Nervenheilkunde 2023; 42(09): 587-588
DOI: 10.1055/a-2050-0693
Zu diesem Heft

Künstliche Intelligenz in Neurologie und Psychiatrie

Franz Pfister
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Urban Fietzek
 
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    Dr. Franz Pfister, MBA Digital Helix GmbH, München; Foto: ©Robert Haas
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    PD Dr. Urban Fietzek Neurologische Klinik und Poliklinik der Universität München; Foto: ©Schön Klinik München Schwabing

    Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

    wir freuen uns, Ihnen das vorliegende Themenheft über Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) in der Neurologie und Psychiatrie präsentieren zu können. Wenn sich ein medizinisches Fach für den Nutzen der Methoden der KI anbietet, so sind es wohl jene, die sich der Diagnostik und Therapie der Erkrankungen des Organs verschrieben haben, das unsere ganz natürliche Intelligenz hervorbringt.

    Unsere Erfahrungen in dem Methodengebiet der Datenwissenschaften, welches viele der Leserinnen und Leser der Nervenheilkunde eher wohl aus der Presse, denn aus dem Studium kennen, wollen wir mit Ihnen teilen. Buzzwords wie Deep learning, Algorithmen, Big Data erzeugen eine neue Sprache, die jene verunsichert, die sich nicht tagtäglich damit beschäftigen. Es geht uns hier also um den Abbau von Berührungsängsten und den Aufbau einer kritischen Sicht auf neue, datengetriebene Methoden, die ungeahnte Möglichkeiten bieten, sich aber auch leicht einem konventionellen und ungeschultem Denken verschließen.

    Kein Tag vergeht, in dem uns die Presse nicht mit Artikeln zu digitalen Sprachmodellen wie ChatGPT in der Schule oder der Universität, zu digital algorithmisierten Musik- und Kunstproduktion oder dem DeepFake-Bild eines Prominenten bedient. Es wird das Bild einer zunehmenden inhumanen und ungemütlichen Welt gezeichnet, in der wir Menschen von autonom agierenden Maschinen abhängen und abgehängt werden.

    Ob und wann sich eine solche Dystopie ereignen wird, darüber haben andere wie George Orwell oder William Gibson klarsichtige Romane geschrieben. Heute evident ist: Ein sich Zurücklehnen oder gar ein Zurückdrehen des Rades der Zeit kann keine Option sein. Unser Grundverständnis dieser neuen Technologien ist nicht die Idee, dass uns die KI überflüssig machen wird. Sie bietet uns vielmehr vielfache Chancen, zu einem vielschichtigen und damit informierten Verständnis unserer Welt zu gelangen. Wir möchten dazu in diesem Themenheft der Leserschaft in unterschiedliche Bereiche niederschwelllig Einblick geben.

    In dem einführenden CME-zertifizierten Beitrag geben Tim Wiegand et al. den Leserinnen und Lesern einen Überblick über die Methodik des sich entwickelnden Feldes, um sich mit den wichtigsten Begriffen und Konzepten bekannt zu machen. In einer zweiten Übersichtsarbeit bieten Katharina Ernst und Jan Rémi einen Überblick zu konkreten Umsetzungen wissenschaftlicher Arbeiten mit den Methoden der KI in unterschiedlichen Bereichen der Neurologie.

    Das Thema Parkinson und die Erfassung der motorischen Symptome mit Hilfe von Sensoren wird von Urban Fietzek und Koautoren vorgestellt. Auch hier bieten die technologischen Fortschritte bei der objektiven und automatisierten Erfassung von Bewegungsstörungen ein hohes Transformationspotenzial. Dennis Hedderich und Benedikt Wiestler zeigen in ihrem Artikel, wie KI unsere Art und Weise, neuroradiologisches Bildmaterial auf klinisch relevante Information zu untersuchen, verändern kann.

    Mira Fischer und Alexander Jäck betrachten die Möglichkeiten, Sprachanalysen mit Methoden der KI für das Verständnis von kognitiven Störungen zu nutzen. Lisa Hahn et al. stellen in ihrem Beitrag aus der Psychiatrie die Ergebnisse ihrer weit beachteten PRONIA-Studie vor, die sich mit der Transition und der psychosozialen Funktionsbeeinträchtigung bei klinischen Hochrisikopatienten für Psychose beschäftigt.

    Wie werden diese neuen Entwicklungen in unseren Alltag Einzug nehmen? Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der digitalen Gesundheitsanwendung geschaffen. Mathias Sander erklärt Hintergründe und was auf uns zukommt.

    Wir hoffen so, Ihnen eine spannende Lektüre bieten zu können, die nach vorne weist und Ihnen Lust auf weitere Beschäftigung mit dem Zukunftsthema Künstliche Intelligenz macht.

    Franz M. J. Pfister und Urban M. Fietzek, München


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    Publication History

    Article published online:
    04 September 2023

    © 2023. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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    Dr. Franz Pfister, MBA Digital Helix GmbH, München; Foto: ©Robert Haas
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    PD Dr. Urban Fietzek Neurologische Klinik und Poliklinik der Universität München; Foto: ©Schön Klinik München Schwabing