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DOI: 10.1055/a-2083-8724
Organspende – es muss sich etwas tun



Der Jahresbericht 2022 der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zur Organspende und Transplantation in Deutschland hat gezeigt, dass einiges im Argen liegt: Es gab im letzten Jahr nur 869 postmortale Organspender, was einen spürbaren Rückgang im Vergleich zu den Jahren 2018–2021 bedeutet. Ähnlich sieht es bei den postmortal gespendeten Organen aus – die Anzahl von 2662 liegt deutlich unter dem Niveau der Vorjahre.
Der medizinische Vorstand der DSO Dr. med. Axel Rahmel und der kaufmännische Vorstand der DSO Thomas Biet, MBA, LL.M., schreiben in ihrem Vorwort zum Jahresbericht unter anderem, dass eine Umfrage der DSO unter Transplantationsbeauftragten im Jahr 2022 einen diesbezüglichen möglichen Faktor aufdeckt: So schätzen diese den Corona-Pandemie bedingten Personalmangel (Ärzte und Pflegende) als wichtige Ursache für den Rückgang der Spenderzahlen ein.
Zudem gibt der DSO-Vorstand an, dass der deutliche Anstieg des medianen Alters der an die DSO gemeldeten Spenderinnen und Spender (von 55 auf 61 Jahre seit dem Jahr 2007) einen relevanten Einfluss auf die Spenderzahlen hat. Denn medizinische Kontraindikationen bezüglich der Organspende nehmen mit dem Spenderalter zu und verhindern z. B. bei einer vorliegenden relevanten Tumorerkrankung die Nutzung der Organe für eine Transplantation in eine Empfängerin oder einen Empfänger. Als eine der künftigen Lösungsmöglichkeiten der Problematik zeigt der DSO-Vorstand die Maschinenperfusion von Spenderorganen auf, welche sowohl die Zeitspanne von der Entnahme bis zur Transplantation verlängern als auch die Evaluation und eventuelle Behandlung der Organe möglich machen könnte.
Als größten Faktor, der einer Organspende entgegenwirkt, identifizierte die DSO die fehlende Zustimmung: So war diese 2022 für etwa die Hälfte der Fälle, bei denen organspendebezogene Kontakte nicht zu einer Organspende führten, verantwortlich. Als Problem sieht die DSO hierbei, dass noch zu wenige Bürgerinnen und Bürger ihren diesbezüglichen Willen schriftlich oder zumindest mündlich geäußert haben: Denn wenn Angehörige ausschließlich nach ihren Wertvorstellungen über eine Organspende des Verstorbenen entscheiden müssen, erfolgt eine Ablehnung in fast 80 % der Fälle. Dies steht den Ergebnissen von Umfragen entgegen, welche eine mehrheitliche Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger dokumentieren – das Potenzial ist also da.
Letztendlich wäre es wichtig, dem Personalmangel entschlossen entgegenzuwirken, um die Situation rund um die Organentnahme und -transplantation in den Kliniken zu optimieren. Und neben dem seit 2020 geplanten digitalen Register für Organspenden, das 2022 starten sollte und hoffentlich 2024 online geht, wäre sicherlich auch die nochmalige Diskussion der derzeit geltenden Entscheidungslösung ein Schritt in die richtige Richtung. Denn wie bekanntermaßen einige andere europäische Länder es vormachen, könnte die Einführung einer Widerspruchslösung die Organspendezahlen erhöhen. Solch eine Steigerung ist dringend notwendig, da in Deutschland beispielsweise Menschen mit einer terminalen Niereninsuffizienz etwa 8 Jahre auf eine Spenderniere warten, was länger als in anderen europäischen Ländern ist.
Umso wichtiger ist es, ein einmal erfolgreich transplantiertes Organ möglichst lange zu erhalten. Zentral ist hierbei natürlich die Thematik der Nierentransplantatabstoßung, welche der Gasteditor dieser Ausgabe Prof. Dr. Volker Aßfalg, München, und ich als Schwerpunktthema für diese Ausgabe der „Nephrologie aktuell“ gewählt haben. Lesen Sie die interessanten Artikel hierzu ab Seite 350. In diesem Heft finden Sie weitere lesenswerte Beiträge in den Rubriken „Gesellschaft“, „Expertentipp“, „Magazin“, „Original & Übersicht“, „Studienempfehlung aus der Industrie“ und „Forum der Industrie“. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre!
Publication History
Article published online:
13 October 2023
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