Aktuelle Dermatologie 2023; 49(10): 413-414
DOI: 10.1055/a-2138-5236
Editorial

Was ist dran, wenn Hyaluronsäure drin ist?

How good is it, when hyaluronic acid is in it?
Christiane Bayerl
1   Klinik für Dermatologie und Allergologie, Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden, Wiesbaden, Deutschland
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Mit Hyaluronsäure-Fillern, die mit der Nadel injiziert werden, lassen sich Falten augmentieren [1]. Das ist evidenzbasiert, und auch die seltenen Nebenwirkungen wie passagere Hämatome, blaues Durchscheinen des Fillers bei zu oberflächiger Injektion, selten auftretende Granulome oder noch seltenere Gefäßverschlüsse sind bekannt und Inhalt der Aufklärung in der kosmetischen Dermatologie.

Dennoch liegt es nahe, darüber nachzudenken, wie man die günstigen Effekte der Hyaluronsäure, die Feuchtigkeitsbindung im Gewebe und die Kollagenanregung im Anti-Aging auch ohne Injektionsnadel in und unter die Haut bringen kann. Hyaluronsäure ist ein Polysaccharid, das zu den Glykosaminoglykanen zählt und aus N-Acetylglucosamin und D-Glucuronsäure aufgebaut ist. Zuerst „entdeckt“ wurde die Hyaluronsäure 1934 im Glaskörper des Auges und ab 1964 synthetisch hergestellt. Das Molekulargewicht liegt zwischen 2 × 105 und 107 kDa. Biologisch spielt Hyaluronsäure eine Rolle in der Zelldifferenzierung, Embryonalentwicklung, Entzündung, Wundheilung und Viskoelastizität von Geweben [2]. Ein 70 kg schwerer Mensch hat 15 g Hyaluronsäure, von denen 5 g täglich ersetzt werden. Dieses ständige Wiederauffüllen der Hyaluronsäure ist im Alter reduziert.

Hochmolekulare Hyaluronsäure hemmt das Zellwachstum und die Angiogenese und schützt Gelenke aufgrund ihrer Viskoelastizität. Niedrigmolekulare Hyaluronsäure wirkt angiogen, kann Tumorprogression unterstützen und hat proinflammatorische Eigenschaften. Die biologische Aktivität hängt von der Bindung an Rezeptoren ab (an den CD-44-Transmembran-Rezeptor, den CD-168-Rezeptor für hyalurononmediierte Motilität=RHAMM an der Zelloberfläche, den Hyaluronan-Rezeptor für Endozytose=HARE, den Lymphatischen Gefäß-Endothel-Hyaluronon-Rezeptor 1=HA-LYVE1, den Toll-Like-Rezeptoren TLR-2 und TLR-4 mit agonistischen Effekten). Die Bindung an die Rezeptoren hängt wiederum von der Molekülgröße ab. Hochmolekulare Hyaluronsäure reduziert die Bindung an diese Rezeptoren, da eine Ummantelung um die Zellen gebildet wird und daher die Rezeptoroberfläche bedeckt ist.

In kosmetischen Anwendungen wird niedrigmolekulare Hyaluronsäure von 20–50 kD zur Erhöhung der Viskosität von Produkten, für Feuchtigkeit und Regeneration der Haut verwendet. Die hochmolekulare Hyaluronsäure bildet einen Film auf der Haut und hat dadurch einen „Moisturizer“-Effekt, da die Evaporisation von Wasser über Okklusion verhindert wird. Hyaluronsäure in mittlerem Molekulargewicht ist ein Carrier für aktive Ingredienzien in Produkten durch das Stratum corneum und hält diese Substanzen in den mittleren Epidermisschichten fest. Die niedrigmolekulare Hyaluronsäure kann in die Dermis gelangen und dort die Kollagensynthese anregen. Über die Bindung an den CD44- und LYVE-1-Rezeptor erklärt man sich aktuell die biologischen Effekte wie Stabilisierung der extrazellulären Matrix und Förderung der Proliferation. Die Doppelbindung der D-Glucuronsäure, einem der beiden Bestandteile der Hyaluronsäure, hat zudem antioxidative Eigenschaften.

Eine vielseitige Substanz mit Effekten als Einzelsubstanz aber auch guten Carrier-Eigenschaften – daher nicht nur in der kosmetischen Dermatologie, sondern auch in der Ophthalmologie, Arthrologie, Pneumologie, Rhinologie und Onkologie im Einsatz!

Christiane Bayerl, Wiesbaden



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Article published online:
19 October 2023

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