Schlüsselwörter
chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie - CTEPH - chronisch thromboembolische
pulmonale Erkrankung - CTEPD - pulmonale Endarteriektomie - PEA - pulmonale Ballonangioplastie
- BPA
Keywords
chronic thromboembolic pulmonary hypertension - CTEPH - chronic thromboembolic disease
- CTED - pulmonary endarterectomy - PEA - balloon pulmonary angioplasty - BPA
Einleitung
Alle Patient*innen, deren Symptome auf postthromboembolische fibrotische Gefäßobstruktionen
innerhalb der Lungenarterie zurückzuführen sind, haben eine chronisch thromboembolische
Lungengefäßerkrankung (chronic thromboembolic pulmonary disease; CTEPD) mit oder ohne
pulmonale Hypertonie (PH). Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
bleibt der bevorzugte Begriff für Patient*innen mit PH [1].
Typischerweise finden sich Perfusionsdefekte bei erhaltener Ventilation in der Lungenszintigrafie
(mismatch), die Ausdruck fibrosierter Gerinnsel sind. In der Angio-Computertomografie
(CTPA) oder der digitalen Subtraktionsangiografie (DSA) lassen sich ringförmige Stenosen,
„Webs“ und „Slits“ sowie chronische totale Verschlüsse (Taschenläsionen oder konische
Läsionen) nach mindestens 3 Monaten therapeutischer Antikoagulation nachweisen. Die
PH ist in diesem Zusammenhang nicht nur eine Folge der Lungenarterienobstruktionen,
sondern sie kann auch durch eine assoziierte Mikrovaskulopathie aggraviert werden.
Beim Fehlen einer PH wird eine „CTEPD ohne PH“ diagnostiziert, wobei die Symptomatik
der Patient*innen auf eine Belastungs-PH und/oder eine erhöhte Totraumventilation
zurückzuführen sein könnte [1]. Der Ausschluss einer ventilatorischen Limitation, einer Dekonditionierung und eines
psychogenen Hyperventilationssyndroms mittels Spiroergometrie (CPET) sowie einer linksventrikulären
Myokard- oder Klappenerkrankung mittels Echokardiografie ist bei therapeutischen Entscheidungen
bei Patient*innen mit CTEPD ohne PH von größter Bedeutung [2].
Diagnose
Die CTEPH ist eine wichtige Ursache der PH, für die eine eigene Behandlungsstrategie
besteht, sodass die Möglichkeit einer CTEPH bei allen Patient*innen mit PH in Betracht
gezogen werden muss ([
Abb. 1
]). Im Zusammenhang mit einer akuten Lungenembolie (LE) sollte das Vorliegen einer
CTEPH erwogen werden: (1) wenn in der zur LE-Diagnostik angefertigten CTPA radiologische
Hinweise auf eine CTEPH bestehen [3] und/oder wenn der echokardiografisch geschätzte systolische PA-Druck > 60 mmHg [3] beträgt; (2) wenn Dyspnoe oder funktionelle Einschränkungen im klinischen Verlauf
nach der LE fortbestehen [4] und (3) bei asymptomatischen Patient*innen mit Risikofaktoren für eine CTEPH oder
einem hohen CTEPH-Vorhersagescore [5]. Das Vorliegen permanenter intravaskulärer Devices (Herzschrittmacher, Langzeitzugänge,
ventrikuloatriale Shunts), von entzündlichen Darmerkrankungen, einer essenziellen
Thrombozythämie oder Polycythaemia vera, einer stattgehabten Splenektomie, eines Antiphospholipidsyndroms,
einer hochdosierten Schilddrüsenhormoneinnahme und Malignome sind Risikofaktoren für
CTEPH [1]
[6]
[7].
Abb. 1 Diagnostische Strategie bei chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie. CPET:
kardiopulmonaler Belastungstest; CTEPD: chronische thromboembolische Lungengefäßerkrankung;
CTEPH: chronische thromboembolische pulmonale Hypertonie; CTPA: computertomografische
Pulmonalisangiografie; DECT: Dual-Energie-Computertomografie; DSA: digitale Subtraktionsangiografie;
MDT: multidisziplinäres Team; MRT: Magnetresonanztomografie; N: nein; PE: pulmonale
Embolie; PETCO2: endtidaler Partialdruck von Kohlendioxid; PH: pulmonale Hypertonie; ReCo: Empfehlung;
RHC: Rechtsherzkatheterisierung; sPAP: systolischer pulmonalarterieller Druck; V/Q:
Ventilation-/Perfusion-Verhältnis; VE/VCO2: ventilatorische Äquivalente für Kohlendioxid; VO2 /HR: Sauerstoffpuls; VO2: Sauerstoffaufnahme; Y: ja. a Verdacht auf CTEPH aufgrund einer PE bei der Anamnese, einschließlich erhöhtem sPAP
in der Echokardiografie und Anzeichen für eine CTEPH in der CTPA, die zum Zeitpunkt
der akuten PE durchgeführt wurde. b Alternative Perfusionsbildgebungsverfahren – wie Jodsubtraktionskartierung, DECT
und MRT-Perfusion – werden derzeit geprüft. c Typische Muster, einschließlich niedriger PETCO2, hoher VE/VCO2, niedriger VO2/HR und niedriger Spitzen-VO2. d Umfassende Abklärung nach 3 Monaten therapeutischer Antikoagulation oder früher bei
instabilen oder sich rasch verschlechternden Patient*innen. Idealerweise CTPA, DSA
und RHC werden in CTEPH-Zentren durchgeführt, manchmal aber auch in PH-Zentren, je
nach Land und Verfahrensabläufen. Reproduced with permission of the © European Society
of Cardiology & European Respiratory Society 2023: European Respiratory Journal 61
(1) 2200879; DOI: 10.1183/13993003.00879-2022 Published 6 January 2023 [rerif]
Kommentar:
In der aktuellen ESC/ERS-Leitlinie für die akute LE wird als wichtiger Punkt die Nachsorge
aller Patient*innen mit akuter LE empfohlen [6]. Alle Patient*innen mit Dyspnoe oder Risikokonstellation für CTEPH sollten weiter
untersucht werden.
Andere Ursachen für Lungenarterienobstruktionen (auch in Gruppe 4 der PH-Klassifikation
enthalten) – einschließlich Lungenarteriensarkome, andere maligne Tumore (z. B. Nierenkarzinom,
Uteruskarzinom und Keimzelltumoren des Hodens), nicht maligne Tumore (z. B. Leiomyom
des Uterus), Arteriitis ohne Kollagenose, angeborene oder erworbene Lungenarterienstenosen,
Parasiten (Echinokokkuszysten) und Fremdkörperembolie – müssen bei der Differenzialdiagnose
von CTEPH in Betracht gezogen werden [8]. Sie können durch spezifische zusätzliche Bildgebung wie FDG-Positronenemissionstomografie
(PET) abgeklärt werden, die zusätzliche Informationen liefern kann, wenn ein Lungenarteriensarkom
vermutet wird [9].
Die Ventilations-/Perfusionsszintigrafie ist nach wie vor das effektivste Instrument,
um eine CTEPH auszuschließen [10]. Alternative Perfusionsbildgebungstechniken – wie Iod-Subtraktionskartierung, dual
energy CT (DECT) und Magnetresonanz (MR)-Perfusion – haben zahlreiche theoretische
Vorteile gegenüber der Ventilations-/Perfusionsszintigrafie, sind jedoch technisch
anspruchsvoller und teurer, haben eine begrenzte Verfügbarkeit und sind nicht multizentrisch
validiert.
Die CTPA mit zweidimensionaler Rekonstruktion wird häufig zur Diagnosestellung von
CTEPH und zur Beurteilung der Operabilität eingesetzt, schließt jedoch eine negative
CTPA selbst bei hoher Qualität die CTEPH nicht aus, da eine distale Erkrankung übersehen
werden kann. Die digitale Subtraktionsangiografie (DSA) wird nach wie vor zur Evaluierung
möglicher Therapieoptionen herangezogen, wenn die CTPA hierfür noch unzureichende
Aussagekraft hat. Die selektive segmentale Angiografie, „Cone-Beam“-CT und Flächendetektor-CT
ermöglichen eine genauere Visualisierung der subsegmentalen Gefäße und sind nützlich
zur Planung der Vorgehensweise bei der pulmonalen Ballonangioplastie (BPA). Die Vorteile
der neuen Technologien müssen jedoch noch in prospektiven Studien validiert werden,
bevor sie für die routinemäßige klinische Anwendung empfohlen werden können. Derzeit
läuft eine große europäische multizentrische Studie [11].
Kommentar:
Aktuell existieren wenig Daten zur Inzidenz, Diagnostik und Therapie CTEPD ohne PH.
Die kumulative 2-Jahres-Inzidenz der CTEPD ohne PH betrug nach einer akuten Lungenembolie
5,75 %, der CTEPH 5,25 % [2]. Es wird daher vorgeschlagen, dass der Diagnostikalgorithmus ([
Abb. 1
]) ebenso für CTEPD ohne PH gelten sollte.
Therapie
Der CTEPH-Behandlungsalgorithmus umfasst einen multimodalen Ansatz und kombiniert
die pulmonale Endarteriektomie (PEA) mit der Ballonangioplastie (BPA) und der medikamentösen
Therapie, um die unterschiedlichen anatomisch lokalisierten Läsionen zu behandeln:
proximale, distale Obstruktionen und die Mikroangiopathie ([
Abb. 2
] und [
Abb. 3
]).
Abb. 2 Behandlungsstrategie bei chronischer thromboembolischer pulmonaler Hypertonie. BPA:
pulmonale Ballonangioplastie; CTEPD: chronische thromboembolische Lungengefäßerkrankung;
CTEPH: chronische thromboembolische pulmonale Hypertonie; MDT: multidisziplinäres
Team; N: nein; PAH: pulmonalarterielle Hypertonie; PEA: pulmonale Endarteriektomie;
PH: pulmonale Hypertonie; PVR: pulmonaler Gefäßwiderstand; ReCo: Empfehlung; WU: Wood
Units; Y: ja. a Ausgewählte symptomatische Patient*innen mit CTEPD ohne PH können auch durch PEA
und BPA behandelt werden. b Die MDT-Sitzung kann virtuell sein. c Die Bewertung der Behandlung kann je nach dem Grad der Erfahrung mit PEA und BPA
unterschiedlich ausfallen. d Bei inoperablen Patient*innen mit PVR > 4 WU sollte vor einer BPA eine medikamentöse
Therapie erwogen werden; es gibt nur wenige Daten zur BPA als Erstlinientherapie.
Reproduced with permission of the © European Society of Cardiology & European Respiratory
Society 2023: European Respiratory Journal 61 (1) 2200879; DOI: 10.1183/13993003.00879-2022
Published 6 January 2023 [rerif]
Abb. 3 Überschneidungen bei Behandlungen/multimodalen Ansätzen bei chronisch thromboembolischer
pulmonaler Hypertonie. BPA: pulmonale Ballonangioplastie; CTEPH: chronisch thromboembolische
pulmonale Hypertonie; PA: Pulmonalarterie; PEA: pulmonale Endarteriektomie. Obere
Leiste: (A) Proximale PA fibrotische Obstruktionen (Gefäßdurchmesser 10–40 mm). (B) Distale segmentale und subsegmentale fibrotische Obstruktion der PA, die potenziell
sowohl für PEA- und BPA-Eingriffe geeignet sind (Gefäßdurchmesser 2–10 mm). (C) Distale subsegmentale PA-fibrotische Obstruktionen bilden eine Netzläsion in einem
subsegmentalen Ast der PA, der für BPA-Eingriffe geeignet ist (Gefäßdurchmesser 0,5–5 mm).
(D) Distale subsegmentale PA-Obstruktionen bilden netzartige Läsionen, die von einer
Mikrovaskulopathie begleitet sein können (Gefäßdurchmesser < 0,5 mm). (E) Mikrovaskulopathie (Gefäßdurchmesser < 0,05 mm), die mit medikamentöser Therapie
behandelt werden. Untere Felder: (A) unten links: PEA; Gefäßdurchmesser (0,2–3 cm). Die rechte PA wird eröffnet und der
Dissektionssauger wird zwischen Arterienwand und Fibrose eingeführt. Das fibrotische
Material wird schrittweise bis zu den Segmenten und Subsegmenten von der Wand gelöst
und mit einer Pinzette entfernt. (A) unten rechts: PEA-Präparat mit „Ausläufern“ zu subsegmentalen Ästen der PA; Querschnitt
durch teilweise organisiertes und rekanalisiertes thrombotisches Gewebe der großen
PA, das während der PEA herauspräpariert wurde. (B, C, D) Der Draht wird in die fibrotischen intravaskulären Veränderungen eingeführt (1),
dann wird der Ballon aufgeblasen, was zu einer Ruptur des Netzes führt (2). Das fibröse
Material wird an die Gefäßwand gedrückt (3). (E) Kleine muskuläre PA mit exzentrischer Intimafibrose mit Verdickung der Intima und
Proliferation – Ziel für medikamentöse Therapien. Reproduced with permission of the
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Journal 61 (1) 2200879; DOI: 10.1183/13993003.00879-2022 Published 6 January 2023
[rerif]
Kommentar:
Dabei sollten bei jedem Patienten/jeder Patientin auch im Verlauf alle 3 Therapiemodalitäten
erwogen werden.
Allgemeine Maßnahmen, die für pulmonalarterielle Hypertonie (PAH) empfohlen werden,
gelten auch für CTEPH, einschließlich überwachtem körperlichem Training, das bei inoperablen
CTEPH-Patient*innen [12] sowie frühzeitig nach PEA [13] wirksam und sicher ist.
Eine lebenslange therapeutische Antikoagulation wird für Patient*innen mit CTEPH empfohlen,
da wiederkehrende Lungenembolien begleitet von unzureichender Thrombusauflösung wichtige
pathophysiologische Merkmale dieser Krankheit sind. Es gibt keine randomisierten,
kontrollierten Studien (RCT) bei CTEPH mit einem der zugelassenen Antikoagulanzien;
jedoch werden Vitamin-K-Antagonisten (VKA) von Expert*innen bevorzugt und am häufigsten
verwendet. In jüngster Zeit werden direkte, orale Antikoagulanzien (DOAK) häufiger
als Alternative zu VKA eingesetzt, wiederum ohne Evidenz aus RCTs. Eine retrospektive
Fallserie aus dem Vereinigten Königreich (UK) und ein multizentrisches prospektives
Register (EXPERT) zeigten vergleichbare Blutungsraten für VKAs und DOAKs bei CTEPH,
aber die Rate an rezidivierenden venösen Thromboembolien war bei Patient*innen, die
DOAKs erhielten, höher [14]
[15].
In einer aktuellen Metaanalyse, die einen Head-to-head-Vergleich zwischen DOAKs und
VKAs durchführte, wurde für die DOAKS im Vergleich zu VKAs eine niedrigere Mortalität
und vergleichbare Rate an rezidivierenden venösen Thromboembolien und Blutungsereignissen
bei CTEPH-Patient*innen gefunden [16].
Bei Patient*innen mit Antiphospholipidsyndrom (etwa 10 % der CTEPH-Population) wird
eine Therapie mit VKA empfohlen [6]
[17]
[18]. Ein Screening auf ein Antiphospholipid-Syndrom sollte bei Diagnosestellung einer
CTEPH durchgeführt werden. Aufgrund mangelnder Evidenz beruht eine verlängerte Antikoagulation
bei Patient*innen mit CTEPD ohne PH auf einer individuellen Entscheidung. Sie wird
empfohlen, wenn das Risiko eines LE-Rezidivs mittel oder hoch ist, gemäß den 2019
ESC/ERS-Leitlinien für Diagnose und Management einer akuten Lungenembolie [6].
Kommentar:
Eine zeitlebens fortzuführende, therapeutische Antikoagulation wird als obligat betrachtet
und ist die Grundvoraussetzung sowohl für die Diagnosestellung als auch für jegliche
therapeutische Maßnahmen. Anders als bei der LE werden bei der CTEPH von Expert*innen
VKA favorisiert.
Chirurgische Behandlung
Die chirurgische PEA ist die Behandlungsmethode der Wahl für Patient*innen mit zugänglichen
PA-Läsionen. Die Operation führt zu einer erheblichen Verbesserung der pulmonalen
Hämodynamik (im Mittel 65 % Abnahme des PVR); in einem Teil der Fälle wird sie normalisiert
[19]. Die Symptomatik und Leistungsfähigkeit werden drastisch verbessert. Diese Resultate
setzen die Verfügbarkeit eines spezialisierten multidisziplinären Teams voraus, zu
dem auch ein/e erfahrene/r PEA-Chirurg*in gehört. Dieses Team muss die Operationsfähigkeit
beurteilen und die Entscheidung über die endgültige Behandlung treffen [20].
Die Operabilität hängt ab von der Erfahrung des Teams, der Erreichbarkeit der PA-Läsionen,
der Relation zwischen Schweregrad der PH und Grad der PA-Obstruktion sowie den Begleiterkrankungen
[21]. Die Operationstechnik ist komplex, aber seit mehr als 30 Jahren gut standardisiert.
Sie besteht aus einer kompletten bilateralen Endarteriektomie der PA-Äste bis auf
segmentale und subsegmentale Ebene in Phasen des tief hypothermen Kreislaufstillstands
([
Abb. 3
]) [21]
[22]. In erfahrenen CTEPH-Zentren sind die operativen Ergebnisse gut. Bei stabilen Patient*innen
ohne relevante Komorbidität sollten die perioperativen Mortalitätsraten weniger als
2,5 % betragen. Die Behandlung von kardialen und pulmonalen Komplikationen und des
ggf. notwendigen Einsatzes der ECMO sollte etabliert sein [22]. Eine postoperative PH wird häufig beobachtet (25 %) [19] und bedarf ggf. einer weiteren Behandlung. Die Langzeitergebnisse nach PEA-Chirurgie
sind hinsichtlich Überleben (im Durchschnitt 90 % nach 3 Jahren) und Lebensqualität
ausgezeichnet [23]
[24]
[25], selbst bei Patient*innen mit distalen PA-Obstruktionen [26]. Bezeichnenderweise haben Patient*innen mit prinzipiell operabler Erkrankung, die
sich gegen die Operation entscheiden, eine schlechte 5-Jahres-Überlebensrate von 53 %
im Vergleich zu 83 % bei Patient*innen, die mit einer PEA behandelt werden [27]. Daher sollte eine PEA allen operablen Patient*innen mit einem günstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis
angeboten werden, hierzu gehört auch eine persönliche Beratung zwischen den Patient*innen
und dem/der PEA-Chirurgen/Chirurgin [20]. Ausgewählte symptomatische Patient*innen mit CTEPD ohne PH können erfolgreich durch
PEA behandelt werden. Auch bei dieser Entität ist mit einer klinischen und hämodynamischen
Verbesserung in Ruhe und bei Belastung zu rechnen [28]
[29]. Diese Patient*innen erfordern eine sorgfältige Diskussion zur Abwägung von Risiko
und Nutzen.
Kommentar:
PEA ist bei Gewährleistung einer niedrigen Letalität Therapie der Wahl, da hiermit
die größte Bandbreite von PA-Läsionen (von der Pulmonalklappe bis zu Subsegmentarterien)
behandelt werden kann [30].
Medikamentöse Therapie
Zur Behandlung der mikrovaskulären Komponente der CTEPH ([
Abb. 3
]) wurden medikamentöse Therapien basierend auf unkontrollierten Studien und/oder
regionalen Zulassungen off-label eingesetzt. Inzwischen wurden 2 RCTs erfolgreich
durchgeführt. Die erste Phase-III-RCT untersuchte die Wirksamkeit von Riociguat bei
Patient*innen mit inoperabler CTEPH oder mit persistierender/rezidivierender PH nach
PEA [31]. Riociguat verbesserte nach 16 Wochen Therapie die 6-Minuten-Gehstrecke (6MWD) und
reduzierte den PVR um 31 % im Vergleich zu Placebo und ist für diese Indikation zugelassen.
Treprostinil s. c. wurde in einer Phase-III-RCT untersucht, die eine Verbesserung
der 6MWD in der Woche 24 bei Patient*innen mit inoperabler CTEPH oder solchen mit
persistierender/rezidivierender PH nach PEA, die eine hohe Dosis erhielten, im Vergleich
zu einer niedrigen Dosis zeigte [31]; s. c. Treprostinil ist für diese Indikation zugelassen.
Andere medikamentöse Therapien – PDE5-Hemmer (z. B. Sildenafil) und ERAs (z. B. Bosentan)
– werden off-label eingesetzt, da ihre Wirksamkeit bei inoperabler CTEPH nicht durch
RCTs oder Registerdaten nachgewiesen wurde [23]
[32]
[33]. Es ist jedoch übliche Praxis, bei Patient*innen mit CTEPH und schwerer hämodynamischer
Kompromittierung eine orale Kombinationstherapie einzusetzen, einschließlich PDE5-Hemmern
und ERAs [34].
Kommentar:
Es liegen bisher keine Daten aus kontrollierten Studien zu medikamentösen Kombinationstherapien
für CTEPH vor, auch wenn diese im klinischen Alltag häufig erforderlich sind, um eine
Rechtsherzdekompensation zu verhindern oder zu verbessern. Weitere Studien zur Kombinationstherapie
sind erforderlich. Vor Beginn einer Kombinationstherapie mit nicht für CTEPH zugelassenen
PH-spezifischen Medikamenten sollte unbedingt ein off-label-use mit dem Kostenträger/der
Krankenkasse abgestimmt werden, um Regressforderungen zu vermeiden, die noch Jahre
später gestellt werden können.
Interventionelle Behandlung
Interventionelle Behandlung
Die BPA ([
Abb. 3
]) hat sich zu einer etablierten Behandlung für ausgewählte Patient*innen mit inoperabler
CTEPH oder persistierender/rezidivierender PH nach PEA entwickelt, mit Verbesserung
der Hämodynamik (PVR-Abnahme 49–66 %), der Funktion des rechten Herzens und der körperlichen
Leistungsfähigkeit [35]
[36]
[37]
[38]
[39]
[40]
[41]
[42]
[43]
[44]
[45]
[46]. Langzeitergebnisse sind vielversprechend, aber die Evidenz ist noch begrenzt [47].
Ein stufenweises interventionelles Verfahren mit einer begrenzten Anzahl von pro Sitzung
behandelten PA-Segmenten wird bevorzugt [20]
[41]. Die Anzahl der Sitzungen und die hämodynamischen Ergebnisse sind von der Erfahrung
abhängig [35]. Neben den positiven Effekten ist die BPA mit schwerwiegenden und potenziell letalen
Komplikationen verknüpft. Zu den prozeduralen und postinterventionellen Komplikationen
gehören Gefäßverletzungen aufgrund von Drahtperforationen und Lungenverletzungen mit
Hämoptysen und/oder Hypoxie [20]
[35]
[48]
[49]. Wie bei allen interventionsbezogenen Verfahren wurde gezeigt, dass es eine erhebliche
Lernkurve gibt, mit einer Reduzierung der Komplikationsraten im Laufe der Zeit [35]; daher sollte dieses Verfahren in CTEPH-Zentren mit hohen Fallzahlen durchgeführt
werden. Da die Komplikationsrate der BPA durch eine medikamentöse Vorbehandlung gesenkt
werden kann, sollten Patient*innen mit einem PVR > 4 WU präinterventionell behandelt
werden ([
Abb. 3
]) [50].
Ausgewählte symptomatische Patient*innen mit CTEPD ohne PH und segmentalen/subsegmentalen
Läsionen können erfolgreich mit BPA behandelt werden und zeigen klinische und hämodynamische
Verbesserungen in Ruhe und während körperlicher Belastung [51].
Vorläufige Daten zur pulmonalarteriellen Denervation (PADN) deuten auf eine verbesserte
körperliche Leistungsfähigkeit und pulmonale Hämodynamik bei Patient*innen mit persistierender
PH nach PEA hin [52]; eine weitere Bestätigung steht noch aus.
Multimodale Behandlung
Eine multimodale Therapie, die aus Operation, Medikamenten und Interventionen besteht,
wird für ausgewählte Patient*innen mit CTEPH angeboten ([
Abb. 3
]) [20].
Kommentar:
Therapieentscheidungen sollten stets in einem interdisziplinär besetzten Team erfolgen.
Die medikamentöse Therapie bei Patient*innen mit hohem präoperativem PVR zur Verbesserung
der pulmonalen Hämodynamik vor der PEA ist zwar gängige Praxis aber weiterhin umstritten,
da sie die chirurgische Vorstellung und damit die endgültige Behandlung verzögern
kann [53]
[54]
[55].
Eine signifikante Anzahl von symptomatischen Patient*innen kann nach PEA eine persistierende
oder rezidivierende PH haben, die ebenfalls von medikamentöser und/oder interventioneller
Therapie profitieren können ([
Abb. 3
]) [56]
[57]
[58]. Ein mPAP ≥ 30 mmHg wurde mit der Einleitung von medikamentösen Therapien nach PEA
in Verbindung gebracht, während ein mPAP ≥ 38 mmHg und ein PVR ≥ 5 WU mit einer schlechteren
langfristigen Überlebensrate einhergehen [58].
Manche Patient*innen mit CTEPH können gemischte anatomische Läsionen haben, mit chirurgisch
zugänglichen Läsionen in einem Lungenflügel und inoperablen Läsionen in der kontralateralen
Lunge. Solche Patient*innen könnten von einem kombinierten Ansatz aus BPA (vor oder
gleichzeitig mit der Operation) und PEA profitieren, um das Operationsrisiko zu senken
und das Endergebnis zu verbessern [59].
Die bisherige Evidenz legt nahe, dass eine Vorbehandlung die pulmonale Hämodynamik
und die Sicherheit des Verfahrens verbessert [50]. Dies wird durch die klinische Erfahrung der Mitglieder der Task Force bestätigt.
Aufgrund der geringen Evidenzstärke ist der Empfehlungsgrad niedrig.
Follow-up
Unabhängig vom Ergebnis der PEA/BPA sollten Patient*innen regelmäßig nachuntersucht
werden, ein Rechtsherzkatheter sollte 3–6 Monate nach dem Eingriff erfolgen, um eine
multimodale Therapie einplanen zu können. Nach erfolgreicher Behandlung ist eine jährliche
nicht-invasive Nachuntersuchung, einschließlich Echokardiografie und Beurteilung der
körperlichen Leistungsfähigkeit angezeigt, da ein Wiederauftreten der PH vorkommen
kann ([
Abb. 2
]) [58].
Eine Risikobewertung mit dem ESC/ERS- oder REVEAL-Risikoscore, der für PAH entwickelt
wurde, wurde für medikamentös behandelte Patient*innen mit CTEPH validiert [60]
[61]
[62], aber es ist unbekannt, ob der Einsatz therapeutische Konsequenzen hat oder das
Ergebnis beeinflusst.
Es gibt keine Daten oder allgemeinen Konsens darüber, was das therapeutische Ziel
nach PEA/BPA oder medikamentöser Therapie bei CTEPH ist. Die meisten Experten akzeptieren
das Erreichen einer guten Funktionsklasse (WHO-FC I–II) und/oder Normalisierung oder
nahezu Normalisierung der Hämodynamik im Ruhezustand, gemessen durch einen RHK 3–9
Monate nach dem Eingriff (PEA oder letzter BPA) sowie Verbesserungen in der Lebensqualität.
Kriterien für ein CTEPH-Zentrum
Kriterien für ein CTEPH-Zentrum
Um die Ergebnisse für die Patient*innen zu optimieren, sollten CTEPH-Zentren die Kriterien
eines PH-Zentrums erfüllen und über ein multidisziplinäres CTEPH-Team verfügen, das
aus PEA-Chirurg*innen, BPA-Interventionalist*innen, PH-Spezialist*innen und Thorax-Radiolog*innen
besteht, die in PEA- und/oder BPA-Zentren mit hohen Fallzahlen und entsprechender
Behandlungsqualität ausgebildet wurden. Das Team sollte sich regelmäßig treffen, um
gemeinsam das weitere Vorgehen bei neu überwiesenen und Nachsorgepatient*innen festzulegen.
Idealerweise sollten CTEPH-Zentren mehr als 50 PEA-Operationen pro Jahr durchführen
[60] und über 30 Patient*innen pro Jahr mittels BPA behandeln (> 100 Eingriffe/Jahr)
[35], um für die Patient*innen optimale Früh- und Spätergebnisse im Hinblick auf Lebenserwartung
und -qualität zu erreichen. CTEPH-Zentren sollten auch medikamentös behandelte Patient*innen
betreuen. Je nach den regionalen Erfordernissen können diese Zahlen an die Bevölkerungszahl
des Landes angepasst werden, wobei die Versorgung und das Fachwissen idealerweise
in Zentren mit hoher Qualität von der Diagnostik bis zur individualisierten Therapie
und Nachsorge konzentriert werden sollten [63]
[64] (siehe [
Abb. 4 a
] und [
Abb. 4 b
]).
Abb. 4 a Empfehlungen für chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie und chronisch thromboembolische
Lungengefäßerkrankung ohne pulmonale Hypertonie [65]. Reproduced with permission of the © European Society of Cardiology & European Respiratory
Society 2023: European Respiratory Journal 61 (1) 2200879; DOI: 10.1183/13993003.00879-2022
Published 6 January 2023 [rerif]
Abb. 4 b Empfehlungen für chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie und chronisch thromboembolische
Lungengefäßerkrankung ohne pulmonale Hypertonie [65]. Reproduced with permission of the © European Society of Cardiology & European Respiratory
Society 2023: European Respiratory Journal 61 (1) 2200879; DOI: 10.1183/13993003.00879-2022
Published 6 January 2023 [rerif]
Offene Fragen:
Für multimodale Behandlungskonzepte, insbesondere den präoperativen Einsatz von medikamentöser
Therapie vor PEA bei ausgewählten, schwerkranken Patient*innen, sind Studien erforderlich.
Ebenso bedarf es weiterer Untersuchungen hinsichtlich von Grenzwerten zur Einleitung
einer medikamentösen Therapie bei residueller/rezidivierender PH nach PEA.
Für die CTEPD ohne PH liegen keine Daten bzgl. des natürlichen Verlaufs der Erkrankung
sowie des Nutzen/Risiko-Verhältnisses einer PEA oder BPA vor. Für Grenzfälle hinsichtlich
der Operabilität sollten multizentrisch in einem Register unterschiedliche Strategien
evaluiert werden: PEA vor BPA, BPA vor PEA, PEA und BPA als Hybrideingriff, Kombination
mit medikamentöser Therapie.