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DOI: 10.1055/a-2078-9346
Schwangerschaftsabbruch im 1. Trimenon. Leitlinie der DGGG (S2k-Level, AWMF-Registernummer 015-094, Dezember 2022) – Teil 2 mit Empfehlungen zum operativen Schwangerschaftsabbruch und zur Nachbetreuung nach dem Schwangerschaftsabbruch
Article in several languages: English | deutschZusammenfassung
Ziele Ausarbeitung möglichst evidenzbasierter Empfehlungen. Darstellung der medizinischen Grundlagen und der wissenschaftlichen Evidenz zu Indikationen, Beratung der Betroffenen, zur Durchführung, Methodenwahl, Versorgung und Überwachung beim Schwangerschaftsabbruch bis zur 12 + 0 Schwangerschaftswoche p. c.
Methoden Entsprechend den Vorgaben für eine S2k-Leitlinie wurden die Inhalte basierend auf einer systematischen Literaturrecherche in einer interdisziplinären, für das Leitlinienthema repräsentativen Gruppe aus Expertinnen und Experten formal in mehreren Treffen unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) konsentiert.
Empfehlungen Es werden Empfehlungen zum operativen Schwangerschaftsabbruch und zur Nachbetreuung nach dem Schwangerschaftsabbruch gegeben.
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I Leitlinieninformationen
Leitlinienprogramm der DGGG, OEGGG und SGGG
Informationen hierzu finden Sie am Ende der Leitlinie.
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Zitierweise
Abortion in the First Trimester. Guideline of the DGGG (S2k-Level, AWMF Registry No. 015-094, December 2022) – Part 2 with Recommendations for Surgical Termination of Pregnancy and Follow-up Care After Termination of Pregnancy. Geburtsh Frauenheilk 2023; 83: 1221–1234
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Leitliniendokumente
Die vollständige deutsche Langfassung dieser Leitlinien sowie eine Aufstellung der Interessenkonflikte aller Autoreninnen und Autoren befinden sich auf der Homepage der AWMF: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-094.html
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Leitliniengruppe
Autor/-in |
AWMF-Fachgesellschaft |
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Prof. Dr. Matthias David |
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) |
Prof. Dr. Stephanie Wallwiener |
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatik in Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) |
Autor/-in Mandatsträger/-in |
DGGG-Arbeitsgemeinschaft (AG)/ |
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Anne Achtenhagen |
Bundesverband donum vitae zur Förderung des Schutzes des menschlichen Lebens |
Prof. Dr. Christian Bamberg |
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin |
Dr. Cornelia Bormann |
Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Endoskopie |
Prof. Dr. Matthias David |
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe |
Prof. Dr. Ursula Felderhoff-Müser |
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin |
Sylvia Groth |
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft |
Kristina Hänel |
Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin |
Dr. Klaus König |
Berufsverband der Frauenärzte |
Prof. Dr. Matthias Korell |
Deutsche Gesellschaft für gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin |
Prof. Dr. Susanne Michl |
Akademie für Ethik in der Medizin |
Prof. Dr. Silke Redler |
Deutsche Gesellschaft für Humangenetik |
Prof. Dr. Ekkehard Schleußner |
Deutsche Gesellschaft für Perinatalmedizin |
Helga Seyler |
Bundesverband pro familia – Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung |
Prof. Dr. Markus Wallwiener |
Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie |
Prof. Dr. Stephanie Wallwiener |
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatik in Frauenheilkunde und Geburtshilfe |
Die folgenden Fachgesellschaften/Arbeitsgemeinschaften/Organisationen/Vereine haben Interesse an der Mitwirkung bei der Erstellung des Leitlinientextes und der Teilnahme an der Konsensuskonferenz bekundet und Vertreterinnen und Vertreter dafür benannt ([Tab. 2]).
Die Moderation der Leitlinie wurde dankenswerterweise von Dr. Monika Nothacker (AWMF-zertifizierte Leitlinienberaterin/-moderatorin) übernommen.
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Verwendete Abkürzungen
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II Leitlinienverwendung
Fragestellung und Ziele
Darstellung der medizinischen Grundlagen und der wissenschaftlichen Evidenz zu Methoden und Indikationen sowie zur Beratung der Betroffenen, zur Durchführung, Methodenwahl, Versorgung und Überwachung beim Schwangerschaftsabbruch bis zur 12 + 0 SSW p. c.
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Versorgungsbereich
-
stationärer Versorgungssektor und
-
ambulanter Versorgungssektor
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Anwenderzielgruppe/Adressatinnen und Adressaten
Diese Leitlinie richtet sich an folgende Personenkreise:
-
Gynäkologinnen/Gynäkologen in der Niederlassung
-
Gynäkologinnen/Gynäkologen mit Klinikanstellung
-
weitere Ärztinnen und Ärzte, die mit der Beratung zu und Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen befasst sind
-
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Beratungsstellen gemäß § 218/219 StGB
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Verabschiedung und Gültigkeitsdauer
Die Gültigkeit dieser Leitlinie wurde durch die Vorstände/Verantwortlichen der beteiligten Fachgesellschaften/Arbeitsgemeinschaften/Organisationen/Vereine sowie durch den Vorstand der DGGG und die DGGG-Leitlinienkommission im November 2022 bestätigt und damit in ihrem gesamten Inhalt genehmigt.
Diese Leitlinie ist gültig vom 26.01.2023 bis 25.01.2026. Diese Dauer ist aufgrund der inhaltlichen Zusammenhänge geschätzt. Eine frühere Aktualisierung kann sich aus neuen Publikationen oder Änderungen in Versorgungsnotwendigkeiten ergeben (siehe nächster Abschnitt).
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III Methodik
Grundlagen
Die Methodik zur Erstellung dieser Leitlinie wird durch die Vergabe der Stufenklassifikation vorgegeben. Das AWMF-Regelwerk (Version 1.0) gibt entsprechende Regelungen vor. Es wird zwischen der niedrigsten Stufe (S1), der mittleren Stufe (S2) und der höchsten Stufe (S3) unterschieden. Die niedrigste Klasse definiert sich durch eine Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen, erstellt durch eine nicht repräsentative Expertengruppe. Im Jahr 2004 wurde die Stufe S2 in die systematische evidenzrecherchebasierte (S2e) oder strukturelle konsensbasierte Unterstufe (S2k) gegliedert. In der höchsten Stufe S3 vereinigen sich beide Verfahren.
Diese Leitlinie entspricht der Stufe: S2k.
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Empfehlungsgraduierung
Die Evidenzgraduierung nach systematischer Recherche, Selektion, Bewertung und Synthese der Evidenzgrundlage und eine daraus resultierende Empfehlungsgraduierung einer Leitlinie auf S2k-Niveau ist nicht vorgesehen. Es werden die einzelnen Statements und Empfehlungen nur sprachlich – nicht symbolisch – unterschieden ([Tab. 3]).
Beschreibung der Verbindlichkeit |
Ausdruck |
---|---|
starke Empfehlung mit hoher Verbindlichkeit |
soll/soll nicht |
einfache Empfehlung mit mittlerer Verbindlichkeit |
sollte/sollte nicht |
offene Empfehlung mit geringer Verbindlichkeit |
kann/kann nicht |
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Statements
Sollten fachliche Aussagen nicht als Handlungsempfehlungen, sondern als einfache Darlegung Bestandteil dieser Leitlinie sein, werden diese als „Statements“ bezeichnet. Bei diesen Statements ist die Angabe von Evidenzgraden nicht möglich.
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Konsensusfindung und -stärke
Im Rahmen einer strukturierten Konsenskonferenz nach dem NIH-Typ (S2k/S3-Niveau) stimmen die berechtigten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sitzung die ausformulierten Statements und Empfehlungen ab. Der Ablauf ist im Wesentlichen wie folgt: Vorstellung der Empfehlung, inhaltliche Nachfragen, Vorbringen von Änderungsvorschlägen, Abstimmung aller Änderungsvorschläge. Bei Nichterreichen eines Konsensus (> 75% der Stimmen) Diskussion und erneute Abstimmung. Abschließend wird abhängig von der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Stärke des Konsensus ermittelt ([Tab. 4]).
Symbolik |
Konsensusstärke |
prozentuale Übereinstimmung |
---|---|---|
+++ |
starker Konsens |
Zustimmung von > 95% der Teilnehmer/-innen |
++ |
Konsens |
Zustimmung von > 75 – 95% der Teilnehmer/-innen |
+ |
mehrheitliche Zustimmung |
Zustimmung von > 50 – 75% der Teilnehmer/-innen |
– |
kein Konsens |
Zustimmung von < 51% der Teilnehmer/-innen |
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Expertenkonsens
Hierbei handelt es sich um Konsensusentscheidungen speziell für Empfehlungen/Statements ohne vorige systematische Literaturrecherche (S2k) oder aufgrund von fehlender Evidenz (S2e/S3). Der Expertenkonsens (EK) ist gleichbedeutend mit den Begrifflichkeiten aus anderen Leitlinien wie „Good Clinical Practice“ (GCP) oder „klinischer Konsensuspunkt“ (KKP).
Die Empfehlungsstärke graduiert sich gleichermaßen, wie bereits im Kapitel Empfehlungsgraduierung beschrieben, ohne die Benutzung der aufgezeigten Symbolik und rein semantisch („soll“/„soll nicht“ bzw. „sollte“/„sollte nicht“ oder „kann“/„kann nicht“).
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IV Leitlinie
Einführung
Eine Schwangerschaft kann prinzipiell medikamentös oder operativ abgebrochen werden. Welche Methode im Einzelfall am besten geeignet ist, sollte in einem ergebnisoffenen Gespräch gemeinsam mit der schwangeren Frau entschieden werden.
Die vorliegende Leitlinie wurde nach den Regularien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) erstellt. Entsprechend den Vorgaben für eine S2k-Leitlinie wurden die Inhalte basierend auf einer systematischen Literaturrecherche in einer interdisziplinären, für das Leitlinienthema repräsentativen Gruppe aus Expertinnen und Experten formal konsentiert.
Details zum methodischen Vorgehen können dem Leitlinienreport entnommen werden.
Diese Leitlinie richtet sich vor allem an Ärztinnen und Ärzte, die selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen, und an jene Professionen, die in die Betreuung und Beratung von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen wollen, einbezogen sind.
Ebenso soll sie ratsuchenden Frauen, in Beratungsstellen nach § 218/219 StGB Tätigen sowie Patientinnen und ihren Angehörigen Hilfestellung leisten.
Die nachfolgenden Empfehlungen und 2 Statements befassen sich mit dem operativen Schwangerschaftsabbruch und mit der Nachbetreuung der Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch.
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Operativer Schwangerschaftsabbruch
Konsensbasierte Empfehlung 6.E62 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Rechtzeitig vor einem operativen Schwangerschaftsabbruch sollte in geeigneter Weise eine Abklärung erfolgen, um somatische und psychische Erkrankungen zu erkennen, die mit einem erhöhten Komplikationsrisiko verbunden sein können. Im Einzelfall kann eine weitere ambulante oder stationäre Abklärung notwendig sein. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E63 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Frauen, die sich einem operativen Schwangerschaftsabbruch unterziehen, kann eine perioperative Antibiotikaprophylaxe als Einmaldosis verabreicht werden. |
Konsensbasiertes Statement 6.S1 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Doxycyclin, Metronidazol und β-Lactam-Antibiotika wie Cephalosporine sind geeignet, das Infektionsrisiko nach einem Schwangerschaftsabbruch zu verringern. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E64 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Frauen mit einem entsprechenden Risiko für oder dem Verdacht auf eine sexuell übertragbare Infektion sollten rechtzeitig vor Durchführung des operativen Schwangerschaftsabbruchs eine Untersuchung auf sexuell übertragbare Krankheiten bzw. eine zervikale Infektion erhalten. Bei Bestätigung der Infektion sollte die betroffene Frau zusätzlich zur perioperativen Antibiotikagabe eine evidenzbasierte medikamentöse Therapie erhalten. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E65 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Vor einem operativen Schwangerschaftsabbruch sollte ein Zervixpriming mit 400 µg Misoprostol durchgeführt werden, insbesondere bei Nulliparität oder nach Voroperationen an der Zervix. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E66 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Als Alternativen zu Misoprostol können angewendet werden: 3 – 4 Stunden vor dem Abbruch intrazervikal platzierte osmotische Dilatatoren oder Mifepriston 200 – 400 mg oral 24 – 48 Stunden vor dem operativen Schwangerschaftsabbruch. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E67 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Ein früher operativer Schwangerschaftsabbruch (< 7 + 0 SSW) sollte mit einer routinemäßigen, prä- und postoperativen Ultraschall- und einer postoperativen Untersuchung des abgesaugten Gewebes verbunden werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E68 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Wenn kein Schwangerschaftsmaterial festgestellt werden kann, soll eine β-hCG-Verlaufskontrolle erfolgen. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E69 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Wenn postoperativ der Verdacht auf eine Schwangerschaft unklarer Lokalisation besteht, sollten bei der Patientin seriell die β-hCG-Werte im Serum bestimmt werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E70 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Beim operativen Schwangerschaftsabbruch im 1. Trimenon (< 14 + 0 SSW p. m.) soll die Durchführung einer Vakuumaspiration die Methode der Wahl sein. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E71 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Es sollte eine an die Schwangerschaftswoche angepasste, nicht zu große Absaugkanüle (Syn. Saugröhrchen) verwendet werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E72 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Ein Schwangerschaftsabbruch sollte nicht mit einer Metallkürette durchgeführt werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E73 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Eine sog. instrumentelle Nachtastung mit einer Metallkürette soll nicht erfolgen. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E74 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Schwangerschaftsabbrüchen im späten 1. Trimenon (12 + 0 bis < 14 + 0 SSW) kann zur Entfernung fetaler Teile und Plazentagewebe eine speziell geformte, stumpfe Abortfasszange verwendet werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E75 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Frauen sollen sich nach Aufklärung über die Vor- und Nachteile der einzelnen Anästhesietechniken für die von ihnen präferierte Methode entscheiden können. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E76 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Vakuumaspirationen in Lokalanästhesie sollten von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden, die ausreichend Erfahrung und Routine mit dieser Technik haben. |
Konsensbasiertes Statement 6.S2 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Orale nicht steroidale Antiphlogistika können zur Schmerzreduktion vor dem Eingriff gegeben werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E77 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Eine Analgosedierung soll den Frauen, die einen operativen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen wollen, nicht als Methode der Wahl angeboten werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E78 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Die Wahl des Anästhesieverfahrens sollte in einer gemeinsamen Entscheidung von informierter Patientin und Anästhesist/Anästhesistin erfolgen. |
Konsensbasiertes Statement 6.S3 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Als mögliche Anästhesieform für den ambulanten operativen Schwangerschaftsabbruch kommt vor allem die Allgemeinanästhesie im Sinne einer total intravenösen Anästhesie (TIVA) in Betracht. Im klinisch stationären/ambulanten Betrieb können neben der TIVA auch eine balancierte Anästhesie oder auch regionalanästhesiologische Verfahren im Sinne z. B. einer Spinalanästhesie zum Einsatz kommen. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E79 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Nicht pharmakologische Unterstützungs- und Interventionsmaßnahmen während des Schwangerschaftsabbruchs werden von vielen betroffenen Frauen als hilfreich angesehen und können daher angeboten werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E80 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Auf eine routinemäßige histopathologische Untersuchung des beim operativen Schwangerschaftsabbruch gewonnenen Gewebes kann verzichtet werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E81 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei einem Schwangerschaftsabbruch aufgrund von embryonalen bzw. fetalen Auffälligkeiten in der Pränataldiagnostik sollen die Indikation für weiterführende genetische Untersuchungen und ggf. deren Ziel und Inhalt mit der Patientin besprochen werden. Die Vorgaben des Gendiagnostikgesetzes sind zu berücksichtigen. (Es wird ergänzend auf die AWMF-S2e-Leitlinie „Ersttrimester Diagnostik und Therapie @ 11 – 13 + 6 Schwangerschaftswochen“, Registernummer 085-002 verwiesen). |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E82 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Um das Risiko insbesondere für eine Uterusperforation zu reduzieren, sollte eine vorherige vaginale Ultraschalluntersuchung zur Feststellung der Lage des Uterus, von Uterusfehlbildungen, der Feststellung möglicher Plazentationsstörungen und der Bestimmung des tatsächlichen Schwangerschaftsalters erfolgen. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E83 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Bei vorbekanntem erhöhtem Risiko für operative Komplikationen sollte der Schwangerschaftsabbruch nur in Einrichtungen erfolgen, die strukturell und personell in der Lage sind, diese bei deren Eintritt unverzüglich adäquat behandeln zu können. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E84 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Jede Einrichtung, in der operative Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, sollte über schriftliche Notfallprotokolle (SOP) verfügen, die das Vorgehen bei den häufigsten perioperativen Komplikationen bei einem operativen Schwangerschaftsabbruch beschreiben. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E85 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Wenn nach einem operativen Schwangerschaftsabbruch der Verdacht auf das Fortbestehen einer intrauterinen Schwangerschaft besteht, soll eine Kontrolle kurzfristig mittels Ultraschalluntersuchung oder serieller Serum-β-hCG-Bestimmung erfolgen. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E86 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Eine Infektion der Genitalorgane nach einem operativen Schwangerschaftsabbruch soll antibiotisch behandelt werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E87 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Frauen sollen nach einem operativen Schwangerschaftsabbruch über den variablen Verlauf von Blutungen und Schmerzen, über die Anwendung von nicht steroidalen Antiphlogistika zur Schmerzlinderung sowie über den zeitlichen Verlauf der Rückbildung von Schwangerschaftssymptomen informiert werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E88 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Frauen sollen darüber aufgeklärt werden, dass sie wenige Tage nach dem Eingriff wieder schwanger werden können und, wenn eine Schwangerschaft nicht gewünscht ist, Verhütungsmittel anwenden sollen. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E89 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Empfehlungen zum Verzicht auf Tampons, Menstruationstassen u. a. sowie auf Geschlechtsverkehr für einen bestimmten Zeitraum nach einem operativen Schwangerschaftsabbruch sollen mangels Evidenz unterlassen werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E90 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Frauen sollen nach einem operativen Schwangerschaftsabbruch über Anzeichen für Komplikationen (residuales Schwangerschaftsgewebe, Infektionen im kleinen Becken) aufgeklärt werden und wissen, wohin sie sich in diesem Fall wenden können. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E91 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Eine routinemäßige Nachuntersuchung nach einem operativen Schwangerschaftsabbruch sollte allen Frauen nach dem Eingriff angeboten werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E92 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Die Entscheidung über einen Zweiteingriff soll primär auf der Basis von klinischen Symptomen und nach Aufklärung über Nutzen und Risiken gemeinsam mit der Frau getroffen werden. |
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Nachbetreuung nach einem Schwangerschaftsabbruch
Konsensbasierte Empfehlung 7.E93 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen, sowie ggf. deren Partner oder Partnerinnen sollen darüber informiert werden, dass sie, wie bei anderen schwerwiegenden Lebensentscheidungen, eine große Bandbreite unterschiedlicher Emotionen erleben können, die kein Anzeichen einer psychischen Störung sind. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E94 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Das in den Schwangerschaftsabbruch involvierte medizinische Personal soll akzeptierend und unterstützend auf emotionale Reaktionen von Frauen eingehen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen. Stigmatisierendes Verhalten soll vermieden werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E95 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Frauen und ggf. deren Partner oder Partnerinnen sollen ermutigt werden, sich nach einem Schwangerschaftsabbruch Unterstützung durch geeignete Personen im privaten Umfeld und in besonderen Situationen ggf. professionelle Unterstützung zu holen. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E96 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Frauen mit entsprechenden Risikofaktoren bzw. erkennbaren psychischen Belastungen sollen nach dem Schwangerschaftsabbruch über Angebote der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zur Nachbetreuung und psychologischen Beratung informiert werden. Die Partner/Partnerinnen sollen bei Bedarf darüber informiert werden, dass diese Angebote sich auch an sie richten. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E97 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Frauen mit bekannten psychischen Problemen sollten gefragt werden, ob sie eine psychotherapeutische oder psychiatrische Unterstützung haben und ob sie dort mögliche Probleme im Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsabbruch ansprechen können. Sie sollen ggf. über (ergänzende) spezifische Beratungsangebote informiert werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E98 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Ergänzendes Sondervotum BVF zu 7.E98: Fachärztlicherseits sind die Kontraindikationen entsprechend Risikokatalog des BfArM zu berücksichtigen. |
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Frauen soll beim Vorgespräch sowie unmittelbar vor oder nach dem Schwangerschaftsabbruch eine Verhütungsberatung angeboten werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E99 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Frauen soll die Initiierung von Verhütung unmittelbar nach einem operativen Schwangerschaftsabbruch oder beim medikamentösen Abbruch am Tag der Gabe von Mifepriston (bei hormonellen Methoden) bzw. nach der Feststellung eines vollständigen Abbruchs (bei intrauterinen Methoden) angeboten werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E100 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Die Verhütungsberatung soll die Basis einer informierten Entscheidung für die Auswahl der von der Frau präferierten Methode sein. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E101 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Mögliche Gründe für das Scheitern der Verhütung bzw. für die Nichtverhütung vor dem Abbruch sollten erfragt werden, ohne sie zu bewerten. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E102 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei jeder Verhütungsberatung soll sichergestellt werden, dass kein Druck auf die Frau ausgeübt wird. Die Entscheidung, keine Verhütungsmethode anzuwenden, soll respektiert werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E103 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Hormonelle Kontrazeptiva können – unter Beachtung von Kontraindikationen und Risiken (BfArM-Risikokatalog) – zeitgleich mit einem Schwangerschaftsabbruch begonnen werden, unabhängig von der verwendeten Methode des Abbruchs, ohne das Risikoprofil oder den Erfolg des Abbruchs zu beeinflussen. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E104 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei einer zeitgleichen Applikation von Depotmedroxyprogesteronacetat (DMPA) und Mifepriston bei einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch sollte die Patientin über eine leicht erhöhte Rate an weiterbestehenden Schwangerschaften informiert werden, auch wenn das Risiko insgesamt als niedrig einzustufen ist. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E105 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Frauen, die ein IUD als Verhütungsmethode wählen, sollte die Einlage entweder direkt nach einem operativen Schwangerschaftsabbruch erfolgen oder, im Falle eines medikamentösen Abbruchs, sobald wie möglich nach Feststellung des vollständigen Schwangerschaftsabbruchs. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E106 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Eine Tubensterilisation sollte nicht direkt nach einem Schwangerschaftsabbruch als Verhütungsmethode angeboten werden. |
Das ausführliche Literaturverzeichnis findet sich in der Langfassung der Leitlinie.


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Conflict of Interest/Interessenkonflikt
The conflicts of interest of all of the authors are listed in the long German-language version of the guideline./
Die Interessenkonflikte der Autoren/-innen sind in der Langfassung
der Leitlinie aufgelistet.
Korrespondenzadresse
Publication History
Received: 05 April 2023
Received: 11 April 2023
Accepted: 14 April 2023
Article published online:
05 October 2023
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