Professor Kreitner, Professor Biederer: Wie ist es zum zweiten gemeinsamen Kongress
der European Society of Cardiovascular Radiology (ESCR) und der European Society of
Thoracic Imaging (ESTI) gekommen?
Prof. Dr. Karl-Friedrich Kreitner
© Privat
Prof. Kreitner: 2018 fand bereits das erste Joint Meeting statt. Von diesem Gedankenaustausch waren
alle Teilnehmenden, egal ob von ESTI oder ESCR, sehr angetan. Man war sich einig,
wieder einen gemeinsamen Kongress zu veranstalten. Es hatte sich auch rasch herauskristallisiert,
diesen nach 4 Jahren zu wiederholen. Bedingt durch die Pandemie wurden es dann 5 Jahre.
Berlin wurde übrigens deshalb gewählt, weil in Berlin 2002 der erste ESCR-Kongress
stattfand, und man zum 20jährigen Jubiläum wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren wollte.
Prof. Dr. Jürgen Biederer
© Privat
Prof. Biederer: Die thematische Nähe der beiden Fachgesellschaften liegt auf der Hand: anatomisch,
physiologisch und klinisch sind Herz und Lunge eine funktionelle Einheit, so dass
es einerseits einen großen, offensichtlichen Überlappungsbereich gibt, andererseits
viele sehr spezielle Krankheitsbilder im jeweils anderen Fachgebiet, deren Kenntnis
wichtig ist, um ungewöhnliche Befunde oder Zufallsbefunde, auch dann, wenn sie selten
sind, richtig einordnen zu können. Für alle, die nicht jedes Jahr auf beide Kongresse
fahren können, ist der alle vier Jahre stattfindende, gemeinsame Kongress von ESTI
und ESCR eine gute Gelegenheit, ihr Wissen aufzufrischen. Alle vier Jahre scheint
hier ein guter Kompromiss zu sein.
Professor Kreitner, welche Synergien versprechen Sie sich durch einen gemeinsamen
Kongress?
Prof. Kreitner Die Synergien ergeben sich auf mehreren Ebenen: zum einen können Sie mit einer insgesamt
größeren Teilnehmendenzahl rechnen: dies macht die Veranstaltung insbesondere für
ein Sponsoring durch Firmen attraktiver, da man die eigenen Produkte einer größeren
Teilnehmendenzahl näherbringen kann. Wir haben das gemerkt an den Buchungen von Lunch-Symposien
und Workshops, und hoffen, dass jetzt noch das ein oder andere Start-up Unternehmen
aus dem Bereich Deep Learning und KI sich mit einem Stand an der Tagung beteiligt.
Dazu kommen, wie bereits angesprochen, die fachlichen Synergien und die Möglichkeiten,
die Protagonistinnen und Protagonisten der jeweiligen Seite kennenzulernen.
Professor Biederer, die Zielgruppen des „ESCR-ESTI Joint Meeting 2023“ sind Radiologinnen
und Radiologen mit dem Fokus auf der Herz- und Thorax-Bildgebung – gibt es darüber
hinaus Zielgruppen, die Sie ansprechen wollen?
Prof. Biederer: Generell ist das Programm sowohl an das hochspezialisierte Publikum als auch an alle
nicht auf Herz und Lunge spezialisierten radiologischen Kolleginnen und Kollegen gerichtet.
Wir planen mit drei Räumen, in denen parallele Züge mit Vorträgen und Symposien laufen:
Eine gemeinsame Reihe von Veranstaltungen, die von Referierenden beider Fachgesellschaften
zusammengestellt wurde, um Themen zu ventilieren, die auf beide Subspezialitäten übergreifen
und damit natürlich von besonderem Interesse für die allgemeine diagnostische Radiologie
sind. Parallel hierzu laufen zwei Reihen, die spezielle Themen zur Herz- beziehungsweise
Lungendiagnostik vertiefen. Damit ist für alle Teilnehmenden etwas dabei. Was den
Ausbildungsstand betrifft, sind Kurse und Sitzungen sowohl für Einsteigerinnen und
Einsteiger als auch für langjährig erfahrene Kolleginnen und Kollegen geplant.
Professor Kreitner, welche Schwerpunkte erwarten die Besucherinnen und Besucher?
Prof. Kreitner: Im sogenannten „Common Track“ werden alle Aspekte zur pulmonalen Hypertonie, akuten
Lungenembolie, zum akuten Brustschmerz sowie zu entzündlichen und toxischen Erkrankungen
von Herz und Lunge behandelt. Im ESTI-Teil wird der Masterkurs Thoraxradiologie der
AG Thorax der DRG zum Teil als Vorkongressprogramm, aber auch als fester Meetingbaustein
integriert, flankiert von Schwerpunkten zur Diagnostik des Lungenkarzinoms, interstitieller
Lungenerkrankungen und zu den Lung Cancer Screening Programmen in Europa und darüber
hinaus. Im ESCR-Teil versuchen wir den Spagat zwischen sogenannten Basiskursen zur
CT- und MRT-Diagnostik des Herzes, über Vorbereitungskurse zum European Diploma in
Cardiovascular Radiology und Kasuistiken aus der klinischen Routine, hin zu dezidierten
Sitzungen zum Photon-Counting CT, Mapping, und der chronischen KHK. Darüber hinaus
gibt es 6 wissenschaftliche Sitzungen. Last but not least werden für beide Teilgebiete
technische Weiterentwicklungen und die Möglichkeiten von DL und AI in vertiefter Form
dargestellt
Welche Veranstaltungsformate bietet der Kongress den Teilnehmenden, Herr Professor
Biederer?
Prof. Biederer: Zum einen bieten wir modular aufgebaute Kurse zu fachlichen Grundlagen. Hier sind
der bereits angesprochene Masterkurs der AG Thorax und die Qualifikationskurse der
AG Herz- und Gefäßdiagnostik der DRG zu nennen. Kolleginnen und Kollegen aus dem deutschsprachigen
Raum bieten wir die Möglichkeit, diese Kurse mit allen anderen Facetten des ESCR-ESTI-Kongresses
zu kombinieren. Zum anderen bieten wir Fachsitzungen nach Art von Refresherkursen,
State-of-the-Art-Lectures sowie wissenschaftliche Sitzungen an. Das Programm wird
ergänzt durch Fortbildungsbeiträge und wissenschaftliche Beiträge in Form von Postern.
Hinzu kommen Quiz-Sitzungen und Begegnungsforen wie zum Beispiel im Young Club des
ESCR – also ein buntes Programm!
Professor Kreitner, wie sieht bei diesem Kongress die Zusammenarbeit mit der Deutschen
Röntgengesellschaft aus?
Prof. Kreitner: Die Zusammenarbeit ist sehr erfreulich und dafür bin ich der DRG sehr dankbar. Parallel
zum Masterkurs Thoraxradiologie habe ich in Absprache mit Lukas Lehmkuhl, dem Vorsitzenden
der AG Herz- und Gefäßdiagnostik, Q2-Zertifizierungskurse für MRT und CT zum Teil
als Vorprogramm und partiell als Begleitprogramm in das Joint Meeting integriert,
zum Teil auch in der Hoffnung, darüber Kolleginnen und Kollegen für die Arbeit und
Aktivitäten der ESCR gewinnen zu können.
Zu den Personen
Professor Karl-Friedrich Kreitner ist Oberarzt und Strahlenschutzbeauftragter an der
Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Universitätsmedizin
Mainz, Träger des European Diploma of Cardiovascular Radiology (EBDC) sowie als Ausbilder
der DRG für Herz-MRT, Herz-CT und Muskuloskelettale Radiologie tätig. Des Weiteren
leitet er die Deutsche Gesellschaft für Muskuloskelettale Radiologie (DGMSR) als deren
Vorsitzender und ist im ESR Education Committee als Vertreter der ESCR tätig.
Professor Jürgen Biederer ist Chefarzt und ständiger Vertreter des Ärztlichen Direktors
Radiologie am Kreiskrankenhaus Bergstraße (eine Einrichtung des Universitätsklinikums
Heidelberg), apl. Professor an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität
zu Kiel, Gastprofessor an der Medizinischen Fakultät der Latvias Universitate in Riga,
Principal Investigator im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) und Präsident
der „European Society of Thoracic Imaging“ (ESTI) 2022/2023.
Weiterführende Informationen zum „ESCR – ESTI 2023 Joint Meeting Berlin“, zum Programm
und den Anmeldemöglichkeiten finden Sie hier:
www.escr.org/congress-2023