der definierten Eingangskriterien niederschwellig identifiziert und in das nationale Lungenkrebsscreeningprogramm eingeladen.

Der Früherkennungsprozess umfasst die Auswahl, Eignungsprüfung und Aufklärung der Teilnehmer, die eigentlichen Früherkennungsuntersuchungen inkl. vorgezogener Kontrolluntersuchungen mittels LDCT und deren Befundung sowie die fortlaufende Dokumentation und den Befundvergleich innerhalb eines longitudinalen qualitätsgesicherten Screeningprogramms.

Der Abklärungs- und Behandlungsprozess beginnt, sobald bei Teilnehmern im Rahmen des LDCT-Screenings ein klinisch abklärungsbedürftiger Befund erhoben wird und die Teilnehmer sich dann als Patienten der weiterführenden Diagnostik und ggf. Therapie unterziehen.

Sowohl aus Teilnehmer- als auch gesundheitsökonomischer Sicht ist es für den Erfolg eines nationalen Lungenkrebsfrüherkennungsprogramms in Deutschland essenziell, dass alle Anstrengungen unternommen werden, die 3 benannten Bestandteile klar zu adressieren und zu integrieren sowie bestmöglich mit Strukturvorgaben zu unterlegen. Letztendlich ergibt sich der Auftrag an alle in diesem Prozess Beteiligten gemeinsam – im Einklang mit dem Bericht des BfS – „… sicherzustellen, dass auch in der Versorgungsrealität der Nutzen gegenüber den unerwünschten Wirkungen und dem Strahlenrisiko überwiegt, … [sowie] Bedingungen und Anforderungen an den Früherkennungsprozess festzulegen, die sicherstellen, dass dasselbe Qualitätsniveau wie in den analysierten Studien erreicht wird [15].“ Entscheidend ist, dass Nutzen und Schaden nicht nur von dem eigentlichen Früherkennungsprozess abhängen, sondern maßgeblich durch die ihn flankierenden Identifikations- und Einladungs- sowie Abklärungs- und Behandlungsprozesse beeinflusst werden.

Die schrittweise Einführung des organisierten bevölkerungsbezogenen Mammografie-Screening-Programmes (seit der Gründung der Kooperationsgemeinschaft Mammografie in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung GbR in 2003 durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Spitzenverbände der Krankenkassen) sollte als Modell für den Aufbau eines organisierten Lungenkrebsfrüherkennungsprogrammes herangezogen werden, da viele der strukturellen, prozessualen und qualitätssichernden Elemente übernommen werden können. Die an diesem Positionspapier beteiligten Fachgesellschaften sehen es jedoch als notwendig an, das angestrebte organisierte Lungenkrebsfrüherkennungsprogramm über die reine ambulant vertragsärztliche Versorgung hinausgehend an auf die Behandlung von Lungenkrebs spezialisierten Zentren zu koppeln. Die Begründung liegt in der höheren Komplexität des Lungenkrebsscreenings mittels LDCT im Hinblick auf Risikopopulation, Optimierung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses inklusive Qualitätssicherung und Sicherstellung nahtloser Schnittstellenlösungen zwischen den Früherkennungs- und den Abklärungs-/ Behandlungprozessen. Dies steht im Einklang mit der S3-Leitlinie Lungenkarzinom, dem BfS-Bericht und den bisherigen Stellungnahmen der Deutschen und Europäischen Fachgesellschaften, die eine Durchführung der Früherkennung an auf die Behandlung von Lungenkrebs spezialisierten Einrichtungen durch ein multidisziplinäres Behandlungsteam fordern (Fachärzte für Radiologie, Pneumologie, Thoraxchirurgie, Onkologie, Strahlentherapie) [10] [11] [12]. Neben der in dem Handlungsfeld 2 des nationalen Krebsplan geforderten zertifizierten und qualitätsgesicherten onkologischen Behandlungseinrichtungen konnten eine aktuelle Leitlinie der European Respiratory Society (ERS) zur Qualität der Lungenkrebsbehandlung signifikante Überlebensvorteile bei Behandlung in Zentren mit höheren Fallzahlen und Spezialisierung [53] sowie analog das WiZEN-Projekt spezifisch für Deutschland einen Überlebensvorteil in DKG-zertifizierten Lungenkrebszentren (WiZEN) nachweisen.

[ Tab. 3 ] stellt die strukturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem etablierten Mammografie-Screening-Programm und dem von den beteiligten Fachgesellschaften in diesem Positionspapier vorgeschlagenen Konzept eines LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programm nach § 25a dar, [ Tab. 4 ] die empfohlenen Anforderungskriterien an ein auf Lungenkrebs spezialisiertes Zentrum im Hinblick auf Mindestmengen, Expertise und Struktur.

Tab. 3

Strukturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem etablierten Mammografie-Screening-Programm und dem von den beteiligten Fachgesellschaften in diesem Positionspapier vorgeschlagenen Konzept eines LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programms nach § 25a.

Mammografiescreening

Lungenkrebsscreening

Ansatz

bevölkerungsbezogen

bevölkerungs- und risikobezogen

Einschlusskriterien

  • Frauen im Alter 50–69 Jahre

  • Frauen und Männer im Alter 50–75 Jahre

  • Risikoprofil:

    • Rauchdauer ≥ 25 Jahre

    • kumulative Exposition ≥ 15 Packungsjahre

    • Aktiv oder Rauchstopp < 10 Jahre

  • Medizinisches Eignungsprofil

Zielpopulation

  • ca. 10,5 Mio. Frauen

  • ca. 3,3 Mio. Männer

  • ca. 2,2 Mio. Frauen

Screeningmethode

  • Mammografie alle 2 Jahre

  • LDCT jährlich, ggf. vorgezogene Kontrollen

Identifikation, Einladung

  • Kostenträger

  • Zentrale Koordinationsstelle

  • Kostenträger (Informationen zu Rauchexposition nur eingeschränkt verfügbar)

  • alternative niederschwellige Identifikationswege

  • Zentrale Koordinationsstelle

Aufbau Screeningeinheit (nur ambulant)

  • ≥ 1 Mammografieeinheiten

  • ≥ 1 Einheiten zur Abklärungsdiagnostik (Ultraschall, Stanzbiopsie)

  • qualifizierte Ärzte zur Risiko- und Eignungsprüfung

  • ≥ 1 CT-Einheiten: vertragsärztliche Radiologen und Radiologie eines auf Lungenkrebs spezialisiertem Zentrums

  • keine Einheit zur Abklärungsdiagnostik

Ort weitere Abklärung außerhalb von § 25a, stationär bzw. ambulant (Nutzen)

  • auf Brustkrebs spezialisiertes Zentrum (Überlebensvorteil, geringere Morbidität, Reduktion von Fehlanreizen und Übertherapie)

  • auf Lungenkrebs spezialisiertes Zentrum (Überlebensvorteil, geringere Morbidität, Reduktion von Fehlanreizen und Übertherapie)

Tab. 4

Empfohlene Anforderungskriterien an ein auf Lungenkrebs spezialisiertes Zentrum im Hinblick auf Mindestmengen, Expertise und Struktur.

Erfüllung von Mindestmengen auf Ebene des Zentrums

  • Erstdiagnose von mindestens 200 Primärfällen pro Jahr mit der ICD-10-Diagnose C34

  • Mindestens 75 anatomische Resektionen pro Jahr (OPS 5-323 bis 5-328) bei ICD-10-Diagnosen C34 bzw. C78.0

Expertise auf Ebene des Zentrums (Z) und auf Facharztebene (FA):

  • ≥ 500 Bronchoskopien pro Jahr (Z)

  • ≥ 10 interventionelle bronchoskopische Eingriffe bei Verschluss oder Stenosen (unabhängig von Indikation) pro Jahr (Z)

  • ≥ 200 (Z) und ≥ 100 (FA) histopathologische Begutachtungen von malignen Lungentumoren pro Jahr

  • ≥ 100 durchgeführte anatomische Lungenresektionen zur Qualifikation als Facharzt Thoraxchirurgie (FA)

  • ≥ 50 thorakale Bestrahlungen pro Jahr in Primärtherapie und ≥ 100 Bestrahlungsserien pro Jahr (Z)

  • ≥ 150 medikamentöse Tumortherapien bei Lungenkarzinom-Patienten (alternativ: ≥ 50 Primärfälle oder ≥ 200 Entitätsunabhängig pro Jahr (Z)

  • Angebot von klinischen Studien mit Ethikvotum mit einer Studieneinschlussquote von ≥ 5 % der Primärfallzahl pro Jahr (Z)

  • ≥ 100 Schmerztherapien, davon ≥ 50 bei Lungenkarzinom pro Jahr am Zentrum (Z)

Strukturanforderungen auf Ebene des Zentrums:

  • mindestens 1-mal wöchentliche interdisziplinäre Fallkonferenz:

    • Zur Beurteilung von abklärungsbedürftigen LDCT-Screening-Befunden Teilnahme von Radiologe, Pneumologe und Thoraxchirurg erforderlich

  • Interdisziplinäres Team:

    • Abteilung für Pneumologie (oder Bereich mit Schwerpunkt) mit mindestens 2 pneumologischen Fachärzte Pneumologie in Vollzeit, Facharztverfügbarkeit rund um die Uhr

    • Abteilung für Thoraxchirurgie (oder Bereich mit Schwerpunkt) mit mindestens 2 thoraxchirurgischen Fachärzten in Vollzeit, Facharztverfügbarkeit rund um die Uhr

    • Radiologe mit strukturiertem Zugang zu interventioneller Radiologie und PET-CT (in Kooperation mit Nuklearmediziner)

    • Nuklearmediziner mit strukturiertem Zugang zu PET-CT (in Kooperation mit Radiologen)

    • Pathologe

    • Strahlentherapeut

    • Internistischer Onkologe/Hämatoonkologe oder Pneumologe mit entsprechender Expertise

    • Palliativmediziner

  • Zugang zu weiteren Professionen:

    • Psychoonkologie

    • Sozialdienst (mind. 1,0 VK/400 beratene Patienten)

    • onkologische Fachpflege (mind. 1,0 VK im Tagdienst)

    • Physiotherapie

    • Logopädie

    • qualifizierte Schmerztherapie

    • Ernährungsberatung

  • Angebot Raucherberatung und Tabakentwöhnung

Die Grundvoraussetzungen zur Koordination und Durchführung von LDCT-Lungenkrebs-Screening durch auf die Behandlung von Lungenkrebs spezialisierten Einrichtungen in Assoziation mit ambulant vertragsärztlichen Partnern sind an den von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifizierten Lungenkrebszentren gegeben. Stand März 2023 gibt es in Deutschland 73 zertifizierte Lungenkrebszentren mit 89 Standorten [54], an denen rund 60 % aller kurativen Lungenkrebsoperationen durchgeführt werden [55]. Mit der vollständigen Umsetzung der im Dezember 2021 vom G-BA beschlossenen Mindestmengenvorgaben für Lungenkrebsoperationen ist davon auszugehen, dass Lungenkrebsoperationen ab 2025 ausschließlich an den dann rund 90–100 zertifizierten Lungenkrebszentren durchgeführt werden. Insofern sollten die DKG-zertifizierten Lungenkrebszentren die Basis eines interdisziplinären Netzwerkes mit auch qualifizierten ambulanten und stationären Partnern für ein flächendeckendes Angebot zur Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland bilden.

[ Abb. 1 ] stellt eine denkbare übergeordnete Organisationsstruktur in Anlehnung an das Mammografie-Screening-Programm dar. Die Früherkennung des Lungenkarzinoms wird an spezialisierten Zentren für die Behandlung des Lungenkarzinoms (in Folge: auf Lungenkrebs spezialisierte Zentren) angesiedelt. Diese qualifizieren sich durch die Erfüllung von Mindestmengen, Nachweis der Expertise in allen relevanten Verfahren und das Vorhalten einer umfassenden interdisziplinären Versorgungsstruktur ([ Tab. 3 ]). Eine gültige Zertifizierung als Lungenkrebszentrum der Deutschen Krebsgesellschaft kann den Einzelnachweis ersetzen.

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Abb. 1 Vorschlag für eine übergeordnete Organisationsstruktur an ein organisiertes Früherkennungsprogramm des Lungenkarzinoms nach § 25a SGB V.

An diesen auf Lungenkrebs spezialisierten Zentren wird jeweils eine Screeningeinheit angesiedelt, die aus

  • einem programmverantwortlichen Arzt

  • einem oder mehreren ambulant tätigen qualifizierten Ärzten zu der in der BMUV-Rechtsverordnung geforderten Risiko- und Eignungsprüfung sowie Beratung und Aufklärung der Teilnehmer und

  • einer oder mehreren CT-Einheiten
    besteht und zusammen einen ambulant regionalen Screening-Verbund bildet.

Aus Sicht der hier beteiligten Fachgesellschaften sollten die Ärzte für die Risiko- und Eignungsbeurteilung wie auch die Beratung, Aufklärung und Einschluss potenzieller Programmteilnehmer qualifiziert werden (sog. qualifizierte Ärzte), hierbei aber die Notwendigkeit niederschwelliger Identifikations- und Einschlusswege zur Erlangung hoher Teilnahmequoten beachtet werden.

Zur Gewährleistung eines flächendeckenden Versorgungsangebotes mit BMUV-Rechtsverordnung konformen CT-Scannern sowie einer qualitativ guten Befundqualität sollten die CT-Einheiten in der Screeningeinheit durch vertragsärztliche Radiologen und die Radiologie in dem auf Lungenkrebs spezialisiertem Zentrum gestellt werden. Jedem Zentrum wird ein regionaler Versorgungsbereich zugewiesen.

Anders als in dem bereits etablierten Mammografie-Screening-Programm sollten die Screeningeinheiten keine ambulanten Abklärungseinheiten beinhalten, stattdessen abklärungsbedürftige Befunde ausschließlich in auf Lungenkrebs spezialisierten Zentren außerhalb von § 25a SGB V stationär und/oder ambulant behandelt werden, da auf Grund der Komplexität der Abklärung eine entsprechende Expertise notwendig sowie mittlerweile ein Überlebensvorteil, eine geringere Morbidität und geringere Raten an Überdiagnostik/-therapien evident sind.

Den auf Lungenkrebs spezialisierten Zentren kommt somit eine Doppelrolle als Teil der Screeningeinheit innerhalb, respektive bei der Abklärung außerhalb eines § 25a-Programms zu. Durch diese enge Kopplung wird zudem eine gute Qualitätssicherung im Sinne der fortlaufenden Weiterentwicklung des Programms sichergestellt.

Jedes Zentrum mit Früherkennungseinheit ist mit einem übergeordneten überregionalen Referenzzentrum vernetzt. Ein Referenzzentrum ist gleichzeitig auch Früherkennungseinheit und spezialisiertes Zentrum. Es sollen 5 Referenzzentren gebildet werden. Die Aufgaben des Referenzzentrums beinhalten:

  • Überwachung der Qualitätssicherung in den dem Referenzzentrum zugeordneten Screeningeinheiten

  • Durchführung von Fortbildungskursen und Fortbildung von qualifiziertem Fachpersonal zur qualifizierten Durchführung der Früherkennung

  • Dokumentation der Früherkennungsbefunde aus den zugeordneten Früherkennungseinheiten und Weiterleitung an die zentrale Datenbank auf Bundesebene, die an der zentralen Kooperationsgemeinschaft angesiedelt ist.

Die Kooperationsgemeinschaft „Früherkennung des Lungenkarzinoms“ wird als gemeinsame zentrale Einrichtung auf Bundesebene von der Kassenärztliche Bundesvereinigung, dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft errichtet. Aufgaben der Kooperationsgemeinschaft beinhalten:

  • Bereitstellung von Informationsmaterial, Information und Beratung hinsichtlich der Früherkennung für das Lungenkarzinom

  • Evaluation, Organisation und Koordination der Prozesse

  • zentrale Dokumentation und Berichterstattung

  • Zertifizierung der Früherkennungseinheiten

  • Zertifizierung der Referenzzentren durch ein vom Beirat der Kooperationsgemeinschaft bestelltes unabhängiges, externes Sachverständigengremium

  • Organisation einer leitliniengerechten Tabakentwöhnung

  • Zertifizierung der Fortbildungsveranstaltungen

Das Einladungswesen wird auf Landesebene organisiert. Hierzu wird jeweils eine „Zentrale Stelle“ eingerichtet. Die Einladungen erfolgen unter Angabe von Termin und Ort (Früherkennungseinheit) und werden von der Zentralen Stelle veranlasst. Die Zentrale Stelle stellt für die Screeningeinheiten Listen der eingeladenen Personen zusammen, aus denen diese Namen, Screeningidentifikationsnummer, Ort und Termin, für den eingeladen wurde, sowie Angaben zu früheren Teilnahmen entnehmen kann.

[ Abb. 2 ] bietet einen Vorschlag zu einem Algorithmus eines nationalen Lungenkrebs-Screening-Programms und veranschaulicht den Anspruch auf eine organisierte, qualitativ hohe sowie zugleich sichere und kosteneffektive Früherkennung. An dieser Stelle wird aber nochmals die Notwendigkeit niederschwelliger, zusätzlicher Identifikations- und Einladungswege betont. Diese können eine Onlineportal zur Risiko- und Eignungsabschätzung wie auch Beteiligung von qualifizierten, aber auch nicht qualifizierten Ärzten sowie Kooperation mit Disease-Management-Programmen, Tabakentwöhnungsprogrammen oder anderen Screeningprogrammen beinhalten.

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Abb. 2 Vorschlag zu einem Algorithmus in einem organisierten Früherkennungsprogramm des Lungenkarzinoms nach § 25a SGB V.

Die einzelnen Schritte des Früherkennungsprozesses sollten wie folgt organisiert und verantwortlich betreut werden:

  1. Identifikation der Teilnehmer: Das Erreichen der Hochrisikopopulation und die Motivation zur Teilnahme ist die große primäre Herausforderung bei der Implementierung eines Lungenkrebsfrüherkennungsprogramms. Insofern sollte interessierten und potenziell geeigneten Teilnehmern der Zugang zum Lungenkrebsfrüherkennungsprogramm über verschiedene Wege aufgezeigt werden:

    • Personalisierte Anschreiben der Versicherten z. B. in Zusammenarbeit der Kostenträger, Gesundheitsbehörden und Meldeämter

    • Allgemeinmediziner, Internisten und andere Fachärzte im ambulanten und stationären Setting sowie Betriebsärzte und Arbeitsmediziner (z. B. über § 132f SGB V), aber auch andere bereits laufende Früherkennungsprogramme, Disease-Management-Programme und Tabakentwöhnungsprogramme sollten mit Informationsmaterial versorgt sein, um niederschwellig potenzielle Kandidaten zur Teilnahme zu motivieren.

    • Interessenten sollten sich über eine zentrale Screening-Website informieren können und sich dort, per Mail, Brief oder über eine telefonische Hotline anmelden und direkt auf der Website selbstberichtet ihre Gesundheitsdaten eingeben. Wenn sie die entsprechenden Einschlusskriterien erfüllen, werden sie vom nächstgelegenen Zentrum zu einem Erstkontakt eingeladen.

  2. Beratungs- und Aufklärungsgespräch, Eignungsprüfung und Einschluss in das Früherkennungsprogramm sowie Aufklärung über Nutzen und Risiken der LDCT-Früherkennungsuntersuchung: Die Schlüsselrolle beim initialen Einschluss in das Früherkennungsprogramm kommt den ambulant und stationär tätigen, qualifizierten Allgemeinmedizinern, Internisten und Arbeitsmedizinern zu.

    • Bei diesem Erstkontakt erfolgt die Beratung konform zu den inhaltlichen und regulatorischen Vorgaben von BfS-Bericht, BMUV-Rechtsverordnung und zukünftiger G-BA-Richtlinie sowie die Prüfung der Einschlusskriterien. Jeder Teilnehmende wird über die mit der Früherkennungsuntersuchung verbundenen Risiken dokumentiert beraten und aufgeklärt. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu thematisieren:

      • mit der Niedrigdosis-CT verbundenes Risiko eines strahleninduzierten malignen Tumors;

      • Häufigkeit falsch positiver Befunde der Früherkennungsuntersuchung sowie die damit verbundenen Konsequenzen, von unnötiger Beunruhigung über zusätzliche Verlaufskontrollen bis hin zur invasiven Abklärung gutartiger Befunde;

      • Häufigkeit falsch negativer Befunde der Früherkennungsuntersuchung;

      • Verbleibendes Risiko der Erkrankung an einem nicht heilbaren Lungenkarzinom trotz regelmäßiger Früherkennungsuntersuchungen;

      • Möglichkeit der Entdeckung eines Lungenkarzinoms, das für den Teilnehmer im Laufe seines Lebens ansonsten nie zu Beschwerden geführt hätte (Überdiagnose) mit dem Risiko einer Übertherapie;

      • der Ablauf des Früherkennungsprogramms mit regulären jährlichen CT-Verlaufskontrollen, vorgezogenen CT-Kontrollen bei kontrollbedürftigen Befunden;

      • Art, Belastung und Risiken der Verfahren bei abklärungsbedürftigen Befunden.

    • Der Raucherstatus wird dokumentiert, die Tabakentwöhnung als effektivste Maßnahme zur Reduktion des Lungenkrebsrisikos thematisiert. In Kooperation mit geeigneten Einrichtungen werden die Teilnehmer des Früherkennungsprogramms bei Zustimmung an eine qualifizierte Tabakentwöhnungsmaßnahme vermittelt.

    • An die Qualifikation des hierbei beteiligten ärztlichen Fachpersonals werden hohe Ansprüche gestellt. Die über den Facharztstatus hinaus notwendige Qualifikation ist noch unter Mitarbeit der Fachgesellschaften zu definieren.

  3. Stellung der rechtfertigenden Indikation. Nach Einschluss durch den qualifizierten vertragsärztlichen Allgemeinmediziner und Internisten sowie Arbeitsmediziner erfolgt die rechtfertigende Indikation für jede teilnehmende Person individuell zeitnah durch einen fachkundigen Radiologen, der zertifiziertes Mitglied des jeweiligen regionalen Verbundes ist. Der Radiologe bezieht dabei die Risikoeinschätzung des qualifizierten Arztes mit ein.

    • An die Qualifikation der beteiligten Radiologen werden hohe Ansprüche gestellt. Neben einer speziellen Fortbildung sind von den Radiologen zusätzlich Mindestfallzahlen an LDCT-Untersuchungen zur Lungenkrebsfrüherkennung pro Jahr zu erfüllen. Die über den Facharztstatus hinaus notwendige Qualifikation der am Früherkennungsprogramm teilnehmenden Radiologen hinsichtlich der spezifischen diagnostischen Kenntnisse (z. B. zu Erscheinungsformen früher Lungenkarzinome und zur standardisierten Befundung) ist noch unter Mitarbeit der Fachgesellschaften zu definieren. Diesbezüglich wurde auch der BMUV-Referentenentwurf im August 2023 von den beteiligten Fachgesellschaften kommentiert.

  4. Durchführung der LDCT-Früherkennungsuntersuchung:
    Die LDCT ist nach einem standardisierten Protokoll im Rahmen der BfS- und BMUV-Vorgaben unter strenger Qualitätskontrolle durchzuführen. Im Prozess der Akkreditierung werden die o. g. Voraussetzungen geprüft. Akkreditierten Einrichtungen wird eine Software zur Verfügung gestellt, deren Funktionalität im nachfolgenden Abschnitt näher beschrieben ist. Diese Software ermöglicht die Befundung einschließlich CAD-Analyse, eine einheitliche Volumetrie (gleiche Software für alle beteiligten radiologischen Einrichtungen) und die Erfassung des Teilnehmers sowie seiner Befunde in einer zentralen Datenbank. Gleichzeitig wird damit eine Verlaufskontrolle in Voruntersuchungen auffälliger Befunde über verschiedene radiologische Einrichtungen hinweg ermöglicht.

  5. Befundung der LDCT und Bewertung der Befunde durch den qualifizierten Radiologen

    • Die Strukturierte Befundung soll nach der modifizierten Lung CT Screening Reporting & Data System (Lung-RADS) 2022 Klassifikation mit Integration der Volumenverdopplungszeit national einheitlich durchgeführt werden (Kurzfassung: [Tab. 5], Langfassung: Tabelle S1).

    • Die Befundung muss mit einer qualitätsgesicherten Befundungssoftware durchgeführt werden, welche folgende Leistungsmerkmale besitzt:

      • Detektion der Lungenrundherde

      • Volumetrie der Lungenrundherde

      • Berechnung der Volumenverdopplungszeit (VDT) im Vergleich mit dem Vorbefund

      • Beschreibung der Lungenrundherde in
        1. solide
        2. teilsolide
        3. Milchglas
        4. Verkalkungen
        5. juxtapleural

      • Automatische Kategorisierung der Lung-RADS Klasse

      • Berechnung des Malignitätsrisikos des Lungenrundherdes

      • Automatische Erstellung einer Liste zur Zweitbefundung mit der Möglichkeit der regionalen und nationalen Vernetzung
        Da es aktuell durch unterschiedliche Software zu Unterschieden in der Volumetrie und somit zu Unterschieden in der vorgeschlagenen Kategorisierung kommen kann, sprechen sich die beteiligten Fachgesellschaften für eine national einheitliche Software aus, die durch eine europäische Ausschreibung beschafft werden soll.

    • Eine Zweitbefundung ist für alle Lung RADS 3– und 4-Befunde durch einen qualifizierten Radiologen im jeweiligen auf Lungenkrebs spezialisierten Zentrum zeitnah durchzuführen.

    • Lung RADS 4A-Befunde mit der Frage nach einer möglichen PET-Untersuchung sowie alle 4B- und 4X-Befunde müssen zeitnah in der jeweiligen interdisziplinären Fallkonferenz des auf Lungenkrebs spezialisierten Zentrums vorgestellt werden.

    • Die interdisziplinäre Fallkonferenz besteht mindestens aus einem Radiologen, Pneumologen und Thoraxchirurgen.

    • Die LDCT kann von dem Lungenkrebsscreening unabhängige Befunde in allen erfassten Organen aufzeigen, sogenannte inzidentelle Befunde. Diese inzidentellen Befunde sollten nur bei medizinischer Relevanz sowie in standardisierter Form berichtet werden (z. B. gemäß Protokoll auf der Basis eines europäischen Positionspapiers).

    • Der strukturierte radiologische Befund wird dem Teilnehmer zeitnah schriftlich mitgeteilt. Bei Befunden ab Lung-RADS 3 informiert der Radiologe den Teilnehmer persönlich vorab (z. B. telefonisch).

  6. Strukturierte Fortführung, Verlassen bzw. Beendigung des Früherkennungsprozesses

    • Reguläre Screeningrunde bei negativen Befunden

      • Bei negativem Befund (Lung-RADS 1) oder gutartigem Befund (Lung-RADS 2) bzw. Entscheidung des Rundherdboards

      • Terminierung und Einladung zur nächsten Screeningrunde durch die zentrale Koordinationsstelle.

    • Vorgezogene Kontroll-LDCT bei kontrollbedürftigen Befunden

      • Bei wahrscheinlich gutartigem Befund (Lung-RADS 3) bzw. Entscheidung der Radiologischen Fallkonferenz vorgezogene Kontroll-LDCT bereits nach 6 Monaten

      • Bei verdächtigem Befund (Lung-RADS 4A) ohne Indikation für PET/CT gemäß Entscheidung der Radiologischen Fallkonferenz vorgezogene Kontroll-LDCT bereits nach 3 Monaten

      • Terminierung und Einladung vorgezogene Kontroll-LDCT durch die zentrale Koordinationsstelle.

    • Verlassen des Früherkennungsprozesses bei klinisch abklärungsbedürftigen Screeningbefunden

      • Bei Indikation zur Abklärung eines verdächtigen Befunds (Lung-RADS 4A) mit Indikation für PET/CT sowie bei sehr verdächtigen Befunden (Lung-RADS 4B) und Lung-RADS 4X-Befunden Verlassen des Früherkennungsprozesses und weitere medizinische Abklärung des Befundes am Zentrum gemäß Beschluss der Interdisziplinären Fallkonferenz.

      • Organisation Aufnahmetermin durch die zentrale Koordinationsstelle.

    • Beendigung des Früherkennungsprozesses

      • Der Früherkennungsprozess wird bei Erreichen der in den Einschlusskriterien definierten Altersobergrenze regulär beendet.

      • Etwaige weiter kontrollbedürftige Befunde werden dem Teilnehmer durch die zentrale Koordinationsstelle schriftlich mitgeteilt.

  7. Wiedereintritt in den Früherkennungsprozesses

    • Bei Nachweis eines Lungenkarzinoms (bzw. einem anderen Malignom) nach Therapie und Abschluss der Tumornachsorge (in der Regel nach 5 Jahren)

      • Terminierung und Einladung zum Wiedereintritt in Lungenkrebsfrüherkennungsprozess durch die zentrale Koordinationsstelle.

    • Bei invasivem Ausschluss bzw. fehlendem Anhalt für ein Lungenkarzinom nach Abklärung

      • Terminierung und Einladung zur nächsten Screeningrunde durch die zentrale Koordinationsstelle.

  8. Follow-up mithilfe von Daten durch klinisch-epidemiologischen Krebsregistern, Meldebehörden und/oder Kostenträgern

    • Die auf Lungenkrebs spezialisierten Zentren (alternativ die Referenzzentren) sollten zum Follow-up im Rahmen des von ihnen organisierten LDCT-Lungenkrebsscreenings die Daten ihrer Teilnehmer (Vitalstatus, Todesursache) mit klinischen Krebsregistern, Meldebehörden und/oder Kostenträgern abgleichen.

  9. Qualitätssicherung auf regionaler, überregionaler und nationaler Ebene mit Nutzung einer zentralen Datenbank

    • Zentrale Erfassung von Einladungs- und Teilnahmedaten

    • Dokumentation der Daten und Befunde durch die jeweils Verantwortlichen im Rahmen der einzelnen Schritte des Früherkennungsprozesses in einem nationalen Register

    • Zentrale Verwaltung und Auswertung der Daten durch die jeweiligen Zentren und eine übergeordnete nationale Koordinationsstelle

    • Eine nationale Bilddatenbank, die auch dem Standard der gerade entstehenden Europäischen Bilddatenbank entspricht, soll zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung geschaffen werden.

    • Regelmäßige (prospektive) Abgleiche mit epidemiologischen und klinischen Krebsregistern zum Auftreten von Lungenkrebs, mit detaillierten Angaben histologischen Subtypen, Tumorstadien und Art der Behandlung. Regelmäßige (prospektive) Abgleiche mit Meldeamtsregistern und Gesundheitsämtern zum Auftreten von Todesfällen und deren Hauptursachen.
      Eine detaillierte Darstellung im Hinblick auf Aufbau und Nutzung einer epidemiologischen Qualitätssicherung findet sich im Online-Supplement.

  10. Fortbildung des beteiligten Fachpersonals und Zertifizierung von Screeningeinheiten

    • Fortbildungen des beteiligten Fachpersonals sowie Zertifizierung der Screeningeinheiten kann nach Maßgabe durch den G-BA in Analogie zu den Mammografie-Screening-Programmen erfolgen.

Tab. 5

Lung-RADS Klassifikation mit Volumenverdopplungszeit (VDT) modifiziert auf der Basis der Lung RADS-Klassifikation von 2022 [56], des European Position Statement on Lung Cancer Screening von 2017 [57] sowie des Designs und der Rationale der HANSE-Studie [51]. Im Supplement befindet sich die Komplettfassung dieser Tabelle mit allen Anmerkungen zu den hier gemachten Verweisen.

Lung- RADS

Kategorie Beschreibung

Befunde

Management

0

unvollständig
geschätzte
Prävalenz: ~ 1 %

vorherige Thorax-CT-Untersuchung zum Vergleich wird beschafft (Anmerkung 9)

Vergleich mit früherem Thorax-CT

ein Teil oder die gesamte Lunge kann nicht bewertet werden

erneute LDCT-Bildgebung erforderlich

Befunde, die auf einen entzündlichen/infektiösen Prozess hindeuten (Anmerkung 10)

LDCT nach 1-3 Monaten bei unklarem infektiösen oder entzündlichen Prozess

1

negativ
geschätzte
Prävalenz: 39 %

keine Lungenrundherde ODER

12-Monats-Screening LDCT

Rundherd mit gutartigen Merkmalen:

  • vollständige, zentrale, Popcorn- oder konzentrische Ringverkalkungen ODER

  • fetthaltig

2

gutartig
basierend auf bildgebenden Merkmalen oder gutartigem Verhalten;
geschätzte
Prävalenz: 45 %

juxtapleuraler Rundherd:

  • < 524 mm3 (< 10 mm mittlerer Durchmesser) im Baseline LDCT oder neu UND

  • solide; glatte Ränder; und ovale, linsenförmige oder dreieckige Form

solider Rundherd:

  • < 113 mm3 (< 6 mm) im Baseline LDCT ODER

  • neu < 34 mm3 (< 4 mm) ODER

  • < 34 mm3 (< 4 mm) mit < VDT 600 Tage

teilsolider Rundherd:

  • < 113 mm3 (< 6 mm) mittlerer Gesamtdurchmesser im Baseline LDCT

Milchglas-Rundherd (GGN):

  • < 14,137 mm3 (< 30 mm) im Baseline LDCT, neu oder wachsend ODER

  • ≥ 14,137 mm3 (≥ 30 mm) stabil oder langsam wachsend (Anmerkung 7)

endobronchialer Rundherd, subsegmental im Baseline LDCT, neu oder stabil (Anm.11)

Rundherd der Kategorie 3, der bei 6-Monats-Follow-up-CT stabil (VDT > 600 Tage für solide Rundherde) ist oder in seiner Größe abgenommen hat, ODER

Rundherd der Kategorie 3 oder 4A, der sich im Follow-up-CT auflöst, ODER

Befunde der Kategorie 4B, die sich nach entsprechender diagnostischer Abklärung als gutartig in der Ätiologie erwiesen

3

wahrscheinlich gutartig
basierend auf Bildgebungsmerkmalen oder -verhalten
geschätzte
Prävalenz: 9 %

solider Rundherd:

  • ≥ 113 mm3 bis < 268 mm3 (≥ 6 mm bis < 8 mm) im Baseline LDCT ODER

  • neu 34 mm3 bis < 113 mm3 (4 mm bis < 6 mm)

6-Monats-Follow-up LDCT

teilsolider Rundherd:

  • ≥ 113 mm3 (≥ 6 mm mittlerer Gesamtdurchmesser) mit solider Komponente < 113 mm3 (< 6 mm)

  • im Baseline LDCT ODER

  • neu < 113 mm3 (< 6 mm mittlerer Gesamtdurchmesser)

Milchglas-Rundherd (GGN):

  • ≥ 14,137 mm3 (≥ 30 mm) im Baseline LDCT oder neu

atypische Lungenzyste: (Anmerkung 12)

  • wachsende zystische Komponente (mittlerer Durchmesser) einer dickwandigen Zyste

Rundherd der Kategorie 4A, der im 3-Monats-Follow-up-CT stabil (VDT > 600 Tage) oder verkleinert ist (außer endobronchialen Rundherden)

4A

verdächtig
geschätzte
Prävalenz: 4 %

solider Rundherd:

  • ≥ 268 mm3 bis < 1,767 mm3 (≥ 8 mm bis < 15 mm) im Baseline LDCT ODER

  • ≥ 34 mm3 (≥ 4 mm) bis < 268 mm3 (< 8 mm) mit < VDT 600 Tage ODER

  • neu 113 mm3 bis < 268 mm3 (6 mm bis < 8 mm)

3-Monats-Follow-up LDCT;
bei soliden Rundherden:

PET/CT (mit Herder-Modell-Auswertung) kann nach Beschluss in der interdisziplinären Fallkonferenz verwendet werden, wenn die Wahrscheinlichkeit von Malignität > 10 % beim Baseline LDCT ist

teilsolider Rundherd:

  • ≥ 113 mm3 (≥ 6 mm) totaler mittlerer Diameter mit solider Komponente ≥ 113 mm3 bis < 268 mm3 (≥ 6 mm bis < 8 mm) im Baseline-LDCT ODER

  • neu oder wachsende < 34 mm3 (< 4 mm) solide Komponente

endobronchialer Rundherd, segmental oder proximal im Baseline LDCT oder neu (Anm.11).

atypische pulmonale Zyste: (Anmerkung 12)

  • dickwandige Zyste ODER

  • multilokuläre Zyste im Baseline LDCT ODER

  • Dünn- oder dickwandige Zyste, die multilokulär wird

4B

sehr verdächtig
geschätzte
Prävalenz: 2 %

endobronchialer Rundherd, segmental oder proximal stabil oder wachsend (Anmerkung 11).

interdisziplinäre Fallkonferenz:
Das Management hängt von der klinischen Bewertung, der Patientenpräferenz und der Wahrscheinlichkeit einer Malignität ab (siehe Anmerkung 13).
Thorax-CT mit/ohne Kontrastmittel;
PET/CT (mit Herder-Modell-Auswertung) kann in Betracht gezogen werden, wenn ein solider Rundherd oder eine solide Komponente von ≥ 268 mm3 (≥ 8 mm) vorhanden ist;
Gewebeentnahme (Biopsie oder Resektion)

solider Rundherd:

  • ≥ 1767 mm3 (≥ 15 mm) im Baseline LDCT ODER

  • ≥ 268 mm3 (≥ 8 mm) neu oder wachsend (VDT < 600 Tage)

teilsolider Rundherd:

  • solide Komponente ≥ 268 mm3 (≥ 8 mm) im Baseline-CT ODER

  • neue oder wachsende solide Komponente ≥ 34 mm3 (≥ 4 mm)

atypische Lungenzyste: (siehe Anmerkung 12)

  • dickwandige Zyste mit zunehmender Wanddicke/Nodularität ODER

  • wachsende multilokuläre Zyste (mittlerer Durchmesser) ODER

  • multilokuläre Zyste mit vermehrter Lokulierung oder neuer/zunehmender erhöhter Dichte (knötchenförmig, milchglasartig oder Konsolidierung)

langsam wachsender solider oder teilsolider Rundherd, der Wachstum über mehrere Screening-Untersuchungen zeigt (Anmerkung 8)

4X

geschätzte
Prävalenz: < 1 %

Rundherd der Kategorie 3 oder 4 mit zusätzlichen Merkmalen oder bildgebenden Befunden, die den Verdacht auf Lungenkrebs erhöhen (Anmerkung 14)

S

(potenziell) klinisch relevante Befunde (nicht Lungenkrebs);
geschätzte Prävalenz: ca. 10 %

Modifikator: Kann bei klinisch relevanten oder potenziell klinisch relevanten Befunden ohne Bezug zu Lungenkrebs zu Kategorie 0–4 hinzugefügt werden (siehe Anmerkung 15).

je nach Befund

Integration der Tabakentwöhnung – wirksam und kosteneffektiv

Rund 35–55 % der Teilnehmer in den randomisierten LDCT-Screening-Studien bzw. Pilotstudien waren aktive Raucher [7] [58] [59]. Ein Rauchstopp senkt ebenso wie ein LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programm die lungenkrebsbedingte Mortalität. Bereits eine einmalige therapeutische Intervention zur Tabakentwöhnung ist effektiv und reduziert nicht nur die lungenkrebsbedingte Mortalität, sondern auch die Sterblichkeit anderer prävalenter tabakassoziierter Erkrankungen. Bei Kombination beider Verfahren addieren sich deren mortalitätssenkende Effekte. Gleichzeitig wurden bei aktiven Rauchern in Lungenkrebs-Screening-Programmen eine größere Bereitschaft zur Teilnahme an Tabakentwöhnungsprogrammen und darüber hinaus höhere Entwöhnungsraten zwischen 7 % und 23 % im Vergleich zu Rauchern außerhalb von Lungenkrebsscreening evident. Mit therapeutischen Tabakentwöhnungsmaßnahmen konnten die Entwöhnungsraten noch weiter gesteigert werden [60]. Die Yorkshire Enhanced Stop Smoking Study (YESS) wies unlängst bei mehr als 30 % der noch aktiv rauchenden Teilnehmer eines Lungenkrebs-Screening-Programms einen erfolgreichen Rauchstopp nach, wenn sie an einer personalisierten Tabakentwöhnung teilnahmen [61]. Die Kosteneffektivität von LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programmen wird durch die Integration von Tabakentwöhnung signifikant gesteigert, wobei die Entwöhnungsraten den wesentlichen Einflussfaktor darstellen [62].

Bereits existierende nationale Lungenkrebsscreeningprogramme sowie -Pilotprojekten in den USA, Kroatien, Polen, der Tschechischen Republik, respektive in Großbritannien und Deutschland haben die Tabakentwöhnung integriert [51] [63] [64]. Auf der Basis dieser Erfahrungen sollte die Tabakentwöhnung auch in Deutschland fester Bestandteil des angestrebten nationalen Lungenkrebs-Screening-Programms werden, wie bereits in dem DGP/DRG-Positionspapier von 2019 [65] sowie der S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung“ von 2021 empfohlen [66]. Lungenkrebs-Screening-Programme sollten ihren Teilnehmern, insbesondere auch in Kooperationsmodellen, einen leichten Zugang zu Tabakentwöhnungsprogrammen, Telefonangeboten oder internetbasierten Programmen (DIGA) nach dem Opt-out-Prinzip ermöglichen. Deren Aufbau und obligatorische Bestandteile entsprechen den Vorgaben der S3-Leitlinie bzw. den Vorgaben des Erhebungsbogens für Lungenkrebszentren [66].

Die Kurzberatung sollte nach dem ABC-Methode durchgeführt werden [67] [68]:

  • Ask: Abfragen und Dokumentation des Raucherstatus

  • Brief advice: Individuelle und motivierende Empfehlung zum Rauchstopp

  • Cessation support: Qualifizierte Unterstützung beim Aufhörwunsch oder der Verweis an qualifizierte weiterführende Hilfsangebote

Die ABC-Methode wurde bereits in Deutschland angewendet und evaluiert [69].

Zugang zur kostenlosen Telefonberatung ermöglicht das Rauchfrei-Ticket des Netzwerks Rauchfreier Krankenhäuser und der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZGA) (https://rauchfrei-ticket.de).

Ein Internet-basiertes Programm stellt u. a. die BZGA zu Verfügung (https://rauchfrei-info.de/aufhoeren/das-rauchfrei-ausstiegsprogramm/).

Seit kurzem ist auch eine App-Lösung verfügbar (https://www.nichtraucherhelden.de). Die Kosten werden von den Kostenträgern übernommen.

Eine Suchmaske zum Auffinden therapeutischer Programme und Einrichtungen findet hat das Deutsche Krebsforschungszentrum mit der BZGA eingerichtet (https://www.anbieter-raucherberatung.de/index.php#suchergebnisse).


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6. Qualitätssicherung und klinische Forschung zur Weiterentwicklung eines organisierten Lungenkrebsfrüherkennungsprogramms in Deutschland

Radiologen, Pneumologen und Thoraxchirurgen sowie ihren Fachgesellschaften und Berufsverbänden kommt gemeinsam eine fachliche Schlüsselrolle bei der Implementierung eines nationalen LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programms auf nationaler, regionaler und institutioneller Ebene zu. Aber nur im Einklang mit Experten und Fachgesellschaften der anderen im Lungenkrebsscreening involvierten Fachdisziplinen sowie Patientenvertretern und -organisationen, Gesundheitsbehörden und Kostenträgern kann eine erfolgreiche Implementierung gelingen.

Es ist das erklärte Ziel der an diesem Positionspapier beteiligten Fachgesellschaften, an den Voraussetzungen für ein organisiertes Lungenkrebsfrüherkennungsprogramm gemäß § 25a SGB V aktiv mitzuarbeiten. Es gilt, das hohe Qualitätsniveau der Studien, welche in die Nutzen-Risiko-Analysen der IQWiG- und BfS-Berichte eingegangen sind, auch in der Versorgung sicherzustellen. Die Erfahrungen aus der Weiterentwicklung des Mammografie-Screening-Programms können einerseits den Weg weisen, andererseits schon jetzt die strukturellen Vorteile von einem organisiertem § 25a-Früherkennungsprogramm gegenüber § 25 SGB (Gesundheitsuntersuchungen) aufzeigen:

  • die regelmäßige zentrale Einladung der Versicherten in Textform zur Früherkennungsuntersuchung, die maßgeblich für eine gute Teilnahmerate der Risikopopulation ist.

  • die Maßnahmen zur Qualitätssicherung für eine bundeseinheitliche Struktur, Umsetzung und Durchführung des Lungenkrebsfrüherkennungsprogramms

  • die systematische Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität der Krebsfrüherkennungsprogramme unter besonderer Berücksichtigung der Teilnahmeraten, des Auftretens von Intervallkarzinomen, falsch positiver Diagnosen und der Sterblichkeit an der betreffenden Krebserkrankung unter den Programmteilnehmern.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist das im Rahmen des EU4Health-Framework geförderte Konsortium SOLACE, das alle relevanten europäischen Fachgesellschaften, die drei bereits in der EU laufenden nationalen LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programme in Kroatien, Polen und der Tschechischen Republik sowie die relevanten nationalen Pilotprogramme in der EU zusammenfasst. Ziele des am 1.4.2023 initiierten EU-Projektes ist die Förderung der Implementierung von nationalen LDCT-Lungenkrebs-Screening-Programmen, u. a. durch die Erstellung einer umfassenden LDCT Lungenkrebs-Screening-Leitlinie inkl. Vorgaben zur Qualitätssicherung (als Basis für die geplante offizielle EU-Leitlinie), eine systematische Bestandsaufnahme von nationalen Lungenkrebs-Screening-Aktivitäten, Implementierungspilotprojekte in EU-Ländern unter Beteiligung von Deutschland sowie der Aufbau strukturierter Weiterbildungsprogramme. Bis Ende März 2024 wird die erste Fassung auf einer systematischen Evidenzsuche und -bewertung auf GRADE-Niveau vorliegen. Durch eine Zusammenarbeit mit dem zuständigen EU-Krebsscreening-Leitlinienprogramm und des Joint Research Centre der EU kann diese Leitlinie zeitnah in eine offizielle EU-Lungenkrebs-Screening-Leitlinie überführt werden.

Die während dieses dreijährigen Projekts unter Leitung bzw. Beteiligung von Autoren dieses Positionspapiers gewonnenen umfangreichen Erkenntnisse werden auch den deutschen Gesundheitsbehörden zur Verfügung gestellt. Parallel wird das Früherkennungskapitel in der deutschen S3-Leitlinie Lungenkarzinom entsprechend überarbeitet und dann regelmäßig aktualisiert.

Die beteiligten Fachgesellschaften bieten ihre Mithilfe bei dem weiteren Aufbau und der Implementierung eines nationalen organisierten Lungenkrebsfrüherkennungsprogrammes an. Hierzu zählen insbesondere die fachliche Unterstützung zentraler und regionaler Organisationsstrukturen sowie bei dem Aufbau einer nationalen Qualitätssicherung inklusive von Feedback- und Verbesserungsmechanismen.

Des Weiteren erscheint für eine erfolgreiche Umsetzung ein strukturiertes nationales Weiterbildungsprogramm für die am LDCT-Lungenkrebs-Screening beteiligten Fachdisziplinen und Behandler notwendig, beispielsweise in Form eines Bundesärztekammer-Curriculums.

Gleichzeitig sollte während der Planung und dem schrittweisen Aufbau eines nationalen Lungenkrebs-Screening-Programms eine gut koordinierte Einbindung von klinischer und translationaler Forschung vorgesehen und gefördert werden. Folgende wissenschaftliche Felder bilden aktuell den Schwerpunkt bei der auch in der neuen EU-Richtlinie geforderten kontinuierlichen Weiterentwicklung von Lungenkrebsfrüherkennungsprogrammen:

  1. Aufbau national koordinierter wissenschaftlicher Strukturen mit übergeordneten Datenanalysen/-banken (föderierter Ansatz)

  2. Optimierung und Integration von Risikomodellen zur besseren Identifikation von Risikopopulationen

  3. Risikoadaptierte Screeningintervalle

  4. Optimierung von radiologischen CAD-Lösungen und AI-Lösungen zur besseren Dignitätsabschätzung von Screeningbefunden sowie Bewertung inzidenteller Befunde

  5. Exploration der Wertigkeit von blut- und atemexhalatbasierten Biomarkern und Möglichkeiten der Integration in Lungenkrebs-Screening-Programme


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7. Zusammenfassung

Wie in dem Abschlussbericht des wissenschaftlich unabhängigen Science Advice for Policy by European Academies (SAPEA) der EU auf der Basis einer systematischen Evidenzbewertung empfohlen, rechtfertigen die starke Evidenzbasis der randomisiert-kontrollierten Studien sowie die positiven Ergebnisse nationaler Pilotprogramme nun den Beginn LDCT-basierter Lungenkrebsfrüherkennungsprogramme innerhalb der EU. Für Deutschland existieren bereits wertvolle Vorerfahrungen durch das Früherkennungsprogramm der DGUV im Hinblick auf Lungenkrebs bei asbestexponierten Arbeitern mittels LDCT (EVA-Lunge) sowie das Programm zur Früherkennung von Brustkrebs der Kooperationsgemeinschaft Mammografie auf der Basis von § 25a SGB V. Die HANSE-Implementierungsstudie wird mit mittlerweile 5000 an 3 norddeutschen Standorten gescreenten Teilnehmern zeitnah weitere, spezifische Erkenntnisse liefern.

LDCT-Lungenkrebs-Screening bei Risikopopulationen sollte innerhalb eines organisierten Früherkennungsprogramms in Deutschland erfolgen und vergütet werden. Nur in einem strukturierten Ansatz sind der Nutzen, die ausreichende Begrenzung der Risiken sowie die Kosteneffektivität hinlänglich mit Evidenz belegt. Unstrukturierte Ansätze bergen hingegen substanzielle Risiken für die Teilnehmer und sollten nicht unterstützt werden. Entsprechend sollten in Deutschland die Voraussetzungen für ein strukturiertes Programm zeitnah geschaffen werden.


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Interessenkonflikt

T. G. B. gibt eine Forschungsförderung von EU4Health an.

J. V.-C. gibt Forschungsförderungen von BMBF, NIH, AstraZeneca, Siemens Healthineers, GlaxoSmithKline und Boehringer Ingelheim sowie Vortrags- oder Beratungshonorare von AstraZeneca, Siemens Healthineers, GlaxoSmithKline und Boehringer Ingelheim an.

S. A. gibt eine Mitarbeit im Aktionsbündnis Nichtraucherschutz und in der Task Force Tabakentwöhnung der DGP an.

H.-U. K. gibt Forschungsförderungen von Siemens, Philips und Boehringer Ingelheim sowie Vortrags- oder Beratungshonorare von Siemens, Boehringer Ingelheim, Philips, Sanofi und Median an.

Alle weiteren Autorinnen und Autoren haben keine potenziellen COI angegeben.

* geteilte Erstautorenschaft


** geteilte Letztautorenschaft


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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Torsten Gerriet Blum
Klinik für Pneumologie
Lungenklinik Heckeshorn
Helios Klinikum Emil von Behring
Walterhöferstraße 11
14165 Berlin
Deutschland   

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
10. Oktober 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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Abb. 1 Vorschlag für eine übergeordnete Organisationsstruktur an ein organisiertes Früherkennungsprogramm des Lungenkarzinoms nach § 25a SGB V.
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Abb. 2 Vorschlag zu einem Algorithmus in einem organisierten Früherkennungsprogramm des Lungenkarzinoms nach § 25a SGB V.